05. Wirtschaftlicher Kontext
- 01. Einführung
- 02. Forschungsstand
- 03. Geschichte der Anlage vor dem 18. Jahrhundert
- 04. Überblick zur Anlage
- 05. Wirtschaftlicher Kontext
- 06. Besitzverhältnisse im 18. Jahrhundert
- 07. Herrenhaus: Baugeschichte und Architektur
- 08. Innenräume im 18. Jahrhundert
- 09. Garten und Park im 18. Jahrhundert
- 10. Wirtschaftsanlagen
- 11. Kirche und Dorfstrukturen
- 12. Geschichte der Anlage nach dem 18. Jahrhundert
- 13. Quellen- und Literaturverzeichnis
'''Kurztext'''
Die Vogtei Plüschow (der Gesamtbesitz Philipp Heinrich (II.) von Stenglins) im Ritterschaftlichen Amt Grevesmühlen umfasst 1782 neben Plüschow acht weitere Güter. Mit der Police der Ritterschaftlichen Brandversicherungsgesellschaft werden neun Gebäude versichert: das Herrenhaus, ein dem Herrenhaus zugeordnetes Gebäude, das Verwalterhaus mit Wagenremise, eine massive Scheune, ein Pferdestall für Reit- und Hofpferde, ein Vieh- und Ochsenstall, ein Schafstall, ein Geflügelstall sowie das Brau- und Backhaus. Vielfach erhaltenes historisches Kartenmaterial zeigt gleichfalls den Großteil dieser Gebäude. Es kann davon ausgegangen werden, dass Philipp Heinrich (II.) von Stenglin das Gut Plüschow um 1761 an einem bis dahin weitgehend ungenutzten Standort neu erbauen ließ und sich von einem mittelalterlichen (Burg) und nachmittelalterlichen (von Bülowsches Gut) Standort abwandte. Der „Plan von dem ritterschaftlichen Guthe, 1769, von J. C. Walter und J. C. Francke“ (Abb.: 15,1) zeigt das Gut Plüschow mit Mühlensee und Vorgängergutsanlage inmitten einer arrondierten landwirtschaftlich genutzten Landschaft. Offensichtlich befand sich jegliche Fläche des Besitzes in Nutzung und es wurde intensiv gewirtschaftet. Der „Lageplan von dem Hofe Plüschow 1893“ (Abb.: 37) benennt die im Bereich des Gutes/des „Hofplatzes“ und im Bereich des alten Burgstandorts liegenden Gebäude sowie die Katen der Siedlung. Die meisten Gebäude bestanden bereits während des 18. Jahrhunderts. Das „Güter-Adreßbuch für Mecklenburg-Schwerin und -Strelitz (…) 1896“ verzeichnet für das Gut Plüschow eine Gesamtgröße von 558,8 ha (davon: 477 ha Acker, 46 ha Wiesen, 3 ha Weiden und 32,8 ha Holz, Wasser etc.) und benennt den bonitierten Hufenstand mit 3.049,12 Scheffeln. Im frühen 20. Jahrhundert waren neben dem Ackerbau die Rinderhaltung und die Schafwirtschaft von Bedeutung. Es kann davon ausgegangen werden, dass die durch Quellen belegte Landwirtschaft vom Ende des 19. Jahrhunderts bis circa 1945 auf bereits vorher bestehende wirtschaftlicher Ausrichtung des Gutes Plüschow aufbaute. LangtextDie Police der Ritterschaftlichen Brandversicherungsgesellschaft von 1782 gibt Auskunft über den baulichen Bestand des Hofes Plüschow.[1] Die Vogtei Plüschow (der Gesamtbesitz Philipp Heinrich (II.) von Stenglins 1782) im Ritterschaftlichen Amt Grevesmühlen umfasst die Güter Plüschow, Friedrichshagen, Meierstorf, Jamel, Bahrendorf, Testorf, Boienhagen, Steinfort und Ovenhagen.[2] Mit der Police werden neun Gebäude versichert: das Herrenhaus, ein dem Herrenhaus zugeordnetes Gebäude, das Verwalterhaus mit Wagenremise, eine massive Scheune, ein Pferdestall für Reit- und Hofpferde, ein Vieh- und Ochsenstall, ein Schafstall, ein Geflügelstall sowie das Brau- und Backhaus. Der Großteil dieser Gebäude war bereits im „Plan von dem ritterschaftlichen Guthe, 1769, von J. C. Walter und J. C. Francke“ [3] sowie im „Brouillon von dem ritterschaftl. Guthe Plüschow, 1769, von J. C. Walter“[4] und ebenso in der zeitlich zuvor entstandenen Karte: „Plan Plüschow mit dem Dorffe und der Ziegeley, Friedrichshagen, 1761/1762, von A. F. H. Schumacher & J. H. Susemihl“[5] verzeichnet. Auch, da ältere Karten und historische Beschreibungen fehlen, kann davon ausgegangen werden, dass Philipp Heinrich (II.) von Stenglin das Gut Plüschow um 1761 an einem bis dahin weitgehend ungenutzten Standort neu errichten ließ und sich von einem mittelalterlichen (Burg) und nachmittelalterlichen (von Bülowsches Gut) Standort abwandte. Eine Bauzeichnung von 1802 zeigt in Grund- und Aufriss das „sogenannte Bülowsche Haus in Plüschow (…)“[6]. Da es im Giebel die Jahreszahl 1750 trägt, ist es mit Wahrscheinlichkeit das älteste Haus der barocken Gutsanlage.[7] Ob es jenseits der im Bereich des „Alten Gartens“ in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts bestehenden und genutzten nachmittelalterlichen Gutsanlage zunächst allein an einem neuen Standort lag, kann bislang nicht geklärt werden. Sabine Bock attestiert für die Baugeschichte Plüschows einen idealen Verlauf: „Aus einer mittelalterlichen Burg entwickelte sich – vermutlich im Bereich der Vorburg und wohl in [der] Frühen Neuzeit – ein ritterschaftlicher Eigenbetrieb, der als wenig geordneter Hof bis ins 18. Jahrhundert Bestand hatte und erst dann durch einen neuen barocken Gutshof ersetzt wurde.“[8] Der „Plan von dem ritterschaftlichen Guthe, 1769, von J. C. Walter und J. C. Francke“ [9] zeigt das Gut Plüschow mit Mühlensee und Vorgängergutsanlage inmitten einer arrondierten landwirtschaftlich genutzten Landschaft. Die als Schläge, Felder, Koppeln oder Kamp bezeichneten Flächen tragen geografische, eine historische Nutzung bezeichnende oder Familiennamen wiedergebende Namen. Bis auf zwei mittelgroße Waldflächen und eine der Mühle namentlich zugewiesene Niederung ist die Landschaft nahezu ausgeräumt und befindet sich in Feldnutzung. Alleen oder einzelne Baumreihen entlang von Wegen und Straßen markieren die Grenzen zwischen den Schlägen und Feldern und dürften gleichzeitig der Winderosion vorgebeugt haben. Sie hätten dann eine ähnliche Funktion übernommen, wie die Knicks in Holstein (Deutschland) – Baum- und Buschanpflanzungen auf künstlich errichteten Stein- oder Erdwällen jenseits von Wegen. Die Karte zu Plüschow suggeriert, dass sich offensichtlich jegliche Fläche des Besitzes 1769 in Nutzung befand und somit intensiv gewirtschaftet wurde. Von 1802 bis 1819 war Erbprinz (ab 1815 Erbgroßherzog) Friedrich Ludwig zu Mecklenburg (1778-1819) Besitzer des Gutes Plüschow und bewohnte es während der Sommermonate.[10] In der 1803 von Ludewig Münchmeyer gezeichnete „Carte von den Plüschowschen Gütern“[11] sind erneut alle Güter der Vogtei Plüschow dargestellt: Plüschow, Testorff, Steinforth, Meierstorff, Jameln, Friedrichshagen, Boienhagen, Barendorff, Sternkrug und Oberhagen (wohl das bereits im 18. Jahrhundert benannte Ovenhagen). Herrenhaus und Gut Plüschow sowie der Mühlensee liegen wie bereits in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts in der Mitte dieses großräumigen Besitzes. Neben wenigen (sicherlich ebenfalls bewirtschafteten) Waldflächen in unmittelbarer Umgebung des Herrenhauses – „Die Liesch“ – aber auch im Bereich des Gutes Jameln, wird der Besitz intensiv landwirtschaftlich genutzt. Als vegetabiles Element raum- und besitzbestimmend sind nach wie vor die Alleen oder Baumreihen entlang den die Güter und Dörfer verbindenden Straßen. Die barocke Gutsanlage ist baulich nahezu unverändert, nur der Gutshof wird nun durch eine Mauer zur vorbeiführenden Straße hin abgeschlossen. Auch der alte Burgstandort ist immer noch genutzt, jedoch wurden im „Alten Garten“ zwei längliche Gebäude (Katen) für Gutsarbeiter errichtet. Die „Erbmühle“[12] ist als Arbeits- und Wohnstatt besetzt. Erstmalig wird in der Karte von 1803 namentlich der bereits in den Karten des 18. Jahrhunderts eingezeichnete Standort einer „Ziegeley“ erwähnt. Er liegt jenseits des Mühlensees und ist vom barocken Gutshof aus in wenigen Minuten zu erreichen. Hier könnten die Ziegelsteine hergestellt worden sein, die zum Bau der von Stengliner Gutsanlage benötigt worden waren. Der „Lageplan von dem Hofe Plüschow 1893“[13] benennt die im Bereich des Gutes/des „Hofplatzes“ und im Bereich des alten Burgstandorts liegenden Gebäude sowie die Katen der Siedlung. Die meisten Gebäude bestanden bereits während des 18. Jahrhunderts. An der Straße nach Friedrichshagen – und somit an der Stirnseite des Gutshofes – liegen eine Roggenscheune, eine Haferscheune und ein Viehhaus mit „Dunghof“, jeweils strohgedeckt. Längs des „Hofplatzes“, gegenüberliegend und mit den Giebelseiten zum Herrenhaus weisend, liegen ein strohgedeckter Schafstall und eine ebensolche Scheune. Das steingedeckte Herrenhaus (hier als „Palais“ bezeichnet) flankieren ein Pferdestall, ein „Wagenschauer“ (Remise) und ein später abgebrochener Schweinestall. Auch diese Gebäude sind mit Stroh gedeckt. Seitlich und an der Gartenfront des Herrenhauses liegen ein „Katen“ (nach handschriftlich mit Bleistift nachgetragener Information das „Eigenheim des Pächters“), ein Wohnhaus mit Steindach (das Bülowsche Haus), ein steingedecktes „Milchenhaus“ sowie, abgerückt zur Niederung des am Ende des 19. Jahrhunderts meliorierten Mühlensees, ein „Holzstall“ und ein Schweinestall. Dass dieser Plan bis ins frühe 20. Jahrhundert weitergenutzt wurde, zeigt mindestens die von Hand erfolgte Einzeichnung der 1903 an die Gartenfront des Herrenhauses angebauten, teilweise verglasten Holzveranda. Drei „Katen“ dieses Lageplans von 1893 mit Stroh- oder Steindach liegen im Bereich der alten Burg. Sie nehmen Standorte ein, die bereits in dem Brouillon von 1769 („Brouillon von dem ritterschaftl. Guthe Plüschow, 1769, von J. C. Walter“) als Gebäudestandorte eingemessen wurden. Ob die als Katen genutzten Häuser des frühen 20. Jahrhunderts die Häuser aus dem 18. Jahrhundert gewesen sind, die (in der Bausubstanz vollständig oder teilweise) weitergenutzt wurden, ließe sich nur über eine archäologische Grabung und eine dendrochonologische Untersuchung möglicherweise vorhandener Holzbalkenreste bestimmen. In der 2023 durch geosphere austria durchgeführten Bodenradar- und Erdmagnetikmessung[14] konnten zwei dieser Katen/Häuser nachgewiesen werden. Die Darstellungen von Bodenradar und Magnetfeldmessung zeigen den gesamten historischen Burgbereich voller Schutt. Dabei kann das nahe an Standort und Schutthügel der Burg liegende historische große Gebäude sogar in seinem Grundriss (circa 25 m lang und 8-9 m breit) nachgewiesen werden. Dort liegen zwei verfestigte Flächen („Planierung“, „Estrich“) nebeneinander.[15] Entlang der Straße nach Naschendorf, die den alten Burgstandort mit dem barocken Gutshof verbindet, liegen laut Plan von 1893 drei stroh- und zwei steingedeckte Katen als Siedlung. Der dem barocken Gutshof am nächsten gelegene Katen könnte in seiner Grundsubstanz – nach dem Brouillon 1769 – ebenfalls bereits aus dem 18. Jahrhundert stammen. Die Katen-Siedlung besitzt rückwärtig „Katen Gärten“ zur Eigenversorgung der Gutsarbeiter. Dieses Gartenland befindet sich auf dem Gelände des im 18. Jahrhundert als „Der Alte Garten“ bezeichneten Areals. („Plan Plüschow mit dem Dorffe und der Ziegeley, Friedrichshagen, 1761/1762, von A. F. H. Schumacher & J. H. Susemihl“[16] Die „Zeichnung zu einem zu erbauenden Kathen, Grevesmühlen den 27. Juny 1834, A. Thomas“[17] gibt Hinweise auf die Wohnverhältnisse von Gutsarbeitern in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Das „Güter-Adreßbuch für Mecklenburg-Schwerin und -Strelitz (…) 1896“[18] verzeichnet für das Gut Plüschow eine Gesamtgröße von 558,8 ha (davon: 477 ha Acker, 46 ha Wiesen, 3 ha Weiden und 32,8 ha Holz, Wasser etc.) und benennt den bonitierten[19] Hufenstand mit 3.049,12 Scheffeln. Als industrielle Anlage wird eine Windmühle benannt.[20] Die heutige „ADAC Auto Karte Mecklenburg-Vorpommern“ und die Satellitenaufnahme bei google earth zeigen, jenseits von Bahndamm und dem historischen Waldstandort „Die Liesch“ eine „Plüschower Mühle“.[21] Reste des Standortes eines Windmühlengebäudes könnten vor Ort auf diesem einzeln gelegenen Grundstück nahe Naschendorf ausgemacht werden. Die mindestens über 100 Jahre betriebene Plüschower Wassermühle wurde mit Ablassen des Mühlensees im 19. Jahrhundert aufgegeben. „Niekammer’s Landwirtschaftliche Güter-Adreßbücher (…) 1928“[22] benennen Plüschow als Großherzogliches Hausgut. Der Hufenstand in bonitierten Scheffeln beträgt (ähnlich wie 1896) 3.061,14. Die Gesamtgröße des Gutes umfasst, wie 1896, 558,8 ha (davon 477 ha Acker inkl. Gärten, 46 ha Wiesen, 3 ha Weiden und 32,8 ha Holzungen). Der Viehbestand besteht aus 57 Pferden, 290 Rindern, 600 Schafen und 100 Schweinen.[23] Eine historische Fotografie, aufgenommen um 1940, zeigt den Schäfermeister Richard Winter bei der Arbeit.[24] Über die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert sowie über den gesellschaftlichen Bruch des Endes des Ersten Weltkrieges 1918 hinweg verändern sich die Gesamtflächengröße und die Bewirtschaftung des Gutes Plüschow nicht. Von Bedeutung waren neben dem Ackerbau die Rindvieh- und die Schafwirtschaft. Es ist denkbar, dass die durch Quellen belegte Landwirtschaft vom Ende des 19. Jahrhunderts bis circa 1945 auf bereits vorher bestehende wirtschaftliche Ausrichtung des Gutes aufbaute. |
- ↑ LHAS 3.2-4 Ritterschaftliche Brandversicherung, Sign. 240, Situationsplan Gut Plüschow.
- ↑ Vgl.: auch Bock 2013, S. 56.
- ↑ LHAS 12.12-1 Karten von ländlichen Gemarkungen, Sign. Plüschow Ic.
- ↑ LHAS 12.12-1 Karten von ländlichen Gemarkungen, Sign. 12788 [alt: Plüschow Ib].
- ↑ LHAS 12.12-1 Karten von ländlichen Gemarkungen, Sign. 19629 [alt: Plüschow Ia].
- ↑ Das sogenannte Bülowsche Haus in Plüschow, 1802, in: LHAS 5.2-5 Großherzogliche Vermögensverwaltung, Sign. 435 Bauten und Reparaturen.
- ↑ Vgl.: Bock 2013, S. 99.
- ↑ Bock 2013, S. 58.
- ↑ LHAS 12.12-1 Karten von ländlichen Gemarkungen, Sign. Plüschow Ic.
- ↑ Vgl.: Bock 2013, S. 62, 82, 86.
- ↑ LHAS 12.12-1 Karten von ländlichen Gemarkungen, Sign. 1355 [alt: Plüschow IV].
- ↑ Bock 2013, S. 68.
- ↑ LHAS 12.3-1 Hofbauamt/Großherzogliche Vermögensverwaltung (Bauabteilung), Sign. Plüschow 1.
- ↑ Plüschow_mag_interpretation.jpg, geosphere austria 2024; Plüschow_01_rad_interpretation.jpg, geosphere austria 2024.
- ↑ Vgl.: Plüschow_mag_interpretation.jpg, geosphere austria 2024; Plüschow_01_rad_interpretation.jpg, geosphere austria 2024.
- ↑ LHAS 12.12-1 Karten von ländlichen Gemarkungen, Sign. 19629 [alt: Plüschow Ia].
- ↑ in: LHAS 5.2-5, Großherzogliche Vermögensverwaltung, Nr. 435 Bauten und Reparaturen.
- ↑ Vgl.: Güter-Adreßbuch für Mecklenburg-Schwerin und -Strelitz 1896.
- ↑ Eine wirtschaftliche Bewertung (Ertrag), ausgedrückt z.B. in Bodenzahlen 1-100 unter Berücksichtigung von klimatischen, hydrologischen und bodenkundlichen Faktoren.
- ↑ Vgl.: ebd. S. 18.
- ↑ Plüschower Mühle, https://earth.google.com/web/@53.84694736,11.28371197,40.9616112a,791.78582521d,35y,0h,0t,0r_14.06.2023, (2023-11-21).
- ↑ Vgl.: Niekammer‘s Landwirtschaftliche Güter-Adreßbücher 1928.
- ↑ Vgl.: ebd., S. 13.
- ↑ Herrenhaus Plüschow, Schäfermeister Richard Winter bei der Arbeit, um 1940, © Förderkreis Schloss Plüschow e.V.