04. Überblick zur Anlage

Aus Herrenhäuser
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Der „Plan Plüschow mit dem Dorffe und der Ziegeley, Friedrichshagen, 1761/1762, von A. F. H. Schumacher & J. H. Susemihl“[1] (Abb. 14) zeigt Gut und Herrenhaus Plüschow an nahezu zentraler Stelle innerhalb einer arrondierten Wirtschaftsfläche bzw. Feldflur. Über eine Straße ist Plüschow mit dem Angerdorf[2] Friedrichshagen verbunden. Dort befindet sich die aus dem Mittelalter stammende Kirche (Abb. 6-7).[3] Jenseits der Wasserfläche des Mühlensees liegt die als „Der Alte Garten“ bezeichnete Fläche sowie mehrere einzelne Häuser. Das Wirtschaftsgut Plüschow umfasst viele Felder unterschiedlicher Größe, die als Schläge mit unterschiedlichen Namen aufgeführt werden. Neben der Teich- oder Seefläche (Mühlensee) ist im Nordwesten eine größere Niederung (durchzogen von vermutlich Meliorationsgräben) mit anschließenden Waldflächen kartiert worden. Kleinere Garten- oder Grünflächen liegen im Bereich des Dorfes Friedrichshagen, südöstlich des Mühlensees. Alle drei Niederungs- und Grünlandflächen sind Teile eines Gewässersystems.

Ein vermutlich in Öl ausgeführtes Gemälde, das um 1800 datiert wird, verdeutlicht den Blick aus dem neugebauten Herrenhaus Plüschow über den dahinterliegenden Mühlensees.[4] Jenseits der Wasserfläche liegt ein hügeliges, waldbestandenes Ufer, entlang dessen vielleicht ein Spazierweg führt. Dies suggeriert die Darstellung einer kleinen, weißen, hölzernen Brücke, auf der zwei Spaziergänger stehen. Wiederum hinter Hügel und Wald liegt traufständig ein großes Haus mit vermutlich dunklem Reetdach und rotem, ziegelgemauerten Schornstein. In der sich daran anschließenden offenen Landschaft mit Feldern erkennt man weitere Gehöfte sowie eine Windmühle. Die einzelnen Felder sind durch Baumreihen (vielleicht Alleen) voneinander getrennt. Der nahezu vollständig umwachsene See muss in der ausgeräumten sowie landwirtschaftlich intensiv genutzten Landschaft einen introvertierten Landschaftscharakter vermittelt haben. Eventuell lässt sich hier ein Gebäude erkennen, das sich bis ins 19. Jahrhundert auf dem Gelände des mittelalterlichen Burgstandorts befand.

Historische Fotografien, aufgenommen um 1930, zeigen rechts vom Herrenhaus (ausgehend von einem Standpunkt des Betrachters im Gutshof) eine Reihe hochgewachsener Bäume (Abb. 32-34).[5] Es handelt sich hierbei um eine alte Lindenallee, die (heute verloren) als Relikt aus barocker Zeit angesehen werden dürfte. Sie lag in der Flucht der Gartenfassade des Herrenhauses und begleitete einen Weg hin zur Allee nach der „Markstorfer Koppel“, dem „Iagelberg“ und dem „Hohen Busch“, wie Fluren sowohl imPlan Plüschow mit dem Dorffe und der Ziegeley, Friedrichshagen“ (1761/1762, von A. F. H. Schumacher & J. H. Susemihl, Abb. 14 )[6] als auch in der Karte „Plan von dem ritterschaftlichen Guthe“ (1769, von J. C. Walter und J. C. Francke, Abb. 15,1 )[7] bezeichnet werden. Die alte Lindenallee war Teil der geradlinig geführten Wege des herrschaftlichen Plüschower Barockgartens.

Auf einer wallartigen Aufschüttung, die heute die Straße von Friedrichshagen zu den Wohnhäusern von Plüschow (Siedlung Plüschow) auf Höhe des ehemaligen Gutes begleitet, stehen ebenfalls alte Linden. Die Länge dieses markanten Baumstreifens zeigt die historische (barocke) Zufahrtssituation auf. Sowohl die ausgewachsenen Bäume auf dem Wall als auch die Lindenallee des alten Barockgartens müssen in ihrer Parallelität während der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts den Gutshof deutlich als grüne Raumkanten begrenzt haben.

Bis zum Neubau einer heute noch bestehenden Scheune 1927[8] (Abb. 35) könnte der Gutshof grundsätzlich noch so ausgesehen haben, wie er in Plan- und Kartendarstellungen des 18. Jahrhunderts eingezeichnet ist: zwei massive Gebäude – eines fensterlos aus Backstein mit gewaltigem Reetdach und ein zweites mit kleineren Fenstern und mehreren Toren als Fachwerk ausgeführt, ebenfalls mit mächtigem Reetdach und voneinander abgewandten Pferdeköpfen als Verzierung der Windbretter des Giebels – stehen einander traufständig gegenüber und begrenzen die Wirtschaftsfläche des Hofes.[9] Eine weitere Scheune oder ein Stallgebäude, vor 1927 den Hof wie ein Torhaus begrenzend, könnte erst dorthin umgesetzt worden sein. Auf Kartenwerken des 18. Jahrhunderts ist dieses oder ein ähnliches Gebäude als Begrenzung des herrschaftlichen barocken Gartens eingezeichnet. Besonders die Bauweise des linken Stallgebäudes auf dem historischen Foto lässt einen Vergleich zur Bauweise mindestens eines Bauernhauses in der unmittelbaren Umgebung Plüschows zu. Das als Abbildung 107 in Karl Baumgartens und Angelika Heims Darstellung von „Landschaft und Bauernhaus in Mecklenburg“[10] wiedergegebene Foto eines Bauernhauses in Blüssen, westlich von Grevesmühlen, zeigt eine nahe verwandte architektonische Kubatur, Gliederung von Ein- und Zugängen (unterschiedlicher wirtschaftlicher Nutzung) sowie ein nahezu gleiches Fachwerksystem. Dass der Architekt der Gutsanlage Plüschow auf bewährte Bauernhausarchitektur in der unmittelbaren Umgebung zurückgriff, dürfte auf der Hand liegen.

Mit den Dimensionen, die der Gutshof Plüschow während der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts vermittelt, ist er mit dem zentralen Gutshof von Prebberede[11] (Abb. 36), ebenfalls in Mecklenburg, zur gleichen Zeit vergleichbar. Beide Gutshöfe könnten somit auch als (teilweise) Neubauten während des 18. Jahrhunderts von gleicher Dimension gewesen sein. Das auf dem historischen Foto von Plüschow um 1927[12] (Abb. 35) im Vordergrund zu sehende eingehegte Blumenbeet liegt im Bereich des kleineren Ehrenhofes, wie er 1769 als Bestand kartiert worden ist.[13]

Abb. 14 „Plan Plüschow mit dem Dorffe und der Ziegeley, Friedrichshagen, 1761/1762, von A. F. H. Schumacher & J. H. Susemihl“, in: LHAS 12.12-1 Karten von ländlichen Gemarkungen, Sign. 19629 [alt: Plüschow Ia].
Abb. 6 Friedrichshagen, Kirche 1, Foto: Hannes Rother 2023.
Abb. 7 Friedrichshagen, Kirche 2, Foto: Ulrike Gawlik 2023.
Abb. 32 historisches Foto: Herrenhaus Plüschow, Hofseite, um 1930, © Förderkreis Schloss Plüschow e.V.
Abb. 33 historisches Foto: Herrenhaus Plüschow, Gartenseite, um 1930, © Förderkreis Schloss Plüschow e.V.
Abb. 34 historisches Foto: Herrenhaus Plüschow, Weg im Park zum Herrenhaus, um 1930, © Förderkreis Schloss Plüschow e.V.
Abb. 15,1 „Plan von dem ritterschaftlichen Guthe, 1769, von J. C. Walter und J. C. Francke“, in: LHAS 12.12-1 Karten von ländlichen Gemarkungen, Sign. Plüschow Ic.
Abb. 35 historisches Foto: Herrenhaus Plüschow, Gutshof mit Schafstall und Scheunen, um 1927, © Förderkreis Schloss Plüschow e.V.
Abb. 36 historisches Foto: Blick in den Gutshof von Prebberede, Foto Karl Eschenburg vermutlich 1920er Jahre, in privatem Besitz.
  1. „Plan von dem Ihro Hochgebohrenen dem Königl. Dänischem Cammer=Herrn, Herrn Baron von Stenglin zugehörigem Hof=Felde Plüschow mit dem Dorffe und der Ziegeley Friedrichshagen, mit Zugehör wie selbige in Annis 1761 & 1762 geometrisch gemessen und cartiret, auch ersteres reguliret worden von denen Herzogl. Landmessern A. F. H. Schumacher & J. H. Susemihl“, LHAS 12.12-1 Karten von ländlichen Gemarkungen, Sign. 19629 [alt: Plüschow Ia].
  2. Vgl.: Baumgarten/Bentzien u.a. 1988, S. 276.
  3. Vgl.: Kirche Gressow Friedrichshagen, https://www.kirche-gressow-friedrichshagen.de/kirche-friedrichshagen/ (21.11.2023) siehe dort: „Kleiner Kirchenführer“.
  4. Ansicht von Plüschow, Hedwige von Stenglin, vor 1800, Aquarell. Das in Privatbesitz befindliche Bild ist bei Bock 2013 auf Seite 54 wiedergeben.
  5. Herrenhaus Plüschow, Hofseite, um 1930, © Förderkreis Schloss Plüschow e.V.; Herrenhaus Plüschow, Gartenseite, um 1930, © Förderkreis Schloss Plüschow e.V.; Herrenhaus Plüschow, Weg im Park, um 1930, © Förderkreis Schloss Plüschow e.V.; Herrenhaus Plüschow, Weg im Park zum Herrenhaus, um 1930, © Förderkreis Schloss Plüschow e.V.
  6. „Plan Plüschow mit dem Dorffe und der Ziegeley, Friedrichshagen, 1761/1762, von A. F. H. Schumacher & J. H. Susemihl“, in: LHAS 12.12-1 Karten von ländlichen Gemarkungen, Sign. 19629 [alt: Plüschow Ia].
  7. „Plan von dem ritterschaftlichen Guthe, 1769, von J. C. Walter und J. C. Francke“, in: LHAS 12.12-1 Karten ländlicher Gemarkungen, Plüschow Ic.
  8. Foto: Herrenhaus Plüschow, Gutshof mit Schafstall und Scheunen um 1927, © Förderkreis Schloss Plüschow e.V.
  9. Foto: Herrenhaus Plüschow, Gutshof mit Schafstall und Scheunen um 1927, © Förderkreis Schloss Plüschow e.V.
  10. 1991, S. 84.
  11. Historisches Foto des Gutshofes Prebberede (Mecklenburg), Panorama, Karl Eschenburg vermutlich 1920er Jahre, in privatem Besitz.
  12. Herrenhaus Plüschow, Gutshof mit Schafstall und Scheunen, um 1927, © Förderkreis Schloss Plüschow e.V.
  13. „Plan von dem ritterschaftlichen Guthe, 1769, von J. C. Walter und J. C. Francke“, in: LHAS 12.12-1 Karten von ländlichen Gemarkungen, Sign. Plüschow Ic.