10. Wirtschaftsanlagen
- 01. Einführung
- 02. Forschungsstand
- 03. Geschichte der Anlage vor dem 18. Jahrhundert
- 04. Überblick zur Anlage
- 05. Wirtschaftlicher Kontext
- 06. Besitzverhältnisse im 18. Jahrhundert
- 07. Herrenhaus: Baugeschichte und Architektur
- 08. Innenräume im 18. Jahrhundert
- 09. Garten und Park im 18. Jahrhundert
- 10. Wirtschaftsanlagen
- 11. Kirche und Dorfstrukturen
- 12. Geschichte der Anlage nach dem 18. Jahrhundert
- 13. Quellen- und Literaturverzeichnis
KurztextDer „Plan Plüschow mit dem Dorffe und der Ziegeley, Friedrichshagen, 1761/1762, von A. F. H. Schumacher & J. H. Susemihl“ (Abb. 14) zeigt Gut und Herrenhaus Plüschow an nahezu zentraler Stelle innerhalb einer arrondierten Wirtschaftsfläche bzw. Feldflur. Über eine Straße ist die Anlage mit dem Angerdorf Friedrichshagen und seiner Kirche verbunden. Das Wirtschaftsgut Plüschow umfasst viele Felder unterschiedlicher Größe, die als Schläge mit unterschiedlichen Namen aufgeführt werden. Landbaumeister Ludolf Lübstorf erstellte 1911 das „Bauliche(…) Erachten betr. Pachthof Plüschow“, und gibt den vollständigen Baubestand des Gutshofes wieder. Aus der Barockzeit sind dies das 1763 erbaute Herrenhaus, ein 1750 erbautes Nebenhaus (das „Bülowsche Haus“), eine große Scheune, ein Pferdestall, ein „Viehhaus“, eine kleine Scheune, alle unbekannten Alters sowie ein weiterer, bereits 1746 gebauter und später zu einer Scheune umgebauter Schafstall. So existierten vor dem Bau des von Stenglinschen Barockguts vor 1763 zwei Gebäude auf einer Landzunge im (vermutlich künstlich angestauten) Mühlensee: das massive Bülowsche Steinhaus und ein strohgedeckter Schafstall, beide in großer Entfernung zueinander. Das barocke Gut wird vollkommen neu errichtet. LangtextDie Police der Ritterschaftlichen Brandversicherungsgesellschaft von 1782 (Abb. 38-40) gibt Auskunft über den Baubestand des Hofes Plüschow.[1] Die Vogtei Plüschow (der Gesamtbesitz Philipp Heinrich (II.) von Stenglins 1782) im Ritterschaftlichen Amt Grevesmühlen umfasst die Güter Plüschow, Friedrichshagen, Meierstorf, Jamel, Bahrendorf, Testorf, Boienhagen, Steinfort und Ovenhagen.[2] Mit der Police werden neun Gebäude versichert: das Herrenhaus, ein dem Herrenhaus zugeordnetes Gebäude, das Verwalterhaus mit Wagenremise, eine massive Scheune, ein Pferdestall für Reit- und Hofpferde, ein Vieh- und Ochsenstall, ein Schafstall, ein Geflügelstall sowie das Brau- und Backhaus. Der „Plan [die Karte] Plüschow mit dem Dorffe und der Ziegeley, Friedrichshagen, 1761/1762, von A. F. H. Schumacher & J. H. Susemihl“[3] (Abb. 14) zeigt Gut und Herrenhaus Plüschow an nahezu zentraler Stelle innerhalb einer arrondierten Wirtschaftsfläche bzw. Feldflur. Über eine Straße ist die Anlage mit dem Angerdorf Friedrichshagen verbunden.[4] Dort befindet sich die aus dem Mittelalter stammende Kirche mit dem Wappen der Patronatsfamilie von Bülow sowie dem Familienwappen der von Stenglins.[5] Jenseits der Wasserfläche des Mühlensees liegen eine als „Der Alte Garten“ bezeichnete Fläche sowie mehrere einzelne Häuser [des alten Burgstandortes]. Das Wirtschaftsgut Plüschow umfasst viele Felder unterschiedlicher Größe, die als Schläge mit unterschiedlichen Namen aufgeführt werden. Angrenzend an den Gutshof lauten diese: „Der Hühner Berg Schlag“, „Der Lange Felds Schlag“, „Der Kater Bruch Schlag“, „Die Fittensen Koppel“, „Die Marstorfer Koppel“, „Der Iagels Berg“, „Der Hohe Busch Schlag“, „Der Schwalken Stehrt“, „Der Drooge Dieck“[6], „Der Lindlaht“[7], „Der Alte Ziegelei Schlag“[8] oder „Der Wulwer Kamer Schlag“. Der „Galgen Berg“ gibt in seiner Bezeichnung die mittelalterliche Funktion wieder. Neben der Seefläche des Mühlensees gibt es nördlich eine größere Niederung (durchzogen von vermutlich Meliorationsgräben) mit anschließenden Waldflächen. Kleinere Garten- oder Grünflächen liegen im Bereich des Dorfes Friedrichshagen. Die „Zeichnung zu einem zu erbauenden Kathen zu vier Wohnungen (…), Grevesmühlen den 27. Juny 1834, A. Thomas“[9] (Abb. 44) gibt Hinweise auf die Wohnverhältnisse von Gutsarbeitern in Plüschow während der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts – die besser gewesen sein dürften, als die Lebensumstände und Wohnverhältnisse vieler Gutsarbeiter im 18. Jahrhundert: eine mehrköpfige Familie bewohnte im 19. Jahrhundert eine Diele mit Kochstelle, eine beheizbare Stube und zwei Kammern im Erdgeschoss sowie vermutlich eine Kammer im Dachgeschoss. Vier solcher Wohneinheiten wurden unter einem mit Stroh oder Reet gedeckten Dach mit zwei gemauerten Schornsteinen zusammengefasst. Zwei Fotos des „Lindenkaten“[10] (Abb. 101-102) aus den 1970er Jahren könnten eine Variante des Hauses von 1834, jedoch für zwei Familien, zeigen. Das heute nicht mehr existierende Haus vor sechs noch bestehenden und vitalen Linden im Bereich des alten Burgstandortes Plüschow, wäre auf dem Standort des 1911[11] als Hebammenkaten benannten Hauses (eventuell auch für diese) neu errichtet worden? Das Foto „Haus Dorfstraße 11“[12] (Abb. 103) zeigt die bauliche Umsetzung der Musterhauszeichnung von 1834. Das Haus könnte ursprünglich mit Stroh gedeckt gewesen sein. Der Landbaumeister Ludolf Lübstorf erstellte 1911 das „Bauliche(…) Erachten betr. Pachthof Plüschow“, das den vollständigen Baubestand des Gutes zu diesem Zeitpunkt mit dem Alter der Gebäude wiedergibt.[13] Hier seien nur die Gebäude der Barockzeit genannt. Demnach wird das „Wohnhaus“/ „frühere Großherzogliche Schloß“/ „Prinzenpalais“ 1763 erbaut und 1903 zur Pächterwohnung umgebaut. An der Gartenseite dieses Gebäudes befindet sich seit 1903 eine „giebelwärts verglaste Veranda aus Eichenfachwerk“[14]. Das „Nebenhaus“, wohl das „Bülowsche Haus“, wird bereits 1750 als „Kavalierhaus“ erbaut und 1844 sowie 1857 zum „Pächterwohnhaus“ umgebaut. Die „große Scheune“[15] (Abb. 35) ist von „unbekanntem Alter [könnte demnach wie alle genannten Gebäude mit dieser Bezeichnung barocken Ursprungs sein], 63,25 m lang, 21,05 m tief und 4,00 m im Ständer hoch, im Ring massiv von Mauersteinen unter Rohr- und Strohdach (…), [mit] nicht geschlossenen runden oder viereckigen Oeffnungen von nur 0,30 m Weite“, durch die „nicht genug Licht“ dringe.[16] Der Pferdestall ist ebenfalls „unbekannten Alters“ und wird 1874 und 1903 umgebaut bzw. vergrößert. „Er ist 36,10 m lang, 13,82 m tief und 3,44 m im Ständer hoch, im Ring von Eichenfachwerk mit Mauersteinen ausgetafelt unter Kronendach (…)“[17]. Auch der Schafstall ist „unbekannten Alters“, wurde 1855 „aus dem früheren Viehhause durchgebaut“[18] und 1895 und 1904 erneut umgebaut bzw. „im Verbande verstärkt“[19]. Er „ist 62,74 m lang, 18,90 m tief und 2,15 m bezw. 4,70 m im Ständer hoch, im Ringe aus Eichenfachwerk mit Mauersteinentafeln unter Rohrdach. Der innere Holzverband [ist] fast ausschließlich aus Tannenbauholz [in Mecklenburg in der Regel Fichte]“[20] errichtet. „Die kleine Scheune“, auch „Mittelscheune“ ist „unbekannten Alter[s], 42,0 m lang, 15,76 m tief und 3,90 m im Ständer hoch, im Ringe massiv von Mauersteinen unter Strohdach (…). Auch dieser Scheune fehlt Licht, weil die vorhandenen runden Luftlöcher von etwa 0,25 m Durchmesser nicht genügen.“[21] „Die Roggenscheune – Gartenscheune –, früher Schafstall, um 1746 gebaut [architektonische Begrenzung des Barockgartens zur Straße], 42,40 m lang, 15,76 m tief und 4,00 m im Ständer hoch, im Ring massiv von Mauersteinen unter Strohdach (…) hat nicht genügend Licht (…)“[22]. Der „Eiskeller [liegt] im Parke, mit Rohr gedeckt (…)“[23]. Im „Dorfe“/in der zum Gut gehörenden Siedlung werden weitere Gebäude benannt: Der „Schäferkaten (…) – von großem Alter –“[24] wird 1905 umgebaut und mit einem Stall versehen. Eventuell handelt es sich hierbei um das in den 1990er Jahren abgerissene „Weiße Haus“[25] (Abb. 104). Der „Hebammenkaten (Abb. 101-102) (…) – von unbekanntem Alter –“[26] wird 1903 umgebaut und besaß einen Stallanbau am Ostgiebel sowie zwei weitere Stallgebäude, ebenfalls unbekannten Alters.[27] Ein 1875 umgebauter Fischerkaten mit zwei Ställen sowie zwei Strohdachkaten von unbekanntem Alter und vier dazugehörige Ställe „von großem Alter“ werden zum Abbruch vorgeschlagen.[28] Bei einem der „Strohdachkaten“ könnte es sich um das als „Pappkaten“ bezeichnete Fachwerkhaus mit Dachpappe handeln, das auf einem historischen Foto zu sehen ist.[29] Es gibt mehrere Brunnen auf dem Hofgut von unterschiedlicher Funktionsqualität. Darüber hinaus sind „Backöfen, Befriedigungen, Brücken und Steindämme“[30] registriert. Während die „große Scheune“, der Pferdestall, der Schafstall und „die kleine Scheune“ (zur barocken Gutsanlage gehörig) sowie der „Hebammenkaten“ (zum „Dorfe“/Siedlung gehörig) „von unbekanntem Alter“ sind, gibt es Katen (für Schäfer und Fischer) sowie Ställe außerhalb der barocken Gutsanlage, die „von großem Alter“ sind. Während die Scheunen und Ställe als massiv gemauert, mit kleinen Öffnungen, unter Verwendung von Eichen- und „Tannenbauholz“, unter Strohdächern beschrieben werden, zeigen sich die alten Katen und Ställe in dem „Lageplan von dem Hofe Plüschow 1893“[31] (Abb. 37) handschriftlich (unbekannten Datums hinzugefügt) als z. B. „Fachwerk mit Steindach“ (der dazugehörige Stall als „meist Fachwerk (…) Ziegelmauerwerk“ mit „Strohdach“) – dies z.B. beim am östlichsten gelegenen Haus innerhalb des alten Burgstandorts [vielleicht ein Fischerhaus]. Die mit ihren Baumassen großen Scheunen[32] (Abb. 35) und Ställe, die mindestens auf einem historischen Foto aus dem frühen 20. Jahrhundert noch zu erkennen sind, könnten zur unter von Stenglin neu errichteten barocken Gutsanlage zählen bzw. 1911 noch aus dieser Zeit erhalten sein. Bei den Katen außerhalb der Gutsanlage, mit Standort zum Teil auf dem alten Burggelände, mit der Bezeichnung „von großem Alter“ könnte es sich um die ältesten Gebäude in Plüschow handeln. Da sie bereits 1761/1762 („Plan Plüschow mit dem Dorffe und der Ziegeley, Friedrichshagen, 1761/1762, von A. F. H. Schumacher & J. H. Susemihl“, Abb. 14)[33] verzeichnet sind, könnten sie mindestens während der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts erbaut worden sein oder gar noch älter sein. Der „Hebammenkaten“ wird im Lageplan von 1893 (Abb. 37) handschriftlich als „Fachwerk mit Ziegeln“ und mit „Steindach“ beschrieben. Beide als Fachwerkbauten mit Steindach beschriebenen Gebäude auf dem Areal der alten Burg (für einen Fischer und eine Hebamme), konnten mit Wahrscheinlichkeit durch die Bodenradar- und Erdmagnetikmessungen (Abb. 17-18), durchgeführt im Januar 2023 durch geosphere austria, nachgewiesen werden.[34] Das „Bauliche(…) Erachten betr. Pachthof Plüschow“ von 1911 benennt neben dem Bülowschen Haus (1750 errichtet) die „Roggenscheune – Gartenscheune –, früher Schafstall“ als das (heute nicht mehr vorhandene) älteste Gebäude der barocken Gutsanlage. So standen wohl vor dem Bau des von Stenglinschen Barockgutes zwei Gebäude auf dieser Landzunge im Mühlensee: das massive Bülowsche Steinhaus und ein strohgedeckter Schafstall, beide in großer Entfernung zueinander. |
- ↑ LHAS 3.2-4 Ritterschaftliche Brandversicherung, Sign. 240, Situationsplan Gut Plüschow.
- ↑ Vgl. auch Bock 2013, S. 56.
- ↑ LHAS 12.12-1 Karten ländlicher Gemarkungen, Kreis Schönberg, Plüschow Ia.
- ↑ Vgl.: Baumgarten/Bentzien u.a. 1988, S. 276.
- ↑ Vgl.: Kirche Gressow Friedrichshagen, https://www.kirche-gressow-friedrichshagen.de/kirche-friedrichshagen/ (21.11.2023), siehe dort: „Kleiner Kirchenführer“.
- ↑ Vermutlich könnte diese Flur „Der Trockene Teich“ geheißen haben. „Dieck“ wird bei Greve 2011 als „Teich“ wiedergegeben. Siehe ebd., S. 14.
- ↑ Eher unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich ist, dass „Laht“ mit „Laake“ verwandt ist. Greve führt 2011 zu „Die Laake“ aus: „Der Flurname, der auf einen idg. Wortstamm (z.B. Lache) zurückgeht, ist sicher auf [ein] Gewässer bezogen.“ Siehe ebd., S. 172.
- ↑ In diesem Bereich könnte sich entweder eine frühe Ziegelei befunden haben, die um die Mitte des 18. Jahrhunderts bereits nicht mehr in den Karten zu lokalisieren ist, oder dieses Feld wurde von den Ziegeleiarbeitern, die die barocke Gutsanlage aufbauten, zum Feldanbau genutzt. Ihre Ziegelei lag jenseits des Mühlensees und ist in den Karten des 18. Jahrhunderts verzeichnet.
- ↑ in: LHAS 5.2-5, Großherzogliche Vermögensverwaltung, Nr. 435 Bauten und Reparaturen.
- ↑ Plüschow, „Lindenkaten“ um 1974, Foto Wilfried Otto, © Förderkreis Schloss Plüschow e.V.; Plüschow, „Pipensack“, um 1974, Foto Wilfried Otto, © Förderkreis Schloss Plüschow e.V.
- ↑ „Bauliche(…) Erachten betr. Pachthof Plüschow“, Landbaumeister Ludolf Lübstorf, 1911, transkribiert wiedergegeben in Bock 2013, S. 97-103.
- ↑ Plüschow, Dorfstraße 11, 1973, Foto Eckhart Redersborg, © Förderkreis Schloss Plüschow e.V.
- ↑ Transkribiert wiedergegeben in Bock 2013, S. 97-103. Aus dieser Wiedergabe werden die nachfolgenden Benennungen zitiert.
- ↑ Bock 2013, S. 98.
- ↑ Herrenhaus Plüschow, Gutshof mit Schafstall und Scheunen, um 1927, © Förderkreis Schloss Plüschow e.V.
- ↑ Bock 2013, S. 100.
- ↑ Bock 2013, S. 101.
- ↑ Bock 2013, S. 101.
- ↑ Bock 2013, S. 101.
- ↑ Bock 2013, S. 101.
- ↑ Bock 2013, S. 101-102.
- ↑ Bock 2013, S. 102.
- ↑ Bock 2013, S. 102.
- ↑ Bock 2013, S. 102. „Von großem Alter“ scheint gegenüber der Bezeichnung „unbekannten Alters“ eine Steigerung zu bedeuten, sodass davon ausgegangen werden könnte, dass alle als „von großem Alter“ bezeichneten Gebäude mindestens aus dem Barock stammen könnten, wenn sie nicht gar älter sind.
- ↑ Foto: Plüschow, „Weißes Haus“, abgerissen um 1995, 1973, Foto Eckhart Redersborg, © Förderkreis Schloss Plüschow e.V.
- ↑ Bock 2013, S. 102.
- ↑ Eventuell handelt es sich hierbei um den „Lindenkaten“, der vielleicht nach einem Entwurf von 1834 erbaut worden war.
- ↑ Vgl.: Bock 2013, S. 102.
- ↑ Plüschow, „Pappkaten“, 1973, Foto Eckhart Redersborg, © Förderkreis Schloss Plüschow e.V.
- ↑ Bock 2013, S. 103.
- ↑ LHAS 12.3-1 Hofbauamt/Großherzogliche Vermögensverwaltung (Bauabteilung), Sign. Plüschow 1.
- ↑ Herrenhaus Plüschow, Gutshof mit Schafstall und Scheunen, um 1927, © Förderkreis Schloss Plüschow e.V.
- ↑ LHAS 12.12-1 Karten von ländlichen Gemarkungen, Sign. 19629 [alt: Plüschow Ia].
- ↑ Plüschow_mag_interpretation.jpg, geosphere austria 2024; Plüschow_01_rad_interpretation.jpg, geosphere austria 2024.