11. Kirche und Dorfstrukturen

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Das Kirchdorf Friedrichshagen wird von Friedrich Schlie 1898 in dem von ihm bearbeiteten Kompendium „Kunst- und Geschichts-Denkmäler des Grossherzogthums Mecklenburg-Schwerin“ als mittelalterlichen, deutschen Ursprungs beschrieben. Ab 1230 bebaut der Kolonist Fredebern (Wredebern) die Feldflur. Der Name des Dorfes wandelt sich im Laufe der Zeit von Vredeberneshagen in Frebbershagen und schließlich in Friedrichshagen. Es liegt 10 km südöstlich von der Landstadt Grevesmühlen und erhält durch seinen Gründer eine Kirche mit Ackerland. Um 1265 hat der Bischof von Ratzeburg das Kirchenpatronat inne. Zunächst ist dann der Deutsche Orden Eigentümer von Hufen im Dorf, anschließend Marquard von Stove, die Herren von Stralendorff, parallel zu diesen die Herren von Negendanck, später die Herren von Bassewitz. Ab 1442 sind die Herren von Bülow aus der Linie Wehnigen Besitzer von Friedrichshagen. Die Bülows bleiben bis über die Mitte des 18. Jahrhunderts hinaus dort. Sie haben seit der Reformation das Patronat der Kirche inne. 1763 erhält Kammerherr Philipp Heinrich (II.) von Stenglin auf Plüschow den Lehnbrief über Friedrichshagen. Sein Rechtsnachfolger ist ab 1803 Erbprinz (ab 1815 Erbgroßherzog) Friedrich Ludwig zu Mecklenburg. Diesem folgt Erbgroßherzog Paul Friedrich zu Mecklenburg. Ab 1823 gehört Friedrichshagen zum fürstlichen Domanium (Besitz). Mehrere Namen von Pastoren sind überliefert.

Die 1414 errichtete Kirche (Abb. 6-7) ist ein schlichter gotischer Backsteinbau mit einem um 1530 vorgebauten gemauerten Turm (Satteldach) im Westen. Langhaus (Abb. 105-106) und Chor bilden einen einzigen Raum, der von einer flachen Holzdecke bedeckt und von acht zweiteiligen Fenstern mit Spitzbogenschluss erhellt wird. Der Altar (Abb. 107) wurde 1704 von dem Schweriner Hof- und Kunstmaler Johann Friderich Wilde gemalt und zeigt die Kreuzigung Jesu. Zwei geschnitzte Figuren, vor jeweils zwei Halbsäulen stehend, stellen Moses und Aron (Abb. 108) dar. Die Kanzel (Abb. 109) stammt ebenfalls aus dem Barock. Von einem Altar aus dem 15. Jahrhundert ist ein Fragment (geschnitzte Kreuzigungsgruppe) erhalten geblieben. Das 1574 entstandene Epitaph erinnert an Hans von Bülow und seine Frau Katharina von Plessen. In einem ‚restauratorischen Fenster‘ in der Wand der Kirche ist ein Fresko mit geschwungenen Weinreben zu sehen. Auch Bibelzitate wurden hier freigelegt. 1898 hängen zwei Glocken im Turm. Die größere aus dem Jahr 1724 (heute noch vorhanden) benennt in einer Inschrift „Hans Jo[a]chim von Bulow“ und „Cord Dettlof von Bulow“ als Patrone der Kirche. Die zweite Glocke ersetzt eine ältere, die dem Andenken an Philipp Heinrich (II.) von Stenglin gewidmet war und 1801 gegossen wurde (Kriegsabgabe 1917). Auch die Familie von Stenglin hatte zum Zeitpunkt ihres Besitzes das Kirchenpatronat inne. Das Wappen der Familie von Bülow mit 14 goldenen Kugeln auf blauem Schild und einem Pirol mit goldenem Ring im Schnabel auf blau-goldenem Helm (mit zwei mit je sieben goldenen Kugeln belegten blauen Büffelhörnern) befindet sich an der Orgelempore. Ein zweites, ebenfalls an der Orgelempore befindliches Wappen zeigt Schild und Helm der Familie von Stenglin (Abb. 110). Es wird von zwei Löwen präsentiert.[1]

Friedrichshagen ist ein Angerdorf.[2] Es besteht 1762[3] neben Kirche und Pfarrhof (drei Gebäude) aus acht oder neun Höfen mit 23 Gebäuden und einer etwas abseits gelegenen Schmiede mit einem oder zwei Gebäuden. Zusätzlich gibt es einzeln stehende kleine Wirtschaftsgebäude. Die Höfe sind jeweils von Gartenland umgeben, das im historischen Plan eingehegt dargestellt ist. „Das Griese Bruch“ (graues Sumpfland) und weitere vermutlich nur extensiv genutzte Flächen schließen sich an das Gartenland an.

Friedrichshagen (Abb. 111) ist ein Dorf mit für Mecklenburg auffällig ausgeprägter Topografie. Die Kirche, der alte Friedhof sowie der kleine Dorfanger liegen erhöht und zudem an einer Hangkante. Man kann vom Kirchhof auf „das Griese Bruch“ hinabblicken. Die Kirche, die im 18. Jahrhundert gebaute Einfriedung des Kirchhofes (Feldsteinmauer) sowie Pfarrhaus (Fachwerk mit Backsteinausfachung) und Pfarrhof bilden eine Einheit. Der Pfarrgarten mit Streuobstwiese fällt zu einem Bachlauf hin ab. Das Dorf besteht auch heute noch aus einzelnen Höfen (manche davon Dreiseithöfe) mit großem Wohnhaus und zum Teil alten Wirtschaftsgebäuden (teils Fachwerk mit Backsteinausfachung). Auffallend ist die Fachwerkarchitektur der großen Wohnhäuser, die an niederdeutsche Hallenhäuser denken lässt. Neben einem Bauernhof mit drei Gebäuden sind drei weitere Hallenhäuser, Kirche und Pfarrhof als Baudenkmale in die Denkmalliste eingetragen.[4] Die Region Nordwestmecklenburgs und seine Bauernhäuser finden bei Karl Baumgarten und Angelika Heim in „Landschaft und Bauernhaus in Mecklenburg“ textliche Erwähnung und fotografische Wiedergabe.[5]

Abb. 6 Friedrichshagen, Kirche 1, Foto: Hannes Rother 2023.
Abb. 7 Friedrichshagen, Kirche 2, Foto: Ulrike Gawlik 2023.
Abb. 105 Friedrichshagen, Kirche, Chor, Foto: Hannes Rother 2023.
Abb. 106 Friedrichshagen, Kirche, Orgelempore, Foto: Hannes Rother 2023.
Abb. 107 Friedrichshagen, Kirche, Altar, Foto: Hannes Rother 2023.
Abb. 108 Friedrichshagen, Kirche, Altar, Moses und Aron, Foto: Hannes Rother 2023.
Abb. 109 Friedrichshagen, Kirche, Kanzel, Foto: Hannes Rother 2023.
Abb. 110 Friedrichshagen, Kirche, Wappen der Familie von Stenglin, Foto: Hannes Rother 2023.
Abb. 111 historisches Foto: Friedrichshagen Dorf, 1970er Jahre, © Förderkreis Schloss Plüschow e.V.
  1. Vgl.: Schlie 1898, S. 416-418; Kleiner Kirchenführer, Förderverein zur Erhaltung der Kirche Friedrichshagen e.V., Faltblatt, s.a.
  2. Vgl.: Baumgarten/Bentzien u.a. 1988, S. 276.
  3. „Plan Plüschow mit dem Dorffe und der Ziegeley, Friedrichshagen, 1761/1762, von A. F. H. Schumacher & J. H. Susemihl“, in: LHAS 12.12-1 Karten von ländlichen Gemarkungen, Sign. 19629 [alt: Plüschow Ia].
  4. Liste der Baudenkmale in Upahl, https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Baudenkmale_in_Upahl#Friedrichshagen (21.11.2023).
  5. Siehe: Baumgarten/Heim, 1991, 24-29, Fotos: z.B. S. 84.