Gunderslevholm/09. Garten und Park im 18. Jahrhundert: Unterschied zwischen den Versionen

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|Mit der Verwirklichung eines Gartens im französischen Stil folgte [https://da.wikipedia.org/wiki/Carl_Adolph_von_Plessen Carl Adolf von Plessen] einem zeittypischen Ideal. Die dänische Gartenkunst orientierte sich weitestgehend an den europäischen Kunstströmungen, wenn auch mit einigen Abweichungen und zeitlicher Verschiebung aufgrund religiöser, politischer und wirtschaftlicher Bedingungen.<ref name="ftn172">Vgl. https://www.landskabsarkitekter.dk/historie/, (07.05.2024).</ref> Maßgebend waren vor allem die barocken Gestaltungsprinzipien Italiens und Frankreichs. Zeittypische Musterbücher, Gartenschöpfungen oder Gartentraktate, wie&nbsp;„La théorie et la pratique du jardinage“<ref name="ftn173">Dézallier d‘ Argenville, Antoine Joseph: La théorie et la pratique du jardinage, Paris 1747.</ref> des französischen Gelehrten und Gartenkünstlers [https://de.wikipedia.org/wiki/Antoine-Joseph_Dezallier_d%E2%80%99Argenville Antoine-Joseph Dezallier d’Argenville], zählten zu beliebten Vorlagen jener Zeit.
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Mit der Verwirklichung eines Gartens im französischen Stil folgte [https://da.wikipedia.org/wiki/Carl_Adolph_von_Plessen Carl Adolf von Plessen] einem zeittypischen Ideal. Die dänische Gartenkunst orientierte sich weitestgehend an den europäischen Kunstströmungen, wenn auch mit einigen Abweichungen und zeitlicher Verschiebung aufgrund religiöser, politischer und wirtschaftlicher Bedingungen.<ref name="ftn172">Vgl. https://www.landskabsarkitekter.dk/historie/, (07.05.2024).</ref> Maßgebend waren vor allem die barocken Gestaltungsprinzipien Italiens und Frankreichs. Zeittypische Musterbücher, Gartenschöpfungen oder Gartentraktate, wie&nbsp;„La théorie et la pratique du jardinage“<ref name="ftn173">Dézallier d‘ Argenville, Antoine Joseph: La théorie et la pratique du jardinage, Paris 1747.</ref> des französischen Gelehrten und Gartenkünstlers [https://de.wikipedia.org/wiki/Antoine-Joseph_Dezallier_d%E2%80%99Argenville Antoine-Joseph Dezallier d’Argenville], zählten zu beliebten Vorlagen jener Zeit.


Einer der wichtigsten dänischen Vertreter des strengen Formalismus wurde der Architekt und Gartenkünstler [https://biografiskleksikon.lex.dk/Johan_Cornelius_Krieger_-_gartner Johan Cornelius Krieger]. Krieger war nachweislich an der Planung und Gestaltung der Residenzgärten in [https://de.wikipedia.org/wiki/Schloss_Fredensborg Fredensborg] (1760 ̶ 1770) und [https://www.hovedstadshistorie.dk/frederiksberg-2/frederiksberg-have/ Frederiksberg] (um 1700) beteiligt. Zudem entwarf der spätere Bauinspektor und oberste Landbaumeister zusammen mit dem Architekten [[wikipedia:Johan_Conrad_Ernst|Johan Conrad Ernst]] unter anderem das Kopenhagener [https://de.wikipedia.org/wiki/Schloss_Amalienborg Schloss Amalienborg]. Schon bald fanden sich die durchstrukturierten Formen nicht nur mehr in den Residenzgärten des Landes, sondern auch auf den Gütern des nicht regierenden Adels wieder. Laut Annemarie Lund gibt es für den Zeitraum zwischen 1720 und 1740 nur wenige belegbare Überlieferungen. Zu nennen sei an diesem Punkt der Garten von [http://www.lerchenborg.dk/historie.aspx Lerchenborg] (1747 ̶ 1748).<ref name="ftn174">Vgl. https://www.landskabsarkitekter.dk/historie/, (07.05.2024).</ref>
Einer der wichtigsten dänischen Vertreter des strengen Formalismus wurde der Architekt und Gartenkünstler [https://biografiskleksikon.lex.dk/Johan_Cornelius_Krieger_-_gartner Johan Cornelius Krieger]. Krieger war nachweislich an der Planung und Gestaltung der Residenzgärten in [https://de.wikipedia.org/wiki/Schloss_Fredensborg Fredensborg] (1760 ̶ 1770) und [https://www.hovedstadshistorie.dk/frederiksberg-2/frederiksberg-have/ Frederiksberg] (um 1700) beteiligt. Zudem entwarf der spätere Bauinspektor und oberste Landbaumeister zusammen mit dem Architekten [[wikipedia:Johan_Conrad_Ernst|Johan Conrad Ernst]] unter anderem das Kopenhagener [https://de.wikipedia.org/wiki/Schloss_Amalienborg Schloss Amalienborg]. Schon bald fanden sich die durchstrukturierten Formen nicht nur mehr in den Residenzgärten des Landes, sondern auch auf den Gütern des nicht regierenden Adels wieder. Laut Annemarie Lund gibt es für den Zeitraum zwischen 1720 und 1740 nur wenige belegbare Überlieferungen. Zu nennen sei an diesem Punkt der Garten von [http://www.lerchenborg.dk/historie.aspx Lerchenborg] (1747 ̶ 1748).<ref name="ftn174">Vgl. https://www.landskabsarkitekter.dk/historie/, (07.05.2024).</ref>

Version vom 15. Oktober 2024, 20:42 Uhr

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Mit der Verwirklichung eines Gartens im französischen Stil folgte Carl Adolf von Plessen einem zeittypischen Ideal. Die dänische Gartenkunst orientierte sich weitestgehend an den europäischen Kunstströmungen, wenn auch mit einigen Abweichungen und zeitlicher Verschiebung aufgrund religiöser, politischer und wirtschaftlicher Bedingungen.[1] Maßgebend waren vor allem die barocken Gestaltungsprinzipien Italiens und Frankreichs. Zeittypische Musterbücher, Gartenschöpfungen oder Gartentraktate, wie „La théorie et la pratique du jardinage“[2] des französischen Gelehrten und Gartenkünstlers Antoine-Joseph Dezallier d’Argenville, zählten zu beliebten Vorlagen jener Zeit.

Einer der wichtigsten dänischen Vertreter des strengen Formalismus wurde der Architekt und Gartenkünstler Johan Cornelius Krieger. Krieger war nachweislich an der Planung und Gestaltung der Residenzgärten in Fredensborg (1760 ̶ 1770) und Frederiksberg (um 1700) beteiligt. Zudem entwarf der spätere Bauinspektor und oberste Landbaumeister zusammen mit dem Architekten Johan Conrad Ernst unter anderem das Kopenhagener Schloss Amalienborg. Schon bald fanden sich die durchstrukturierten Formen nicht nur mehr in den Residenzgärten des Landes, sondern auch auf den Gütern des nicht regierenden Adels wieder. Laut Annemarie Lund gibt es für den Zeitraum zwischen 1720 und 1740 nur wenige belegbare Überlieferungen. Zu nennen sei an diesem Punkt der Garten von Lerchenborg (1747 ̶ 1748).[3]

In den von A. Lund genannten Zeitraum fiel auch die Errichtung des Gunderslevholmer Gartens, dessen Schöpfer nicht bekannt ist. Die früheste überlieferte Darstellung des Gartens ist einer im Jahre 1781 gezeichneten Katasterkarte des dänischen Landschaftsmalers Carsten Ehlers (1741–1819) zu entnehmen, welche die Grundlage für weitere in den Jahren 1805, 1807 und 1874 erschienenen Kartenwerke bildete. Der Garten scheint dennoch älteren Ursprungs zu sein. Laut den Aufzeichnungen der Dänischen Dendrologischen Gesellschaft wurden die holländischen Linden (Tilia europaea) der beiden Alleen etwa um 1730 gepflanzt.[4]

Die instruktivste Quelle für die Beschreibung des Gartens in Gunderslevholm bildet eine im Jahr 1805 angefertigte Karte (Abb. 45) mit dem Titel Kort over Gunderslevholms Hovmarker. Dabei handelt es sich um eine von Johan Jørgen Kühl kopierte Version der oben genannten Ehlerschen Katasterkarte.

Der Garten erstreckte sich östlich hinter dem Herrenhaus und kann in drei Teile unterteilt werden (v.l.n.r): einen Nutz- und einen Lustgarten, welcher nach französischem Vorbild angelegt wurden, sowie einen Bleichgarten (Abb. 46, 50). Im Zentrum stand das Herrenhaus, welches den Ausgangspunkt des barocken Gartens und infolgedessen den Bezugspunkt für das übergeordnete Gliederungssystem dieses und des Hofes bildete. Den beiden Kurzseiten des Herrenhauses war in Längsausrichtung jeweils eine große Beet- oder Parterrefläche vorgelagert. Es ist zu erkennen, dass sich nach Süden eine Mauer anschloss, welche beide formalen Gärten ̶ den Lust- und den Nutzgarten ̶ umschloss. Die Ummauerung öffnete sich im Uferbereich der Suså, da der Fluss in diesem Bereich selbst eine natürliche Begrenzung bildete.

Das Achsensystem des hinter dem herrschaftlichen Wohnhaus befindlichen Lustgartens wurde hauptsächlich durch drei parallel zueinander verlaufende Vertikalachsen bestimmt. Bei den beiden außen liegenden Achsen handelt es sich um zwei bis heute in Teilen erhaltene Lindenalleen (Abb. 47). Sie schienen den Lustgarten in gewisser Weise „einzurahmen“, wodurch der Intimitätsgedanke der barocken Gartengestaltung unterstrichen wurde. Beide Alleen setzten auf Höhe der Kurzseiten des Herrenhauses an, knickten dann in einem 90-Grad-Winkel ab und führten nach mehrmaligen Richtungswechseln, im unteren Bereich des Gartens, bis zur Wasserkante der Suså, herab. Der sich zwischen den Lindenalleen bettende formale Garten wies ein gewisses Gefälle auf, welches ein direktes Resultat der Erbauung des herrschaftlichen Wohnsitzes im Jahre 1729 darstellte. Laut den Aufzeichnungen Neergaards ließ Plessen die ehemalige Burg bis auf die Grundmauern schleifen, um das neue Haus „[…] in angemessener Entfernung vom Bach …“[5]zu errichten. Die ehemals am Ufer der Suså befindliche Aufschüttung der Burg wurde abgetragen und als Untergrund für die noch heute bestehende Gutsanlage genutzt. Eine stufenartige Überformung des Geländes war somit nicht nur das Resultat der Schleifung der mittelalterlichen Befestigungsanlage selbst, sondern fungierte zugleich als ein gestalterisches Element des formalen Gartens. Die aus der Geländemodellierung resultierende exponierte Lage des Herrenhauses oberhalb des Flusses ermöglichte nunmehr einen Blick in die umliegende Garten- und Kulturlandschaft. In einem Höhenmodell[6] (Abb. 48) der dänischen Agentur für Datenversorgung und -infrastruktur ist die hier genannte terrassenartige Gestaltung des Geländes deutlich zu erkennen.

Die sich an der Ostfassade des Herrenhauses anschließende oberen Terrasse zierte zunächst eine Freifläche, welche als wassergebundenen Wegedecke mit eingelassenem schmalen tapis vert gedeutet werden könnte. Daran schloss sich die Hauptachse an, die der Abbildung zufolge zunächst beidseitig durch isoliert stehende Bäume flankiert wurde, in ihrem weiteren Verlauf aber erneut als Allee ausgeformt war. Links- und rechtsseitig der Zentralachse spiegelten sich geometrisch angelegte Vegetationsflächen. Dabei dürften die beiden hausseitigen Flächen Parterres gewesen sein, die sich in Richtung Fluss anschließenden vermutlich ebenfalls, diese könnten jedoch auch Boskettbereiche darstellen. Das auf der unteren Terrasse befindliche Parterre oder der Boskettbereich wurde beidseitig der Sichtachse in vier Kompartimente unterteilt. Die flankierende Bepflanzung der Zentralachse endete hier. Der Lustgarten schloss im Bereich des Flussufers mit zwei Formbeeten oder zwei Boskettflächen ab, ehe der Blick in die umliegende Landschaft freigegeben wurde.

Südlich des Lustgartens befand sich, der Kartenschraffur zufolge, ein großflächiger Nutzgarten. Auch dieser Bereich zeichnete sich durch seine strenge geometrische Formsprache und ein axiales Wegesystem aus, was jedoch der gärtnerischen Bewirtschaftung eines Gemüse- oder Obstgartens entspricht. Die einzelnen Flächen wurden der Zeichnung nach zu urteilen durch Busch- oder Baumwerk (vermutlich Obstbäume) begrenzt. Auf der Darstellung der Karte hebt sich der zum Fluss gerichtete Bereich optisch vom Rest des Nutzgartens ab. Die neben der Hauptachse befindlichen Flächen (jeweils vier) im oberen Bereich des Gartens schienen, mit Ausnahme der nach Süden zur Gartenmauer hin verlaufenden Diagonalachse, „zusammenzuhängen“. Der in Längsausdehnung konzipierte untere Bereich hingegen öffnete sich durch das ihn durchkreuzende vertikale und horizontale Wegenetz. Diese vier Beetflächen hatten in ihrem Zentrum ein kreisförmiges Mittelmotiv. Aufgrund einer fehlenden Kartenlegende oder einer Beschreibung des vermessenen und kartografierten Besitzes, kann heute nicht abschließend geklärt werden, ob es sich bei dem kreisförmigen Motiv um ein Bassin oder ein kleinarchitektonisches Element handelte. Die Installation eines Bassins wäre aufgrund der Nähe zum Fluss denkbar.

Nördlich des formalen Gartens, hinter der Mauer, befand sich der sogenannten Bleeghave. Bei einem solchen Bleichgarten, der in Gunderslevholm sicherlich tiefer als die Terrassen des Nutz- und Lustgartens lag, handelte es sich um eine ausgedehnte Wiesenfläche, auf der die frisch gewaschene Wäsche zum Bleichen in der Sonne ausgelegt wurde. Oberhalb des Bleichgartens lässt sich ein weiterer kleiner Nutzgartenbereich erkennen. Die Größe des Gartens und seine Disposition lassen vermuten, dass es sich dabei um den Nutzgarten des vorgelagerten Gebäudes handelte.

Im unmittelbaren Nebeneinander von Lust- und Nutzgarten ähnelt die Gestaltung von Gunderslevholm der Gartenfläche von Österbybruck in der historischen Region Uppland in Schweden. Für den dort ausgeführten barocken Lustgarten ist eine Planzeichnung des schwedischen Architekten und Gartenkünstlers Carl Hårleman (Abb. 49) überkommen. Beide Lustgärten wurden durch die Modellierung des Geländes terrassiert angelegt und weisen eine etwa vergleichbare Größe und Zonierung der Gartenteile (Parterre und Boskettflächen) auf.

Johan Jørgen Kühl, Kort over Gunderslevholms Hovmarka, Katasterkarte, kopiert 1805 nach Carsten Ehlers, Historiske Kort. Styrelsen for Dataforsyning og Infrastruktur,
Abb. 45: Kartografische Darstellung Gunderslevholms aus dem Jahr 1805
Ausschnitt Johan Jørgen Kühl, Kort over Gunderslevholms Hovmarka , Katasterkarte, kopiert 1805 nach Carsten Ehlers, Historiske Kort. Styrelsen for Dataforsyning og Infrastruktur
Abb. 46: Kartografische Darstellung Gunderslevholms aus dem Jahr 1805 (Ausschnitt)
Abb. 47: Gunderslevholm, Lindenallee, 17.09.‎2023, © Maria Mischke
Abb. 47: Lindenallee
Gunderslevholm, Höhenmodell, Dataforsyningen. Styrelsen for Dataforsyning og Infrastruktur
Abb. 48: Höhenmodell von Gunderslevholm
Carl Hårleman, Plan of Österby with the garden, um 1735–1753, 75,1 x 53,5 cm, Nationalmuseum Stockholm, INV NMH THC 7858
Abb. 49: Carl Hårlemans Gartenplan für Österbybrug
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use space for extra, visualizations, or 3D scan iframes.

Einzelnachweise
  1. Vgl. https://www.landskabsarkitekter.dk/historie/, (07.05.2024).
  2. Dézallier d‘ Argenville, Antoine Joseph: La théorie et la pratique du jardinage, Paris 1747.
  3. Vgl. https://www.landskabsarkitekter.dk/historie/, (07.05.2024).
  4. Vgl. https://www.dendron.dk/aarsskrift/docs/1961.pdf, (07.05.2024), S. 613.
  5. Neergaard 2005, S. 40. [Übersetzung Verfassserin]
  6. https://dataforsyningen.dk/map/928, (07.05.2024).