Emkendorf/08. Innenräume im 18. Jahrhundert

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„Jeder der einzelnen Räume auf Emkendorf existiert für sich selbst, das heißt, von einem Raum in den anderen tretend, begibt man sich jeweils in eine neue Welt; andere Farbigkeit, andere Wanddisposition und andere Thematiken verdeutlichen den Wechsel, nich einal die kleineren Nebenkabinette haben Bezug zu den größeren Räumen [...]“[1]

Der einzige Grundrissplan stammt von Frauke Mißfeldt-Bünz (Abbildungen 37, 38), gezeichnet von Henning Höppner für ihre Publikation über Emkendorf.[2] Der Plan zeigt die Räume ab 1790 im Anschluß an die klassizistische Umformung.[3] Nur der „Rote Salon“ (Abbildung 39) und die „Alte Bibliothek“ (Abbildung 40, 42) stammen aus der Erbauungszeit von 1730 und haben ihre Raumgröße sowie den Deckenstuck bzw. die Wandschränke behalten.[4] Im „Blauen Salon“ (Abbildung 41, 43) im ersten Stock wurde ebenfalls nur die Raumgröße beibehalten. Die endgültige Dekoration verschiedener Räume erfolgte ab 1764 durch Graf Jean Henri Desmecières (1743–1764). Er kaufte Emkendorf aus einem Vermögensverfall der Familie von Bülow um 1729 auf. Der Innenausbau wurde mangels Geld in dieser Zeit immer noch nicht fertiggestellt, weshalb auch nicht alle Räume im Obergeschoss ausgebaut und bei der Hausübergabe bewohnbar waren.[5] Ab 1791 bis 1800 wurde Emkendorf von dem Baumeister Carl-Gottlob Horn (1734–1807) klassizistisch überformt. Bis dahin wurde immer nach Geldlage versucht, den Innenausbau weiter voranzutreiben. Da aber die Besitzer nicht auf Emkendorf wohnten, wurde auch nur das Dringlichste an den Innenraumarbeiten vorgenommen.

Ein Beispiel ist die noch vorhandene barocke Stuckdecke, die in der Zeit unter dem Besitzer Graf Jean Henri Desmecières (1687–1778), der das Gut in der Zeit zwischen 1743 und 1764 ausbaute, entstand. Diese „barocke Stuckdecke“ befindet sich noch heute zwei Meter über dem Festsaal im Obergeschoss des Herrenhauses im sogenannten Mansardgeschoss (Abbildung 44). Zwei Meter darunter wurde kurz nach 1798 für den klassizistischen Umbau eine Zwischendecke eingezogen (Abbildung 45). Die drei quadratischen Fenster oberhalb der Rundbogen-Fenstertüren wurden ebenfalls so versteckt, dass die Zwischendecke vor der gesamten Fensterfront von der Parkseite nicht auffiel und die rückseitige Fensterfront auch von der Betrachtung von außen nicht in ihrer Gliederung gestört wurde. Heute sorgen diese oberen Teile der großen Fenster für eine ausreichende Beleuchtung des Raumes, sodass man die Freihandstuckgliederung gut erkennen kann (Abbildung 46, 47). Die Decke wurde außerordentlich reich mit vielen Ornamenten ausgestattet. Drachen wechselten sich mit großflächigem Akanthusdekor, Gitterfeldern, Rocaillen und Blütenfestons ab (Abbildung 48). Die großen Rocaillen verbanden sich mit dem Gesims, das den Deckenspiegel einfasste. An den Risaliten strahlte je ein Rocaillenpaar, das fast schwebende Gitterfelder und Festons innerhalb kleinerer Rocaillen überfing. Die Ecken des gewölbten Deckensatzes, die risalitartigen Vorsprünge an den Schmalseiten sowie die Deckenmitte waren als die Kristallisationspunkte des Ornaments gedacht und die Risalitenornamentik wurde symmetrisch um eine Achse komponiert. Ebenfalls brachte man auf diesem „Zwischenboden“ noch die Aufhängung des Kronleuchters (Abbildung 49) für den darunterliegenden Festsaal an.

Eine Datierung der Decke erfolgte mehrfach von bekannten Herrenhausforschern[6] schrieb Saeftel: Peter Hirschfeld (1947–1963) vermutete eine Arbeit um 1730“, vielleicht von der Stuckateur-Familie Brenno[7] die bereits großartige Stuckaturen im Herrenhaus Damp geschaffen hatte. Irmgard Schleps datierte die Decke in die Zeit um 1745 und schrieb sie Bartholomäus Bossi (1713 bis nach 1764) zu[8] Hartwig Beseler (1920–2005)[9] hingegen schätzte die Entstehungszeit der Decke um 1750 ein und Christian Friedrich von Hedemann-Heespen schrieb, dass sie vor 1743 entstanden sein müsse und mit der direkten Bauzeit des Neubaus in Zusammenhang stehen könnte.[10]

Die schlüssigste Erklärung lieferte die Kunsthistorikerin Irmgard Schleps (1915–1984) mit ihrer These, dass es sich um den Stuckateur Bartholomäus Bossi (1713 bis nach 1764) als Schöpfer der Emkendorfer Stuckdecke handelte. Zu Bossis bekannten Arbeitsstellen als Stuckateur zählten das Schloss Traventhal (1744–1749), sowie das Plöner Schloss (1744–1757) und das dortige Prinzenhaus (1747–1750). Er war der Stuckateur des letzten Herzogs Friedrich Karl von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Plön (1706–1761). Dort stellte er den Stuck für den „Muschelsaal“ und den „Gartensaal“ her.[11] Diese Stuckarbeiten standen in direkter Verwandtschaft zur Stuckdecke in Emkendorf. Als italienischer Stuckateur kam er mit weiteren bekannten Stuckateurmeistern nach Schleswig-Holstein, um in adeligen Diensten seine Arbeit zu leisten. Auch die großen Bauvorhaben in Dänemark, besonders in Kopenhagen, wurden als Anreiz genommen, um in den Norden zu kommen. Als ausgebildete Handwerker wurden sie aufgrund ihrer Ausbildung und Erfahrung engagiert. Einheimische Stuckateure lassen sich hingegen gar nicht oder nur vereinzelt nachweisen. Vor allem aus dem Tessiner Raum kamen die Stuckateure und brachten beispielsweise die Form des Akanthus als neues Motiv mit.

Geht man den Motivgruppen im Einzelnen nach, so sieht man zum Beispiel, dass die Deckenrosetten in Emkendorf und im Muschelsaal des Prinzenhauses Plön in gleicher Weise komponiert wurden. Die Rosetten am Deckenspiegel ordnen sich um einen Innenkreis mit vier Muschelpaaren und vier Gitterfeldern im rhythmischen Wechsel von Bandelwerk und plastischer Rocaille an. Lockere Blütenketten gleiten über den Profilstab am Plafond. Der Zuschnitt der Blätter und die Art, und wie sich diese von der Decke plastisch ablösen, ist sowohl in Plön und in Emkendorf fast identisch. Charakteristisch sind auch die wiederholten Schleifen und Überschneidungen, die über die Blüten hinausschießen und nicht als Zweig gestaltet wurden, sondern eher als Ornament ausgearbeitet wurden. Das Gebilde am Risalit in Emkendorf wurde flacher und raumgreifender dargestellt als in Plön.

Aus der Zeit der Familie von Bülow stammt auch der Deckenstuck des Roten Salons im Erdgeschoss und jener des Blauen Salons im Obergeschoss. Von welchem Stuckateur diese Arbeiten stammen, lässt sich nur vermuten. Es bestehen Ähnlichkeiten zu den Herrenhäusern Pronstorf und Plüschow.

  1. Vgl. Mißfeldt, 1956, S. 88.
  2. Vgl. Mißfeldt, 1955/1956.
  3. Vgl. Mißfeldt, 1955 ,S. 119.
  4. Vgl. Lohmeier, Dieter/ Müller, 1984, S. 46-68.
  5. Vgl. Saeftel , 1978, S. 36.
  6. Vgl. Saeftel , 1978, S. 27.
  7. Vgl. Hirschfeld, 1935, S. 47.
  8. Vgl. Schlepps, 1955, S. 92-94.
  9. Vgl. Beseler, 1967, S. 624
  10. Vgl. Hedemann- Heespen, 1922.
  11. Vgl. Schleps,1955, S. 93-94.