Gunderslevholm/03. Geschichte der Anlage vor dem 18. Jahrhundert

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Die Entstehung des heutigen Gunderslevholm basiert auf einer äußerst wechselhaften Geschichte, deren Wurzeln nachweislich bis in das 13. Jahrhundert zurückreichen. Im Jahr 1322 wird Gunderslevholm erstmals als Gunnersløf urkundlich erwähnt. Der Name setzt sich dabei aus zwei Silben zusammen. Zum einen aus dem männlichen Vornamen „Gunnar“ und dem Suffix „løf“, was so viel bedeutet wie „Leben“, und kann somit grob als „Gunnars Erbe“ übersetzt werden.[1] Weit bevor Carl Adolph von Plessen sein herrschaftliches Refugium in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts errichten ließ, gab es ein Dorf mit dem Namen Gunderslevmagle, welches eine Kirche, mehrere Bauernstellen und den ursprünglichen Haupthof umfasste. In dem genannten Dorf besaß ein gewisser Niels Pedersen Anfang des 13. Jahrhunderts das Herrenhaus Gunderslevholm, welches er an seine Söhne Peder und Jens Nielsen vererbte. Jens Nielsen verkaufte den Hof im Jahre1333 an den seeländischen Richter Johannes Mogensen Grubbe. Grubbe ließ nur wenige Jahre später in Gunderslevholm eine Burg errichten. Den schriftlichen Überlieferungen nach befand sich diese in unmittelbarer Nähe zum Fluss und muss zwischen 1333 und 1339 errichtet worden sein.[2] Die Positionierung der Anlage in der Nähe der angrenzenden Suså sicherte nicht nur die Versorgung der Anwohner, sondern war primär strategischer Natur. Es ist anzunehmen, dass ein vom Fluss ausgehender künstlich angelegter Graben die Burg umgab, der als Annäherungshindernis diente. Eine der ersten bildlichen Quellen, die diese Annahme stützen, stammt aus dem 17. Jahrhundert. Die Darstellung (Abb. 4) des schleswigschen Kartographen Johannes Mejer aus dem Jahre 1669 zeigt im unteren linken Viertel „Gunderslefholms Kirche und Hof“ (Abb. 5). Es ist deutlich zu erkennen, dass die Erweiterung und Umleitung des Flusslaufes in der Schaffung einer künstlichen Insel resultierten. Eine sich über den Graben spannende Brücke ermöglichte von der Landseite aus den Zugang zur Insel, auf der ein rechteckig erscheinender Bau zu erkennen ist. Die rechteckige Grundform des Gebäudes zeigt sich auch in einer Zeichnung Hans Jørgen Heegards (Abb. 6) und ließen sich auch in einem 2023 durchgeführten Bodenradar (Abb. 7) der GeoSphere Austria nachweisen und lokalisieren. Das Bodenradar zeigt klare Konturen in einer Tiefe von etwa 100–200 cm. Der Durchmesser der Anlage beträgt etwa 20–30 Meter. Die Lage des Materials, seine Tiefe und die Dicke der Außenmauern, eine etwa zwei Meter dicke Schalungswand, deuten darauf hin, dass es sich um einen mittelalterlichen Bautypus handelt.[3] Die Verteidigungsanlage in Gunderlevholm wurde bereits im Jahr 1345 wieder zerstört. Der Grund für die Zerstörung ist in der dänischen Landesgeschichte selbst zu suchen. Als Waldemar IV. (1320 ̶ 1375, später auch Waldemar Atterdag (dt. der „Zögerliche“)[4], im Jahr 1340 auf dem jütischen Landesting zum König erhoben wurde, war das dänische Königreich durch eine schwere Krise gegangen.[5] Der Thron war bereits lange vakant gewesen, es fehlte an einer zentralen Regierung und das Land stand seit 1332 unter holsteinischer Herrschaft. Die deutsche Durchdringung des dänischen Reiches sorgte für Verwirrung und Ablehnung bei der einheimischen Bevölkerung und gipfelte schließlich im Jahre 1340 in der Ermordung des holsteinischen Grafen Gerhards III. (1293 ̶ 1340).[6] Nach dem Ableben Gerhards bestieg der junge Waldemar den dänischen Thron. Sein Machtbereich war allerdings sehr eingeschränkt und umfasste lediglich des nördlichen Teil Jütlands, da Schleswig an den Grafen von Holstein verpfändet und Schonen in früheren Zeiten an Magnus II. (1316 ̶ 1374), König von Schweden und Norwegen, verkauft worden war. Waldemar IV. begann schrittweise mit der Wiedervereinigung seines Königreiches. Durch seine Heirat mit Helvig, der Tochter Erich II. Herzog von Schleswig (1288 ̶ 1325), gelang es ihm, wieder über etwa ein Achtel seines Reiches – welches ihm als Mitgift zufiel – frei zu verfügen.[7] Da sich der Rest des Königreiches nach wie vor im Besitz fremder Pfänder befand, lag die oberste Priorität Waldemars IV. in der Wiederherstellung des dänischen Königreiches. Infolgedessen überließ er im Jahre 1341 Schonen an Schweden und verkaufte Estland, welches seit 1219 dänisch war, 1346 an den Deutschen Orden.[8] Die Wiederherstellung des dänischen Königreiches verlief von Anbeginn unter machtpolitischen Gesichtspunkten und ist – nach der Rückerhaltung der dänischen Krongüter selbst – als permanente Expansion zu werten. Noch im selben Jahr gliederte Waldemar IV. nach einer zehnjährigen Fehde mit den Holsteinern die Insel Sjælland erfolgreich in sein Reich mit ein.[9] Die Kämpfe Waldemars gegen die Holsteiner fanden zuletzt in den Jahren 1344–1345 statt, deren Schauplatz unter anderem auch Gunderslevholm bildete.[10] Zeitgenössische Schriftquellen, wie die Sjællandske Krønike wissen aus dieser Zeit zu berichten. Der Chronik ist zu entnehmen, dass die Holsteiner mehrere Städte auf Sjælland in Brand setzten und auch Ringsted verwüsteten. Die Dänen sollen daraufhin Gunderslevholm zerstört haben, nachdem der Marschall Erik Nielsson getötet worden war. Aus der Quelle geht auch hervor, dass der Gründer der Burg, Johannes der Große, am dritten Tag der Fehde starb.[11] Ähnlich verhält sich der Bericht des dänischen Historikers Arild Huitfeldt.[12] Es ist nicht gänzlich geklärt, weshalb Gunderslevholm Ziel der kriegerischen Auseinandersetzung wurde. Laut Hans Jørgen Heegaard gehen einige Historiker davon aus, dass Grubbe auf der Seite der Holsteiner stand. Heegaard zufolge ist jedoch davon auszugehen, dass Gunderslevholm aus unbestimmten Gründen in die Hände der Holsteiner fiel und Grubbe selbst an der Rückeroberung beteiligt war und dabei tödlich verwundet wurde.[13] Nach dem Krieg zwischen den Holsteinern und Waldemar IV. muss es zu einer Stärkung zwischen der Familie Grubbe und dem dänischen König gekommen sein. Die Söhne Grubbes, namentlich Esbern Rage, Mogens Jens, späterer Bischof von Børglum, und Bent Biug erhielten nicht nur das Dorf Gunderslevmagle und den Hof Gunderslevholm, sondern erlangten auch gute und vertrauenswürdige Positionen im Dienst der dänischen Krone.[14] Bent Biug Grubbe, der zum Ratsmitglied erhoben wurde und Olaf II. (1370 ̶ 1387) als Hofmeister diente, übernahm das familiäre Erbe als alleiniger Besitzer. Nach seinem Tod im Jahr 1391 ging der Hof an die beiden Kinder seines Bruders, Jens und Cecilie Grubbe. Bent Biugs Sohn Jens starb jedoch ohne legitimen Erben, sodass der Besitz an seine Schwester fiel. Cecilie heiratete Tyge Basse und Gunderslevholm gelangte in den Besitz der gemeinsamen Tochter, Maren Tygesdatter Grubbe, die eine Verbindung mit Ove Jacobsen Lunge einging. Durch die Ehelichung der Tochter, Ellen Ovesdatter Lunge, gelangte Gunderslevholm in den Besitz der Familie des Axel Lagesen Brok. Gegen Ende des 15. Jahrhunderts fiel das Anwesen schließlich in die Hände des dänischen uradeligen Geschlechts der Gøjeslægten. Mette Bydelsbak, die den Hof nach Tod ihres Bruders und somit als letztes überlebendes Familienmitglied der Broks von ihrem Großvater mütterlicherseits geerbt hatte, heiratete im Jahr 1498 den Gouverneur Mogens Gøje, der zu den einflussreichsten Adeligen seiner Zeit zählte.[15] Neben seiner umfangreichen politischen Arbeit kümmerte sich Gøye auch gut um seine Ländereien, die er vergrößerte und modernisierte. Das Paar, zu dessen Besitztümern auch Krenkerup auf Lolland und Clausholm in Jütland zählten, spielte für Gunderslevholm eine bedeutende Rolle. Nach der Schleifung der Burg, im Jahre 1391, ließ Gøye um 1530 einen neuen Herrensitz in Gunderslevholm errichten, welcher noch weitere 100 Jahre in Familienbesitz verblieb.[16] Nach Gøyes Tod, im Jahr 1544, ging der Besitz zunächst auf den zweitältesten Sohn Eskild über, der jedoch 1560 kinderlos verstarb. Somit übernahm sein Halbbruder Christoffer Mogensen Gøye das Anwesen. Der als „[…] geschickter Landwirt …“[17]beschriebene Mann zählte unter anderem auch Avnsbjerg, Orebygård, Clausholm, Bregentved und Bollerup zu seinen Besitztümern.[18] Der Einfluss der Gøjeslægten zeigt sich auch deutlich in der Gestaltung der örtlichen Kirche (Abb. 8), die zwischen 1450 und 1525 um diverse Anbauten ergänzt wurde. Vor allem Christoffer Gøje, der am 18. April 1580 nachweislich das Patronatsrecht erhielt, übte einen nicht unerheblichen Einfluss auf die sakrale Ausstattung aus.[19] In der Turmhalle der Gunderslev Kirche finden sich drei Alabasterfiguren. Diese stammen von einem um 1590 geschaffenen opulenten Epitaph, welches bei einem Sturz im 18. Jahrhundert zerstört wurde.[20] Bei den Figurinen handelt es sich um Christoffer Gøje, seine Frau Birgitte Bølle und den gemeinsamen Sohn Magnus (Abb. 9, 66). Da Christoffer Gøyes einziger Sohn Magnus bereits 1550 starb, erhielt die Herrschaft über Gunderslevholm sein Neffe, Mogens Gøye. Auf Mogens folgte sein jüngerer Sohn, Christoffer Gøye, der das Anwesen 1631an Ejler Urne veräußerte. Urne wiederum übergab das Gut im Jahr 1640 seinem Schwiegersohn Flemming Ulfeldt. Der Hof wurde schließlich 1647 an den dänischen Offizier und späteren norwegischen Gouverneur Iver Krabbe (Abb. 10) verkauft. Krabbe ist vordergründig für seine militärische Position im Zweiten Nordischen Krieg (1655 ̶1660/61), auch Karl-Gustav-Krieg genannt, bekannt. Trotz seiner engen Verbindungen zum Hofe Frederik III. (1609 ̶1670) hinterließ Krabbe bei seinem Tod ein hoch verschuldetes Vermögen.[21] Die angrenzenden Ländereien von Gunderslevholm waren in seinem Besitz jedoch merklich gewachsen – von den 54 Höfen, die es 1651 in der Gemeinde gab, gehörten nun insgesamt 43 Höfe zum Grundbesitz.[22] Gunderslevholm blieb noch bis in das Jahr 1693 im Besitz der Familie Krabbe, ehe das Anwesen versteigert wurde. Birgitte Frederiksdatter Reedtz, Witwe des Präfekten Markor Rodsteen, erwarb das Gut in einer Auktion.[23] Der einzige legitime Erbe, ihr Stiefsohn Christian Rodsteen, veräußerte den Besitz im Jahr 1707 an Elisabeth Sophie Marie von Schleswig-Holstein-Norburg (1683 ̶ 1767) (Abb. 11), die als Kammermädchen der Königin Louise zu Mecklenburg (1667 ̶ 1721) fungierte.[24] Die Herzogin bewohnte Gunderslevholm nur zwei Jahre, danach verkaufte sie das Anwesen an den deutsch-dänischen Theologen Hector Gottfried Masius (Abb. 12). Dieser starb noch vor der Übernahme seines neuen Besitztums. Gunderslevholm wurde deshalb zunächst von seiner Familie verwaltet, welche im Jahre 1712 unter dem Namen von der Maase in den Adelsstand erhoben wurde.[25] Christian von der Maase wurde zum Eigentümer von Gunderslevholm, baute dieses aus und vermachte es schließlich 1725 dem dänischen Hofmarschall und Oberkämmerer Carl Adolph von Plessen.

  1. Vgl. Heegaard 2008, S. 11.
  2. Vgl. Heegaard 2009, S. 53.
  3. Vgl. Wallner 2024.
  4. Vgl. Bohn 2001, S. 29.
  5. Vgl. Bracke 1999, S. 35.
  6. Vgl. Dollinger 1989, S. 79.
  7. Vgl. Bracke 1999, S. 35.
  8. Vgl. Dollinger 1989, S. 80.
  9. Vgl. Bracke 1999, S. 36.
  10. Vgl. Heegaard 2009, S. 53.
  11. „Holsatici incenderunt plura oppida Sialandia, et uilla Ryngstadis deuastatur per eosdem. Dani obtinuerunt municionem Nestuedis et destruxerunt Gunnarsløfholm, interfectisincolis ibidem per marschalcum Ericum Nicolai. Et tercia die obiit Johannes Magni, fundator eiusdem loci.“ Heegaard 2009, S. 54.
  12. „Samme år fick de Danske den Festning ind/ til Nestued/ hvilcken de forstyrrede/ met Gundersleffholm/ ihielslagendes Indbyggerne/ oc Marsk Erich Nielssøn/ Tredje Dagen efter døde Johannes Mogenssøn/ som haffde funderit samme stæd./“ Heegaard 2009, S. 54.
  13. Vgl. Heegaard 2009, S. 54.
  14. Vgl. Heegaard 2009, S. 55.
  15. Vgl. Neergaard 2005, S. 37.
  16. Vgl. Heegaard 2008, S.12.
  17. Neergaard 2005, S. 37.
  18. Vgl. Larsen 1872, S. 43.
  19. Vgl. http://danmarkskirker.natmus.dk/uploads/tx_tcchurchsearch/Soroe_1011-1029.pdf, (12.02.2024), S. 1011.
  20. Vgl. http://danmarkskirker.natmus.dk/uploads/tx_tcchurchsearch/Soroe_1011-1029.pdf, (12.02.2024), S. 1022-1023.
  21. Vgl. https://www.danskeherregaarde.dk/nutid/gunderslevholm, (08.07.2024).
  22. Vgl. https://www.danskeherregaarde.dk/nutid/gunderslevholm, (08.07.2024).
  23. Vgl. https://www.danskeherregaarde.dk/nutid/gunderslevholm, (08.07.2024).
  24. Vgl. https://www.danskeherregaarde.dk/nutid/gunderslevholm, (08.07.2024).
  25. Vgl. https://www.danskeherregaarde.dk/nutid/gunderslevholm, (08.07.2024).