Hiiu-Suuremõisa/02. Geschichte der Anlage vor dem 18. Jahrhundert

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Im 16. und 17. Jahrhundert gehörten die Männer und Frauen der Familie De la Gardie zu den mächtigsten in Schweden. Militärisches Geschick, vorteilhafte Heiratsstrategien und ausgeklügelte soziale Netzwerke ebneten ihnen in einem rasanten Tempo den Weg in die höchsten Adelskreise. Dabei spielten die zeitlich äußeren Umstände, vor allem die Expansionsbestrebungen des Königreiches Schweden im 16. und 17. Jahrhundert eine tragende Rolle.[1]

Die De la Gardie wurden im 17. Jahrhundert in den Grafenstand erhoben. Der Urgroßvater der Bauherrin von Großenhof|Suuremõisa, Jakob De la Gardie, erlangte in der Nachfolge seines erfolgreichen Vaters Pontus, als enger Gefolgsmann, Finanzier und geschickter Militär an der Seite von König Gustav II. Adolf 1615 den Grafentitel und wurde Großgrundbesitzer.[2] Neben Gütern in Schweden erwarb er weitere Ländereien in der schwedischen Provinz Estland.[3]

Nachdem Jakob seit 1620 als Pächter einer Zahl Krongüter auf der Insel Dagö aufgetreten war, kaufte er 1624 dieses Land für 30.000 Riksdaler vom schwedischen König und ließ die dortigen Ländereien als „ewigen unbestreitbaren Besitz“ für sich, seine Frau und seine Erben „beiderlei Geschlechts“[4] sichern.[5] Der schwedische König hatte dem Verkauf des Kronlandes zugestimmt, weil er so einen Teil seiner Schulden, die er bei dem Feldherrn hatte, begleichen konnte.[6] Das später als Großenhof bekannte Gut im Osten der Insel trug seiner Zeit den Namen Pöhalep (auch Pühalep, Pohilep). Im Jahr 1633 tauchte der Name Großenhof ein erstes Mal in den Urkunden auf.[7]

Wie die ursprüngliche Gutsanlage aussah, kann einem Hofinventar aus dem Jahr 1691 entnommen werden. Das Inventar entstand in Folge der Reduktion des Gutes, angeordnet durch den schwedischen König Karl XI. im Jahr 1691.


Die Reduktion durch Karl XI

Die De la Gardie hatten von der Strategie der schwedischen Krone, ihre Ländereien an den Adel zu verschenken oder zu verleihen profitiert. Güter-Donationen waren der häufigste Lohn für beispielsweise militärische Dienste und finanzielle Hilfen. Der Adel bereicherte sich so nicht nur mit Gebietszuwächsen, sondern profitierte auch von den damit einhergehenden Steuerbefreiungen.[8]

Durch die Expansion im Ostseeraum befand sich Schweden seit 1561 immer wieder im Krieg. Der Krone fehlten durch die großzügigen Schenkungen erhebliche Einnahmen aus Pachten und Steuern. Bereits während des Dreißigjährigen Krieges (1618-1648) betrug der Besitz der schwedischen Krone nur noch ein knappes Drittel der gesamten Reichsgüter, während der schwedische Reichsadel über zwei Drittel verfügte. Karl XI. reagierte ab 1680 auf die zugespitzte Situation mit einer groß angelegten Gütereduktion (Güterenteignung) in Schweden, von der ab 1682 auch die schwedischen Ostseeprovinzen betroffen waren.[9] Fortan wurden die enteigneten Güter in den Provinzen von der schwedischen und ab 1710/1721 von der russischen Krone verpachtet.

Riksråd (Reichsrat) Axel Julius De la Gardie, jüngster Sohn von Jakob De la Gardie und Ebba Brahe, war von den umfassenden Güterreduktionen Karls XI. Ende des 17. Jahrhunderts in hohem Maße betroffen. Obwohl die Reduktionen in Estland weniger rigoros verliefen und Axel Julius als königstreuer Gouverneur von Estland zunächst mit Karls Wohlwollen die Ländereien auf der estnischen Insel Dagö behielt (1687), verlor er 1691 – nach bereits reduzierten Gütern in Schweden und Finnland – auch die vom Vater Jakob geerbten Inselgüter in Estland.[10] Die Enteignungen auf Dagö wurden vollzogen, obwohl das Land von Jakob gekauft und für seine Erben gesichert worden war.


Hofbeschreibung im Reduktionsjahr 1691

Im Reduktionsjahr 1691 wurde eine Bestandsaufnahme des Gutes Pöhalep|Großenhof|Suuremõisa durchgeführt.[11] Das alte einstöckige Herrenhaus aus Stein (16 x 5 Faden|ca. 28,8 x 9m) trug auf seinem Bretterdach zwei Schornsteine, war unterkellert und besaß einen Zugang zum Garten. Auf einer schwedischen Karte von 1708 (?) ist es stilisiert abgebildet [Verlinkung].

Bereits im 17. Jahrhundert hatte der Hof eine gewisse Größe und Ausstattung. Es gab ein weiteres kleines Wohnhaus, das unterkellert war und über Toiletten verfügte. Auf dem Gut befanden sich eine Backstube und eine separate Küche, eine Brauerei, Ställe für Pferde, Schweine, Geflügel und vier Scheunengebäude (3 x 4; 4 x 4; 7 x 4 Klafter|5,4 x 7,2m; 7,2 x 7,2m; 12,6 x 7,2m) . Darüber hinaus sind im Protokoll ein Gefängnisbau, eine Schmiede sowie, als größtes Gebäude des Gutsgeländes, ein geschlossener Viehhof aufgezählt. Ein geschlossenes Stallgebäude, das eventuell bereits seit dem 17. Jahrhundert an der gleichen Stelle nordwestlich des Herrenhauses stand, ist in jüngeren Karten vom Gutshof verzeichnet [Verlinkung Karte].

Der formale Renaissance-Garten war von Planken (Palisadenzaun) umgeben und in zwei Teile geteilt: Für 147 Apfel-, 55 Kirsch- und 6 Pflaumenbäume standen circa 209 x 137 Meter (116 x 76 Klafter) zur Verfügung. Für die Beerensträucher, deren Beete in acht Quadrate eingeteilt und mit Längs- sowie Quergängen versehen waren, wurden circa 270 x 103 Meter (150 x 57 Klafter) angegeben. Den Garten betrat man durch ein Doppeltor. Die Pflege des Gartens, des Gutshofs und der Wege wurde von einem Gärtner und zwei Assistenten übernommen. Außerhalb des Gutshofes befanden sich weitere Scheunen und Ställe, eine Getreidemühle, eine Sägemühle, ein Kalkofen und ein Gasthaus mit Strohdach. Am Hafen Suursadama|Tiefenhafen wurden zwei Speicher, ein Bootshaus und eine Getreidescheune erfasst [Abb. 1].[12]

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Einzelnachweise
  1. Das Herrenhaus Richter in der Datenbank der Herrenhäuser des Ostseeraums (abgerufen am 02.08.2024)
  2. “Herrenhäuser in Schwerin”, M. Muster, im Beispielverlag (2024)
  3. “Richter: Eine Familiengeschichte”, M. Muster, Architekturjournal “Beispiel” (2024)
  1. z.B. Svalenius, Ivan: Katarina, https://sok.riksarkivet.se/sbl/artikel/12405, Svenskt biografiskt lexikon [2024-03-24]; Boëthius, B.: Jakob P De la Gardie, https://sok.riksarkivet.se/sbl/artikel/17379, Svenskt biografiskt lexikon [2024-03-24]; Norrhem, Svante: Ebba Brahe, www.skbl.se/sv/artikel/EbbaBrahe, Swedish Women's Biographical Lexicon [2024-03-24]; Sjöberg, Maria: Maria Sofia De la Gardie, www.skbl.se/sv/artikel/MariaSofiaDelaGardie, Swedish Women's Biographical Lexicon [2023-11-23].
  2. Vgl. Boëthius, B.: Jakob P De la Gardie, https://sok.riksarkivet.se/sbl/artikel/17379, Svenskt biografiskt lexikon [2024-07-26].
  3. Vgl. Seppel 2017, S. 221-222. Ergänzung: Estnische Güter von Jakob De la Gardie: Stadt und Herrenhaus Hapsal und nahe liegende Güter wie Neuenhof, Nukkö, Worms, Taibel und Udenküll (vgl. Seppel 2017, S. 221, Fußnote 4). In die Fassade seines Stockholmer Stadthauses Makalös ließ er sich 1642 als Herr folgender Regionen in der schwedischen Provinz in Stein meißeln: „Jakobus De La Gardie comes in Leckö liber Baro in Eckholm, Dominus in Hapasal, Dagden, Kolcke, Kyde, Runsa arnö (...).“ Zitat nach Seppel 2017, S. 221-222, vgl. ebd.
  4. Zitate nach Rußwurm 1855, Bd.1, S. 81, §96; vgl. Seppel 2017, S. 222, Fußnote 5.
  5. Vgl. Rußwurm 1855, Bd.1, S. 81, §96; vgl. Seppel 2017, S. 222, Fußnote 5.
  6. Zitate nach Rußwurm 1855, Bd.1, S. 81, §96; vgl. Seppel 2017, S. 222, Fußnote 5. .
  7. Meißner 1913, S. 18.
  8. Vgl. Ulväng 2008, S. 28; Tuchtenhagen 2014, S. 58.
  9. Vgl. Tuchtenhagen 2014, S. 58-59.
  10. Vgl. Jacobsen, G.: Axel Julius De la Gardie, https://sok.riksarkivet.se/sbl/artikel/17373, Svenskt biografiskt lexikon [2024-03-27]; Maiste 2023, S. 163; Cordt 1892, S. 9. Digitalisat: https://dspace.ut.ee/server/api/core/bitstreams/dac80f62-d689-40e3-8f91-0fa64236a1be/content [2024-07-01].
  11. Zitiert nach Maiste 2023, S. 211-213. Anmerkung: Schwedisches Inventar ins Estnische übersetzt von Enn Küng. Übersetzung vom Estnischen ins Deutsche übertragen mittels ChatGpt.
  12. Vgl. Maiste 2023, S. 211-213.