07. Garten und Park im 18. Jahrhundert

Aus Herrenhäuser
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Wie in einem Inventar aus dem Reduktionsjahr aufgeführt, gab es bereits 1691 einen großen Garten.[1] Die estnische Landschaftsarchitektin Kristiina Hellströöm beschäftigt sich bereits viele Jahre intensiv mit der Geschichte des Gartens. Sie ermittelte, dass bereits der Urgroßvater der Bauherrin Ebba Margareta, Jakob De la Gardie, Obstbäume, Sträucher, Blumenzwiebeln und Samen aus Lübeck liefern ließ. Auch gab es seiner Zeit einen umfangreichen Gemüsegarten, in dem Weißkohl, Gurken, Rüben, Karotten, Pastinaken, Petersilie, Zwiebeln, Rote Beete, Bohnen, Kürbisse und Melonen angebaut wurden. Sie dienten Jakob der eigenen Versorgung in Schweden. Der Garten wurde von drei Männern gepflegt. Einer von ihnen trug den Namen Hansu. Dieser berichtete einst, so Hellströöm, dass der Obstgarten keine großen Erträge einfuhr.[2] Kristiina Hellströöm erklärt diesen Umstand mit einer Kalkschicht im Boden.[3]

Einige Elemente stimmen in den Inventaren von 1691 und 1755 überein. So gab es 1691 einen Obstgarten, in dem Apfel- und Kirschbäume wuchsen; auf acht quatratisch angelegte Beete verteilten sich Beerensträucher.[4] Von Planken umgeben, war der Garten in zwei Teile geteilt. Für 147 Apfel-, 55 Kirsch- und 6 Pflaumenbäume standen circa 209 x 137 Meter (116 x 76 Klafter) zur Verfügung. Für die Beerensträucher, deren Beete mit Längs- sowie Quergängen versehen waren, wurden circa 270 x 103 Meter (150 x 57 Klafter) angegeben. Den Garten betrat man durch ein Doppeltor oder eine Gartentür vom Wohnhaus aus.[5] Letztes bestätigt auch auch das Inventar von 1755, in dem es heißt, dass der Garten "hinter dem (...) Wohnhause" liegt[6]:

„Hinter dem großen Wohnhause, ist ein großer Garten, worinnen verschiedene alte Äpfel, und Kirschen Bäume, wie auch Johanns Beeren Sträucher und viele große Wilde Bäume befindlich, ist auch mit dreyen Teichen versehen und mit einem guten Stacketen Planck umgeben.“[7]

Interessant ist, dass 1755 drei Teiche erwähnt werden. Da die Teiche, von denen zwei von einer natürlichen Quelle gespeist werden, noch existieren, kann man die Lage des alten Herrenhauses im nordwestlichen Bereich des heutigen Gutsgeländes vermuten. Kristiina Hellströöm ist davon überzeugt und mit den Aussagen der schriftlichen Zeugnisse ist ihre Annahme belastbar.[8] Hellströöm vermutet, dass das alte Haus in nachfolgende Bauten in diesem Areal - wie der einer ehemaligen Klete (Speichergebäude)|estn. Ait - integriert worden sein könnte. Die Ruine des Gebäudes befinden nahe der Einfahrt auf das heutige Gutsgelände, vor dem ehemaligen Terrain des Renaissancegartens [Abb. 27, 28 Zeichnung Kristiina mit Legende + Abb. Ruine Foto FEHLEN].[9]

Eine weitere Theorie besagt, dass das heute erhaltene Herrenhaus auf dem Grund des alten Hauses errichtet wurde .[10]

Ein inzwischen von Bäumen verdeckter Hügel, auf dem bis ins 19. Jahrundert ein Pavillon stand, könnte zu Zeiten der Gräfin angelegt worden sein [Abb. 29]. Er befindet sich vis-à-vis dem Herrenhaus inmitten der westlichen Parklandschaft. Dieser Point de Vue (Aussichtspunkt) bot einen Blick über den Garten auf das herrschaftliche Haus.

Im 19. Jahrhundert entstanden ein gewundenes Wegesystem und eine weitläufige umliegende Parklandschaft.[11] Zwei Karten dokumentieren die Veränderungen hin zum Landschaftspark anschaulich.[12] In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde ein neuer Garten südlich des Hauses angelegt („Kirschgarten“, heutiger Schulgarten). Dieser ist von Hellströöm und ihrem Team rekonstruiert worden.[13] Es wurden im 19. Jahrhundert Alleen mit Eichen, Kastanien und Schwarzerlen angelegt (insgesamt ca. 4,7 km lang). Ende des 19. Jahrhunderts betreute der Förster Karl Ahrens die Baumbestände. Er experimentierte in der Nähe des Flusses Suuremõisa Jõgi mit neuen Sorten. Am besten passten sich dort russische und sibirische Lärchen, Fichten und europäische Tannen an. Im gesamten Park dominieren aber vor allem einheimische Bäume, wie Eichen, Eschen, Ulmen, Linden, Kiefern, Erlen und Birken.[14]

  1. Aufgeführt in: Vgl. Maiste 2023, 212-213.
  2. Vgl. Hellströöm 2023, S. 55, 56.
  3. Vgl. Hellströöm 2016, S. 26.
  4. Vgl. Maiste 2023, 213.
  5. Vgl. Maiste 2023, 212-213.
  6. Vgl. AM.104.1.71.
  7. Vgl. AM.104.1.71. Ich danke Susanne Drutsch für ihre Hilfe bei der Transkription.
  8. Vgl. Hellströöm 2016, S. 26.
  9. Vgl. Hellströöm 2023, Abbildung und Legende S. 54, 55.
  10. Vgl. z.B. Maiste 2021, S. 127. Anmerkung: Bisher fanden sich für diese Theorie keine Nachweise im Gemäuer des Hauses. Dank an Dan Lukas und Villu Kadakas für ihre Einschätzungen.
  11. Hellströöm 2016, S. 28.
  12. Vgl. EAA.46.2.366 leht 1, Spezialatlas sämtlicher Ländereien des Gutes Grossenhof M 1:5325, M 1:10 650, 1830, https://www.ra.ee/kaardid/index.php/et/map/viewImage?id=29513&page=1; Vgl. EAA.3724.4.748 leht 2, Suuremõisa mõisa ja Salinõmme karjamõisa plaan. Maamõõtja Eurich. M 1:4200, 1875-77, https://www.ra.ee/kaardid/index.php/et/map/viewImage?id=10162&page=1
  13. Vgl. Hellströöm 2016, S. 24.
  14. Vgl. https://www.suuremoisaloss.ee/meist/moisalugu/suuremoisa-park [2024-07-01].