Nuhjala/08. Innenräume im 18. Jahrhundert: Unterschied zwischen den Versionen
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Obwohl eine äußere Längswand des Kellers aufgrund der Hanglage frei liegt (Abb. 68), sind nur drei kleine Lüftungsöffnungen im Tonnengewölbe vorhanden (Abb. 69).<ref>Heutige Außentüren vom Vorraum sowie jene aus dem jetzigen Heiz- und Technikkeller sind offenbar modern.</ref> Damit die gemeinsame Außenfassade von Keller und Erdgeschoss nicht erst in großer Höhe Fensteröffnungen besitzt, wurden im Untergeschoss vermutlich schon bauzeitig falsche Fenster aufgemalt, die aus der Ferne eine zweigeschossige Fassade suggerieren (Abb. 70, 71). | Obwohl eine äußere Längswand des Kellers aufgrund der Hanglage frei liegt (Abb. 68), sind nur drei kleine Lüftungsöffnungen im Tonnengewölbe vorhanden (Abb. 69).<ref>Heutige Außentüren vom Vorraum sowie jene aus dem jetzigen Heiz- und Technikkeller sind offenbar modern.</ref> Damit die gemeinsame Außenfassade von Keller und Erdgeschoss nicht erst in großer Höhe Fensteröffnungen besitzt, wurden im Untergeschoss vermutlich schon bauzeitig falsche Fenster aufgemalt, die aus der Ferne eine zweigeschossige Fassade suggerieren (Abb. 70, 71). | ||
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Datei:70 ABB Nuhjala Herrenhaus Fassade Untergeschoss gemaltes Fenster 2023.webp|Abb. 70 Nuhjala, Herrenhaus, Fassade Untergeschoss, gemaltes Fenster 2023 | |||
Datei:71 ABB Nuhjala Herrenhaus Gartenfassade mit gemalten Fenstern 2023.webp|Abb. 71 Nuhjala, Herrenhaus, Gartenfassade mit gemalten Fenstern 2023 | |||
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Obwohl Nuhjala über Jahrhunderte offenbar weitgehend inklusive der beweglichen Ausstattung verkauft wurde, befinden sich im Haus keine großen Kunstschätze, worauf schon Indrenius in den 1920er Jahren hinweist.<ref>Vgl. Indrenius 1929, S. 157.</ref> Neben einigen (heute weitgehend verlorenen oder unter den Erben verteilten) Familienportraits gab es bis 1918 eine Sammlung von Hieb- und Stichwaffen, die jedoch während der damaligen Unruhen geplündert und in der Folge nicht wiederbeschafft werden konnte.<ref>Vgl. Indrenius 1929, S. 157–158.</ref> Eine nennenswerte Bibliothek ist ebenfalls nicht bezeugt, sodass das heute verschollene Gutsarchiv die wichtigste ‚Sammlung‘ im Herrenhaus darstellte. Die bedeutendsten Möbelstücke Nuhjalas aus dem Königszimmer befinden sich heute im Museum Burg Turku. | Obwohl Nuhjala über Jahrhunderte offenbar weitgehend inklusive der beweglichen Ausstattung verkauft wurde, befinden sich im Haus keine großen Kunstschätze, worauf schon Indrenius in den 1920er Jahren hinweist.<ref>Vgl. Indrenius 1929, S. 157.</ref> Neben einigen (heute weitgehend verlorenen oder unter den Erben verteilten) Familienportraits gab es bis 1918 eine Sammlung von Hieb- und Stichwaffen, die jedoch während der damaligen Unruhen geplündert und in der Folge nicht wiederbeschafft werden konnte.<ref>Vgl. Indrenius 1929, S. 157–158.</ref> Eine nennenswerte Bibliothek ist ebenfalls nicht bezeugt, sodass das heute verschollene Gutsarchiv die wichtigste ‚Sammlung‘ im Herrenhaus darstellte. Die bedeutendsten Möbelstücke Nuhjalas aus dem Königszimmer befinden sich heute im Museum Burg Turku. | ||
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Obergeschoss in Nuhjala 1911.webp|mini|Abb. 56 Signe Brander, Möbel aus dem Königszimmer im Obergeschoss in Nuhjala 1911]][[Datei:57 ABB Museum Burg Turku Möbel Königszimmer aus Nuhjala um 1920.webp|mini|Abb. 57 Museum Burg Turku, Möbel Königszimmer aus Nuhjala um 1920]][[Datei:58 ABB Museum Burg Turku Möbel Königszimmer aus Nuhjala 2023.webp|mini|Abb. 58 Museum Burg Turku, Möbel Königszimmer aus Nuhjala 2023]][[Datei:61 ABB Museum Burg Turku Bett und Himmel Königszimmer aus Nuhjala 2023.webp|mini|Abb. 61 Museum Burg Turku, Bett und Himmel Königszimmer aus Nuhjala 2023]][[Datei:62 ABB Museum Burg Turku Bett Königszimmer aus Nuhjala Detail 2023.webp|mini|Abb. 62 Museum Burg Turku, Bett Königszimmer aus Nuhjala Detail 2023]][[Datei:63 ABB Nuhjala Herrenhaus Erdgeschoss Empfangs- und Festraum um 1920.webp|mini|Abb. 63 Nuhjala, Herrenhaus, Erdgeschoss, Empfangs- und Festraum um 1920]][[Datei:64 ABB Nuhjala Herrenhaus Erdgeschoss Empfangs- und Festraum um 1940.webp|mini|Abb. 64 Nuhjala, Herrenhaus, Erdgeschoss, Empfangs- und Festraum um 1940]][[Datei:67 ABB Nuhjala Herrenhaus Untergeschoss Kellertür 2023.webp|mini|Abb. 67 Nuhjala, Herrenhaus, Untergeschoss, Kellertür 2023]][[Datei:68 ABB Nuhjala Herrenhaus Querschnitt 1972.webp|mini|Abb. 68 Nuhjala, Herrenhaus, Querschnitt 1972]][[Datei:69 ABB Nuhjala Herrenhaus Untergeschoss Lüftungsöffnung 2023.webp|mini|Abb. 69 Nuhjala, Herrenhaus, Untergeschoss, Lüftungsöffnung | |[[Datei:36 ABB Grundriss aus Indrenius 1929 in Nikander hg 1928 1930 Herrgardar i Finland S 150.webp|mini|Abb. 36 Nuhjala, Herrenhaus, Grundriss Erdgeschoss mit eingetragenem Deckenstuck 1929]][[Datei:37 ABB Anna-Lisa Stigell Nuhjala Herrenhaus Umbau Eingangsbereich Skizze von 1924.webp|mini|Abb. 37 Anna-Lisa Stigell, Nuhjala, Herrenhaus, Umbau Eingangsbereich, Skizze von 1924]][[Datei:38 ABB Nuhjala Herrenhaus Grundriss Erdgeschoss 1972.webp|mini|Abb. 38 Nuhjala, Herrenhaus, Grundriss Erdgeschoss 1972]][[Datei:39 ABB Nuhjala Herrenhaus Eingangsbereich 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Version vom 3. Dezember 2024, 16:51 Uhr
- 01. Einführung
- 02. Forschungsstand
- 03. Geschichte der Anlage vor dem 18. Jahrhundert
- 04. Überblick zur Gesamtanlage
- 05. Wirtschaftlicher Kontext
- 06. Besitzverhältnisse im 18. Jahrhundert
- 07. Herrenhaus: Baugeschichte und Architektur
- 08. Innenräume im 18. Jahrhundert
- 09. Garten und Park im 18. Jahrhundert
- 10. Wirtschaftsanlage
- 11. Kirche und Dorfstrukturen
- 12. Geschichte der Anlage nach dem 18. Jahrhundert
- 13. Geophysikalische Prospektion und digitale Dokumentation
- 14. Quellen- und Literaturverzeichnis
ÜberblickNuhjala gilt als eines der am besten erhalten Herrenhäuser aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, das auch im Inneren in einigen Teilen bis heute unverändert besteht. Allerdings sind keine originalen Pläne aus der Bauzeit überliefert,[1] doch die wenigen Veränderungen des Herrenhauses bis heute – vor allem im Erdgeschoss – sind teilweise dokumentiert bzw. am Bau selbst gut nachvollziehbar. ErdgeschossDie Aufteilung von Nuhjala im Erdgeschoss ist relativ einfach (Abb. 35, 36): prinzipiell waren ursprünglich auf der Hof- und Gegenseite je fünf Räume angeordnet, die mit je einer Enfilade von einflügeligen Türen an den Fassaden erschlossen wurden. An den ursprünglich recht kleinen Eingangsbereich (Abb. 37) grenzte im Inneren des Hauses ein mittlerweile der Diele zugeschlagener innenliegender Raum mit Treppen zum Keller- und Obergeschoss für die Zirkulation der Bediensteten (Degagement[2]) an. Die Richtung Norden und Süden nach dem Eingangsbereich angeordneten Räume nehmen mit erst zwei, dann nur einer Fensterachse in ihrer Größe innerhalb des Herrenhauses ab. Das entspricht durchaus den Gepflogenheiten des 18. Jahrhunderts, wo auf direktem Weg aus dem Vorraum zugängliche größere Räume für soziale Interaktion (Aufenthalt der Familie, Besuche etc.) genutzt wurden, während indirekt zugängliche kleine Räume oftmals als Rückzugsort der Bewohner und Bewohnerinnen (Schlafen, Einzelaktivitäten etc.) dienten. Die hofseitigen Räume (Richtung Norden) waren und sind in der Regel etwas kleiner als die entsprechenden Räume auf der Gegenseite des Hauses.[3] Der ursprüngliche Grundriss des 18. Jahrhunderts wurde durch das Zusammenlegen zweier Räume in der Südhälfte des Hauses zu einem größeren Salon bzw. Saal um 1830[4] und den Umbau der Eingangssituation nach 1924 nur wenig verändert (Abb. 37).[5] Die heutigen Besitzer haben Bereiche im nördlichen Teil des Hauses im Hinblick auf einen zeitgemäßen Lebensstandard in einem Wohnhaus modernisiert (Abb. 38).[6] InnenräumeEingang / DieleDer ursprünglich wenig tiefe und daher relativ kleine Eingangsbereich in der Mitte des Herrenhauses (Abb. 35, 36) hatte und hat keine Verbindung zum Raum in der Mittelachse auf der Gegenseite. Die direkte Verbindung zwischen Halle und Salon galt im 18. Jahrhundert im herrschaftlichen Bau zwar als ein erstrebenswertes Gestaltungselement, wurde in Nuhjala jedoch nicht realisiert. Dafür entstand ein innenliegender Bereich für die Wege der Dienstboten als eine Art Degagement:[7] Die vertikale Kommunikation erfolgte durch die Treppen in den Keller und ins Dachgeschoss, während eine Tapetentür zur Bedienung in den größten Raum des Hauses führte. Im 20. Jahrhundert wurde der innenliegende Raum mit dem kleinen Eingangsbereich zu einer größeren Diele zusammengelegt (Abb. 37, 38). Der Fußbodenbelag im Eingangsbereich aus ungefähr quadratischen grauen und rötlichen Steinplatten aus Öland (Abb. 39) wurde bei dem Umbau im 20. Jahrhundert im gleichen Stein ergänzt. Diese Platten und deren Material sind typisch für Herrenhäuser überall im Ostseeraum, aber laut Koskinen auch typisch für Bauten von Schröder.[8] Die Wandflächen des Raums sind schlicht weiß gekalkt und gehen oben in eine einfache Deckenkehlung über, die vermutlich original ist und beim Umbau entsprechend ergänzt wurde. In den Wänden sind noch alle bauzeitlichen Türen vorhanden: das originale Eingangsportal (Abb. 40), dem in der kalten Jahreszeit eine Wintertür vorgeblendet wurde,[9] zwei einflügelige Türen (Abb. 41), bestehend aus der Türzarge mit Futter und Bekleidung und einem in drei Paneelfelder geteilten Türflügel (Abb. 42, 43), die in die angrenzenden Räume führen sowie die originale eiserne Kellertür (Abb. 44, 45), die ursprünglich in der Mittelachse geklappt werden konnte, um sie halb zu öffnen, und schließlich die zweiflügelige Holztür mit gesprosstem bauzeitlichen Oberlicht (Abb. 46), die in das Obergeschoss führt. Dieser Tür zur Treppe gegenüber existiert noch die schmale Dienstbotentür in Form einer an das Weiß der Wand angepassten Tapetentür (Abb. 47), die ursprünglich in den größten Raum auf der Gegenseite des Hauses führte, dort aber mittlerweile geschlossen ist, und somit nicht mehr genutzt wird. Von der Eingangstür geht es rechter Hand durch die versetzte Originaltür heute in die modernisierten Wohnräume der Familie; nach links öffnete sich ein Zugang in den wohl ursprünglichen Wohnbereich der Besitzenden im südlichen Teil des Hauses. Räume im südlichen Teil des HerrenhausesDer südliche Teil des Hauses mit vier Räumen wurde im 18. Jahrhundert vermutlich als Wohnung der Familie im engeren Sinn genutzt. Ursprünglich befanden sich an der Hof- und Gegenseite zunächst je ein größerer Raum in der Breite von zwei Fensterachsen (Abb. 35). Im 19. Jahrhundert hat man diese beiden Räume zu einem großen Salon bzw. Saal verbunden. Aus der Bauzeit hat sich die ursprüngliche relativ schlichte Sockellambris aus Holz (Lambris) erhalten (Abb. 48), die sich noch fast in allen Räumen im Erdgeschoss findet. Der durch den Umbau entstandene Salon (Abb. 49, 50, 51) ist heute größte Raum des Hauses und erfüllt ebenso die Funktion eines Flurs: Von hier gelangt man sowohl in den Raum in der Mittelachse des Hauses auf der heutigen Gartenseite (Königszimmer vgl. unten) als auch in zwei kleinere Räume in der Breite einer Fensterachse an der Südseite des Hauses, die heute (2023) als Billardraum und hofseitig als Büro genutzt werden. Beide Räume besitzen noch die originalen relativ schlichten, profilierten Stuckleisten an der Decke und als Begrenzung der Deckenhohlkehle (Abb. 36). Die ursprüngliche Position der (heute verlorenen) Öfen in beiden Räumen lässt sich durch das ‚Ausschwenken‘ der Stuckleisten an der Decke in den Raum – d.h. in der Wandmitte respektive in einer Raumecke (Abb. 52) – ablesen. Somit waren beide Räume beheizbar und dienten daher vermutlich als Wohn- und Schlafräume der Familie. In beiden Räumen hat sich, wie in den meisten Räumen des Erdgeschosses, die bauzeitliche Vertäfelung (Sockellambris) an der unteren Wand erhalten. KönigszimmerAls Königszimmer wird der Raum in der Mittelachse auf der heutigen Gartenseite von Nuhjala bezeichnet (Abb. 53, 54). Der Name geht auf den Besuch des schwedischen Königs Gustavs III.[10] (1746–1792, 1771 König) in Nuhjala zurück, als er in diesem Raum übernachtete. Der König war auf seinen Reisen von Stockholm nach Åbo (heute Turku) in den Jahren 1788–1790 mehrfach in der Nähe von Nuhjala, aber der genaue Zeitpunkt des Besuchs ist nicht klar. Wie Indrenius erläutert,[11] scheint ein Aufenthalt in den letzten Novembertagen 1789 am plausibelsten, da der König Åbo am 26. November verließ und am 2. Dezember in Stockholm eintraf.[12] Dabei reiste er höchstwahrscheinlich auf der Winterstraße über die Ostsee, die in der Nähe von Nuhjala verlief. Der Aufenthalt war auf jeden Fall im Voraus angekündigt, denn der Besitzer von Nuhjala, Samuel Magnus Ehrenmalm[13] (1731–1814), konnte noch neue Möbel für den Raum in Stockholm kaufen (vgl. unten).[14] Bis heute hat sich an den Wänden im Königszimmer die gleiche hölzerne Sockellambris aus der Bauzeit erhalten, wie sie fast überall im Erdgeschoss im Haus verbaut ist. Erneut lässt sich die Position des verlorenen Ofens am Deckenstuck ablesen (Abb. 36), dessen Profil in einer Raumecke in den Raum schwenkt. Auf älteren Photographien ist außerdem noch der originale Dielenboden mit einem aufgemalten typischen Parkettmuster aus der Zeit des späten 18. Jahrhunderts zu erkennen (Abb. 53, 55), der zu dem für den königlichen Besuch angekauften Mobiliar passte. Möbel Königszimmer (heute Museum Burg Turku)Die bedeutendsten Möbelstücke Nuhjalas (Abb. 56) wurden 1913 durch Fanny Magdalena Hildegard Eneskjöld[15] (1844–1913) testamentarisch dem historischen Museum der Stadt Turku vermacht[16] und werden dort etwa seit den 1940er Jahren in der heutigen Anordnung als Period room ausgestellt (Abb. 57, 58) (vgl. 12. Geschichte der Anlage nach dem 18. Jahrhundert). Die Möbelstücke wurden anlässlich des Besuchs König Gustavs III.[17] (1746–1792, 1771 König) für das sogenannte Königszimmer angekauft: Dabei handelte es sich um ein Sofa (Abb. 59), zwei heute verschollene Stühle mit Armlehnen (Abb. 57) sowie drei einfache Stühle (Abb. 60) und ein Bett mit zugehörigem Betthimmel (Abb. 61).[18] Wie an den gedoppelten vorderen Bettfüßen (Abb. 62) zu erkennen, konnte das Bett in der Länge weiter ausgezogen und die Liegefläche dadurch verlängert werden, vielleicht um im nicht allzu großen Königszimmer in Nuhjala am Tag Platz zu sparen. Die Möbel sind blaugrau gestrichen und heute mit einem blau-weiß gemusterten, möglicherweise originalen Cattun-Stoff bezogen. Die gradlinigen Formen der Möbel entsprechen dem um 1770/80 gewandelten Geschmack, der bewegte Rokokoformen aufgegeben hatte und klare Konturen mit antikisierenden Ornamenten klassischen Ursprungs bevorzugte: Etwa der Stuhl besitzt antiken Säulen entlehnte kannelierte Beine sowie Rahmen mit geschnitztem antiken Flechtbandornament und der Rahmen der Sitzfläche ist in den Ecken mit Rosetten besetzt. Dieses Formenvokabular hatte sich ausgehend von Frankreich seit der Mitte des 18. Jahrhunderts in ganz Europa verbreitet – etwa über graphische Vorlagen oder den direkten Ankauf französischer Stücke. Während Ahlbäck Mitte des 20. Jahrhunderts noch davon spricht, dass die Möbel im Jahr 1776 von dem Stockholmer Meister C. F. Flodin (tätig im 18. Jahrhundert) hergestellt wurden,[19] belegt die Signatur auf den Stühlen, dass zumindest diese vom Tischler Melchior Lundberg[20] (1746–1812) gefertigt wurden, der von 1775 bis 1812 in Stockholm tätig war.[21] Empfangs- und Festraum (Speisezimmer)Das Königszimmer grenzt an den ursprünglich größten und daher bedeutendsten Raum Nuhjalas im 18. Jahrhundert (Abb. 63, 64). Der Raum konnte nur nach Durchschreiten mehrerer Räume (Eingangsbereich und drei Salons) betreten werden, was seine Bedeutung unterstreicht und eine Funktion als Empfangs- und Festraum des 18. Jahrhunderts verdeutlicht (Abb. 35, 36).[22] Die umfangreichste Deckengestaltung im Herrenhaus in Form von einfachen geometrischen Mustern mit mehreren Profilen in Stuck an der Decke hebt dessen Bedeutung und Funktion genauso hervor, wie die einzige Tapetentür im Haus (Abb. 65) – ursprünglich für eine reibungslose Bedienung durch das Personal gedacht. Der Raum besitzt heute im unteren Teil der Wand noch die bauzeitliche hölzerne Sockellambris mit Detailformen wie im übrigen Haus (Abb. 48). UntergeschossZum Kellergeschoss gibt es lediglich einen Grundriss aus dem späten 20. Jahrhundert, doch bildet der Keller mit Sicherheit den ältesten Teil des Herrenhauses (Abb. 66). Ob die Tonnengewölbe auf die Zeit zurückgehen, als Nuhjala im späten 15. Jahrhundert im Besitz des Klosters Nådendal[23] war, oder sogar noch älter sind, kann nicht zuverlässig bestimmt werden.[24] Der Keller diente sehr wahrscheinlich als Fundament für den Vorgängerbau – möglicherweise eines Herrenhauses aus Holz,[25] das jedoch nicht dokumentiert ist (vgl. 07. Herrenhaus: Baugeschichte und Architektur). Der Keller wurde vermutlich für den Neubau nach der Mitte des 18. Jahrhunderts ausgebessert bzw. renoviert (Abb. 67). Der Zugang zum Keller erfolgt heute vom Eingangsbereich aus über eine gerade Treppe, die ursprünglich ein Viertel gewendelt war (Abb. 37).[26] Das Kellergeschoss erstreckt sich nicht über die komplette Gebäudelänge und lediglich etwa die halbe Gebäudetiefe ist unterkellert (Abb. 66).[27] Von einem kleinen Vorraum am Fuße der Treppe werden die heute fünf verschiedenen Kellerräume erschlossen, die auf der Südseite größer als auf der Nordseite sind. Obwohl eine äußere Längswand des Kellers aufgrund der Hanglage frei liegt (Abb. 68), sind nur drei kleine Lüftungsöffnungen im Tonnengewölbe vorhanden (Abb. 69).[28] Damit die gemeinsame Außenfassade von Keller und Erdgeschoss nicht erst in großer Höhe Fensteröffnungen besitzt, wurden im Untergeschoss vermutlich schon bauzeitig falsche Fenster aufgemalt, die aus der Ferne eine zweigeschossige Fassade suggerieren (Abb. 70, 71). ObergeschossWie für den Keller ist auch für das Obergeschoss nur ein Grundriss aus dem 20. Jahrhundert bekannt (Abb. 72). Der Zugang zum Dachgeschoss erfolgt über die mit einem gemauerten Gewölbe versehene und damit feuersichere Treppe und durch eine obere Feuertür aus Metall, die allem Anschein nach bauzeitlich ist (ABB. 73).[29] Das Dachgeschoss ist nicht voll ausgebaut und besitzt nur an den Stirnseiten jeweils zwei Räume, die über den offenen Dachraum betreten werden. Der Fußboden des Dachgeschosses besteht aus einer Lage von roten Ziegeln (ABB. 74), die als Brandschutzdecke für das Erdgeschoss wirken.[30] Laut der Inventarisierung der Denkmalpflege sollen die verbauten Ziegel der Feuerbarriere wiederverwendet sein und aus dem Mittelalter stammen.[31] In jedem Fall weisen sie Unregelmäßigkeiten auf und stammen daher nicht aus einer industriellen Produktion. Der Dachstuhl für das Mansarddach[32] stammt zum Großteil original aus dem 18. Jahrhundert, wie man an den ohne maschinelle Sägen bearbeiteten, roh behauenen Balken und Brettern der Dachschalung ersehen kann (Abb. 75, 76). Sowohl die Fügungen der Dachbinder nur mit Holzdübeln als auch die runden unbehauenen Hölzer in der Funktion von in sehr weitem Abstand gesetzten Dachlatten unter der Dachschalung weisen auf die ursprüngliche Bauzeit. Der Dachstuhl von Nuhjala ist niemals abgebrannt und wurde nur an wenigen Punkten ausgebessert. Die Räume im Dachgeschoss besitzen alle eine leicht abweichende Form und Größe, denn die Anordnung der gemauerten Zimmerwände wird durch die Lage der Wände im Erdgeschoss bestimmt. Aufgrund der noch vorhandenen originalen Türen mit Beschlägen (ABB. 77) ist zu vermuten, dass die vier Kammern im 18. Jahrhundert direkt mit ausgebaut wurden.[33] Im späten 18. Jahrhundert zur Zeit der Familie Ehrenmalm (besaßen Nuhjala 1770–1796) wohnten dort teils Kinder, teils Dienstboten.[34] SammlungenObwohl Nuhjala über Jahrhunderte offenbar weitgehend inklusive der beweglichen Ausstattung verkauft wurde, befinden sich im Haus keine großen Kunstschätze, worauf schon Indrenius in den 1920er Jahren hinweist.[35] Neben einigen (heute weitgehend verlorenen oder unter den Erben verteilten) Familienportraits gab es bis 1918 eine Sammlung von Hieb- und Stichwaffen, die jedoch während der damaligen Unruhen geplündert und in der Folge nicht wiederbeschafft werden konnte.[36] Eine nennenswerte Bibliothek ist ebenfalls nicht bezeugt, sodass das heute verschollene Gutsarchiv die wichtigste ‚Sammlung‘ im Herrenhaus darstellte. Die bedeutendsten Möbelstücke Nuhjalas aus dem Königszimmer befinden sich heute im Museum Burg Turku.
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