Nuhjala/02. Forschungsstand: Unterschied zwischen den Versionen
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In Finnland begann die wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Thema der Herrenhäuser im späten 19. Jahrhundert mit der posthum veröffentlichten Studie ''Undersökningar om finska adelns gods och ätter'' (1860) des Historikers [https://uppslagsverket.fi/sv/sok/view-170045-LagusWilhelmGabriel Wilhelm Gabriel Lagus]<ref>Vgl. https://www.wikidata.org/wiki/Q4412998.</ref> über die Güter und Erbschaften des finnischen Adels.<ref>Vgl. Lagus 1860.</ref> Wie dieser Titel ist die Forschungsliteratur zu Herrenhäusern in Finnland bis weit ins 20. Jahrhundert – geprägt und gefördert durch die schwedischsprachige [https://sv.wikipedia.org/wiki/Åbo_Akademi Åbo-Akademie]<ref>Vgl. https://www.wikidata.org/wiki/Q917874.</ref> – oftmals auf Schwedisch verfasst,<ref>In der Herrenhausliteratur etwa zuerst Gardberg/Dahl 1989 (schwedisch) und Gardberg/Dahl 1990 (finnisch).</ref> da sich ein Großteil der historischen Gutsanlagen in ehemals schwedischen bzw. schwedisch sprachigen Gebieten Finnlands befindet. | In Finnland begann die wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Thema der Herrenhäuser im späten 19. Jahrhundert mit der posthum veröffentlichten Studie ''Undersökningar om finska adelns gods och ätter'' (1860) des Historikers [https://uppslagsverket.fi/sv/sok/view-170045-LagusWilhelmGabriel Wilhelm Gabriel Lagus]<ref>Vgl. https://www.wikidata.org/wiki/Q4412998.</ref> über die Güter und Erbschaften des finnischen Adels.<ref>Vgl. Lagus 1860.</ref> Wie dieser Titel ist die Forschungsliteratur zu Herrenhäusern in Finnland bis weit ins 20. Jahrhundert – geprägt und gefördert durch die schwedischsprachige [https://sv.wikipedia.org/wiki/Åbo_Akademi Åbo-Akademie]<ref>Vgl. https://www.wikidata.org/wiki/Q917874.</ref> – oftmals auf Schwedisch verfasst,<ref>In der Herrenhausliteratur etwa zuerst Gardberg/Dahl 1989 (schwedisch) und Gardberg/Dahl 1990 (finnisch).</ref> da sich ein Großteil der historischen Gutsanlagen in ehemals schwedischen bzw. schwedisch sprachigen Gebieten Finnlands befindet. | ||
Version vom 18. Dezember 2024, 11:46 Uhr
- 01. Einführung
- 02. Forschungsstand
- 03. Geschichte der Anlage vor dem 18. Jahrhundert
- 04. Überblick zur Gesamtanlage
- 05. Wirtschaftlicher Kontext
- 06. Besitzverhältnisse im 18. Jahrhundert
- 07. Herrenhaus: Baugeschichte und Architektur
- 08. Innenräume im 18. Jahrhundert
- 09. Garten und Park im 18. Jahrhundert
- 10. Wirtschaftsanlage
- 11. Kirche und Dorfstrukturen
- 12. Geschichte der Anlage nach dem 18. Jahrhundert
- 13. Geophysikalische Prospektion und digitale Dokumentation
- 14. Quellen- und Literaturverzeichnis
Sekundärliteratur |
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In Finnland begann die wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Thema der Herrenhäuser im späten 19. Jahrhundert mit der posthum veröffentlichten Studie Undersökningar om finska adelns gods och ätter (1860) des Historikers Wilhelm Gabriel Lagus[1] über die Güter und Erbschaften des finnischen Adels.[2] Wie dieser Titel ist die Forschungsliteratur zu Herrenhäusern in Finnland bis weit ins 20. Jahrhundert – geprägt und gefördert durch die schwedischsprachige Åbo-Akademie[3] – oftmals auf Schwedisch verfasst,[4] da sich ein Großteil der historischen Gutsanlagen in ehemals schwedischen bzw. schwedisch sprachigen Gebieten Finnlands befindet. In den 1920er Jahren setzte in Finnland, angeregt von schwedischen Beispielen, nach und nach eine systematische Inventarisierung des Bestands an Herrenhäusern in einzelnen Sammelheften verschiedener Autoren und Autorinnen ein. In einem der Sammelhefte über Herrenhäuser schrieb der damalige Besitzer August Emanuel Indrenius[5] (Abb. 124) 1924 über Nuhjala.[6] Die Photographien zu den Beiträgen stammten teilweise von der ersten finnischen “kulturhistorischen Photographin“ Signe Brander[7] (1869–1942), die in den 1910er und 1920er Jahren Herrenhäuser in Finnland fotografisch dokumentierte (Abb. 34) und insgesamt etwa 2.000 Außen- und Innenaufnahmen fertigte.[8] Wenig später wurden diese Einzelhefte von dem Professor für Kunstgeschichte und Volkskunde an der Åbo-Akademie, Gabriel Nikander,[9] als dreibändige Reihe Herrgårdar i Finland (1928–30) nach Regionen gegliedert herausgegeben.[10] Der vierzehnseitige Beitrag von Indrenius über Nuhjala befindet sich im zweiten Band über Nyland und das egentliga Finland. Für lange Zeit war dies die umfänglichste Veröffentlichung zu Nuhjala, welche die historische Entwicklung der Gutsanlage aufzeigt, dabei allerdings vor allem das Herrenhaus und die Besitzenden berücksichtigt.[11] Da der Beitrag – wie Indrenius schreibt – auf Dokumenten aus dem heute verschollenen Gutsarchiv in Nuhjala beruht, sind die Informationen mit hoher Wahrscheinlichkeit zuverlässiger als manche neueren Schriften.[12] Etwa ein Jahrzehnt später hat der Historiker Eino Jutikkala[13] gemeinsam mit Nikander das zweibändige Werk Säterier och storgårdar i Finland (1939, 1942) in vergleichbarem Gesamtumfang, jedoch mit mehr berücksichtigten Häusern veröffentlicht.[14] Der Eintrag zu Nuhjala im zweiten Band fällt mit lediglich vier Seiten deswegen deutlich kürzer aus und bietet, abgesehen von einer übersichtlichen, in Teilen aber fehlerhaften Liste der Besitzer und Besitzerinnen, wenig Neues.[15] Nach dem zweiten Weltkrieg publizierte die Tochter Gabriel Nikanders, die Ethnographin und Historikerin Ragna Ulrica Ahlbäck,[16] die Gods och herresäten i Finland (1946).[17] In dem einbändigen, 250 Seiten umfassenden Werk wird Nuhjala auf vier Seiten abgehandelt,[18] wobei Ahlbäck teils auf ältere Informationen und bekannte Abbildungen aus der Reihe Herrgårdar i Finland ihres Vaters zurückgreift. Nach der Mitte des 20. Jahrhunderts beschäftigte sich der Historiker Eric Anthoni[19] in zahlreichen Publikationen langjährig mit dem Adelsbesitz in Finnland,[20] wobei Nuhjala in einer seiner wichtigsten Untersuchungen Finlands medeltida frälse och 1500-talsadel (1970) lediglich am Rande Berücksichtigung fand.[21] Später im 20. Jahrhundert veröffentlichte der Historiker Carl Jacob Gardberg[22] mit dem Photographen Kaj Dahl[23] das Überblickswerk Finländska herrgårdar (schwedisch 1989) bzw. Suomen kartanoita (finnisch 1990) mit etwas mehr als 50 finnischen Herrenhäusern, das bis ins 21. Jahrhundert einige Neuauflagen erlebte.[24] Nuhjala war bedeutend genug, um in die Auswahl aufgenommen zu werden, ist jedoch wie alle Häuser in dem rund 200-seitigen Überblickswerk nur mit einem sehr knappen Eintrag verzeichnet.[25] Ohne Nuhjala zu erwähnen verfasste Gardberg auch einen einführenden Artikel über Gutsanlagen aus dem 16. bis 19. Jahrhundert in Finnland[26] im Tagungsband zum 1989 in Kiel abgehaltenen Symposium Gutsanlagen des 16. bis 19. Jahrhunderts im Ostseeraum – Geschichte und Gegenwart, auf dem früh ein vergleichender und überregional ausgerichteter Forschungsansatz zur Herrenhauskultur des Ostseeraums verfolgt wurde. Die aktuelle Forschung zu finnischen Herrenhäusern konzentriert sich weitgehend auf Einzeluntersuchungen. Es werden nur wenige landesweit vergleichende Projekte durchgeführt: So untersuchte die Universität Helsinki beispielsweise in den 1990er Jahren mittelalterliche Herrenhäuser in ganz Finnland.[27] Die Einzeluntersuchungen bearbeiten Herrenhäuser wahlweise monographisch, analysieren verschiedene Epochen oder widmen sich unterschiedlichen Themenfeldern (Bibliotheken, Sammlungen, Gärten usw.).[28] Auch die Wissenschaftsgeschichte der Herrenhausforschung selbst wird aufgearbeitet.[29] Bislang fehlt allerdings eine monographische Bearbeitung Nuhjalas. Riitta Koskinen widmet Nuhjala (Abb. 8) in ihrem Band über die Herrenhäuser des Architekten Schröder ein Kapitel, jedoch ohne vertieft auf die Entwicklung der Gutsanlage oder die Architektur des Herrenhauses einzugehen.[30] Damit steht eine umfängliche kunst- und architekturhistorische Analyse Nuhjalas, aber auch aller Herrenhäuser des 18. Jahrhunderts im schwedischen Teil des heutigen Finnlands, insbesondere im Vergleich mit der Entwicklung in anderen Teilen Schwedens, noch aus. Die finnische Denkmalpflege hat die in Nuhjala vorhandenen Gebäude verschiedentlich dokumentiert.[31] In der bislang offenbar umfänglichsten Inventarisierung aus dem Jahr 2002 sind beispielsweise Daten über Entstehungszeit, Bauweise und Zustand festgehalten (Abb. 13).[32] Diese Inventarisierung bildet eine wichtige Arbeitsgrundlage für künftige Forschungen. Seit 2023 ist Nuhjala im ehemals schwedischen Teil Finnlands auch in der schwedischen Herrenhausdatenbank des Wirtschaftshistorikers Göran Ulväng[33] verzeichnet. ArchivalienDass Nuhjala wenig erforscht ist, mag auch der Tatsache geschuldet sein, dass sich nicht viele Dokumente zur Anlage in öffentlichen Archiven erhalten haben.[34] Das Gutsarchiv war im Herrenhaus bis etwa 2008 durch die Forschungen von Riitta Koskinen nachgewiesen und ist inzwischen offenbar verschollen.[35]Noch 1924 berichtet Indrenius, der damalige Besitzer von Nuhjala, in seinem Beitrag von dem ‚recht reichhaltigen‘ Gutsarchiv, dass sogar Pergamentbriefe aus dem 16. Jahrhundert mit angebrachten Wachssiegeln bewahre[36] und aus dem – wie er schreibt – ‚die meisten der erwähnten Informationen über das Schicksal des Hofes und seiner Besitzer in vergangenen Zeiten‘ in seinem Text über Nuhjala stammten.[37] Indrenius bewertet die umfangreiche Sammlung privater Korrespondenz aus der letzten Hälfte des 19. Jahrhunderts im Gutsarchiv zwar als ‚nicht von großem öffentlichem Interesse‘, untermauert jedoch ihre historische Aussagekraft, denn die Briefe böten ‚einen guten Einblick in die Sitten und Auffassungen der damaligen Zeit.‘[38] Vor allem ein im Archiv durch Koskinen nachgewiesenes umfangreiches Protokoll aus dem Jahr 1770,[39] in dem die Gutsanlage vor dem Verkauf an Samuel Magnus Ehrenmalm[40] (1731–1814) (vgl. 06. Besitzverhältnisse im 18. Jahrhundert) geschätzt und vermessen wurde, wäre für die Erforschung der Gutsanlage im 18. Jahrhundert von großem Interesse.[41] Koskinen hat für ihre Untersuchung von Nuhjala wenige andere Quellen ausgemacht:[42] So verweist sie etwa auf Dokumente über das Gut aus den Jahren 1776–1781 in Vehmaa.[43] Zusätzlich hat sie die Bestände des Museums in Turku zum Herrenhaus Nuhjala ausgewertet.[44] Dabei handelt es sich – nach Aussage der heutigen Konservatorin[45] – nicht um Dokumente, sondern um historische Photographien[46] und einige Zeichnungen von Anna-Lisa Stigell[47] aus den 1920er Jahren und von Irja Sahlberg[48] aus dem Jahr 1943. Nuhjala ist aufgrund dieser Quellenlage eines der heute vergleichsweise schlecht dokumentierten und damit weniger erforschten Herrenhäuser in Finnland.
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