03. Geschichte der Anlage vor dem 18. Jahrhundert

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Überblick

Nuhjala wird 1373 erstmals urkundlich erwähnt und war im Mittelalter in kirchlichem Besitz.[1] Seit dem späten 15. Jahrhundert besaß die Familie Garp den Gutshof. In der Folge – von der Mitte des 16. Jahrhundert bis ins späte 17. Jahrhundert – waren Mitglieder der Familie Munck af Fulkila[2], die in der Armee dienten und als Beamte in der Landesverwaltung tätig waren, im Besitz von Nuhjala.

Ursprünge

Die Gutsanlage von Nuhjala wird das erste Mal schriftlich 1373 in einem Vertrag zwischen dem Domkapitel von Åbo (heute Turku) und dem damaligen Besitzer, Domherr Detmar (Dietmar) Westphal (belegt im 14. Jahrhundert), erwähnt.[3] Das Dokument gewährt auf zwei Jahre Steuerfreiheit und lebenslange Nutzung für den Hof unter der Bedingung, dass der Besitz nach dem Ableben von Westphal in kirchlichen Besitz übergehen sollte.[4] Die Ländereien gehörten danach vermutlich eine Zeit lang den Domherren von Åbo (heute Turku).

Über die weitere Besitzergeschichte von Nuhjala bis zum Ende des 15. Jahrhunderts gibt es kaum genaue überlieferte Informationen. Es ist bekannt, dass der heutige Besitz in Nuhjala aus der Vereinigung von zwei Höfen – einem nicht steuerpflichtigen, d.h. ‚freien‘ Gehöft (schwedisch Frälse) und einem steuerpflichtigen Hof – entstanden ist.[5] Einige der Ländereien stammten ursprünglich aus Kronbesitz und waren 1481 dem Kloster Nådendal[6] (finnisch Naantali bei Turku[7]) geschenkt worden, bevor diese Gebiete später offenbar an das Gut Nuhjala gingen.[8]

Familie Garp

Teile des heutigen Gutsbesitzes waren Ende des 15. Jahrhunderts im Besitz der Familie Garp, die anscheinend deutsche Wurzeln hatte.[9] Schon zur Zeit von Detmar Westphal ist ein Anders Garp 1373 als Siegelzeuge in Åbo (heute Turku) belegt.[10] Ob die Ländereien, die er nachweislich in Vemo[11] (finnisch Vehmaa[12]) besaß,[13] identisch mit Flächen des heutigen Nuhjala waren, kann nicht mehr nachvollzogen werden.

Anders Garp war in jedem Fall ein Vorfahre von Jöns (Johannes) Andersson (Garp)[14] (belegt 1484–1512), der 1490 Amtsrichter und 1495–1496 Landrat in der Gemeinde Vemo[15]war. Ende des 15. Jahrhunderts gehörten Jöns Andersson (Garp) offenbar Gebiete vom heutigen Nuhjala:[16] Seine ältere Tochter Anna Jönsdotter (Garp) war mit Johan Jakobsson (Görtzhagen)[17] (belegt 1537–1556) aus Sorais in der Gemeinde Lemo in Südwestfinnland, verheiratet. Johan Jakobsson wird als Besitzer des nicht steuerpflichtigen Gehöfts (schwedisch Frälse) im Gebiet von Nuhjala genannt.[18] Die jüngere Tochter Jöns Anderssons (Garp), Karin Jönsdotter (Garp), heiratete Anders Andersson von Lahdingo, der durch sie Teile des Gebiets des heutigen Nuhjala erhielt,[19] wobei es sich offenbar um den steuerpflichtigen Hof handelte. Die Tochter des Ehepaars, Brita Andersdotter, heiratete Påvel Andersson (Munck).[20]

Familie Munck (af Fulkila)

Påvel Andersson (Munck) († nach 1575 / vor 1584) ist der Stammvater der Familie Munck. Im Jahr 1555 vereinte Påvel Andersson beide Höfe von Nuhjala, die Frälse und den steuerpflichtigen Hof.[21] Er war archivalisch belegt Besitzer vom gesamten Gebiet in Nuhjala,[22] denn am 17. Juni 1570 erwirkte er beim schwedischen König Johan III.[23] (1537–1592) die Umwandlung von beiden Höfen in Nuhjala in eine gesamt steuerbefreite Gutsanlage (schwedisch Frälse).[24]

Sein Sohn Mikael (Michel) Påvelsson (Munck) (†1599) wurde 1585 als Munck af (von) Fulkila geadelt.[25] Neben Nuhjala waren die Güter Fulkila im Kirchspiel Halikko und Käldinge im Kirchspiel Nagu als Erbe seiner Frau, Margareta Tomasdotter (†1637), in seinem Besitz.[26] Mikael Påvelsson machte in der Landesverwaltung Karriere: In den Jahren 1581 sowie 1587 war er als Magistrat in Nordfinnland und von 1581–1596 als Bezirksverwalter an verschiedenen Orten tätig.[27] In der Folge kehrte Mikael Påvelsson von 1589–1591 als Landvogt nach Nordfinnland zurück.[28] Seit 1598 bekleidete er das Amt des Verwalter der Burg in Åbo (heute Turku).[29] Die Festung wurde im Zuge der Auseinandersetzung um den schwedischen Thron zwischen dem Reichsverweser Herzog Karl (1550–1611, 1604 König Karl XI.[30]) und dem schwedisch-polnischen König Sigismund III. Wasa[31] (1566–1632, 1592 König) belagert und erobert.[32] Mikael Påvelsson wurde als Unterstützer von König Sigismund am 10. November 1599 auf dem Marktplatz von Åbo hingerichtet.[33] Sein zunächst eingezogener Besitz wurde dennoch schnell an seine Witwe und den ältesten Sohn Hans Munck zurückgegeben.[34]

Hans Munck (ab 1608 belegt, †1635)[35] erbte Nuhjala zwar, doch sein Wohnsitz war Fulkila in der Gemeinde Uskela in Südwestfinnland.[36] Er heiratete Catharina Slang (†1663), die Rågö im Kirchspiel Vemo[37] in die Ehe einbrachte.[38] Hans Munck schlug eine militärische Laufbahn ein und kämpfte erfolgreich im Ingermanländischen bzw. Russisch-Schwedischen Krieg[39] (1610–1617).[40] Im Jahr 1614 wurde er schwer verwundet, konnte aber 1616 am Reichstag in Helsinki teilnehmen und legte nach dem Friedensschluss 1617 mit zwei anderen Grenzkommissaren die Grenze zwischen dem schwedischen Bezirk Kexholm und dem russischen Nowgorod fest.[41] In der militärischen Administration war Hans Munck 1627–1631 Statthalter in Braunsberg (vermutlich Braniewo, Woiwodschaft Ermland-Masuren, Polen) und 1634–1635 Hauptmann von Schloss Dorpat (heute Tartu, Estland), wo er starb.[42] Hans Munck wurde erst 1637 gemeinsam mit seiner im gleichen Jahr verstorbenen Mutter, Margareta Tomasdotter (†1637), im Familiengrab im Dom von Åbo[43] beigesetzt.[44]

In der Folge bewohnte sein Sohn Johan Munck (1614–1663) Nuhjala.[45] Dieser trat ebenfalls ins Militär ein, war 1632 Korporal, 1634 Kornett und 1636 Leutnant.[46] Nach einer schweren Verletzung durch eine Kugel am Kopf quittierte Johan Munck den Dienst und verfolgte eine juristische Karriere.[47] Zunächst bekleidete er 1641 das Amt eines Beisitzers am Berufungsgericht in Åbo (heute Turku); im Jahr 1654 war er dessen Vizepräsident.[48] Er nahm 1657 als Landmarschall (schwedisch Lantmarskalk[49]) an der Ständeversammlung (schwedisch Ständermöte[50]) in Åbo teil und trug 1660 bei der Beerdigung des Königs Karl X. Gustav[51] (1622–1660) die Fahne Pommerns.[52] Johan Munck starb drei Jahre später und wurde 1663 im Dom von Åbo[53] beigesetzt.[54] Er hatte 1635 Elisabet Bure (1615–1680) geheiratet, mit der er sechs Kinder hatte, von denen nur zwei Mädchen und der jüngste Sohn das Erwachsenenalter erreichten.[55] Beide Töchter erhielten offenbar jeweils ein Gut als Mitgift: Margareta (1641–1709) Fulkila und Elisabet (1643–1699) Nuhjala.[56]

Im späten 17. Jahrhundert gelangte das Gut durch Heirat in die Hand der Familie Rehbinder[57], deren Mitglieder überwiegend im Militär bei der Kavallerie dienten. Nuhjala blieb bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts im Besitz dieser Familie.

  1. Vgl. Registrum ecclesiae aboensis, S. 222, zitiert nach Anthoni 1970, S. 346.
  2. Vgl. https://www.adelsvapen.com/genealogi/Munck_af_Fulkila_nr_130 (19.06.2023).
  3. Vgl. Registrum ecclesiae aboensis, S. 222 zitiert nach Anthoni 1970, S. 346.
  4. Vgl. Säterier och storgårdar i Finland 1939+1942, Bd. 2, S. 95.
  5. Vgl. Säterier och storgårdar i Finland 1939+1942, Bd. 2, S. 95.
  6. Vgl. https://www.wikidata.org/wiki/Q6305302.
  7. Vgl. https://www.wikidata.org/wiki/Q38511; http://vocab.getty.edu/page/tgn/7009962 (27.10.2023).
  8. Vgl. Bericht 2002, S. 3. Inwieweit hier eine Namensverwechslung mit dem Ort Nuhjala bei Naantali vorliegt, muss offen bleiben. Archivalien im finnischen Nationalarchiv beziehen sich vielfach auf den namensgleichen Vorort von Turku.
  9. Vgl. Indrenius 1924, S. 146; zuletzt Gardberg/Dahl 1989, S. 71.
  10. Vgl. https://www.adelsvapen.com/genealogi/Garp#TAB_2 (14.06.2023).
  11. Vgl. https://www.wikidata.org/wiki/Q807905.
  12. Vgl. https://www.wikidata.org/wiki/Q807905.
  13. Vgl. https://www.adelsvapen.com/genealogi/Garp#TAB_2 (14.06.2023).
  14. Er war als Johannes Garp de Suecia 1484 an der Universität Rostock eingeschrieben, vgl. Indrenius 1924, S. 146.
  15. Vgl. https://www.wikidata.org/wiki/Q807905.
  16. Vgl. Gardberg/Dahl 1989, S. 71.
  17. Vgl. Ramsay 1909–1916, S. 172, Tab IV.
  18. Vgl. Säterier och storgårdar i Finland 1939+1942, Bd. 2, S. 95.
  19. Vgl. Indrenius 1929, S. 146.
  20. Vgl. Indrenius 1929, S. 146, nach (heute verschollenem) Gutsarchiv Nuhjala.
  21. Vgl. Säterier och storgårdar i Finland 1939+1942, Bd. 2, S. 95; Gardberg/Dahl 1989, S. 71.
  22. Vgl. https://sok.riksarkivet.se/sbl/Presentation.aspx?id=9536 (13.04.2023).
  23. Vgl. https://www.wikidata.org/wiki/Q52944.
  24. Vgl. Ramsay 1909–1916, S. 285, http://runeberg.org/frfinl/0298.html (19.06.2023), Tab. II; https://sok.riksarkivet.se/sbl/Presentation.aspx?id=9536 (13.04.2023).
  25. Vgl. https://sok.riksarkivet.se/sbl/Presentation.aspx?id=9536 (13.04.2023).
  26. Vgl. https://www.adelsvapen.com/genealogi/Munck_af_Fulkila_nr_130#TAB_2 (19.06.2023).
  27. Vgl. https://sok.riksarkivet.se/sbl/Presentation.aspx?id=9536 (13.04.2023).
  28. Vgl. https://www.adelsvapen.com/genealogi/Munck_af_Fulkila_nr_130#TAB_2 (19.06.2023).
  29. Vgl. https://sok.riksarkivet.se/sbl/Presentation.aspx?id=9536 (13.04.2023).
  30. Vgl. https://www.wikidata.org/wiki/Q52935.
  31. Vgl. https://www.wikidata.org/wiki/Q52940.
  32. Vgl. https://www.adelsvapen.com/genealogi/Munck_af_Fulkila_nr_130#TAB_2 (19.06.2023).
  33. Vgl. Ramsay 1909–1916, S. 285, http://runeberg.org/frfinl/0298.html (19.06.2023), Tab. III.
  34. Vgl. https://sok.riksarkivet.se/sbl/Presentation.aspx?id=9536 (13.04.2023).
  35. Vgl. Ramsay 1909–1916, S. 286, Tab. IV.
  36. Vgl. https://sok.riksarkivet.se/sbl/Presentation.aspx?id=9536 (13.04.2023).
  37. Vgl. https://www.wikidata.org/wiki/Q807905.
  38. Vgl. Ramsay 1909–1916, S. 286, Tab. IV.
  39. Vgl. https://www.wikidata.org/wiki/Q682482.
  40. Vgl. https://www.adelsvapen.com/genealogi/Munck_af_Fulkila_nr_130#TAB_3 (19.06.2023).
  41. Vgl. https://sok.riksarkivet.se/sbl/Presentation.aspx?id=9536 (13.04.2023).
  42. Vgl. Ramsay 1909–1916, S. 286, http://runeberg.org/frfinl/0299.html (19.06.2023), Tab. IV.
  43. Vgl. https://www.wikidata.org/wiki/Q1187606.
  44. Vgl. Ramsay 1909–1916, S. 286, http://runeberg.org/frfinl/0299.html (19.06.2023), Tab. IV.
  45. Vgl. https://sok.riksarkivet.se/sbl/Presentation.aspx?id=9536 (13.04.2023). Weiterhin waren die Güter Fulkila, Rågö und Boo in der Gemeinde Värmdö, Kreis Stockholm in seinem Besitz.
  46. Vgl. https://www.adelsvapen.com/genealogi/Munck_af_Fulkila_nr_130#TAB_4 (19.06.2023).
  47. Vgl. https://sok.riksarkivet.se/sbl/Presentation.aspx?id=9536 (13.04.2023).
  48. Vgl. https://www.adelsvapen.com/genealogi/Munck_af_Fulkila_nr_130#TAB_4 (19.06.2023).
  49. Vgl. https://www.wikidata.org/wiki/Q16145005.
  50. Vgl. https://www.wikidata.org/wiki/Q657326.
  51. Vgl. https://www.wikidata.org/wiki/Q52936.
  52. Vgl. Ramsay 1909–1916, S. 286; http://runeberg.org/frfinl/02998.html (19.06.2023), Tab. V.
  53. Vgl. https://www.wikidata.org/wiki/Q1187606.
  54. Vgl. https://www.adelsvapen.com/genealogi/Munck_af_Fulkila_nr_130#TAB_4 (19.06.2023).
  55. Vgl. Ramsay 1909–1916, S. 286, Tab. V.
  56. Vgl. https://www.adelsvapen.com/genealogi/Munck_af_Fulkila_nr_130#TAB_4 (19.06.2023).
  57. Vgl. https://www.wikidata.org/wiki/Q3423726.