12. Geschichte der Anlage nach dem 18. Jahrhundert
- 01. Einführung
- 02. Forschungsstand
- 03. Geschichte der Anlage vor dem 18. Jahrhundert
- 04. Überblick zur Gesamtanlage
- 05. Wirtschaftlicher Kontext
- 06. Besitzverhältnisse im 18. Jahrhundert
- 07. Herrenhaus: Baugeschichte und Architektur
- 08. Innenräume im 18. Jahrhundert
- 09. Garten und Park im 18. Jahrhundert
- 10. Wirtschaftsanlage
- 11. Kirche und Dorfstrukturen
- 12. Geschichte der Anlage nach dem 18. Jahrhundert
- 13. Geophysikalische Prospektion und digitale Dokumentation
- 14. Quellen- und Literaturverzeichnis
ÜberblickIm 19. Jahrhundert war Nuhjala im Besitz der Familien von Willebrand und Eneskjöld, bevor die letzte Besitzerin den Hof 1913 einer Erbengemeinschaft hinterließ. Im 20. und 21. Jahrhundert ging Nuhjala durch viele Hände und war – mit Ausnahme der Familie Bonsdorff – selten länger im Besitz mehrerer Generationen. |
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Besitzverhältnisse im 19. Jahrhundert |
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Familie von Willebrand (besaßen Nuhjala 1796–1834)Der Käufer von Nuhjala Ende des 18. Jahrhunderts war Hauptmann Johan Fredrik von Willebrand[1] (1761–1809), der Johan Magnus Ehrenmalm[2] (1768–1807) vielleicht aus dem Militärdienst in Åbo (heute Turku) kannte. Die Familie von Willebrand stammt aus Mecklenburg und der Urgroßvater Ernst Fredrik, Ritter von Willebrand[3] (†1679) war nach dem Studium der Rechtswissenschaften an mehreren deutschen Universitäten in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts nach Schweden ausgewandert, wo er den in schwedisch Finnland stationierten Streitkräften beitrat.[4] Sein einzig dokumentierter Sohn Ernst Gustav[5] (1680–1751) und auch sein Enkel Ernst Gustav[6] (1726–1794), ohne Einführung in das Ritterhaus nun Freiherr bzw. Baron von Willebrand, folgen dem Vorbild des Vorfahren mit einer Karriere beim Militär in Åbo (heute Turku).[7] Der Freiherr war ab 1788 in der Verwaltung verschiedener Regionen in Finnland tätig und ab 1790 Gouverneur von Åbo und Björneborg (heute Pori).[8] Dieser Ernst Gustav war der ältere Bruder von Johan Fredrik von Willebrand, dem Käufer von Nuhjala. Wie so oft in der Geschichte von Nuhjala ist es abermals ein jüngerer Sohn, Johan Fredrik von Willebrand (1761–1809), der das Anwesen kauft, und abermals ein Militär. Johan Fredrik trat sehr jung der Armee bei und machte dort Karriere als Adjutant (1779), Leutnant (1783) und Hauptmann (1787).[9] In diesem Jahr verheiratete sich Johan Fredrik von Willebrand mit der Tochter des Bischofs von Åbo (heute Turku), Elisabeth Gadolin[10] (1766–1831). Im Jahr 1790 wurde Johann Fredrik aus dem Regiment entlassen, doch bereits 1792 erneut als Hauptmann aufgenommen.[11] Vielleicht anlässlich seiner Erhebung zum Major 1796 kaufte er – laut Indrenius für 7.000 Riksdaler[12] – das Anwesen in Nuhjala, wo er 1809 verstarb.[13] Sein ältester (und einziger) Sohn Gustaf Jacob von Willebrand (1789–1842) erbte Nuhjala zunächst nicht, denn es war zum Witwensitz für seine Mutter Elisabet von Willebrand (geb. Gadolin) auserkoren als Kompensation für durch sie in die Ehe eingebrachte, später aber verkaufte Besitzungen.[14] Erst nach ihrem Tod 1831 erbte Gustaf Jacob das Gut Nuhjala. Gustaf Jacob von Willebrand verfolgte wie seine Ahnen eine Karriere beim Militär: er war 1808 Fähnrich im Kreisregiment in Åbo, nahm 1808–1809 am Russisch-Schwedischen Krieg[15] teil und wurde im Rang eines Leutnants 1810 aus dem Dienst entlassen.[16] Zwei Jahre später war er Zweiter Hauptmann im finnischen Jägerregiment, bevor er in der zivilen Verwaltung die Zollbehörde in Vaasa leitete.[17] Er war insgesamt drei Mal verheiratet und hatte mit seinen Ehefrauen insgesamt acht Kinder, wobei die letzte Hochzeit mit einer namentlich nicht bekannten Dame 1826 auf Nuhjala stattfand.[18] Vermutlich aufgrund des relativ späten Erbes (1831) und seiner großen Familie, die spätestens seit der ersten Hochzeit 1813 andernorts wohnte, verkaufte Gustaf Jacob von Willebrand das Gut Nuhjala nur drei Jahre später 1834 für 30.000 Rubel[19] an Arvid Gustaf Eneskjöld[20] (1788–1866). Familie Eneskjöld (besaßen Nuhjala 1834–1913)Die Familie Eneskjöld ist schwedischen Ursprungs, aber seit der Mitte des 17. Jahrhunderts oftmals in schwedisch Finnland beheimatet.[21] Der Sohn des Stammvaters Engelbrekt Nilsson wurde als Generalgouverneur von Finnland 1653 geadelt und 1654 ins schwedische Ritterhaus (schwedisch Riddarhuset[22]) eingeführt.[23] In das finnische Ritterhaus wurde die Familie 1818 aufgenommen.[24] Arvid Gustaf Eneskjöld[25] (1788–1866) (Abb. 120) ist der letzte bekannte männliche Nachkomme der Familie.[26] Er verfolgte nach seinem Studium ab 1803 in Åbo (heute Turku) eine juristische Karriere, zunächst ab 1807 am Appellationsgericht in Åbo, später ab 1815 innerhalb der Militärgerichtsbarkeit als Auditor.[27] Im Jahr 1831 beendete er seine Karriere und kaufte 1834 das Gut Nuhjala als Ruhesitz. Ein Jahr später heiratete er die fast 30 Jahre jüngere Stieftochter seiner Schwester, Carolina Johanna Eneskjöld[28] (1795–1883), Fanny Coelestina Sofia Lindemarck[29] (1816–1857). Alle vier Kinder des Ehepaars wurden auf Nuhjala geboren, wobei die ersten drei in frühen Lebensjahren starben, bevor 1844 die einzig überlebende Tochter Fanny Magdalena Hildegard Eneskjöld[30] (1844–1913) auf die Welt kam.[31] Nach dem Tod ihres Vaters 1866 erbte Fanny Magdalena Hildegard Eneskjöld[32] (1844–1913) (Abb. 121) als einziges verbleibendes Kind Nuhjala.[33] Sie heiratete nicht und so fiel Nuhjala nach ihrem Tod 1913 an eine Erbengemeinschaft aus Thecla Aurora Ekestubbe[34] (1851–1943) (Abb. 122) (1851–1943), Baronin Elisabeth Gustava Indrenius (1862–1933) (Abb. 123) und August Emanuel Indrenius (1866–1932) (Abb. 124).[35] GrabkapelleAuf dem Kirchhof in Vehmaa[36] (schwedisch Vemo[37]) befindet sich außerdem die Grabkapelle (Abb. 125) der Familie Eneskjöld (besaßen Nuhjala von 1835 bis 1913).[38]
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Veränderungen im 19. JahrhundertNuhjala wurde um 1830 durch einige größere Umbauten verändert:[39] Man legte zwei Räume zu einem großen Salon oder Saal zusammen und einige Türen wurden ebenso verbreitert wie die Fenster vergrößert. Ob diese Umbauten eventuell bereits für die Hochzeit von Gustaf Jacob von Willebrand (1789–1842) 1826 in Nuhjala durchgeführt wurden, kann nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden. Allerdings gehörte Nuhjala zu diesem Zeitpunkt noch seiner betagten Mutter. Daher wäre es möglich, dass Gustaf Jacob von Willebrand die Umbauten dann nach 1831 ausführen ließ, um den Wert seines Erbes zu steigern. Plausibler aber scheint, dass Arvid Gustaf Eneskjöld[40] (1788–1866) die verschiedenen Umbauten ab 1834 nach dem Erwerb von Nuhjala ausführen ließ, um das Herrenhaus seinen Anforderungen anzupassen. Salon oder SaalDer heute größte Raum des Herrenhauses entstand durch das Zusammenlegen zweier Räume in der Südhälfte des Hauses (Abb. 36) zu einem größeren Salon bzw. Saal, da die geselligen Zusammenkünfte der Zeit wohl einen größeren Salon erforderten.[41] Der Raum erstreckt sich über die gesamte Tiefe des Baus und erhält so durch vier Fenster an der Hof- und Gegenseite Licht. Diese Veränderung stellt den größten Umbau innerhalb des Hauses dar: Dabei wurde auch die Decke des Raums um etwa 30 cm angehoben, wie es im Dachgeschoss an den zwei Stufen im Fußboden ablesbar ist (Abb. 126). Außerdem wurde im Raum ein zeitgenössisches modernes, klassizistisches Gesims mit Zahnschnitt angebracht und in der Mitte der Längsseite ein Ofen eingebaut.[42] Weiterhin hat man vermutlich bei dieser Umbaumaßnahme im 19. Jahrhundert (oder spätestens zusammen mit der Vergrößerung der Fenster)[43] die originalen einflügeligen Türen um etwa 1/3 verbreitert und ungefähr um ¼ erhöht.[44] Hofseitig blendete man die neuen zweiflügeligen Türen im Saal nur vor (Abb. 127) und behielt pragmatisch die originalen einflügeligen Türen dahinter bei. In der bestehenden heute gartenseitigen Enfilade (Abb. 128, 65) wurden jedoch alle Türen auf das vergrößerte Maß umgebaut. Die breiten doppelflügeligen Türen bilden eine eindrucksvolle Sichtachse entlang der Südfassade. Die ursprüngliche Sockellambris der zwei Räume wurde im entstandenen Saal einfach beibehalten und ohne viel Aufwand lediglich um das Maß der verbreiterten Türen gekürzt (Abb. 48). Die heute zitronengelb gestrichene Linkrusta-Tapete[45] (Abb. 129) könnte mit ihrem geprägten Muster aus Akanthusblattranken wohl vom Ende des 19. Jahrhunderts oder aus dem Anfang des 20. Jahrhunderts stammen. Der originale Bodenbelag nach dem Umbau im 19. Jahrhundert bestand – wie auf älteren Photographien ersichtlich – aus breiten unbehandelten Dielenbrettern, die heute entweder ersetzt oder mit einer spiegelnden Versiegelung versehen sind, welche den ursprünglichen Charakter des Raums verändert. Mittlerweile fehlen ebenso die originalen inneren Klappläden an den Fenstern, die bis zum Verkauf 1978 noch auf zeitgenössischen Photographien (Abb. 130) zu sehen sind. Die übrigen Räume des Hauses wurden im 19. Jahrhundert vermutlich mit zeitgemäßen Möbeln ausgestattet und tapeziert, wovon einige wenige überlieferte Tapetenreste (Abb. 131–134) zeugen. Außerdem hat man vermutlich im Laufe des 19. Jahrhunderts ältere Kachelöfen (sofern vorhanden) durch Modelle in neueren Formen ersetzt. Einzig in einer Dachkammer hat sich ein originaler Ofen erhalten (Abb. 135). |
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DachkammernVon den vier Räumen im Dachgeschoss (Abb. 72), hat man – den Formen nach zu urteilen vermutlich gegen Ende des 19. Jahrhunderts – ein Zimmer mit einem Kachelofen ausgestattet, wobei es sich um den letzten originalen Ofen im Haus handelt (Abb. 135–137).[46] Zu dieser Zeit wurden vermutlich in den Zimmern des Dachgeschosses auch die doppelten inneren Fenster mit größerer Sprossung eingebaut und ebenso vor den Fenstern in beiden Dreiecksgiebeln montiert – dort inschriftlich gesichert von 1846 (Abb. 138). |
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GartenWann die an Ideen des formalen Gartens angelehnte Anlage hangseitig hinter dem Herrenhaus in Nuhjala entstand, ist nicht mehr eindeutig festzustellen.[47] Auf der relativ detaillierten Karte von 1798 (Abb. 8) ist ein Garten hinter dem Haus am Hang nicht eingetragen, sodass eine Entstehung des Gartens im 19. Jahrhundert wahrscheinlich ist – vielleicht in einer Zeit zur Mitte des Jahrhunderts, als das Vorbild des englischen Landschaftsgarten in seinem Einfluss abnahm. Der Garten in seiner größten Ausdehnung ist auf dem Lageplan von 1923 zu erkennen (Abb. 80). Dieser dokumentierte, heute jedoch nur noch in Ansätzen erkennbare Garten hinter dem Herrenhaus folgt zunächst dem Abhang: Von einer querrechteckigen Fläche vor dem Haus gelangt man über eine noch bestehende Treppe (Abb. 139) zur eigentlichen leicht abfallenden Gartenfläche, die mit einem Wegekreuz in vier Hauptparterres und zwei seitlich beigeordnete Flächen gegliedert war. Am Ende des Hauptwegs stand Mitte des 20. Jahrhunderts eine Sitzbank und ein Fahnenmast (Abb. 140).[48] Die Querachse des Wegekreuzes läuft ungefähr auf den Speicherbau am Weg zum Sund zu. Davor befand sich ein über einige Stufen zugänglicher erhöhter Freisitz (Abb. 141), der heute nur noch anhand der Steinreste (Abb. 142) zu erkennen ist. Auch der an der südwestlichen unteren Ecke des Gartens ehemals vorhandener Brunnen ist heute völlig überwuchert (Abb. 143). Eine Wiederherstellung des Gartens ist von der Besitzerfamilie geplant, hat jedoch keine Priorität. |
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NebengebäudeEinige der heute noch bestehenden Wirtschaftsgebäude (Abb. 144) wurden in der Zeit errichtet, als Fanny Magdalena Hildegard Eneskjöld[49] (1844–1913) von 1866 bis 1913 Besitzerin von Nuhjala war: So beispielsweise die inschriftlich auf 1900 datierte Scheune (Nr. 8) (Abb. 145–147) und der Schweinestall (Nr. 9) von 1906 (Abb. 148, 149). Wie aus dem Lageplan von 1923 (Abb. 80) ersichtlich waren zusätzlich noch weitere Scheunen und Speicher, ein Pferde- (Nr. 6, erhalten) und ein abgebrochener Schafstall (Nr. 10) sowie ein Hühnerhaus (Nr. 11) vorhanden. Dieses ist heute ebenso verschwunden (Abb. 13), wie ein weiterer Eiskeller (Nr. 5) neben dem abgebrochenen Gärtnerhaus (Nr. 4) (Abb. 12). Auch eine große Scheune (Nr. 7) neben dem Schweinestall ist heute verloren, ebenso wie ein im Osten angeordnetes größeres Geräte- und Lagerhaus (Nr. 7) und viele andere kleinere Nebengebäude der Gutsanlage (Abb. 150). Eine Besonderheit der Gutsanlage stellen einige Gebäude am Ende des Wegs zum Vehmassalmi-Sund[50] dar und schon auf der Karte von 1798 sind dort kleine Bauten eingetragen. Neben einer heute im Verfall begriffenen Anlegestelle aus Stein (Abb. 151), die im frühen 20. Jahrhundert regelmäßig mit dem Dampfschiff für eine Verbindung nach Turku angefahren wurde,[51] entstanden im frühen 19. Jahrhundert zwei Holzbauten am Sund(Abb. 152, 153). Der erste Bau ist ein kleines Holzgebäude (Abb. 154) mit nur einem Raum und umlaufender Veranda (Abb. 155), der als Strandhaus genutzt wurde, und über einen heute verlorenen Steg[52] einen direkten Zugang zum Baden im Sund ermöglichte (Abb. 156).[53] Der angrenzende etwas größere Holzbau (Abb. 157, 158) mit einer Veranda an zwei Seiten beherbergt eine der wenigen erhaltenen Saunen wohl noch aus dem frühen 19. Jahrhundert, bestehend aus der Sauna selbst, einem Waschraum und einer Umkleide (Abb. 159).[54] |
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Besitzverhältnisse im 20. JahrhundertNach dem Tod von Fanny Magdalena Hildegard Eneskjöld[55] (1844–1913) fiel Nuhjala 1913 in Ermangelung an direkten Nachkommen[56] an eine Erbengemeinschaft der Kinder von Anna Aurora Adelaida Armfelt (1829–1894) und wurde damit unter den verbleibenden Nachfahren der Familie Eneskjöld in der Enkelgeneration aufgeteilt:[57] Die Schwester von Arvid Gustaf Eneskjöld[58] (1788–1866), Gustava Aurora Eneskjöld (1799–1864) hatte 1827 Christoffer Armfelt (1765–1848) geheiratet.[59] Aus dieser Ehe ging Anna Aurora Adelaida Armfelt (1829–1894) hervor, deren Kinder aus zwei Ehen die späteren Erben von Nuhjala waren: Anna Aurora Adelaida war in erster Ehe 1850 mit Axel Florentin Ekestubbe (1809–1856) verheiratet (Abb. 160). Von den vier Kindern der Eheleute lebte 1913 nur noch die Stiftsdame Thecla Aurora Ekestubbe[60] (1851–1943) (Abb. 122), die einen Teil von Nuhjala erbte. In zweiter Ehe war Anna Aurora Adelaida Armfelt seit 1858 mit dem Arzt Dr. Emanuel Indrenius (1816–1887) (Abb. 161) verheiratet.[61] Ihre gemeinsamen Kinder Elisabeth Gustava Indrenius (1862–1933) (Abb. 123) und der Bankdirektor August Emanuel Indrenius (1866–1932) erbten die übrigen Anteile an Nuhjala. August Emanuel Indrenius (Abb. 124) zahlte seine Schwester Elisabeth Gustava Indrenius (Abb. 123) und Halbschwester Thekla Aurora Ekestubbe (Abb. 122) aus und bezog Nuhjala mit seiner Frau Sara Maria von Julin (1872–nach 1924) (Abb. 162), Tochter des Industriellen Johan Albert Edvard von Julin (1846–1906). Nach etwas mehr als einem Jahrzehnt verkaufte August Emanuel Indrenius Nuhjala im Jahr 1926 an den Juristen und Vizegouverneur Ivar Aminoff[62] (1868–1931), der das Gut etwa ein Jahr später bereits seiner Schwester Hedvig (1873–1934) überließ. Diese war seit 1899 mit dem Agrarwissenschaftler Baron William Mattias von Bonsdorff (1871–1939) verheiratet, doch das Paar blieb kinderlos. Nach dem Tod seiner Frau zog der Baron in das südliche Nebengebäude am Herrenhof (‚Villa‘).[63] Er übergab Nuhjala 1935 an den fast gleichalten nur sehr weitläufig verwandten, aber als ‚Neffe‘ bezeichneten Gunnar Emil Bonsdorff[64] (1877–1943) aus der nicht geadelten Linie der Familie. Er war ein erfolgreicher Diplomingenieur, der auch im Ausland (Österreich, Deutschland und den USA) gearbeitet hatte und beispielsweise 1906–1918 die Leitung von Nokia übernahm.[65] Mit seiner Frau Sigrid Linnea Rose-Marie Bergqvist (1890–1949) hatte er eine Tochter, Dolly Linnea Bonsdorff (1912–1980), die nach seinem Tod Nuhjala 1943 erbte. Dolly Linnea Bonsdorff war mit dem Wissenschaftler Per-Olof Gabriel Therman (1910–1973) verheiratet und hatten gemeinsam eine Tochter Peggy[66]. Nach dem Tod ihres Ehemanns mussten beide Frauen Nuhjala 1978 aus finanziellen Gründen verkaufen (Abb. 163). Käufer war der Geschäftsmann Maurits Ylismäki,[67] der Nuhjala von 1979 bis zu seinem Tod 1987 besaß. Seine Tochter Merja Ylismäki-Nerjanto[68] erbte das Gut und versuchte einen Gastro- und Eventbetrieb zu etablieren,[69] was wenig erfolgreich gewesen zu sein scheint. Die heutigen Besitzer kauften Nuhjala im Jahr 2019.[70] |
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Modernisierungen im 20. JahrhundertDie größte Veränderung im 20. Jahrhundert stellt der Umbau des ursprünglich wenig tiefen und daher relativ kleinen Eingangsbereichs im Zentrum des Herrenhauses dar (Abb. 37). Die an den Eingang angrenzenden Treppen zum Keller- und Obergeschoss wurde nach 1924 und spätestens bis 1936 umgebaut, vermutlich um einen größeren Eingangsbereich zu schaffen.[71] Dabei wurde in der Diele ein neuer, relativ schlichter Kamin eingebaut. Etwa bei den Abtreppungen an der Feueröffnung lässt der Kamin dennoch einen Einfluss der Gestaltungsideen der Zeit in den Formen des Art deco erkennen (Abb. 164).[72] Im Jahr 1936 wurde auch eine Zentralheizung im Haus eingebaut und die verbleibenden Öfen etwa im großen Salon bzw. Saal abgebrochen.[73] In den 1930er Jahren wurde in einigen Räumen mittelformatiges Fischgratparkett eingebaut.[74] Im Königszimmer wurde nach 1935 eines der zwei Fenster im Raum durch eine Fenstertür, die auf einen neuen großen Balkon führt, (Abb. 165) ersetzt.[75] Die im Gustavianischen Stil gehaltene Sitzgruppe im Königszimmer (Abb. 166), die noch heute vorhanden ist, wurde 1911 angeblich von Haradshövding Aminoff aus dem Stockholmer Schloss angekauft,[76] wobei es sich aufgrund der für das 18. Jahrhundert untypischen Formen (Sofalehne, Tisch, Steg zwischen den Stuhlbeinen u.v.a.m.) wohl eher um Stilmöbel des späten 19. Jahrhunderts zu handeln scheint.[77] Der größte Raum des 18. Jahrhunderts, der ehemalige Empfangs- oder Festraum, wird etwa seit der Mitte des 20. Jahrhundert bis heute als Speisezimmer genutzt (Abb. 63–65) Der Raum wurde in Bereichen immer wieder verändert (Abb. 167): Der in einer Raumecke aufgestellte Ofen war nach dem Einbau der Zentralheizung durch einen modernen Kamin aus roten Ziegelsteinen ersetzt worden (Abb. 168, 169), der gerade wieder gegen einen originalen Kachelofen des 19. Jahrhunderts ausgetauscht wird. Eine weitere Veränderung stellt der neue Türdurchbruch zum angrenzenden hofseitigen Raum dar, der wahrscheinlich in der Zeit nach dem Verkauf 1978 ausgeführt wurde, um die Wege im Haus zu verkürzen. Die heutigen Besitzer haben Bereiche im nördlichen Teil des Hauses im Hinblick auf einen zeitgemäßen Lebensstandard in einem Wohnhaus modernisiert (Abb. 38).[78]
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