Stola/08.02 Obergeschoss: Unterschied zwischen den Versionen
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Nur aus Gründen der Symmetrie hat Hårleman die einflügelige Tür der Eingangsseite auf der Gegenseite in der Nordwand der Außenfassade als Blindtür wiederholt (Abb. 130). Über den Türen befinden sich erneut [https://fr.wikipedia.org/wiki/Dessus-de-porte Dessus-de-Porte-]<ref>Vgl. http://vocab.getty.edu/page/aat/300002911 (25.03.2024).</ref> bzw. Supraporten-Gemälde, die auf Reispapier gemalte Vogelmotive zeigen und von der [https://sv.wikipedia.org/wiki/Svenska_Ostindiska_Companiet Ostindien Kompagnie]<ref>Vgl. https://www.wikidata.org/wiki/Q605901; http://www2.ub.gu.se/samlingar/handskrift/ostindie/ (25.03.2024).</ref> importiert wurden (Abb. 133, 134).<ref>Vgl. Westrin 1986, S. 39.</ref> Die Fensterwand entspricht ganz der französischen Norm – vor dem Fensterpfeiler (franz. ''trumeau'') zwischen zwei Fensternischen stehen der obligatorische Konsoltisch und Spiegel (Abb. 135). Ein großer typisch schwedischer Ofen aus der Zeit des Umbaus wird für angenehme Wärme im Schlafzimmer gesorgt haben (Abb. 136, 137). | Nur aus Gründen der Symmetrie hat Hårleman die einflügelige Tür der Eingangsseite auf der Gegenseite in der Nordwand der Außenfassade als Blindtür wiederholt (Abb. 130). Über den Türen befinden sich erneut [https://fr.wikipedia.org/wiki/Dessus-de-porte Dessus-de-Porte-]<ref>Vgl. http://vocab.getty.edu/page/aat/300002911 (25.03.2024).</ref> bzw. Supraporten-Gemälde, die auf Reispapier gemalte Vogelmotive zeigen und von der [https://sv.wikipedia.org/wiki/Svenska_Ostindiska_Companiet Ostindien Kompagnie]<ref>Vgl. https://www.wikidata.org/wiki/Q605901; http://www2.ub.gu.se/samlingar/handskrift/ostindie/ (25.03.2024).</ref> importiert wurden (Abb. 133, 134).<ref>Vgl. Westrin 1986, S. 39.</ref> Die Fensterwand entspricht ganz der französischen Norm – vor dem Fensterpfeiler (franz. ''trumeau'') zwischen zwei Fensternischen stehen der obligatorische Konsoltisch und Spiegel (Abb. 135). Ein großer typisch schwedischer Ofen aus der Zeit des Umbaus wird für angenehme Wärme im Schlafzimmer gesorgt haben (Abb. 136, 137). | ||
[[Datei:138 ABB Stola, Herrenhaus, Obergeschoss, (Schlaf)zimmer der Reichsrätin, Paneel, 2022.webp|mini|Abb. 138 Stola, Herrenhaus, Obergeschoss, (Schlaf)zimmer der Reichsrätin, Paneel, 2022]] | |||
Ein Ausblick auf Neuerungen in Frankreich seit der Mitte des 18. Jahrhunderts zeigt ein Wandfeld neben dem Ofen (Abb. 138): Im Stil des ''Goût greque''<ref>Auch ''Goût à la greque''. Der Stil ist eine französische Variante des Frühklassizismus, die sich seit der Mitte des 18. Jahrhunderts entwickelt.</ref> ist in einem heute montierten Wandfeld ein antikisierendes Vasen-Motiv ähnlich der [https://fr.wikipedia.org/wiki/Panneau_(menuiserie) Paneel]<ref>Vgl. http://vocab.getty.edu/page/aat/300069079 (25.03.2024).</ref>-Entwürfe des schwedischen Entwerfers [https://sv.wikipedia.org/wiki/Louis_Masreliez Louis Adrien Masreliez]<ref>Vgl. https://www.wikidata.org/wiki/Q351891; http://vocab.getty.edu/page/ulan/500006098 (22.03.2024).</ref> (1748–1810) dargestellt, das Westrin in der Ausführung dem lokalen Maler Carl J. Kunckell (aktiv im 18. Jahrhundert) zuschreibt.<ref>Vgl. Westrin 1986, S. 39, vgl. auch ebd. S. 19, Anm. 43.</ref> Masreliez fertigte unter anderem auch Entwürfe für den Prinzen [https://sok.riksarkivet.se/sbl/Presentation.aspx?id=12358 Carl]<ref>Oft als Herzog Carl bezeichnet, war aber erst ab 1772 Herzog von Södermanland, ab 1809 König Karl XIII. von Schweden und ab 1814 König von Norwegen. Vgl. https://www.wikidata.org/wiki/Q52928.</ref> (1748–1818),<ref>Vgl. Entwürfe im Nationalmuseum Stockholm, https://collection.nationalmuseum.se/eMP/eMuseumPlus?service=direct/1/ResultListView/result.t1.collection_list.$TspTitleLink.link&sp=10&sp=Scollection&sp=SfieldValue&sp=0&sp=1&sp=3&sp=SdetailList&sp=0&sp=Sdetail&sp=0&sp=F&sp=T&sp=0 (22.03.2024).</ref> mit dem [https://sok.riksarkivet.se/sbl/Mobil/Artikel/16804 Claes Julius Ekeblad]<ref>Vgl. https://www.wikidata.org/wiki/Q5706932; Jägerskiöld 1949; Allén in: Allén/Frängsmyr 2016, S. 31–38.</ref> (1742–1808) befreundet war. Möglicherweise kam auf diesem Weg eine Skizze Masreliezs in den Besitz der nächsten Generation der Ekeblads, die vom Hausmaler der [https://sok.riksarkivet.se/sbl/Presentation.aspx?id=16801 Familie Ekeblad]<ref>Vgl. https://www.wikidata.org/wiki/Q20970047.</ref> umgesetzt wurde.<ref>Vgl. Westrin 1986, S. 19 und Anm. 43.</ref> | Ein Ausblick auf Neuerungen in Frankreich seit der Mitte des 18. Jahrhunderts zeigt ein Wandfeld neben dem Ofen (Abb. 138): Im Stil des ''Goût greque''<ref>Auch ''Goût à la greque''. Der Stil ist eine französische Variante des Frühklassizismus, die sich seit der Mitte des 18. Jahrhunderts entwickelt.</ref> ist in einem heute montierten Wandfeld ein antikisierendes Vasen-Motiv ähnlich der [https://fr.wikipedia.org/wiki/Panneau_(menuiserie) Paneel]<ref>Vgl. http://vocab.getty.edu/page/aat/300069079 (25.03.2024).</ref>-Entwürfe des schwedischen Entwerfers [https://sv.wikipedia.org/wiki/Louis_Masreliez Louis Adrien Masreliez]<ref>Vgl. https://www.wikidata.org/wiki/Q351891; http://vocab.getty.edu/page/ulan/500006098 (22.03.2024).</ref> (1748–1810) dargestellt, das Westrin in der Ausführung dem lokalen Maler Carl J. Kunckell (aktiv im 18. Jahrhundert) zuschreibt.<ref>Vgl. Westrin 1986, S. 39, vgl. auch ebd. S. 19, Anm. 43.</ref> Masreliez fertigte unter anderem auch Entwürfe für den Prinzen [https://sok.riksarkivet.se/sbl/Presentation.aspx?id=12358 Carl]<ref>Oft als Herzog Carl bezeichnet, war aber erst ab 1772 Herzog von Södermanland, ab 1809 König Karl XIII. von Schweden und ab 1814 König von Norwegen. Vgl. https://www.wikidata.org/wiki/Q52928.</ref> (1748–1818),<ref>Vgl. Entwürfe im Nationalmuseum Stockholm, https://collection.nationalmuseum.se/eMP/eMuseumPlus?service=direct/1/ResultListView/result.t1.collection_list.$TspTitleLink.link&sp=10&sp=Scollection&sp=SfieldValue&sp=0&sp=1&sp=3&sp=SdetailList&sp=0&sp=Sdetail&sp=0&sp=F&sp=T&sp=0 (22.03.2024).</ref> mit dem [https://sok.riksarkivet.se/sbl/Mobil/Artikel/16804 Claes Julius Ekeblad]<ref>Vgl. https://www.wikidata.org/wiki/Q5706932; Jägerskiöld 1949; Allén in: Allén/Frängsmyr 2016, S. 31–38.</ref> (1742–1808) befreundet war. Möglicherweise kam auf diesem Weg eine Skizze Masreliezs in den Besitz der nächsten Generation der Ekeblads, die vom Hausmaler der [https://sok.riksarkivet.se/sbl/Presentation.aspx?id=16801 Familie Ekeblad]<ref>Vgl. https://www.wikidata.org/wiki/Q20970047.</ref> umgesetzt wurde.<ref>Vgl. Westrin 1986, S. 19 und Anm. 43.</ref> | ||
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Version vom 11. März 2025, 16:01 Uhr
- 01. Einführung
- 02. Forschungsstand
- 03. Geschichte der Anlage vor dem 18. Jahrhundert
- 04. Überblick zur Gesamtanlage
- 05. Wirtschaftlicher Kontext
- 06.00 Besitzverhältnisse im 18. Jahrhundert
- 06.01 Claes Ekeblad d.Ä. und Hedvig Mörner
- 06.02 Claes Ekeblad d.J. und Eva de la Gardie
- 06.03 Claes Julius Ekeblad und Brita Horn
- 07. Herrenhaus: Baugeschichte und Architektur
- 08.00 Innenräume im 18. Jahrhundert
- 08.01 Erdgeschoss
- 08.02 Obergeschoss
- 08.03 Untergeschoss und Dachgeschoss
- 08.04 Sammlungen
- 09. Garten und Park
- 10. Wirtschaftsgebäude
- 11. Kirche und Dorfstrukturen
- 12. Geschichte der Anlage nach dem 18. Jahrhundert
- 13. Geophysikalische Prospektion und digitale Dokumentation
- 14. Quellen- und Literaturverzeichnis
Beschreibung Obergeschoss |
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Für das Obergeschoss von Stola sind ebenfalls keine Pläne aus der Bauzeit bekannt (Abb. 79). Es ist ähnlich wie das Erdgeschoss aufgeteilt, denn die tragenden Wände stimmten ursprünglich weitgehend überein. Die halbrund gewendelte steinerne Haupttreppe (Abb. 80, 81) führt auf einen Vorplatz (Nr. 23) (Abb. 82), der die Raumfolgen der südlichen (Nrn. 14–16) und nördlichen Haushälfte (Nr. 18–21) sowie den Saal (Nr. 17) [Link zu 08.05.01] erschließt. Vom Vorplatz (Nr. 23) gelangt man über eine hölzerne Nebentreppe außerdem in den Dachraum (Abb. 83). Über die Nutzung der Räume im Obergeschoss (Abb. 84) unter Claes Ekeblad d.Ä.[1] (1669–1737) und Hedvig Mörner[2] (1672–1753) [Link zu 06.02] nach der Fertigstellung des Neubaus 1719 ist wenig bekannt, denn das Inventar von 1729 gibt darüber keinen Aufschluss.[3] Die jeweils aus drei großen Zimmern und kleineren Nebenräumen bestehenden Raumfolgen der südlichen (Nrn. 14–16) und nördlichen Haushälfte (Nr. 18–21) können trotz unterschiedlicher Zuschnitte jeweils als ein klassisches französisch geprägtes Appartement bestehend aus Antichambre, Chambre und Grand Cabinet für den Hausherrren und die Hausherrin gelesen werden. Zwischen den ‚offiziellen‘ Räumen der Hof- und Gartenseite waren kleinere Räume für den Komfort und Bedienung angeordnet. Dort endeten auch die kleinen Wendeltreppen (Nr. 22) für die Dienerschaft aus dem Erdgeschoss. Um die Mitte des 18. Jahrhunderts wurden Teile des Obergeschosses (Abb. 84) durch Carl Hårleman[4] (1700–1753), der mit Claes Ekeblad d.J.[5] (1708–1771) und Eva de la Gardie[6] (1724–1786) [Link zu 06.03] bereundet war, im Stil des schwedischen Rokoko umgebaut, das der Hofarchitekt seit den 1730er Jahren in der Innenausstattung des Stockholmer Stadtschlosses eingesetzt hatte. Ekeblad kannte die neuen französischen Wohn- und Dekorationsideale seit seinem Amt als Gesandter in Paris in den Jahren 1742–1744 aus eigener Anschauung.[7] Wenngleich Hårleman in Stola beim Umbau eine Version des Style rocaille und des französischen Bon goût realisiert hat, wurde im Zuge der Veränderungen ein Teil der kleinen Nebenräume und die Wendeltreppen für die Dienerschaft – und damit das für die Commodité im 18. Jahrhundert in Frankreich typische Dégagement – aufgegeben, sodass im Rezeptionsprozess des französischen Rokoko eine Anpassung der französischen theoretischen Vorgaben an schwedische Anforderungen stattfand. Westrin wie Gullbrandsson weisen auf den Zusammenhang der Umbauten in Stola mit den Entwürfen Hårlemans für das Herrenhaus Hörle[8] (Abb. 85) in Småland hinsichtlich der zeitlichen wie formalen Nähe hin.[9] Da sich das Wohnquartier Claes Ekeblad d.J.[10] (1708–1771) [Link zu 06.04] im Erdgeschoss (Nrn. 2–7) befand, war die Umwandlung der südlichen Räume im Obergeschoss (Nrn. 14–16) in ein repräsentatives Gesellschftsappartement (Appartement de societé) bestehend aus Cabinettet (Nr. 14) (Abb. 86, 87), Salonen (Nr. 15) (Abb. 88) und Vita Förmaket (Nr. 16 Weißes Vorzimmer) (Abb. 89, 90) [Link zu 08.05.02] im Anschluß an den großen Speisesaal für Carl Hårleman[11] (1700–1753) überhaupt erst möglich.[12] Die nördliche Haushälfte wurde von der Gräfin und Reichsrätin Eva de la Gardie[13] (1724–1786) sowie später auch von der 1752 geborenen Tochter Ebba Maria (1752–1839) genutzt. Im Inventar von 1796 sind die Räume als Gröna förmaket (Nr. 18 Grünes Vorzimmer) (Abb. 91, 92) [Link zu 08.05.03], Ricks Rådinnans Kammare (Nr. 19 Zimmer der Reichsrätin) (Abb. 93, 94) [Link zu 08.05.04] und Frökens Ebba Kammare (Nr. 21 Fräulein Ebbas Zimmer) (Abb. 95, 96) bezeichnet. Dieses war durch das Toilettkabinet (Nr. 20) vom Zimmer ihrer Mutter getrennt. Dahinter lag ein als Kontor bezeichneter Arbeitsraum (Nr. 22).[14] |
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Innenräume Obergeschoss |
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Von der Ausstattung nach der Fertigstellung 1719 haben sich im ganzen Gebäude originale Türen mit ihren Beschlägen und teilweise zeitgenössischen (aber auch ergänzten) Bemalungen (Abb. 97, 98) erhalten. Im Obergeschoss sind außerdem die Fenstergewände zum Teil mit bauzeitlichen Landschaftsszenen ausgemalt (Abb. 99, 100). Diese haben sich teilweise original erhalten, teilweise wurden diese wohl auch schöpferisch frei ergänzt.[15] Die originalen Malereien sind in den Restaurierungen des 20. Jahrhunderts von den abdeckenden vermutlich weißen oder grauen Übermalungen aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts befreit worden. |
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Saal / Großes Speisezimmer |
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Über die gewendelte Haupttreppe (Abb. 80, 81) und den oberen Flur (Nr. 23) (Abb. 82) erreicht man den mit fast 60 qm größten Raum des Herrenhauses: den als großen Speiseraum (schwedisch Matsalen) genutzten Saal (Nr. 17) (Abb. 101, 102). Hinsichtlich der Anordnung des Raums im Grundriss ist bemerkenswert, dass der Saal nicht – wie bei barocken Planungen zu vermuten – in der Symmetrieachse des Hauses liegt. Der Speisesaal zeigt als einziger Raum in Stola noch die relativ vollständige ursprüngliche Ausstattung aus der Bauzeit.[16] Der fast quadratische Raum besitzt auf der Eingangsseite einen Kamin und an der nördlichen Wand einen originalen eingebauten Wandschrank bzw. einen fest eingebauten Buffetschrank (Abb. 103).[17] An der Fassadenseite befinden sich drei Fenster und der Raum ist mit zwei einflügeligen Türen in die gartenseitige Enfilade[18] des Hauses eingebunden (Abb. 104). Der schlichte Bodenbelag besteht wie im ganzen Obergeschoss aus (wohl weitgehend) originalen breiten Holzdielen. Die hauptsächliche dekorative Ausstattung an den Wänden bildet eine bemalte Leinwandbespannung, die ländliche Szenen zeigt, sowie eine bemalte Decke, die aus einfachen Holzplanken besteht. Eine künstlerisch bemalte Decke ist für Herrenhäuser im Ostseeraum relativ ungewöhnlich: Der Plafond[19] (Abb. 105) wird durch illusionistisch dargestellte breite Rahmen in neun unterschiedlich große Felder in geometrischen Formen aufgeteilt. Während das mittlere große geohrte Feld die figürliche Szene ‚Aurora vertreibt die Nacht‘ (Abb. 106) zeigt, sind die übrigen Felder mit ornamentaler Dekorationsmalerei verziert (Abb. 107). Diese Art der Deckengestaltungen gehen auf die Entwürfe des französischen Vorlagenzeichners Jean Lepautre[20] (1618–1682) aus der Mitte des 17. Jahrhunderts zurück, die als Kupferstiche in ganz Europa kursierten.[21] Im benachbarten Schloss Läckö[22] (Abb. 108) sind einige Entwürfe Lepautres (Abb. 109) an den Decken fast gänzlich unverändert ausgeführt worden (Abb. 110), während für die Decke des Saals in Stola kein Kupferstich Lepautres als eine direkte Vorlage bekannt ist. Dennoch steht die Deckengestaltung in Stola klar in der Tradition der Entwürfe Lepautres, der mit seinen zahllosen Kupferstichen den französischen Louis-Quatorze-Stil[23] in ganz Europa verbreitete. Zur Zeit der Ausführung des Deckengemäldes in Stola um 1719 war diese Art der Dekoration in Mitteleuropa schon durch das vom französischen Entwerfer Jean Berain[24] (1640–1711) erfundene Bandelwerk[25] abgelöst. Bei der gebildeten und weit gereisten Familie Ekeblad[26] ist daher ein bewußter Rückbezug auf die Malereien im benachbarten Schloss Läckö[27] und zusätzlich wohl auf mitteleuropäische Gepflogenheiten mit szenisch bemalten Decken zu vermuten. Die Ausführung der Malereien im Saal in Stola erfolgte unter Beteiligung der Nachfolger der Künstlerschule in Läckö aus dem späten 17. Jahrhundert. Namentlich werden die Decken- und Wandmalereien mit hoher Wahrscheinlichkeit Petter Wernberg[28] (1667–um 1735) zugeschrieben, der die Tradition der Malerschule von Läckö weiterführte.[29] Die auf Leinwand ausgeführten Wandmalereien im Saal mit Landschaftsszenen sind im ganzen Ostseeraum insbesondere zur Dekoration von repräsentativen Räumen in Herrenhäusern beliebt. Die Szenen in Stola zeigen ein idealisiertes Bild des bäuerlichen Lebens mit Tätigkeiten aus dem Sommer wie etwa die Ernte (Abb. 111) oder verschiedene Freizeitvergnügen (Abb. 112, 113) oder einen Wirtshausbesuch (Abb. 114).[30] Solche idealisierten Pastoralen sollten im Laufe des 18. Jahrhunderts an Beliebtheit gewinnen. Die figürlichen Szenen stammen wie bei der Deckengestaltung nicht von Wernberg selber, sondern es handelt sich um Motive, die über graphische Reproduktionen der Gemälde des niederländischen Künstlers Pieter Bruegel d.Ä.[31] (1525–1569) vermittelt wurden, die Wernberg in der Wandbemalung für Stola kombiniert.[32] Aufgrund der reichen Sammlungen [Link zu 08.08] der Ekeblads in Stola könnten sich – wie Westrin vermutet – Reproduktionen nach Bruegel sogar im Besitz des Auftraggebers selbst befunden haben,[33] doch Künstler verfügten in der Regel ebenfalls über einen gewissen Fundus an graphischen oder zeichnerischen Vorlagen. Zur Zeit des Umbaus von Stola durch den Architekten Carl Hårleman[34] (1700–1753) Mitte des Jahrhunderts wurden Decke wie Wand im Speisesaal in Weiß- oder Grautönen überstrichen, denn großformatige buntfarbige Malereien als Wanddekoration waren zwischenzeitlich aus der Mode gekommen. |
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Weißes Vorzimmer |
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Die neuen Ideale der Innendekoration zur Mitte des 18. Jahrhunderts in Schweden werden in Stola im weißen Vorzimmer (Nr. 16) (Abb. 89, 90) anschaulich, dessen Entwurf Carl Hårleman[35] (1700–1753) ebenso zugeschrieben wird wie vor allem die Umgestaltung des Zimmers der Gräfin (Nr. 19) (Abb. 93, 94). Hårleman verwendet in beiden Räumen vollflächige Holzvertäfelungen – sogenannte Boiserien[36] – zur Gliederung der Wand. Die Wandfläche des Eckraums (Nr. 16) mit drei Fenstern ist mit weißlich lackierten[37] Kassetten und teils vergoldeten hölzernen Leisten in eine Sockelzone bis zur Höhe der Fensterbänke und eine obere Zone der Lambris[38] untergliedert (Abb. 115). Der ursprünglich vorhandene Kamin wurde zur Zeit Claes Julius Ekeblad[39] (1742–1808) durch einen frühklassizistischen Kaminofen (Abb. 116) ersetzt.[40] Elegante zweiflügelige Zimmertüren gewähren den Zugang zum Raum und wiederholen sich mehrfach als Blindtüren, um die Symmetrie an den Wänden herzustellen (Abb. 117). Über den Türen befinden sich fest in die Wandgliederung eingebundene Dessus-de-Porte-[41] bzw. Supraporten-Gemälde (Abb. 118–121), die in dieser Form der Innnedekoration fest vorgesehene Stellen für Malerei sind. Die Decke verbleibt über einem stuckierten Kranzprofil[42] ohne Dekoration schlicht weiß (Abb. 89). Diese Art der Innenraumgestaltung mit hölzernen Vertäfelungen hatte sich am französischen Hof schon ab den 1680er Jahren etwa mit dem heute verlorenen Petit Appartement du Roi am Cour de Marbre in Versailles nach den Entwürfen des Architekten Pierre I Cailleteau[43], gen. Lassurance (1655–1724) etabliert und war sukzessive von den Architekten und Entwerfern der Bâtiments du Roi[44] wie Jules Hardouin-Mansart[45] (1646–1708) und Pierre Lepautre[46] (1652–1716) sowie im ersten Viertel des 18. Jahrhunderts Robert de Cotte[47] (1656–1735) und beispielsweise François Antoine Vassé[48] (1681–1736) vom Régence-Stil[49] zum französischen style rocaille[50] weiterentwickelt worden, den sowohl Carl Hårleman[51] (1700–1753) wie Claes Ekeblad d.J.[52] (1708–1771) über ihre Aufenthalte in Frankreich aus eigener Anschauung kannten. Diese im französischen höfischen Kontext teils überreichen Dekorationen wurden von Carl Hårleman[53] (1700–1753) selbst im königlichen Schloss in Stockholm nur mit Zurückhaltung übernommen: In Stola findet sich eine schlichte, geradezu spartanische Ausformung von Rokoko[54] ohne jegliche Schnitzerei, die aber gerade aufgrund ihrer ‚schlichten Würde‘ und Zurückhaltung von Forschenden oftmals als eigenständige Ausprägung des Stils im evangelisch-lutherischen Schweden interpretiert wurde, wo jede Maßlosigkeit vermieden wird.[55] Obgleich Gullbrandsson ausführt, dass ‚die Strenge der Villa sowohl als Ausdruck der Zeit als auch einer spezifisch schwedischen Interpretation der kontinentalen Architektur gesehen‘ wurde, weist er gleichzeitig nüchtern darauf hin, dass diese vermeintliche schwedische Zurückhaltung ofmals schlichtweg dem Mangel an Ressourcen (an Knowhow wie Künstlern) geschuldet war.[56] Vor diesem Hintergrund beeindrucken die ausgeführten Rokoko-Ausstattungen in Stola umso mehr. |
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Grünes Vorzimmer |
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Das Appartement Eva de la Gardies[57] (1724–1786) betritt man aus dem Saal beginnend mit dem grünen Vorzimmer (Nr. 18) (Abb. 91, 92), der ebenfalls von Carl Hårleman[58] (1700–1753) umgestaltet wurde.[59] Die matt grüne Wandfarbe ist namensgebend für den Raum und durch das Inventar von 1796 belegt, wo der Raum als Gröna förmaket bezeichnet wird.[60] Boden wie Decke bestehen aus einfachen Holzdielen. Aus der Bauzeit um 1719 stammen die heute wieder freigelegten Bemalungen der Türen in der Enfilade[61] (Abb. 97) und die mit Landschaftsszenen ausgemalten Fenstergewände (Abb. 99, 100), die während der Umgestaltung durch Hårleman auf die gleiche Weise übermalt wurden wie es heute noch die zwei Türen in der rückwärtigen Wand neben dem Ofen zeigen (Abb. 122). Der Raum steht ganz im Zeichen der Familie Ekeblad[62]: Die in die Vertäfelung eingelassenen Dessus-de-Porte-[63] bzw. Supraporten-Gemälde (Abb. 122–124), zeigen vier Ahnherren der Familie: über der Tür zum Zimmer der Gräfin Anders Hansson(Ekeblad) (†1543) [Link zu 03.03.01] in einer Uniform aus der Zeit König Gustav Adolfs[64] (1594–1632, 1611 König) als Kopie, an der Rückwand Claes Ekeblad d.J.[65] (1708–1771) [Link zu 06.03] als Kopie eines (heute verlorenen?) Porträts aus der Kirche von Sunnersberg[66] von Johan Henrik Scheffel[67] (1690–1781) und das Bildnis Claes Ekeblad d.Ä.[68] (1669–1737) [Link zu 06.02] von Lorentz Pasch d.Ä.[69] (1702–1766) sowie über der Tür zum Saal Christoffer Johansson Ekeblad[70] (1592–1664) [Link zu 03.03.03] als Kopie nach einem Sebastien Bourdon[71] (1616–1671) zugeschriebenen Porträt.[72] Die Dekoration des Ofens (Abb. 125) wie die bemalte Wandbespannung in einer Variation des im 18. Jahrhundert beliebten Mosaique-Musters[73] (Abb. 126) zeigen ein Eichenblatt-Dekor, das auf den Namen und das Wappen (Abb. 5) der Familie Ekeblad anspielt. Die beiden großen Porträts – Claes Ekeblad d.Ä.[74] (1669–1737), gefertigt von David von Krafft[75] (1655–1724), sowie das Bildnis seiner Frau Hedvig Mörner af Morlanda[76] (1672–1753) [Link zu 06.02], signiert von Johan Henrik Scheffel, scheinen an ihren ursprünglichen Ort zurückgekehrt (Abb. 123), denn die Bemalung der Wandbespannung ist laut Westrin hinter den Porträts ausgespart.[77] Im Inventar von 1796 sind ‚8 Familienporträts‘ verzeichnet,[78] sodass auch an der Wand zum Saal vermutlich noch zwei Gemälde (vielleicht von Claes Julius und Brita Ekeblad?) vorhanden waren. Heute hängt dort ein in antikisierender Manier geformtes Porträtmedaillon Claes Julius Ekeblads[79] (1742–1808) [Link zu 06.04] (Abb. 127). An der Fensterwand befindet sich am Trumeau der obligatorische Spiegel (Abb. 128), der von hoher Qualität reich mit Rocailleformen geschnitzt ist (Abb. 129). |
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Zimmer der Reichsrätin |
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Den Raum (Nr. 19) an der Nordwestecke der Gartenseite des Herrenhauses in Stola hat Carl Hårleman[80] (1700–1753) für die Reichsrätin Eva de la Gardie[81] (1724–1786) ebenfalls umgebaut (Abb. 93, 94). Dabei wurde das dritte Fenster des Zimmers an der nördlichen Seitenfassade zugesetzt, um eine raumhohe Nische zu schaffen (Abb. 130). Der Raum ist wie das weiße Vorzimmer (Nr. 16) teilweise mit raumhohen Holzvertäfelungen ausgestattet – allerdings nur an der Fensterseite und in Teilen der Seitenwänden (Abb. 131), während die Rückwand (Abb. 132) und die anderen Teile der Seitenwände über einer umlaufenden Sockellambris[82] mit Stoff bespannt sind. Dies ist ein klarer Hinweis auf die Nutzung des Raumes als Schlafzimmer: Nach französischer Mode war der ‚private‘ Bereich um das Bett über einer Sockellambris mit Stoff bespannt, während der gegenüberliegende ‚offizielle‘ Teil des Raums mit raumhohen Boiserien[83] ausgestattet wurde.[84] Obgleich heute kein Bett mehr vorhanden ist, wird im Inventar von 1796 ein ‚vergoldetes Bettgestell mit rotem Damastbezug und Seidenborte‘ – also ein aufwendiges Bett – verzeichnet,[85] das die Nutzung des Raums als Schlafzimmer bestätigt. Die rosa Wandfarbe mit graugrün gefassten Leisten als Akzente entspricht der modischen Farbgebung in Frankreich Mitte des 18. Jahrhunderts, als insbesondere in Appartements de commodité[86] zunehmend auf Vergoldungen verzichtet wurde.[87] Allerdings sind die in Frankreich verwendeten Lacke (vernis Martin[88] u.a.) hochglänzend und vermitteln einen anderen Eindruck als der matt rosa Anstrich des Raums in Stola. Aufgrund der Wandfarbe wurde der Raum auch als ’rosa Salon‘ bezeichnet. Nur aus Gründen der Symmetrie hat Hårleman die einflügelige Tür der Eingangsseite auf der Gegenseite in der Nordwand der Außenfassade als Blindtür wiederholt (Abb. 130). Über den Türen befinden sich erneut Dessus-de-Porte-[89] bzw. Supraporten-Gemälde, die auf Reispapier gemalte Vogelmotive zeigen und von der Ostindien Kompagnie[90] importiert wurden (Abb. 133, 134).[91] Die Fensterwand entspricht ganz der französischen Norm – vor dem Fensterpfeiler (franz. trumeau) zwischen zwei Fensternischen stehen der obligatorische Konsoltisch und Spiegel (Abb. 135). Ein großer typisch schwedischer Ofen aus der Zeit des Umbaus wird für angenehme Wärme im Schlafzimmer gesorgt haben (Abb. 136, 137). Ein Ausblick auf Neuerungen in Frankreich seit der Mitte des 18. Jahrhunderts zeigt ein Wandfeld neben dem Ofen (Abb. 138): Im Stil des Goût greque[92] ist in einem heute montierten Wandfeld ein antikisierendes Vasen-Motiv ähnlich der Paneel[93]-Entwürfe des schwedischen Entwerfers Louis Adrien Masreliez[94] (1748–1810) dargestellt, das Westrin in der Ausführung dem lokalen Maler Carl J. Kunckell (aktiv im 18. Jahrhundert) zuschreibt.[95] Masreliez fertigte unter anderem auch Entwürfe für den Prinzen Carl[96] (1748–1818),[97] mit dem Claes Julius Ekeblad[98] (1742–1808) befreundet war. Möglicherweise kam auf diesem Weg eine Skizze Masreliezs in den Besitz der nächsten Generation der Ekeblads, die vom Hausmaler der Familie Ekeblad[99] umgesetzt wurde.[100] Rückgeführte originale Möbel im Haus und weitere Ausstattungstücke – wie europäisches Porzellan – belegen sowohl den hohen Lebensstandard der Familie als auch die Verbindungen zu Kunsthandwerkern und Händlern in Stockholm wie in Mitteleuropa.[101] |
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