01. Einführung
- 01. Einführung
- 02. Forschungsstand
- 03. Geschichte der Anlage vor dem 18. Jahrhundert
- 04. Überblick zur Anlage
- 05. Wirtschaftlicher Kontext
- 06. Besitzverhältnisse im 18. Jahrhundert
- 07. Herrenhaus: Baugeschichte und Architektur
- 08. Innenräume im 18. Jahrhundert
- 09. Garten und Park im 18. Jahrhundert
- 10. Wirtschaftsanlage
- 11. Kirche und Dorfstrukturen
- 12. Geschichte der Anlage nach dem 18. Jahrhundert
- 13. Quellen- und Literaturverzeichnis
Ab Lübbersdorf fährt man durch Wald! Man wird vom Grün verschluckt. Landstraßen führen zu den kleinen Dörfern Friedrichshof, Wittenborn und Rohrkrug. Bei Wittenborn liegt der Brohmer Wald, und die Brohmer Berge bilden eine eiszeitlich geprägte Topografie aus. Es ist still, man wird langsam. Zwei Sträßchen, fast nur noch Waldwege, versetzen den Besucher unversehens in eine vergangene Zeit. Am Ende dieser Wege, gelegen an einer sanft zum See hin abfallenden Hangkante, liegt Galenbeck, ein Dörfchen, das sich an seinen See anschmiegt. Der See ist am Ufer von einem mächtigen Schilfgürtel umgeben und die Wasserfläche liegt ausgebreitet da. Hier greifen als „Naturschutzgebiet“, „Europäisches Vogelschutzgebiet“, „Landschaftsschutzgebiet“, „Naturpark“ und „Naturwald“ [1] ausgewiesene Flächen wie Puzzleteile ineinander. In Galenbeck gibt es eine mittelalterliche Burgruine, eine Kirche als Feldsteinbau mit barocker Turmerweiterung und Friedhof, ein barockes, aus Fachwerk errichtetes Herrenhaus (6 Fotos), dessen Bau auf den Anfang des 18. Jahrhunderts verweist, Reste einer Gutsanlage, die im 18. Jahrhundert erneuert und erweitert worden ist, sowie zum Teil jahrhundertealte Wohnhäuser der Dorfbewohner, sehr altes Straßenpflaster[2] und ein Gartenareal des historischen Guts, auf dem eine nahezu einmalig erhaltene „Tanzlinde“ steht. Alles bildet ein Ensemble, nahezu alles steht unter Denkmalschutz[3] und hat seine Ursprünge mindestens im 14. Jahrhundert. Trotz Enteignung der freiherrlichen Familie von Rieben 1945 nach mindestens 550 Jahren durchgehenden Besitzes und ihres Verlassens des Ortes hat eine Baustruktur überdauert, anhand derer sehr viel über die Geschichte der Gutsherrschaft und der Gutswirtschaft im historischen Mecklenburg(-Strelitz) zu erkennen ist. Drohnenflug, Geländemodell Geografische Lage, Eckdaten historischer HintergrundGalenbeck liegt im deutschen Bundesland Mecklenburg-Vorpommern, nahe der Grenze zwischen Mecklenburg, Vorpommern und der Uckermark (Landschaft im deutschen Bundesland Brandenburg). Die Gemeinde ist 2023 die östlichste im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte.[4] Von Neubrandenburg führt die Bundesstraße 197 in die Kleinstadt Friedland. Von dort erreicht man über das ehemalige Gutsdorf Lübbersdorf (Familie von Oertzen) den Ort Galenbeck. Die Niederung, in der der Galenbecker See liegt, trägt die Landschaftsbezeichnung „Friedländer Große Wiese“. Das weitläufige Meliorationsgebiet und ehemalige Moor – so stellte es der Geologe, Mineraloge und Professor an der Rostocker Universität Franz Eugen Geinitz (1834-1925) in seiner 1885 veröffentlichten „Übersichtskarte der See’n, Moore & Thalläufe Mecklenburgs“ dar – ist über den Lübkowsee, den Putzarer See, den „Landgraben“, die Tollense (ab Klempenow), die Trebel (ab Demmin) und den Trebelkanal sowie die Recknitz (ab Tribsees bzw. Bad Sülze) mit dem „Saaler Bodden“ (bei Ribnitz) und der Ostsee verbunden. Dieser langgestreckte Tallauf (ein langes Flusstal im Alluvium, eines der Urstromtäler in Mitteleuropa), an dem man auch die historische Grenze zwischen Mecklenburg und Pommern nachvollziehen kann, bietet über Jahrhunderte Lebensgrundlage, ist aber auch dichtes, spannungsreiches Siedlungsgebiet.[5] Neben der mittelalterlichen Burg (3 Fotos) in Galenbeck, die von der in dieser Zeit wohl aus Westen zugewanderten Familie von Rieben[6] bewohnt wurde, gab es in unmittelbarer Nähe – in den Brohmer Bergen, einem Endmoränenbogen – slawische Burgwälle, die bereits vor 1000 als Rückzugsort der ansässigen slawischen Bevölkerung gedient hatten.[7] Der heute bestehende Ort Galenbeck liegt innerhalb des historischen Siedlungsgebiets der Redarier, einem westslawischen Stamm, der ab dem 10. Jahrhundert dem Lutizenbund angehörte.[8] Die Lutizen waren ein loser Bund nordwestslawischer Stämme, die keinen zentralistischen Feudalstaat entwickelten und sich der Christianisierung widersetzten. Die Blütezeit dieses Bundes wird zwischen 983 und 1056 datiert. 1147 führten sächsische, dänische und polnische Fürsten den Wendenfeldzug gegen die Lutizen an, an dessen Ende die Aufteilung des lutizischen Gebiets und dessen Aufgehen im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation stand.[9] Die heute ebenfalls noch erhaltene, um 1250 entstandene Burg Stargard, eine Höhenburg südöstlich der Stadt Neubrandenburg, war Mittelpunkt einer von deutschen Händlern und Handwerkern bewohnten Siedlung und Ausgangspunkt der Kolonisierung slawischer Gebiete.[10] 1701 bis 1918 lag Galenbeck im (Teil-)Herzogtum Mecklenburg-Strelitz des Gesamtstaats Mecklenburg. Der Matthäus-Seutter-Atlas „Ducatus Mecklenburgici“ von 1733 verortet es im „Dominium Stargard“.[11] Die „Handkarte der Grossherzogthümer Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz“ von 1887, angefertigt durch den Ingenieur Ernst Alban, zeigt Galenbeck innerhalb eines großräumigen, in ritterschaftlichem Besitz befindlichen Gebiets südöstlich und südwestlich der Stadt Friedland. Südlich schließt sich Domanium (Herzoglich Mecklenburgisches Besitzgut) an.[12] Als besonders darf beschrieben werden, dass der Galenbecker See (1Foto) bereits seit 1938 wegen seines Brutvogelbestandes und der botanischen Besonderheiten unter Naturschutz steht.[13] Sowohl die „Karte zum Antrag auf Unterschutzstellung“ als auch das „Faksimile zur einstweiligen Sicherung als Naturschutzgebiet“ vom 15. September 1938 sind in der Broschüre „70 Jahre Naturschutzgebiet Galenbecker See“ von 2009 abgebildet.[14] Sie befinden sich im (wohl privaten) Archiv von Erich Hoyer, der 1989 Leiter der „Naturschutzstation Galenbecker See“ gewesen ist.[15] Das Reichsnaturschutzgesetz war 1935, während der Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland (1933-1945) verabschiedet worden und stand in Zusammenhang mit der nationalsozialistischen Ideologie.[16] Die Unterschutzstellung des Galenbecker Sees könnte auch im Zusammenhang stehen mit der teilweisen Aufsiedlung größerer Flächen des Guts (340 Hektar) nach Abschluss eines Kaufvertrags zwischen dem Landwirt Georg von Rieben und der „Deutsche Erde“ Siedlungsgesellschaft m.b.H. im Jahr 1936. Für Galenbeck wurde der Aufbau von zehn Siedlerstellen geplant, die zwischen 1936 und 1938 in Gehren (Ritterschaftliches Gut zu Galenbeck gehörend) besiedelt wurden.[17] Heutige Flächennutzung des historischen GutsarealsDie Fläche des historischen Gutshofs Galenbeck ist heute größtenteils Eigentum der Gemeinde Galenbeck. Dies trifft ebenso auf das Grundstück der Burgruine wie auch auf den Gutsgarten zu. Erhaltene Reste der Gutsgebäude sowie das Herrenhaus (6 Fotos) befinden sich in Privateigentum.[18]
|
- ↑ GAIA-MV, https://www.geoportal-mv.de/portal/Geodatenviewer/GAIA-MVlight, (2024-04-08), siehe: Themen_Fachthemen_Umwelt und Naturschutz_Schutzgebiete.
- ↑ Landesamt für Kultur und Denkmalpflege Schwerin (LAKD): Dokumentation und wissenschaftliche Inventarisierung der Bau- und Kunstdenkmale, Akte, Gemarkung: Galenbeck 4086, Art des Baudenkmals: Dorfstraße allgemein.
- ↑ Vgl.: Denkmalliste des Landkreises Mecklenburg-Strelitz, Stand: Februar 2005, in: Landesamt für Kultur und Denkmalpflege Schwerin: Dokumentation und wissenschaftliche Inventarisierung der Bau- und Kunstdenkmale, Akte, Gemarkung: Galenbeck 4086, Art des Baudenkmals: Burg.
- ↑ Galenbeck, https://de.wikipedia.org/wiki/Galenbeck, (2023-12-16).
- ↑ Vgl.: Übersichtskarte der See’n, Moore & Thalläufe Mecklenburgs, Entworfen von F. E. Geinitz, 1885, in: Mohr/Stentzel 2001, s.p.; Schwarz, s.a., s.p. (1.1. Die castelogische Entwicklung von 1236 bis 1317). Siehe auch: Mecklenburgisch-Vorpommersches Grenztal, https://de.wikipedia.org/wiki/Mecklenburgisch-Vorpommersches_Grenztal, (2023-12-16).
- ↑ Adelsgeschlecht Rieben, https://de.wikipedia.org/wiki/Rieben_(Adelsgeschlecht), (2023-12-16).
- ↑ Burgwall Wittenborn, https://de.wikipedia.org/wiki/Burgwall_Wittenborn, (2023-12-16), (1929 entdeckt, 1937 Ausgrabungen); Burgwall Rothemühl, https://de.wikipedia.org/wiki/Burgwall_Rothemühl, (2023-12-16).
- ↑ Redarier, https://de.wikipedia.org/wiki/Redarier, (2023-12-16).
- ↑ Vgl.: Lutizen, https://de.wikipedia.org/wiki/Lutizen, (2023-12-16); North 2011, S. 24.
- ↑ Burg Stargard, https://de.wikipedia.org/wiki/Burg_Stargard, (2023-12-16).
- ↑ Vgl.: benannte historische Karte in: Mohr/Stentzel 2001, s.p.
- ↑ Vgl.: benannte historische Karte in: Mohr/Stentzel 2001, s.p.
- ↑ Vgl.: Gemeinde Galenbeck, http://gemeinde-galenbeck.com/Die-Gemeinde/Grusswort-des-Buergermeisters/, (2023-12-16); Stiftung Umwelt und Naturschutz MV, Naturschutzgebiet Galenbecker See, https://www.stun-mv.de/stiftungsflaechen/nsg-galenbecker-see/, (2024-07-20). Zur Bedeutung des Sees für die Ornithologie siehe u.a.: Hoyer, Erich: Avifaunistischer Beobachtungsbericht 1977 vom Naturschutzgebiet „Galenbecker See“, in: Schriftenreihe „Naturschutzarbeit in Mecklenburg“, 21. Jahrgang 1978, Heft 1-3, S. 39-43.
- ↑ 70 Jahre Naturschutzgebiet Galenbecker See, 2009, S. 8, Abb. 1, 2.
- ↑ Vgl.: 70 Jahre Naturschutzgebiet Galenbecker See, 2009, S. 4.
- ↑ Hans Wolfgang Behm und Justus Böttcher gruppieren in ihrem Buch „Deutsche Naturschutzgebiete“ (veröffentlicht vermutlich 1935) diese unter die Rubriken „Deutsche (…) Alpen (…)“, „(…) Küsten (…)“, „(…) Heide und Moor“, „Wälder (…)“ und „Landschaften der Feuerberge [Vulkane]“. Einzelgebiete aus vielen deutschen Landschaften wurden unter Schutz gestellt.
- ↑ Vgl.: Bock 2008, S. 271-272. Eine historische Fotoaufnahme der „Gehrener Wiesen“ von 1937, wiedergegeben in „70 Jahre Naturschutzgebiet Galenbecker See“ 2009, S. 6, Abb. 2, zeigt eine weite, ausgeräumte Landschaft, schachbrettartig von Meliorationsgräben durchzogen.
- ↑ Vgl.: Lageplan, Katasterplan Galenbeck, https://www.gaia-mv.de/gaia/gaia.php, v.s. Galenbeck (bei Friedland).