04. Überblick zur Anlage

Aus Herrenhäuser
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Das ehemalige adelige Gut der Familie von Rieben und die Burgruine (Abb.: 8-10) liegen auf einer Landzunge des Galenbecker Sees, dessen Uferlinie über die Jahrhunderte gewandert ist. Die Reste der Burg befinden sich auf einer künstlich erhöhten Erdterrasse, die mittelalterliche Burg lag ehemals nahe am Seeufer. Der Gutshof und das im 18. Jahrhundert erbaute Herrenhaus liegen südwestlich von diesem Standort. Südöstlich schließt sich das dreieckige Angerdorf an. In dessen Zentrum steht die in ihrer Grundsubstanz aus dem 14. Jahrhundert stammende Kirche. Sie ist vom Friedhof umgeben, auf dem sich die Grablege der Familie von Rieben befindet. Der 1755 angebaute barocke, achteckige Kirchturm mit dem Familienwappen über dem Eingang liegt dem Gutshof gegenüber. Kirche, Gutsanlage und Burgruine prägten im 18. Jahrhundert deutlich das Aussehen des Gutsdorfes.[1]

Die Karte der Direktorialvermessung von 1757[2] (Abb.: 17) zeigt ein großes Gut mit Hofplatz, einen von einem Graben umgebenen alten Burgstandort mit erhaltenem Turm und vielleicht einem Wohnbau, Garten und Schäferei. Die Gesamtfläche dieser Gutsteile ist größer als die Grundfläche des anschließenden Angerdorfs. Der alte Burgstandort liegt nahe dem Seeufer im Niederungsgebiet, das von Meliorationsgräben durchzogen ist. Eine Art Dammweg, von einer Doppelreihe aus Bäumen bestanden, verbindet den alten Burgstandort, den Hofplatz des Gutes und das Dorf mit dem Galenbecker See. Ufernah liegen Wiesen, „Die Bleiche“ und ein großes Koppelgebiet. Neben dem Halbrund des alten Burggrabens ist ein quadratischer „neue[r] Teich“ eingezeichnet. Der alte Burgstandort ist bis auf den Turm als wüst und baumbestanden wiedergegeben. Nur am Rand alter Wälle ist ein kleineres Haus mit Flügelanbauten dargestellt. Es liegt direkt gegenüber dem 1710 neu errichteten und 1747 erweiterten Herrenhaus.[3] Sabine Bock gibt in ihrem grundlegenden Werk „Herrschaftliche Wohnhäuser auf den Gütern und Domänen in Mecklenburg-Strelitz“ 2008 die ersten zu Galenbeck archivalisch erhaltenen Inventare von 1647 und 1666 in transkribierter Form wieder. Darin werden das bauliche Aussehen und die Zimmernutzung erhaltener ältester Gebäude im Bereich der bereits zerstörten Burg beschrieben.[4]

Die Karte der Direktorialvermessung von 1757[5] zeigt darüber hinaus einen rechteckigen Hofplatz mit sechs oder sieben unterschiedlich großen Gebäuden. Das Rechteck des Hofes liegt parallel zur wüsten Fläche der alten Burg. Durch eine in den Hof eingefügte Mauer, deren Grenzwirkung zusätzlich durch vier regelmäßig gepflanzte Bäume verstärkt wird, scheint der „Hoff Platz“ des neuen Gutes in zwei Nutzungsbereiche unterteilt: einen tatsächlichen Wirtschaftshof und einen repräsentativeren Platz mit eventuellem Torhaus, aber vor allem mit dem visuellen Bezug des neuen Herrenhauses zum alten Burgstandort. Die Kronen der vier Bäume vor der trennenden Mauer, die auf Seiten des neuen Herrenhauses gepflanzt wurden, könnten durch ihre abschirmende Wirkung eine Separierung von baulicher Darstellung familiärer Herkunft sowie notwendiger Arbeit zur Gutsversorgung und zum Erzielen wirtschaftlicher Leistung verstärkt haben. Das neue Gut ist hangseitig auf zwei Seiten von Gartenland umgeben. Dieses zeigt mit einem Mittelweg und mehreren rechtwinklig querenden Erschließungswegen eine auffallend schlichte geometrische Gestaltung. Das Wegegerüst ist mit Laubbäumen (vielleicht Obstbäumen) alleeartig bestanden und die dadurch gebildeten einzelnen Gartenflächen scheinen eher dem Gartenbau gedient zu haben, als der Anlage aufwendig bepflanzter Kompartimente innerhalb einer repräsentativen barocken Parterrefläche. Die Vermutung der Nutzung als Gartenland wird durch die in der Karte wiedergegeben Tatsache unterstrichen, dass Bewohner der Häuser oder Katen (Gutsarbeiter oder anderweitig abhängig Verpflichtete) entlang der Dorfstraße dieses Gartenland ebenfalls mitbewirtschaften durften. Auch das Areal der Schäferei liegt hier.[6] Der Diplom-Ingenieur (vermutlich der Architektur) Edgar Jacobs, der in seiner 1937 publizierten Dissertationsschrift „Mecklenburgische Herrenhöfe“[7] ein Kapitel mit der Überschrift „Der Gutspark in Mecklenburg“ verfasst,[8] beschreibt den althergebrachten Gutsgarten in der Art, wie wir ihn uns als in Galenbeck historisch vorhanden vorstellen können: „Der Gutsgarten wird (…) nur ein Kohldamm, ein Gemüse- und ein Gewürzgarten gewesen sein – mit ein paar Obstbäumen vielleicht.“[9]

Laut Aussagen des Archäologen Uwe Schwarz hing die Karte der Direktorialvermessung von 1757[10] bis 1945 im Galenbecker Herrenhaus. Die possessive Angabe auf dem kartografischen Werk spricht vom „Hochadelichen Guthe Galenbeck“.[11] Nach Schwarz zeigt die Karte an, dass die Schmiede, die Schäferei, der Krug sowie die Kirche über eigenes Land verfügten und somit zwischen Schmied, Schäfer, Krüger und Pastor ein Unterschied zur bäuerlich-leibeigenen Bevölkerung im Ort bestand. Das Gut dominiert das Dorf. Von der u-förmig angelegten barocken Gebäudeanlage (aus Fachwerk) waren zur Zeit der in den 1970er und 1980er Jahren durchgeführten archäologischen Untersuchungen noch überwachsene Fundamentreste vorhanden. Eine grundlegende Umgestaltung des ehemaligen adligen Gutes war erst nach 1945 geschehen.[12]

Die Feld- und Flurbezeichnungen in der Karte der Direktorialvermessung[13] „Das Mittel-Feld“, „Das Feld auf dem Sande“ oder „Im kleinen Felde“ geben Zeugnis von der im 18. Jahrhundert betriebenen agrarischen Nutzung.[14] Der ausgedehnte Wassergraben der Burganlage hin zum barocken Gutshof ist aufgefüllt. „Der innere Burgbereich [auf der Karte der Direktorialvermessung, so Schwarz] zeigt keine Gebäudereste. Auch ist eine Unterscheidung von Haupt- und Vorburg dem Kartographen des 18. Jhs. offenbar entgangen bzw. spielte dieser alte Schloßberg nur eine untergeordnete Rolle, daß es einer genaueren Dokumentation nicht bedurfte. Der vorliegende Plan gibt für die gesamte Burgfläche ein Maß von 172 Quadratruten[15]. (…) Ein Graben, von dem keine Verbindung zur Burg ersichtlich ist, stellte die Verbindung zum See her.“[16] Über diesen Graben könnte die Herrschaft zum See hin gelangt sein.[17] Obwohl laut Schwarz der alte Burgstandort in der Direktorialvermessung eine eher untergeordnete Rolle spielte, gibt er an anderer Stelle seines Grabungsberichts an, dass sich bereits ab dem 18. Jahrhundert „Biographen, Architekten, Historiker, Kartographen und [später] Archäologen“[18] mit den baulichen Resten der Burg beschäftigten.

Das heutige Herrenhaus Galenbeck (Abb.: 1-6) ist ein zweigeschossiger Fachwerkbau aus dem frühen 18. Jahrhundert mit 13 Achsen und Krüppelmansarddach. Dieses besitzt 5 Fledermausgauben auf der Hofseite. Der barocke Kern des Hauses zeigt sich neunachsig und wurde 1747 um vier Achsen erweitert. Der Gutshof (Abb.: 32-34) ist in seinem historischen Umfang noch erkennbar, der Garten (Abb.: 35-36) bzw. Park in Umrissen nachvollziehbar. In ihm steht eine historische Tanzlinde (Abb.: 37-38), ein Natur- und Kulturdenkmal von hoher Einzigartigkeit in Nordostdeutschland.[19] Ein Inventar von 1720[20], ebenfalls transkribiert wiedergegeben bei Bock 2008, beschreibt das Aussehen des Neubaus.[21] Laut im Jahr 2000 durchgeführter dendrochronologischer Untersuchungen konnte die Erbauungszeit Galenbecks (erste Bauphase) auf 1710 datiert werden. Eine zweite Bauphase schloss sich ab 1747 an.[22]

Der Galenbecker Gutshof, von dessen früherem Aussehen Inventare aus dem 17. Jahrhundert berichten, wird zu Beginn des 18. Jahrhunderts erneuert und erweitert. Neben dem ab 1710 erbauten Herrenhaus gibt es ein neues Torhaus, einen Pferdestall, eine alte und eine neue Scheune, einen Schweinestall, einen Ochsenstall, eine Wagenscheune und ein schuppenähnliches Brunnenhaus. Auf dem Gelände des Obst- und Gemüsegartens liegt der Hof der Schäferei, der durch die Stellung vom Wohnhaus, einer Scheune und einem Schafstall zueinander gebildet wird. Alle Gebäude bestehen aus Fachwerk, dessen Fächer mit Backsteinen ausgefacht und/oder mit Lehm verputzt sein können. Die Dächer der Häuser mit Schornsteinen – Herrenhaus und Torhaus – sind mit Ziegeln gedeckt, die Dächer der Wirtschaftsbauten mit Stroh.[23] Die benannten Gebäude, die nach der Karte der Direktorialvermessung von 1757[24] (Abb.: 17) einen vierseitigen „Hoff Platz“ bilden, zeigen scheinbar eine vergleichbar gestaltete Front in Fachwerk und Backstein, sodass der Hofneu- bzw. Umbau und das neue Herrenhaus einheitlich erscheinen. Ein Schwerpunkt der Bewirtschaftung liegt während des 18. Jahrhunderts vermutlich auf der Schafhaltung und dem eventuellen Verkauf von Wolle und Fleisch. Uwe Schwarz fasst zusammen, dass „die Burganlage am Ende des 18. Jhs. völlig vom Lebens- und Wirtschaftsbereich des Gutes ausgeschlossen war“[25].

Abb. 8 Reste der mittelalterlichen Burg Galenbeck 1, Bergfried, Foto: Ulrike Gawlik 2023.
Abb. 10 Reste der mittelalterlichen Burg Galenbeck 2, Blick vom See aus, Foto: Ulrike Gawlik 2023.
Abb. 17 Galenbeck, Karte der Direktorialvermessung von 1757, mit freundlicher Übergabe einer digitalen Darstellung durch Sabine Bock, 2024.
Abb.: 1 Herrenhaus Galenbeck, Hoffassade 1, Foto: Luisa Maria Lück 2023.
Abb. 2 Herrenhaus Galenbeck, Hoffassade 2, Foto: Ulrike Gawlik 2023.
Abb. 5 Herrenhaus Galenbeck, Westfassade, Foto: Luisa Maria Lück 2023.
Abb. 32 historischer Gutshof Galenbeck, Foto: Luisa Maria Lück 2023.
Abb. 34 historischer Gutshof Galenbeck, Stall, Foto: Ulrike Gawlik 2023.
Abb. 35 Herrenhaus Galenbeck, Garten 1, Foto: Ulrike Gawlik 2023.
  1. Vgl.: Baier/Ende u.a. 1982, S. 189; Heinemann 1999, S. 110; Bock 2008, S. 247; Schwarz, s.a., s.p. (1.2. Die Entwicklung eines feudalen Kleinterritoriums durch das niederadlige Geschlecht von Rieben in der Zeit vom 14.-17. Jh.).
  2. LHAS: Signatur: 12.12-1 Kreis Stargard, Galenbeck Ic, mit freundlicher Übergabe einer digitalen Darstellung durch Sabine Bock, 2024.
  3. „Carte von dem in Mecklenburg-Strelitz gelegenen hoch Adelichen Guthe Galenbeck auf Verordnung herzoglicher Directorial-Commission vermessen worden Anno 1757“, LHAS: Signatur: 12.12-1 Kreis Stargard, Galenbeck Ic.
  4. Vgl.: Bock 2008, S. 250-253.
  5. LHAS: Signatur: 12.12-1 Kreis Stargard, Galenbeck Ic, mit freundlicher Übergabe einer digitalen Darstellung durch Sabine Bock, 2024.
  6. Landesamt für Kultur und Denkmalpflege Schwerin (LAKD): Dokumentation und wissenschaftliche Inventarisierung der Bau- und Kunstdenkmale, Akte, Gemarkung: Galenbeck 4086, Art des Baudenkmals: Burgstr. 4.
  7. Erschienen in Sternberg in Mecklenburg bei Albert Rohloff.
  8. Jacobs 1937, S. 55-62.
  9. Jacobs 1937, S. 55.
  10. LHAS: Signatur: 12.12-1 Kreis Stargard, Galenbeck Ic, mit freundlicher Übergabe einer digitalen Darstellung durch Sabine Bock, 2024.
  11. Vgl.: Schwarz, s.a., s.p. (1.2. Die Entwicklung eines feudalen Kleinterritoriums durch das niederadlige Geschlecht von Rieben in der Zeit vom 14.-17. Jh.).
  12. Vgl.: Schwarz, s.a., s.p. (1.2. Die Entwicklung eines feudalen Kleinterritoriums durch das niederadlige Geschlecht von Rieben in der Zeit vom 14.-17. Jh.).
  13. LHAS: Signatur: 12.12-1 Kreis Stargard, Galenbeck Ic, mit freundlicher Übergabe einer digitalen Darstellung durch Sabine Bock, 2024.
  14. „Das arge Rad“ oder „Ums arge Rad“ dagegen könnte, laut Schwarz, ein Hinweis auf einen mittelalterlichen Gerichtsplatz sein. Er schreibt: „Von der Einrichtung wie Rad, Galgen und Schandpfahl fehlte bereits im 18. Jh. der Nachweis.“ Schwarz, s.a., s.p. (1.2. Die Entwicklung eines feudalen Kleinterritoriums durch das niederadlige Geschlecht von Rieben in der Zeit vom 14.-17. Jh.).
  15. 172 Quadratruten = 3.726,208 m². Vorlage:Anchor Siehe: https://www.emecklenburg.de/Mecklenburg/115.php?messen, (17.06.2024).
  16. Schwarz, s.a., s.p. (1.2. Die Entwicklung eines feudalen Kleinterritoriums durch das niederadlige Geschlecht von Rieben in der Zeit vom 14.-17. Jh.).
  17. Vgl.: Schwarz, s.a., s.p. (1.2. Die Entwicklung eines feudalen Kleinterritoriums durch das niederadlige Geschlecht von Rieben in der Zeit vom 14.-17. Jh.).
  18. Schwarz, s.a., s.p. (1.3.2. Die schriftlich überlieferten Nachrichten des 13. bis 20. Jhs. zur Geschichte der Burg Galenbeck).
  19. Vgl.: Baier/Ende u.a. 1982, S. 189; Heinemann 1999, S. 110.
  20. LHAS: 3.2-5/22, Sign.: 34.
  21. Vgl.: Bock 2008, S. 253. Sabine Bock notiert in ihrem Text in Fußnote 26 versehentlich eine falsche Signatur.
  22. Vgl.: Bock 2008, S. 253.
  23. Vgl.: Bock 2008, S. 257-260. Die nachfolgend als mit Stroh gedeckt beschriebenen Gebäude des Gutes Galenbeck könnten auch mit Reet gedeckt gewesen sein. Dieses Baumaterial (Schilfrohr) stand unmittelbar in Hausnähe im Schilfgürtel des Galenbecker Sees zur Verfügung.
  24. LHAS: Signatur: 12.12-1 Kreis Stargard, Galenbeck Ic, mit freundlicher Übergabe einer digitalen Darstellung durch Sabine Bock, 2024.
  25. Schwarz, s.a., s.p. (1.3.2. Die schriftlich überlieferten Nachrichten des 13. bis 20. Jhs. zur Geschichte der Burg Galenbeck).