07. Herrenhaus: Baugeschichte und Architektur

Aus Herrenhäuser
Wechseln zu: Navigation, Suche

Überblick

Wenngleich sich wenig von der Garten- wie Parkanlage und keine Nebengebäude aus dem 18. Jahrhundert erhalten haben, handelt es sich bei der Gutsanlage in Stola denoch um ein kulturhistorisches Denkmal überregionaler Bedeutung (Abb. 24). Als seltenes Beispiel eines Baus aus karolinischer Zeit hat sich das Herrenhaus mit Umbauten aus der Mitte des 18. Jahrhunderts weitgehend unverändert erhalten und dokumentiert den adeligen Lebensstil der Zeit am Beispiel der einflussreichen Familie Ekeblad[1] [Link zu 06].

Abb. 24 Barbro Westrin, Skizze des Denkmalschutzbereichs in Stola

Vorgängerbau

Zum Aussehen der Vorgängerbauten in Stola sind nach heutigem Kenntnisstand zwei Zeichnungen von Haupt- und Nebengebäuden bekannt: eine Skizze der Anlage von Johan Ekeblad[2] (1629–1697) [Link zu 03] aus dem Jahr 1664[3] (Abb. 14) und eine undatierte Karte von „Stola insylta ägher och syöö“ (Stola unterstellter Besitz und Seeinseln = Stola-Karte, nach 1664 und vor 1713) (Abb. 50, 51),[4] die heute in der Eingangshalle des Herrenhauses ausgestellt ist. Auf der Stola-Karte ist auf der linken Seite, relativ klein, ähnlich einer Isometrie der damalige Baubestand in Stola mit dem zentralen Gebäudeensemble und einigen Nebengebäuden darstellt.

Abb. 13 Marin Mijtens, David Richter (zugeschr.), Johan Ekeblad, um 1660

Die Gutsanlage um 1664

Johan Ekeblads[5] (1629–1697) Skizze der Gutsanlage von 1664 (Abb. 14) ist bereits durch Mannerfeld und Westrin mit ähnlichen Nutzungen der Gebäude am Haupthof – jedoch abweichenden Angaben zu den Himmelsrichtungen – interpretiert worden.[6] Berücksichtigt man die Leserichtung der Zahlen auf der Maßskala zeichnete Johan Ekeblad seinen Besitz von Westen und blickte damit aus der Ebene über den kleinen Wasserlauf in Richtung Anhöhe, auf der das Herrenhaus und weitere Gebäude um einen Hof standen.[7] Die gepunkteten Striche im Plan markieren die Wegelinien bzw. Pfade, wodurch man erkennt, dass der Plan genau entgegen der damaligen (und auch heutigen) straßenseitigen Annäherung an Stola aus Richtung Osten dargestellt ist. Im Jahr 1664 konnte man den großen abgegrenzten Wirtschaftsbereich Stolas aus östlicher Richtung durch zwei eng nebeneinander stehende Tore betreten. Hinter den Toren musste man in einem Bogen laufen, um in einen längsrechteckigen kleineren Wirtschaftshof zu gelangen. Gegenüber am Wirtschaftshof stand der nördliche Flügel des zentralen Gebäudegevierts mit einer Durchfahrt,[8] über die der fast komplett von Gebäuden umschlossene, rechteckige große Haupthof bzw. Herrenhof zu erreichen war.[9] Westrin benennt (wohl versehentlich) das unregelmäßige Gebäudeagglomerat im Westen als Herrenhaus, beschreibt in der Folge jedoch das Gebäude mit regelmäßigem Grundriss im Osten am Hof als Hauptgebäude,[10] was viel plausibler scheint. Dieser langgestreckte Bau hat zwei Eingänge vom Haupthof aus, was eventuell auf eine spätere Erweiterung des Gebäudes hinweisen könnte.[11] Bis auf die Eingangsbereiche hinter den Haustüren weisen alle Räume Öfen auf, was auf eine Wohnnutzung der Räume hindeutet. Am südlichen Ende des Herrenhauses ist ein großer Saal mit zwei Nebenräumen angeordnet.[12] Der übrige Grundriss wurde gleichmäßig in vier quadratische und zwei rechteckige Räume geteilt, die laut Maßskala vielleicht um die 20–25 qm groß und damit gut beheizbar waren. Im westlichen Flügel mit unregelmäßigen Bauteilen vermutet Mannerfeld Wirtschaftsräume, wie die Küche und die Bäckerei, was anhand der eingezeichneten großen Feuerstellen in zwei Räumen klar abzulesen ist. Der rechtwinklig angrenzende, der Zufahrt in den Haupthof gegenüberliegende Flügel im Süden mit wenigen Räumen wurde laut Mannerfeld und Westrin als Gästehaus und Festbau genutzt.[13]

Abb. 14 Johan Ekeblad, Kartenskizze von Stola, 1664

Die Stola-Karte

Die Ausrichtung der dargestellten Gebäude wird auf der undatierten Karte von Stola[14] (Abb. 50) durch eine Windrose mit den Himmelsrichtungen und zusätzlich über die heute noch bestehende Zufahrtsallee bestätigt. Vergleicht man die Skizze von 1664 (Abb. 14) mit der isometrischen Darstellung der Gebäude auf der Karte, dann fällt sofort ins Auge, dass eine Dreiflügelanlage und kein Gebäudegeviert mehr dargestellt ist (Abb. 51). Dennoch decken sich viele Teile der Karte mit der Skizze aus dem Jahr 1664 – etwa die Lage des Tors zum Wirtschaftsbereich neben den Gutsgebäuden, einige der Hofgebäude oder auch die Durchfahrt im nördlichen Flügel zum Haupthof. Den größten Unterschied bildet der fehlende Gebäudeflügel im Osten mit dem Herrenhaus, wo stattdessen nur eine Mauer steht. Den größten Bau mit Portal und Walmdach – und daher vermutlich das Herrenhaus – erkennt man statt verschiedener Nebengebäude nun als Westflügel der Anlage. War der Zeichner der Karte falsch über den Gebäudebestand informiert oder wurde vielleicht bereits ein Umbau der Gutsanlage vorgenommen? Diese Fragen sind nach heutigem Kenntnisstand nicht mehr zu klären.

Abb. 51 unbekannter Künstler, Karte von 'Stola insylta ägher och syöö', Detail, vor 1664

Vergleich der Karten

Die Stola-Karte ist undatiert, weist im Vergleich zur Skizze von 1664 wie dargelegt gleiche und einige neue Elemente auf. Vor allem die lange Zufahrtsallee fehlt auf der Skizze von 1664, sodass man wohl davon ausgehen kann, dass die undatierte Stola-Karte zu einem Zeitpunkt nach 1664 und vor dem Neubau des aktuellen Herrenhauses ab 1713 entstanden sein dürfte. Vielleicht beauftragte Claes Ekeblad d.Ä.[15] (1669–1737) als Erbe der Gutsanlage im Todesjahr seines Vaters 1697 eine Karte der neuen Besitzung in Stola, so wie sein Vater 1664 die Skizze seines geerbten Besitzes gefertigt hat.

Neubau des Herrenhauses 1713–1719

Überblick

In der Zeit des Großen Nordischen Kriegs[16] (1700–1721) ließ Claes Ekeblad d.Ä.[17] (1669–1737) [Link zu 06] 1713 bis 1719 ein neues Herrenhaus in Stola erbauen. Über die Gründe lässt sich nur spekulieren, aber vermutlich war der Vorgängerbau (Abb. 14, 50) nicht mehr angemessen oder groß genug für einen erfolgreichen Militär, Gouverneur und – durch seine Heirat mit Hedvig Mörner[18] (1672–1753) – einen gesellschaftlichen Aufsteiger wie den Freiherren Ekeblad.[19] Darüber hinaus lag Stola in der Nähe der Regionen Närke und Värmland, deren Gouverneur Ekeblad war. Auch diente das Anwesen schon einige Generationen als Stammsitz der Familie, was Claes Ekeblad d.Ä. insgesamt gesehen wohl zum Neubau eines Haupthauses in Stola und nicht auf einer seiner anderen Besitzung bewogen haben mochte.

Bauverlauf

Zum Neubau haben sich nur einige Schriftquellen erhalten,[20] doch ist der Bauverlauf ist über Inschriften am Gebäude selber relativ klar abzulesen:[21] Eine auf der nördlichen Schmalseite in die eingelassene Steintafel zeigt folgenden (heute teilweise schon schwer lesbaren) Text (Abb. 6): "Anno 1713 d: 14 junii Lades / Första Grundsteen På detta Huus. / Gud Som är Bäste / wächtaren öfwer Huus, Städer och Land / Han beware detta / Huus för Eldoch Brann i / Jesu Namyn [Anno 1713 d:[omini] Am 14. Juni wurde / der erste Grundstein dieses Hauses gelegt / Gott, der der beste Hüter / von Häusern, Städten und Land / ist, schütze dieses / Haus vor Feuer und Brand im / Namen Jesu]. B:M: [schwedisch Byggmästare? = Baumeister] Håkan Eliander / [darunter Monogramme] CE / HM [= Claes Ekeblad und seine Frau Hedvig Mörner] [Link zu 06]".[22] Diese ‚Grundsteintafel‘ belegt den Baubeginn im Jahr 1713. Der folgende Bauverlauf ist durch weitere Inschriften im Haus dokumentiert: So findet sich die Jahreszahl 1715 in die Wand neben dem Treppenhaus im unteren Stockwerk eingemeißelt (Abb. 52) und das metallene Schlüsselschild des noch originalen Holzportals trägt die Inschrift 1717 (Abb. 53).[23] Vermutlich weist erstere Zahl auf die Fertigstellung des Rohbaus (zumindest des Erdgeschosses) hin, während anzunehmen ist, dass der Bau im Jahr 1717 mit Fenstern und Türen und vermutlich unter Dach und damit gegen die Witterung geschlossen gewesen ist. Die Vollendung des Hauses vielleicht einschließlich des Innenausbaus kann man an weiteren Inschriften an den Schornsteinen auf dem Dach ablesen: Dort ist laut Westrin jeweils die Jahreszahl 1719 eingeschlagen.[24] Eine angestrebte Vollendung des neuen Herrenhauses 1719 erscheint in jedem Fall plausibel, da Claes Ekeblad d.Ä.[25] (1669–1737) in diesem Jahr Mitglied im Reichsrat wurde und er außerdem den Titel Greve[26] (Graf) verliehen bekam.[27] Damit wurde das neue Herrenhaus gemessen an der Kubatur in einer durchschnittlichen Bauzeit errichtet, jedoch darf man die durch den Großen Nordischen Krieg[28] (1700–1721) erschwerten Randbedingungen und Herausforderungen hinsichtlich Handwerkern und Material nicht vergessen, was das Gebäude umso außergewöhnlicher erscheinen lässt. Allerdings war der lokale Baumeister Håkan Eliander[29] nicht im Krieg sondern vor Ort, um die Arbeiten zu überwachen, und übernahm auch die Buchführung für das Bauprojekt.[30]

Abb. 6 Stola, Herrenhaus, Nordfassade, Grundsteintafel, 2022

Håkan Eliander

Auf der ‚Grundsteintafel‘ wird Håkan Eliander[31] als Verantwortlicher für den Bau genannt. Ob, diese selbstbewusste Geste Elianders, sich namentlich am Bau zu verewigen, tatsächlich ein Beleg dafür ist, dass er der Entwerfer des neuen Gebäudes war, wurde in der Forschung wiederholt diskutiert.[32] Im Allgemeinen wird zwischenzeitlich angenommen, dass der Gutsverwalter von Stola und dem benachbarten Gut Förslunda,[33] Håkan Eliander, unter Beteiligung der Bauherren, Claes Ekeblad d.Ä.[34] (1669–1737) und vermutlich auch seiner Frau Hedvig Mörner[35] (1672–1753), da Ekeblad lange Zeit im Krieg oder in Stockholm war, den Entwurf des Herrenhauses gemeinsam gefertigt haben.[36] Håkan Eliander[37] stand in Ekeblads Diensten und war Sohn des Pächters des Gehöfts von Teglunda, einem Gebiet vom Nachbargut Förslunda östlich von Stola.[38] Hinsichtlich seines Werdegangs ist wenig bekannt, doch nach der Erbauung von Stola war er ab 1722 bis mindestens 1733 auf der Baustelle des Doms von Skara beschäftigt.[39] Sein Sohn Claes Håkansson Eliander[40] (1708–1754) wurde – auch aufgrund der Förderung durch die Ekeblads – Architekt und Ingenieur und war später ein enger Mitarbeiter Carl Hårlemans[41] (1700–1753).[42] Wie von Karlson beschrieben belegen die Rechnungen bis ins Jahr 1717, dass Håkan Eliander[43] die Baustelle in allen praktischen Belangen – Materialbeschaffung, Logistik, Handwerker, Bauüberwachung usw. – kompetent abwickelte.[44] Er verfügte daher über baupraktisches Wissen, während er sich Fähigkeiten im Entwerfen mit Hilfe von Musterbüchern oder architekturtheoretischen Werken – aus der Bibliothek der Familie Ekeblad(?) – angeeignet haben konnte. Als Militär war Claes Ekeblad d.Ä.[45] (1669–1737) selbst höchstwahrscheinlich im technischen Zeichnen ausgebildet und der Adel der Zeit dilettierte im Bereich der Architektur. Vielleicht gemeinsam mit der gebildeten Hedvig Mörner[46] (1672–1753) als Dritte im Bunde konnte durchaus ein Entwurf wie der des Hauptgebäudes von Stola entstanden sein.

Beschreibung Herrenhaus

Das Herrenhaus von Stola ist ein zweigeschossiger kubischer Bau (Abb. 54) mit einem für Schweden typischen Laternen- bzw. Sätierdach[47] (schwedisch Säteritak) – eine Variation des zeitgenössisch üblichen Mansarddaches, das prominent beispielsweise am Riddarhuset[48] (Abb. 12) in Stockholm verwendet wurde und daher gelegentlich als Vorbild für Herrenhausbauten diente. Das Hauptgebäude in Stola besitzt neun Fensterachsen auf den Längsseiten, während die Schmalseiten lediglich aus drei Fensterachsen bestehen. Dennoch bildet der Bau im Grundriss ein Rechteck mit einer Proportion von in etwa eins zu zwei, sodass die Fensterachsen auf den Längsseiten enger angeordnet sind als auf den Schmalseiten. Über einem Sockel aus Feldsteinen[49] erhebt sich der schlichte verputzte Bau aus Ziegelstein,[50] der lediglich mit einer Eckrustika[51] aus rotem Haustein[52] (Abb. 55) versehen ist. Den oberen Abschluss der Fassade bildet ein einfaches Gesims[53] unterhalb eines hölzernen Dachüberstands. Die Mittelachse ist auf der Eingangsseite (Abb. 56) mit einem auf zwei toskanischen Säulen abgestützten Balkon verziert (Abb. 57). Dort betritt man über eine Treppe mit acht Stufen durch das mit einem rötlichem Hausteingewände gestalteten Portal das Herrenhaus. Auch die direkt oberhalb im ersten Obergeschoss angeordnete Fenstertür besitzt eine derartige Einfassung. Die hochrechteckigen Fenster sind bündig in der Wand eingelassen und weisen – abgesehen von einer einfachen Sohlbank – keine architektonische Gestaltung auf. Im Erdgeschoss sind oberhalb der Fenster zusätzlich einfache Verdachungen angeordnet. In diesem Geschoss sind die Fenster auch etwas kleiner als jene im Obergeschoss. An der Eingangsfassade (Ostseite) sind die Fenster im Erdgeschoss vermutlich durch den Umbau in den 1950er Jahren auf das heutige Maß vergrößert worden, während sie an den Schmalseiten und an der Gartenfassade noch die ursprünglichen fast quadratischen Abmessungen aufweisen. Die Fenster des Obergeschosses besitzen alle das gleiche hochrechteckige Format mit einer Proportion von etwa zwei zu drei, unterscheiden sich jedoch in ihrer Sprossung: An der Eingangsseite sind die zwei Flügel in je drei Glasfelder untergliedert. Dagegen wurde an der Gartenseite (Abb. 58) im Obergeschoss (mit den museal eingerichteten historischen Räumen) die vermutlich ursprüngliche Teilung der Fenster in vier Flügel mit je sechs kleinen Scheiben beibehalten bzw. wieder hergestellt. In der Mittelachse der Gartenseite befand sich ursprünglich eine Fenstertür, die mit den Umbauten in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts aufgegeben wurde. Im Zuge der Renovierung bis 1951 wurde diese Fenstertür wiederhergestellt, von der aus eine moderne Holztreppe in den Garten führt. Wohl seit dem Umbau im 18. Jahrhundert sind an den Schmalseiten der Fassade einige Fenster vermauert. Daher besitzt die Südseite lediglich noch vier von ursprünglich sechs Fenstern, die Nordseite sogar nur noch zwei und eine eventuell als neue Tür vergrößerte Fensteröffnung (Abb. 59). An der Südseite wurde im Sockelbereich im Zuge der Restaurierung im 20. Jahrhundert außerdem ein Kellerzugang von außen (Abb. 60) ergänzt.[54] Das in einem leichten Winkel ausgeführte Laternen- bzw. Säteridach[55] auf dem Herrenhaus – eine schwedische Sonderform des Mansarddachs[56] – besteht aus einem doppelten Walmdach, dessen oberer Teil durch eine senkrechte Wandzone wie eine Laterne herausgeschoben erscheint. In dieser hölzernen Wandzone sind umlaufend sieben (vor dem Einbau einer Uhr (Abb. 61) acht)[57] kleine querformatige Rechteckfenster angeordnet (Abb. 62). Auf diese Weise kann der Dachraum über vertikale Verglasungen belichtet werden ohne Dachgauben[58] anzuordnen, die oftmals Probleme bei der Dichtigkeit verursachen, besonders wenn länger Schnee auf einem Dach liegt. Die Deckung des Säteridachs bildeten anfänglich laut Quellen traditionelle Eichenschindeln, seit 1880 Dachziegel (Abb. 63) und seit der Restaurierung Mitte des 20. Jahrhunderts besteht das Dach aus gefalzten Kupferplatten mit vertikalen Stegen.[59] Zwei Schornsteine aus Haustein sind an den Enden des Dachfirsts angeordnet, sodass eine symmetrische und damit für die Zeitgenossen harmonische Gesamtansicht entsteht.[60]

Architektur

Herrenhaus

Der Entwurf des Herrenhauses lehnt sich mit den heute verlorenen vier Flügelpavillons an die Disposition des Riddarhuset[61] (Abb. 12) in Stockholm an, das zwischen 1641 und 1674 errichtet wurde.[62] Als Mitglied der Ritterschaft kannte Claes Ekeblad d.Ä.[63] (1669–1737) den Bau aus eigener Anschauung. Außerhalb der Hauptstadt war der prominente Bau mit Hilfe von Darstellungen auf Kupferstichen als Modell für einen lokalen Baumeister wie Håkan Eliander[64] genauso verfügbar. Das Gebäude in Stola ist im Vergleich zum Riddarhuset in den Abmessungen etwa der Achszahl, vor allem der Fassadengestaltung und im Material der vier Flügelbauten aus Holz wesentlich bescheidener, lässt das Stockholmer Vorbild jedoch noch erkennen. Ähnliche Herrenhäuser aus dem 17. Jahrhundert, von denen Eliander als Modell für Stola Kenntnis haben konnte, finden sich zeitgenössisch beispielsweise in Erik Dahlbergs[65] Suecia Antiqua et Hodierna [...],[66] wo etwa das viel prächtigere Schloss Steninge[67] (Abb. 64) nach dem Entwurf von Nicodemus Tessin d.J. mit (allerdings nur zwei) Flügelbauten oder das Riddarhuset selbst dargestellt sind.

Flügelbauten

Wie auf den beiden Vermessungsplänen von 1728 (Karte 1, Karte 2) (Abb. 10, 11) und einem zeitgenössischen Gemälde (Abb. 25) dargestellt standen vor und hinter dem Hauptgebäude in Stola je zwei quadratische Pavillone aus Holz.[68] Diese waren laut Inventar von 1729[69] im Inneren jeweils in vier Räume aufgeteilt,[70] ob wohl die Abmessungen der kleineren Pavillone außen laut einer Dokumentation des Västergötlands Museum lediglich etwa 6 x 6 m betrugen.[71] Von den Flügelpavillons diente der nordöstliche am Vorhof in Stola als Küche. Dieser hölzerne Pavillon wurde 1781 durch einen größeren rechteckigen Neubau aus Stein ersetzt,[72] der in Grundmauern auf der 2022 ausgeführten geophysikalischen Prospektion zu erkennen ist [Link zu 13] (Abb. 65).[73] Die beiden Flügelpavillons der Gartenseite in Stola wurden vom Erben Graf Gustaf Piper[74] (1771–1857) [Link zu 12] nach 1816 in den Park der Villa Giacomina[75] vor das dortige Herrenhaus (Abb. 49) versetzt und sind heute offenbar unkenntlich umgebaut oder verloren.[76] Das Pendant zum Küchenpavillon im Südosten des Vorhofs in Stola stand auch als Nebengebäude im Park der Villa Giacomina und wurde 1991 wegen Baufälligkeit abgerissen.[77] Westrin hat eine aquarellierte Zeichnung des abgebrochenen Pavillons von Björn Hultgren publiziert,[78] während Gullbrandson auf ein Foto des Pavillons (Abb. 66) aus dem Jahr 1986 im Besitz des Västergötlands Museum verwies.[79]

Pläne für Veränderungen im 18. Jahrhundert

Dass das Herrenhaus in Stola – einschließlich der ersten Umbauten durch Carl Hårleman[80] (1700–1753) in der Mitte des 18. Jahrhunderts – weitgehend unverändert bis in die Gegenwart überdauert hat, ist verschiedenen Umständen zu verdanken – etwa dem Leerstand im 19. Jahrhundert oder respektvollen späteren Besitzern [Link zu 12]. Allerdings gab es bereits in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts einige Pläne das Anwesen zu verändern: Westrin hat überzeugend einen Entwurf (Abb. 7) für ein Gästehaus des Architekten Carl Fredrik Adelcrantz'[81] (1716–1796) für Stola identifiziert [Link zu 07].[82] Dieses Vorhaben aus den 1760er Jahren (spätestens vor dem Tod Claes d.J. 1771) war für die südöstliche Ecke am Vorhof vorgesehen und sollte wohl den hölzernen Pavillon ersetzen, der bislang offenbar als Gästequartier diente.[83] Zur Zeit Claes Julius Ekeblads[84] (1742–1808) und seiner Frau Brita Margareta Horn[85] (1745–1791) wurde dieses Vorhaben nicht weiter verfolgt, aber das Ehepaar hatte durchaus eigene Pläne das schlichte Herrenhaus zu verändern: so war geplant, das Hauptgebäude mit einem fast gleichgroßen Anbau einschließlich Turm(!) zu vergrößern, der vermutlich für die wachsende Kunstsammlung genutzt werden sollte.[86] Die erhaltene Kostenaufstellung des lokalen Baumeisters Andreas Molijn (1740–1797) in der Kungliga Bibliotheket[87] in Stockholm vom Februar 1788 lassen erkennen, wie weit diese Planungen gediehen waren.[88] Die Realisierung wurde jedoch bei Ausbruch des russisch-schwedischen Kriegs[89] (1788–1790) aufgegeben. Später verhinderte die angespannte Finanzlage diese tiefgreifenden Veränderungen,[90] die den Eindruck des Herrenhauses in Stola stark verändert hätten.

  1. Vgl. https://www.wikidata.org/wiki/Q20970047.
  2. Vgl. https://www.wikidata.org/wiki/Q5629584; Hildebrand 1949c; vgl. auch Allén in: Allén/Frängsmyr 2016, S. 9–17 mit weiterführender Literatur zu Johan Ekeblad.
  3. Nach Westrin 1968, S. 10 verso mit „Wie auf der anderen Seite dargestellt, war der Hof Stola, als ich ihn 1664 erhielt. Johan Ekeblad“ beschriftet. Universitätsbibliothek Lund, De la Gardieska arkivet, Släktarkiven, Ekeblad 1a. Eine Kopie unklarer Entstehungszeit befindet sich im Besitz des Västergötlands Museum: Karta över Stola 1664. "Gammal Ritning öfver Stola innan det ombygdes 1713" DigitaltMuseum, 1M16-D27222, https://digitaltmuseum.se/021017226191/karta-over-stola-1664-gammal-ritning-ofver-stola-innan-det-ombygdes-171 (20.02.2023).
  4. Bei Westrin 1986 und hier künftig als ‚Stola-Karte‘ bezeichnet.
  5. Vgl. https://www.wikidata.org/wiki/Q5629584; Hildebrand 1949c; vgl. auch Allén in: Allén/Frängsmyr 2016, S. 9–17 mit weiterführender Literatur zu Johan Ekeblad.
  6. Vgl. Mannerfeld 1923, S. 117 und Westrin 1968, S. 10–11.
  7. Wenn die Maßleiste lesbar ist, findet sich der Norden links auf dem Blatt.
  8. Im Plan ist ein Rundbogen eingetragen.
  9. Vgl. Westrin 1968, S. 10, gibt die Maße des Hofes mit 72 x 45 Ellen an. Wenn 9 Ellen etwa 5,34 m entsprechen, war der Hof ca. 42,7 m x 26,7 m = 1140 qm groß.
  10. Vgl. Westrin 1968, S. 11.
  11. Normalerweise sind in der Skizze ‚Kästchen‘ für Fenster oder Türen eingetragen. Diese fehlen im Inneren des Baus zwischen den vier zentralen Zimmern, sodass laut Plan hier kein Durchgang bestand. Es könnte sich aber auch lediglich um einen Fehler in der Skizze handeln.
  12. Vgl. Westrin 1968, S. 11 gibt die Maße des Saals mit 15 x 15 Ellen (ca. 8,90 m x 8,90 m = 79,21 qm) an.
  13. Vgl. Westrin 1968, S. 11.
  14. Vermutlich nach 1664 und vor 1713 zu datieren.
  15. Claes, Clas oder Klaes ist die skandinavische Version von Klaus, vgl. https://www.wikidata.org/wiki/Q4530166; Lindeberg 1949, S. 627.
  16. Vgl. https://www.wikidata.org/wiki/Q151616.
  17. Claes, Clas oder Klaes ist die skandinavische Version von Klaus, vgl. https://www.wikidata.org/wiki/Q4530166; Lindeberg 1949, S. 627.
  18. Vgl. https://www.wikidata.org/wiki/Q4968804; https://www.adelsvapen.com/genealogi/Mörner_af_Morlanda_nr_62#TAB_1 (06.02.2024), barn.
  19. Vgl. Luthander 1968, S. 415.
  20. Karlson 1940, S. 44–53 zählt verschiedene überlieferte Rechnungen der Handwerker namentlich auf, während Westrin 1986, S. 11–12 von wenigen Schriftquellen spricht. Die Ziegel kamen aus Läckö und Lindholmen und waren mit einem ‚S‘ für Stola gekennzeichnet, vgl. Westrin 1986, S. 13.
  21. Vgl. Westrin 1986, S. 12.
  22. Vor Ort überprüft, aber nach Westrin 1986, S. 12 zitiert.
  23. Vgl. Westrin 1986, S. 12.
  24. Vgl. Westrin 1986, S. 12.
  25. Claes, Clas oder Klaes ist die skandinavische Version von Klaus, vgl. https://www.wikidata.org/wiki/Q4530166; Lindeberg 1949, S. 627.
  26. Vgl. https://www.wikidata.org/wiki/Q3519259.
  27. Vgl. Westrin 1986, S. 12.
  28. Vgl. https://www.wikidata.org/wiki/Q151616.
  29. Vgl. https://www.wikidata.org/wiki/Q124349782.
  30. Vgl. Karlson 1940, S. 44–45.
  31. Vgl. https://www.wikidata.org/wiki/Q124349782.
  32. Vgl. u.a. Westrin 1986, S. 13.
  33. Vgl. https://www.wikidata.org/wiki/Q10499763.
  34. Claes, Clas oder Klaes ist die skandinavische Version von Klaus, vgl. https://www.wikidata.org/wiki/Q4530166; Lindeberg 1949, S. 627.
  35. Vgl. https://www.wikidata.org/wiki/Q4968804; https://www.adelsvapen.com/genealogi/Mörner_af_Morlanda_nr_62#TAB_1 (06.02.2024), barn.
  36. Vgl. Westrin 1986, S. 13.
  37. Vgl. https://www.wikidata.org/wiki/Q124349782.
  38. Vgl. Westrin 1986, S. 13.
  39. Vgl. https://sok.riksarkivet.se/sbl/Presentation.aspx?id=15994 (08.02.2024).
  40. Vgl. https://www.wikidata.org/wiki/Q5708594.
  41. Vgl. https://www.wikidata.org/wiki/Q1038985.
  42. Vgl. https://sok.riksarkivet.se/sbl/Presentation.aspx?id=15994 (13.02.2024).
  43. Vgl. https://www.wikidata.org/wiki/Q124349782.
  44. Vgl. Karlson 1940, S. 44–53. Nach 1717 gibt es eine Lücke bei den Rechnungsbüchern bis 1728, als Bernt Beronius die Position des Gutsverwalters innehatte.
  45. Claes, Clas oder Klaes ist die skandinavische Version von Klaus, vgl. https://www.wikidata.org/wiki/Q4530166; Lindeberg 1949, S. 627.
  46. Vgl. https://www.wikidata.org/wiki/Q4968804; https://www.adelsvapen.com/genealogi/Mörner_af_Morlanda_nr_62#TAB_1 (06.02.2024), barn.
  47. Vgl. https://www.wikidata.org/wiki/Q3526271; https://sv.wikipedia.org/wiki/Säteritak (30.01.2024).
  48. Vgl. https://www.wikidata.org/wiki/Q10401121.
  49. Vgl. https://www.wikidata.org/wiki/Q1402843.
  50. Die mit ‚S‘ gekennzeichneten Ziegel stammten aus Läckö und Lindholmen, vgl. Karlson 1940, S. 44–53 führt verschiedene überlieferte Rechnungen der Handwerker namentlich auf.
  51. Die Ecke eines Gebäudes ist mit rustizierten Steinen verziert.
  52. Vgl. https://www.wikidata.org/wiki/Q121649.
  53. Vgl. http://vocab.getty.edu/page/aat/300001788 (23.03.2024).
  54. Vgl. Westrin 1986, S. 29.
  55. Vgl. https://sv.wikipedia.org/wiki/Säteritak (25.03.2024).
  56. Vgl. http://vocab.getty.edu/page/aat/300002155 (25.03.2024).
  57. Vgl. Westrin 1986, S. 26.
  58. Vgl. http://vocab.getty.edu/page/aat/300002232 (25.03.2024).
  59. Vgl. Gullbrandsson 2010, S. 51. Ältere Fotographien zeigen noch die Ziegeldeckung aus dem Jahr 1880, vgl. Westrin 1986, S. 17. Luthander 1968, S. 424 verbindet die Ziegeldeckung erst mit der Zeit Otterströms.
  60. Vgl. auch die Beschreibung der schwedischen Denkmalpflege https://www.bebyggelseregistret.raa.se/bbr2/byggnad/visaExterior.raa?byggnadBeskrivningId=21706762361491&byggnadId=21400000676236 (26.03.2024).
  61. Vgl. https://www.wikidata.org/wiki/Q10401121.
  62. Vgl. https://sv.wikipedia.org/wiki/Riddarhuspalatset (30.01.2024).
  63. Claes, Clas oder Klaes ist die skandinavische Version von Klaus, vgl. https://www.wikidata.org/wiki/Q4530166; Lindeberg 1949, S. 627.
  64. Vgl. https://www.wikidata.org/wiki/Q124349782.
  65. Vgl. https://www.wikidata.org/wiki/Q434533.
  66. Vgl. https://suecia.kb.se/F/?func=find-b&local_base=sah (01.11.2023); Suecia Antiqua et Hodierna 1716. Das Werk enthält vor allem Ansichten von Schlössern und Herrenhäusern aus dem späten 17. Jahrhundert bis etwas nach der Jahrhundertwende.
  67. Vgl. https://www.wikidata.org/wiki/Q1597542; https://sv.wikipedia.org/wiki/Steninge_slott (13.02.2024).
  68. Vgl. Westrin 1986, S. 13.
  69. Vgl. Reichsarchiv, Stockholm, Signatur: Ekebladska samlingen 3.
  70. Vgl. Karlson 1940, S. 60.
  71. Vgl. Carlquist 2012, S. 1.
  72. Vgl. Westrin 2004, S. 235, Bildunterschrift.
  73. Vgl. Ergebnisse der GeoSphere Austria von 2022.
  74. Vgl. https://www.wikidata.org/wiki/Q70206957.
  75. Zur Villa Giacomina vgl. Gustafsson 2010, http://stud.epsilon.slu.se/2034/1/gustafsson_h_101122.pdf (26.03.2024); vgl. https://sv.wikipedia.org/wiki/Villa_Giacomina (12.02.2024).
  76. Vgl. Westrin 2004, S. 237, Bildunterschrift. Diese scheinen heute durch Neubauten aus Stein ersetzt, vgl. https://www.google.de/maps/place/VILLA+GIACOMINA-PARKEN/@58.5348431,13.1293514,159m/data=!3m1!1e3!4m6!3m5!1s0x465b2f50a8a8e613:0x22ba86b6629522a8!8m2!3d58.5336667!4d13.1278286!16s%2Fg%2F11pcl1kc9j?entry=ttu (13.02.2024).
  77. Vgl. Westrin 2004, S. 237, Bildunterschrift.
  78. Vgl. Westrin 2004, S. 237.
  79. Der Autor bedankt sich sehr herzlich für diesen Hinweis bei Robin Gullbrandsson. In der Dokumentation des Museums werden einige vergleichbare Pavillons in Schweden aufgelistet, vgl. Carlquist 2012, S. 2–3.
  80. Vgl. https://www.wikidata.org/wiki/Q1038985.
  81. Vgl. https://www.wikidata.org/wiki/Q1037921.
  82. Vgl. Westrin 2004. Auf dem Blatt ist lt. Westrin 2004, S. 235, handschriftlich ‚du Stola‘ ergänzt und im Aufriss über dem Portal das Wappen der Ekeblad eingezeichnet. Der Architekt war schon für die Familie tätig gewesen.
  83. Vgl. Westrin 2004, S. 235.
  84. Vgl. https://www.wikidata.org/wiki/Q5706932; Jägerskiöld 1949; Allén in: Allén/Frängsmyr 2016, S. 31–38.
  85. Vgl. https://www.wikidata.org/wiki/Q22116674; https://www.adelsvapen.com/genealogi/Horn_af_Ekebyholm_nr_53#TAB_2 (22.02.2024), barn.
  86. Vgl. Westrin 1986, S. 15, Westrin 2004, S. 238.
  87. Kungliga Bibliotheket, Stockholm, Signatur Hs I e 17 a.
  88. Vgl. Westrin 2004, S. 238.
  89. Vgl. https://www.wikidata.org/wiki/Q870196.
  90. Vgl. Westrin 2004, S. 238.