07. Herrenhaus: Baugeschichte und Architektur

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Das Herrenhaus wurde von 1726 bis 1728 im barocken Stil erbaut (Abb. 10). Der Vorgängerbau aus dem 17. Jahrhundert lag unweit östlich des heutigen Herrenhauses. Das „neue“ Herrenhaus in Pronstorf wurde aus rotem Backstein errichtet, jedoch blieb der Baumeister des Herrenhauses bisher unbekannt. In der bekannten Literatur wurden jedoch immer wieder Namen genannt: Rudolph Matthias Dalin (1680–1743) wurde aufgrund diverser Bauten und stilistischer Parallelen von Herrenhäusern und seines Bezugs als Baumeister für das Adelsgeschlecht Rantzau vermutet. Johannes Nikolaus Kuhn (1670–1743) wurde erwähnt[1], da von ihm errichtete Herrenhäuser wie das in Steinhorst große Ähnlichkeiten zu Pronstorf aufweisen.[2] Er errichtete beispielsweise das baulich verwandte Herrenhaus in Steinhorst. Auch das Herrenhaus Plüschow weist Ähnlichkeiten besonders Stuck innen zu Pronstorf auf. Weiteres ist über Kuhn nicht bekannt, außer dass er viele Kirchen und Gebäude in Hamburg erbaute. Eine Skizze aus dem Herrenhausarchiv von 1730 zeigt, dass ein viel repräsentativerer Bau mit drei Flügeln geplant war (Abb. 11).

Über eine Allee, die merkwürdigerweise nicht in direkter Linie vom Torhaus[3] (Abb. 12) führte, gelangte man zum freistehenden Herrenhaus. Das Kavaliershaus links wurde 1789 gebaut; das kleine Teehaus (Abb. 13, 14) rechts davon stammt erst aus dem 19. Jahrhundert. Eine runde Beetanlage wurde in das Ensemble auf dem Vorplatz des Hauptportals eingefügt, damit die Kutschen eine Möglichkeit zum Wenden hatten (Abb. 15). Umgeben von vielen Bäumen eröffnete sich von der Wassergrabenseite auf der Rückseite des Hauses der Blick zum nahegelegenen Warder See (Abb. 16), der mit dem Hausgraben direkt verbunden war. Über eine Parkanlage ist nichts bekannt. Die nahe Uferlinie des Wardersees begrenzte auch die Grünfläche hinter dem Haus, was eine große Parkanlage überflüssig machte, was deutlich auf den historischen Gemälde erkennbar ist

Zwischen 1714 und 1914 wurden immer wieder alte Gebäude durch neue ersetzt. Viele Brände auf dem Areal des Gutes und des Dorfes, ausgelöst durch Brandschatzung, Blitzeinschläge und die Elektrifizierung, machten wiederholt Neubauten nötig, so auch im Herrenhaus. Die neuen Gebäude des Gutes wurden immer wieder auf den Grundrissen der alten Häuser gebaut, um die ursprüngliche Gesamteinheit von Gutshof und Dorf nicht zu zerstören.

Der Außenbau der der Hoffassade des Herrenhauses (Abb. 17) schloss durch das vorspringende Kellergeschoss mit einem Gesims ab. Zwei Backsteingeschosse befanden sich darüber und der Mittelrisalit gliederte zusammen mit den zwei Seitenrisaliten die Fassade. Sandsteinbasen und hölzerne Kapitelle rahmten die Fenster beider Geschossebenen. Über einem hohen Gesims aus Holz lagerte das mächtige Mansarddach.

Ein dreiecksübergiebelterMittelrisalit bildete zusammen mit dem Hauptportal die Mitte des Hauses (Abb. 18). Die Gartenfassade wurde, nur ohne Portal, ebenso reich gegliedert. Breite Fronten zur Gartenseite und zum Hof dienten zur Auflockerung und unterstützten die Fassadengliederung aus dreiachsigen und zweiachsigen Risaliten sowie übergiebelten Mittelrisaliten (Abb. 19). Auf dem Dach trugen noch drei Schornsteine zur Symmetrie des Gesamteindrucks bei. Die über den Seitenrisaliten vorgezogenen niedrigen Dachstühle springen gleich stark hervor, sodass an den in die Tiefe führenden Mauerstücken ein weiterer Pilaster Platz fand. Der Mittelrisalit schloss mit einem nur von einem dünnen Grat begrenzten Giebeldreieck ab, das ein auf der Skizze im Gutsarchiv eingetragenes Ochsenauge zeigte (Abb. 20, 21).[4]

Das Hauptportal wurde 1780 vom Eutiner Hofbaumeister Peter Richter (1750–1805) im Zuge des Umbaus nach einem Brand neu errichtet. Es befindet sich in der Mittelachse zum Hof. Anlässlich des Neubaus wurden zweiundzwanzig gerade und vier abgerundete Treppenstufen eingebaut. Auf Höhe des ersten Obergeschosses wurde ein kleiner Balkon hinzugefügt. Der Steinmetz Andreas Meyerbrinck (s.a.) meißelte die Konsolen unter dem Balkon und die Fruchtgehänge (Abb. 22).[5] Das Portal wurde nun durch eine beidseitige Treppe erreichbar. Am 7. Januar 1780 schickte Richter aus Eutin ein „Verzeichnis deren Feldsteine, welche zu einer neuen Treppe nach beyfolgendem Riß erforderlich seyn.“[6]

Die Pilaster der Gartenfassade wurden aus Zielgelsteinbasen gebaut. Eine kleine Terrasse mit einer Freitreppe setzte man an die Türen des Gartensaals an (Abb. 23).

Nebengebäude aus dem 18. Jahrhundert

Das Kavaliershaus wurde 1789 als ein eingeschossiger, zweiflügeliger Backsteinbau mit flachem Satteldach sowie einem anderthalbgeschossigen, übergiebelten Mittelrisaliten erbaut (Abb. 24). Die Kantenrustika wurden weiß abgesetzt. Ein rückseitiger Archivanbau von 1780 stammte ebenfalls von Peter Richter (1750 –1805).

Der Kutschenstall entstand noch in der Zeit des Herrenhausbaus. Er wurde jedoch nach einem Brand neu aufgebaut. Ein Langhaus mit großer Toreinfahrt an der Frontseite errichtete man in den Jahren 1737–1738 (Abb. 25). Es zeigte zur Dorfstraße hin, die nördlich rechts folgend zur Kirche verlief. Im Jahr 1654 ließ Caspar von Buchwaldt (1591–1669) eine Scheuneauf der linken Hofseite erbauen, die jedoch 1953 abbrannte.[7]

Nebengebäude nach dem 18. Jahrhundert bis heute

Alte Hofgebäude existieren heute nicht mehr, jedoch sind die Standorte noch bekannt. Aufgrund vieler Brände wurden die Wirtschaftsgebäude immer wieder neu errichtet. Zwei Gebäude dominieren noch heute den Hofplatz: Zum einen das massive, lang gestreckte Torhaus und zum anderen die angrenzende Scheune mit hohem Mansarddach im Heimatstil.[8]

Der Neubau des Torhauses von 1914 (Abb. 26) stammt vom Vorlage:Anchor Architekten Ernst Prinz (1878 –1974) aus Kiel. Es ist ein Backsteinbau mit Mansarddach, der die integrierte Scheune von 1737 und einen Pferdestall umfasst. Das Torhaus ist durch Kantenrustika, zwei Tordurchfahrtsrisalite und flache Pilaster gegliedert. Reste des abgebrannten Vorgängerbaus von 1737/ 38 sollen ebenfalls in dem Bau wiederverwendet worden sein. Rechts befindet sich der Scheunenbau (Abb. 27), links der „neue“ Pferdestall (Abb. 28).

Der Kuhstall (Abb. 29) wurde ebenfalls Ende des 19. Jahrhunderts neu errichtet. Nach zwei Bränden in den Jahren 1886 und 1894 wurde er, wie der Kutschenstall, als Langhaus mit zwei Seitenflügeln gebaut. Weiße Lisenen gliederten die Giebel und Flügel des Gebäudes. Der „neue“ Kuhstall befindet sich nun auf der linken Seite des Hofareals.

Anfang des 19. Jahrhunderts errichtete man das kleine Teehaus (Abb. 30), ein tempelförmiger Bau mit segmentbogigem Tonnengewölbe. Das Teehaus befindet sich noch heute links vom Herrenhaus zur Hofseite hin.

Das Kutscherhaus (Abb. 31) auf dem Hofgelände wurde als eingeschossiger Backsteinbau mit Satteldach und Frontispiz erst 1910 erbaut und im Jahr 2007 restauriert.[9]

Abb 24 Gut Pronstorf - Kavaliershaus.jpg
  1. https://de.wikipedia.org/wiki/Johannes_Nicolaus_Kuhn
  2. Vgl. Neuschäffer 1987, S. 30.
  3. Das neue Torhaus wurde 1914 genau anstelle des Vorgängerbaus von 1737/38 gebaut. Die schräge Allee und der Weg zum Herrenhaus sind also auch schon im 18. Jahrhundert so angelegt worden.
  4. Vgl. Hirschfeld 1980, S. 151-152.
  5. Vgl. Hirschfeld 1935, S. 116.
  6. Vgl. Baurisse im Pronstorfer Gutsarchiv, S. 46.
  7. Vgl. Neuschäffer 1987, S. 29.
  8. Der Heimatstil ist ein Architekturstil, der auf ländliche und auch regionale Architekturformen zurückgreift. Er entwickelte sich ab den 1870er Jahren.
  9. https://de.wikipedia.org/wiki/Gut_Pronstorf (30.10.2023)