03. Geschichte der Anlage vor dem 18. Jahrhundert

Aus Herrenhäuser
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Die früheste bekannte Erwähnung von Österby stammt aus dem Jahr 1335.[1] In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts war Österby ein untergeordneter Hof zum Anwesen Örbyhus im Besitz der Vasa. Letzteres wurde 1451 von Johan Kristiernsson, dem Großvater von Gustav I. Vasa, gemeinsam mit weiteren Ländereien und Höfen erworben, darunter vermutlich auch Österby. Die Anlage ging an seinen Sohn Erik Johansson, anschließend über eine Erbteilung 1512 an die Cousinen Brita und Märta von Gustav Eriksson – dem späteren Gustav I. – bis der Hof nach der Krönung von Gustav I. Vasa dessen alleiniges Eigentum wurde. Gustav I. war vermutlich bereits an der Errichtung einer Eisenerzhütte in unmittelbarer Nachbarschaft zum Bergwerk von Dannemora beteiligt.[2] Im Jahr 1565 richtete die Krone Österbybruk auf die Produktion von Kriegsmaterial und militärische Ausrüstung aus. Es wird angenommen, dass der heutige Stausee auf diese älteste Anlage zurückgeht.[3]

Im 16. Jahrhundert wurde Österby durch Landvogte (fogdar) verwaltet, unter denen Lars Hansson hervorzuheben ist, der der Anlage einen vorindustriellen Charakter gab und vermutlich um 1610 das erste Herrenhaus errichtete, das – mit zahlreichen Nebengebäuden – bis in das 18. Jahrhundert existierte.[4] Bereits 1612 wurde Lars Hansson von Hans Siwordsson (oder Sifversson) abgelöst, der zahlreiche Veränderungen vorgenommen haben soll und 1615 im Auftrag der Krone eine weitere Eisenhütte in Gimo aufbaute.[5] Im Jahr 1622 wurde Österbybruk an den deutschen Bergmann Paulus Auleander verpachtet, verbunden mit der Auflage, Waffen an die Krone zu liefern. Die Erwartungen wurden offenbar nicht erfüllt,[6] so dass es bereits 1626 zu einem erneuten Pächterwechsel kam: Österbybruk wurde, gemeinsam mit Lövsta, an Willem Gilliusson De Besche (Abb. 8) aus Lüttich verpachtet. Im folgenden Jahr stieg Louis De Geer d. Ä. (Abb. 9) als Mitpächter ein. Der niederländische Unternehmer De Geer besaß enge Verbindungen zum schwedischen Königshaus und spielte für die Entwicklung der schwedischen Eisenindustrie im 17. Jahrhundert eine essentielle Rolle.[7] Er übernahm 1633 Österbybruk alleine und erwarb es 1643 schließlich von der Krone. [8] Louis De Geer investierte hohe Summen und brachte die Eisenindustrie zudem durch die Beschäftigung insbesondere von Wallonen voran, die in Flandern angeworben wurden und neue Techniken nach Schweden brachten. Sie waren Calvinisten, was ihre Bereitschaft zum Auswandern im Zuge der virulenten religiösen Konflikte in der Region erhöht haben mag, und bildeten bald eine starke Gemeinschaft in der Region. Für die Eisenhütte in Österbybruk setzte mit der Übernahme durch De Geer und den wallonischen Einfluss eine Blütezeit ein.[9]

Der wirtschaftliche Aufschwung von Österbybruk im 17. Jahrhundert fand in einer Zeit stand, in der Eisen zu einem der wichtigsten Handelsartikel im Ostseeraum wurde, auch befeuert durch die zunehmenden Handelsbeziehungen im expandierenden atlantischen Wirtschaftsraum. Schwedisches Eisen dominierte im 17. Jahrhundert den Export, vermittelt zunächst durch den holländischen und in der zweiten Jahrhunderthälfte verstärkt durch den britischen Markt.[10] In den Besitzverhältnissen etablierten sich in der uppländischen Region mit den Übernahmen mehrerer Eisenhütten durch Willem De Besche und Louis De Geer ab 1626 enge familiäre Verbindungen und Netzwerke. De Geer erwarb 1643 Österby gemeinsam mit Lövsta und Gimo[11], die ebenfalls im Familienbesitz blieben. Bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts wurde Östery innerhalb der Familie De Geer weitergegeben und baute die Familie ihren Eisenhütten-Besitz in der Region weiter aus.[12]

Herrenhausgebäude und Garten bis in die 1740er Jahre:

Die heute erhaltenen Gebäude in Österbybruk stammen mehrheitlich aus dem 18. Jahrhundert, doch wurde die grundlegende bauliche Struktur des Areals bereits mit der Ankunft Louis De Geers geschaffen. Mehrere Karten aus dem 17. und der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts haben sich erhalten. Jene aus dem 17. Jahrhundert weisen mehrheitlich nur das Gelände um das ehemalige Herrenhaus – bereits etwa am selben Ort wie heute – ohne eine Darstellung der Gebäude aus; das Interesse galt zunächst hauptsächlich einer Abbildung der Produktionsstätten. Als Beispiel können die Karten von 1643 (Abb. 10, 11, 12) oder jene von 1687 (Abb. 13) dienen. Basierend auf Kartenmaterial aus den 1650er Jahren erstellte Arvid Gumaelius eine vereinfachte Darstellung des Areals (Abb. 14):

Abb. 14. Österbybruk, Karte um 1650, Arvid Gumaelius, Carl Sahlins bergshistoriska samling / Tekniska museet (CS-F1-446)

Darauf sind das Haupthaus und daneben ein deutlich kleineres Contoir abgebildet, lagen folglich die Verwaltungsgebäude der Eisenhütte und die Wohnbauten der besitzenden Familie räumlich nah beieinander. Hier sollte im 18. Jahrhundert eine deutlichere Trennung erfolgen.

Der bauliche Charakter der Vorgängerbauten aus dem 17. Jahrhundert lässt sich insbesondere einer Beschreibung aus dem Jahr 1694 mit dem Titel Hett huis van Osterby entnehmen[13]: Demnach lag das bereits aus dem frühen 17. Jahrhundert stammende Haupthaus (um 1610–1613)[14] am östlichen Ende des heutigen Corps-de-Logis auf Höhe der späteren Terrasse. Es handelte sich um ein zweistöckiges Holzhaus mit je sechs Zimmer auf beiden Geschossen, einem Dachboden und einem außen liegenden Treppenhaus in Form eines kleinen Turms. Das Haus war Ende des 17. Jahrhunderts in schlechtem Zustand, die Räume im Obergeschoss nahezu unbewohnbar und das Dach beschädigt. Die von den Verwaltern der Eisenhütte bewohnten Innenräume werden im Bericht 1694 von Jean B. de Rees einzeln aufgeführt und mit wenig Komfort und einfachen Möbeln beschrieben. Vom Herrenhaus führte ein überdachter Gang zu einem am Ufer des Herrgårdsdammen gelegenen Küchengebäude.

Abb. 16. Österbybruk, Eingang in den Keller unterhalb der Terrasse ©Marion Müller]

Von dem Vorgängerbau hat sich unter der heutigen Terrasse am östlichen Ende des Herrenhauses ein Kellerbereich erhalten, der durch eine Tür in der Stützmauer der heute darüber liegende Terrasse betretbar ist und in die anschließende Unterkellerung der 1760er Jahre übergeht (Abb. 15, 16).


Eine Vielzahl kleinerer Gebäude ordneten sich um das Gelände mit einem rückseitig gelegenen Garten an, darunter ein Back- und ein Brauhaus, diverse Schuppen sowie Ställe für Pferde, Kühe, Schafe und Schweine. Auch diese Bauten werden Ende des 17. Jahrhunderts als baufällig beschrieben. Um das Herrenhaus gab es einen Holzzaun mit großen Toren und gedrechselten Säulen.[15]

Noch um die Mitte des 18. Jahrhunderts lässt sich die Beschaffenheit des Terrains anhand zweier Karten von Olof Lindberg aus den Jahren 1742 und 1744 nachzeichnen. (Abb. 17, 18, 19).

Beide Karten haben sich sowohl in einer Zeichnung als auch in einer ausgearbeiteten, leicht abweichenden Version erhalten. Die in den 1730er Jahren entstandenen, späteren Vorbauten des Herrenhauses (Wohnhaus und Kirche) sind bereits abgebildet (Abb. 20, 21, 22, 23) und schaffen in ihrer Ausrichtung eine leichte Verschiebung der zentralen Achse. Das ehemalige Herrenhaus und das Küchengebäude sind noch dargestellt. Anstelle der heutigen Stallgebäude, im hinteren Teil des Gartens und nahe dem Hauptgebäude sind weitere Bauten unterschiedlicher Größe eingezeichnet und 1744 einzeln benannt. Ihre Funktionen sind divers, umfassen u.a. Ställe, Hühnerhäuser und Schuppen, ein Brauhaus, eine Orangerie und im hinteren Teil des ehemals wesentlich kleineren Gartens ein Lusthus (Pavillon). Am Ende des Gartens befanden sich zwei als Sauna genutzte Gebäude und ein Kesselhaus (bezeichnet mit Gl. Badstuga, Nӱa Badstuga und Kiölna). Insgesamt stand hier also ein „Sammelsurium“ von Gebäuden unterschiedlicher Größe und Funktion, die für die einheitliche Neugestaltung von Architektur und Garten mehrheitlich verschwinden sollten. Der Garten wurde bereits in den 1640er Jahren unter Mathias De Geer, Schwager von Louis De Geer und Verwalter in Österbybruk von 1627–1648, angelegt. Bezeugt sind drei kleine ummauerte Fischteiche, ein Kräutergarten, ein Rosengarten (1644 erwarb Mathias De Geer dafür 100 Rosen) und im Süden eine Hopfenanlage. 1649–1652 gab es zwei Gärtner, Per Carlsson und Olle Isrealsson, sowie Per Mattson, der sich um den Hopfen kümmerte. Das eigens beschäftigte Personal lässt auf entsprechend umfangreiche Tätigkeiten im Garten schließen.[16]

Abb. 8. [unbekannt], Willem De Besche, Sörmlands museums samlingar, P09-734
Abb. 9. David Beck, Louis De Geer d. Ä. (1587–1652), Öl auf Leinwand, 70 x 55 cm, 1650, Nationalmuseum Stockholm, INV NMLeu 17, Foto: Hans Thorwid / Nationalmuseum
10. Österbybruk, Karte von 1643, Lantmäteristyrelsens arkiv, B18-37:1
11. Österbybruk, Karte von 1643, Lantmäteristyrelsens arkiv, B18-37:1
12. Österbybruk, Karte von 1643, Lantmäteristyrelsens arkiv, B19-37:1
15. Österbybruk, Blick in den Keller des Vorläufergebäudes ©Marion Müller
20. Österbybruk, Karte von Olof Lindberg 1742 (Ausschnitt), Lantmäteristyrelsens arkiv, 03-fil-13
21. Österbybruk, Karte von Olof Lindberg 1744 (Ausschnitt), Lantmäteristyrelsens arkiv, 03-fil-16
22. Österbybruk, Vorbau: Kirche (brukskyrka), 1730er Jahre ©Marion Müller
23. Österbybruk, Vorbau: Wohnhaus, 1730er Jahre ©Marion Müller
  1. Zitiert bei Pehrsson 1899, S. 5.
  2. Vgl. Pehrsson 1899, S. 6–8; Upmark 1908, S. 317; Bandet 1967, S. 344; Carlborg 2004, S. 10.
  3. Vgl. https://bebyggelseregistret.raa.se/bbr2/anlaggning/visaHelaHistoriken.raa?anlaggningId=21300000013565&historikId=21000000540240 (12.04.2023); zur Geschichte vor 1600 siehe ausführlich auch Tigerstedt 1957, S. 523–530.
  4. Vgl. Bandet 1967, S. 345; Carlborg 2004, S. 10.
  5. Vgl. Upmark 1908, S. 317.
  6. Vgl. Tjärnlund 2022, S. 82 [ohne Quellenangabe].
  7. Vgl. überblickend zu Louis De Geer den Eintrag von K. W. Dahlgren im Svenskt biografiskt lexikon, Bd. 10, 1931, S. 457, https://sok.riksarkivet.se/sbl/artikel/17354 (18.04.2024).
  8. Vgl. Upmark 1908, S. 318; Bandet 1967, S. 345–347; Carlborg 2004, S. 10.
  9. Vgl. Carlborg 2004, S. 10. In den wallonischen Eisenhütten in Uppland entstand eine neue Form der Großindustrie, die im 17. Jahrhundert mit 18 Eisenhütten fast dieselbe Produktion erzielte wie die 250 Hütten in Västmanland. Vgl. Tjärnlund 2022, S. 86 [ohne Quellenangabe].
  10. Vgl. Evans/Rydén 2007, S. 49.
  11. Darüber hinaus erhielt De Geer Pachtverträge für Finspång, Åkers und Skeppsta bruk in Sörmland. Vgl. Tjärnland 2022, S. 83 [ohne Quellenangabe]; Dahlgren 1931.
  12. Vgl. Upmark 1908, S. 318; Bandet 1967, S. 354, Carlborg 2004, S. 11. Zu den einzelnen Besitzern aus der Familie De Geer siehe Geber 2022, S. 19–22 sowie die detaillierte Auflistung von Göran Ulväng unter https://www.svenskaherrgardar.se/herrgardsdatabasen/gard/7360 (17.03.2023).
  13. Die Beschreibung wird in der Sekundärliteratur wiederholt zitiert und ist am umfassendsten bei Tigerstedt 1957, S. 552–555 wiedergegeben [ohne Quellenangabe].
  14. Vgl. Bandet 1967, S. 345; Carlborg 2004, S. 10
  15. Vgl. Tigerstedt 1957, S. 552–555 [ohne Quellenangabe].
  16. Vgl. Gille 2022e, S. 123 [ohne Quellenangabe]; Tigerstedt 1957, S. 553.