10. Wirtschaftsgebäude
- 01. Einführung
- 02. Forschungsstand
- 03. Geschichte der Anlage vor dem 18. Jahrhundert
- 04. Überblick zur Gesamtanlage
- 05. Wirtschaftlicher Kontext
- 06. Besitzverhältnisse im 18. Jahrhundert
- 07. Herrenhaus: Baugeschichte und Architektur
- 08. Innenräume im 18. Jahrhundert
- 09. Garten und Park im 18. Jahrhundert
- 10. Wirtschaftsgebäude
- 11. Kirche
- 12. Geschichte der Anlage nach dem 18. Jahrhundert
- 13. Quellen- und Literaturverzeichnis
Das Ensemble von Herrenhaus, Stall- und Scheunengebäuden, Eisenproduktionsstätten und Wohngebäuden der Arbeiterschaft ist in weiten Teilen in seinem Zustand des 18. Jahrhunderts erhalten (Abb. 31, 173, 174).[1] Die meisten heute noch vorhandenen Gebäude wurden im Zuge der beiden größeren Bauperioden ab den 1720er und den 1760er Jahren errichtet. Ihre grundsätzliche Ausrichtung wurde bereits im 17. Jahrhundert unter Louis De Geer im Zuge des Umbaus zu einer wallonischen Schmiede angelegt, wie Karten beispielsweise von 1643 zeigen (Abb. 10, 11): Das Herrenhaus, der Hochofen mit Schmiede und die aneinandergereihten Arbeiterhäuser befinden sich bereits in etwa an ihren späteren Standorten und gruppierten sich um die Wasserläufe und -becken. Die Herrenhausanlage war deutlich bescheidener und nahm noch das später verlegte administrative Contoir auf. Der Herrgårdsdammen markiert jedoch bereits eine klare soziale Grenze zwischen dem Herrenhaus-Areal und den Arbeits- und Wohnstätten.[2] Der Aufschwung der Eisenhütte unter Louis De Geer ging mit umfassenden baulichen Erweiterungen des Areals und einem technischen Ausbau der Produktionsstätten einher. Für die wallonische Arbeiterschaft waren Wohnhäuser errichtet worden, zu denen eine Reihe an funktionalen kleinen Schuppen und Ställen gehörten. In mehreren Quellen aus dem Jahr 1694 werden die zwischen 1643 und dem Beginn der 1680er Jahre erfolgten Verbesserungen aufgeführt, wobei am Ende des Jahrhunderts die Gebäude – wie auch das Herrenhaus – bereits wieder in schlechtem Zustand waren. Die vielen Abwesenheiten der Besitzer, die mehrheitlich in Amsterdam lebten, machten sich bemerkbar.[3] Der in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts erfolgende Ausbau sowohl der Produktionsstätten als auch des Herrenhausareals steht im Kontext einer Reihe von vergleichbaren Anlagen derselben Zeit im Besitz der De Geers. Das Jahr 1719, in dem die russischen Zerstörungen während des Großen Nordischen Kriegs auch zahlreiche Eisenhütten in Uppland betrafen,[4] kann als struktureller und baulicher Neubeginn der Eisenhütten der Region gelten. Mit dem Ziel, die Produktion wieder zu stabilisieren und weiter zu steigern, investierten Carl und Jean Jacques De Geer sowie die Söhne von letzterem (Louis, Charles und Antoine) vor allem in den 1720er und 1730er Jahren in einen aufwendigen Wiederaufbau und eine wirtschaftliche Neustrukturierung.[5] Auch unter architektonischen Gesichtspunkten wurden nun neue Maßstäbe angesetzt und eine die Gesamtanlage in den Blick nehmende Gestaltung begonnen. Unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten ist schließlich auf den großen Landbesitz von Österbybruk zu verweisen, der hauptsächlich im Dienst der Eisenhütte stand. Die Erzeugnisse konzentrierten sich auf die Produktion von Holzkohle und Winterfutter für die Tiere. Um 1800 besaß Österbybruk 80 mantal Land und die Einnahmen aus 67 mantal Land weiterer Gutshöfe (Skatte- und Frälsegårdar).[6] Im 17. und 18. Jahrhundert war der Landbesitz kontinuierlich erweitert und das Weideland ständig vergrößert worden. Die Umwandlung von Feldern in Weiden weist auch darauf, dass es wirtschaftlicher war, Getreide von außen zu beziehen als Heu. Um die Mitte des 18. Jahrhundert lag die jährliche Heuernte bei etwa 900 sommarlass. Ein Teil des Heus wurde an die Eisenhüttenarbeiter ausgegeben, die kein eigenes Land, aber in der Regel eine Kuh für den Hausgebrauch besaßen.[7] Der Rest wurde in der Stallanlage gelagert. StallanlageEin großes, langgezogenes Wirtschafts- und Stallgebäude wurde in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts westlich des Herrenhauses errichtet. Unmittelbar daneben entstand anschließend ein Kutschenhaus mit Hufschmiede (Vagnslidret und Klensmedjan)[8], das mit dem Stallgebäude eine langgezogene Hufeisenform bildet (Abb. 175–178). Die genaue Bauzeit des Stallgebäudes ist nicht überliefert. Seitens des Swedish National Heritage Board wird eine Entstehung in den 1760er Jahren angegeben; Selling und Lundberg vermuteten hingegen eine Neuerrichtung in zeitlicher Nähe zu jener des Corps-de-Logis zu Beginn der 1770er Jahre.[9] Für die 1770er Jahre spricht eine im Archiv in Uppsala erhaltene Zeichnung, überschrieben mit Project till Stallgårds Byggnad wid Österby Bruk und auf das Jahr 1777 datiert (Abb. 260). Die Zeichnung gibt neben dem Herrenhaus die Stallungen mit detaillierter Bezeichnung der einzelnen Funktionen wieder.[10] Das Stallgebäude ersetzte mehrere aneinandergereihte Bauten unterschiedlicher Größe an derselben Stelle, die ebenfalls bereits als Ställe und Schuppen fungierten und beispielsweise auf Karten aus den Jahren 1742, 1744 oder 1758 erkennbar sind (Abb. 19, 20, 21, 158). Die Karten zeigen bereits kleine Variationen in Standort und Zahl der Häuser, bei denen es sich vermutlich um einfache Holzbauten handelte, die wiederholt um- und neugebaut wurden. Kleine Gebäude, wie beispielsweise ein Hühnerhaus, befanden sich noch auf der östlichen Seite des Gartens. Der neue Steinbau integrierte die Stallungen in das repräsentative Gesamtkonzept der Herrenhausanlage und orientierte sich auch architektonisch an dem neu errichteten Corps-de-Logis. FunktionalitätNeben der eventuell vorbereitenden Zeichnung von 1777 (Abb. 260), gibt ein unsignierter und undatierter, sorgfältig ausgeführter Grund- und Aufriss des Stallgebäudes die Fassadengestaltung und funktionale Einteilung vermutlich nach der Fertigstellung wieder (Abb. 179). Die Abweichungen von der 1777 datierten Zeichnung sind nur geringfügig. Das Gebäude ist in weiten Teilen erhalten. Der etwa 130m lange Steinbau vereinte hinter einer durchgehenden Fassade diverse Funktionen: Im Süden lag in unmittelbarer Nähe zum Garten der Stall des Gärtners, der das Privileg hatte, hier seine Haustiere halten zu können. Der erste Gärtner, der in den 1760er Jahren in den neu errichteten Westflügel des Herrenhauses einzog, war vermutlich Abraham Öring. Er besaß bei seinem Tod 1789 drei Kühe, zwei Schafe und ein Ferkel.[11] Ebenso lagen in diesem Teil des Stalls kleine Räume für Schweine, (zehn) Schafe und Hühner. Daneben befand sich der große Kuhstall des Herrenhauses, der vor allem der Versorgung des Haushalts mit Butter, Sahne und Milch diente. In doppelten Reihen standen die Kühe in der Mitte in Distanz zu den kalten Außenmauern.[12] Es folgte der Stall für insgesamt 26 Ochsen, die als Zugtiere genutzt wurden. Im Inventar von Johan Abraham Grill werden 1799 genau 26 Ochsen aufgeführt.[13] An den Ochsenstall schlossen in der Mitte des Gebäudes zwei große Pferdeställe mit je einer Sattelkammer an: Der eine nahm 34 Boxen für die Arbeitspferde der Eisenhütte auf, der andere 28 Boxen für die Pferde des Herrenhauses, die also etwas mehr Platz hatten. Große, hoch angebrachte Fenster ließen viel Licht ein. Auch hier bezeugt das Nachlassinventar von Johan Abraham Grill 1799 eine komplette Belegung mit insgesamt 62 Pferden, unter denen sich einige wertvolle Reitpferde befanden.[14] Anschließend an die Pferdeställe nahmen zwei große Schuppen mit Einfahrtstoren die Wagen für das Herrenhaus sowie die Eisenhütte auf; am nördlichen Ende des Gebäudes lag ein Feuerwehrhaus mit entsprechenden Gerätschaften. Über den Räumen im Erdgeschoss befand sich auf ganzer Länge des Gebäudes ein Heuboden mit einem Fassungsvermögen von etwa 4750 m3, der die gesamte Heuernte eines Jahres und mehr aufnehmen konnte. Eingezogene Trennwände über den tragenden Wänden unterteilen den Lagerraum, vermutlich um die Brandgefahr zu reduzieren.[15] Architektur und InnenräumeDie Stallanlage[16] bildete mit dem zeitgleich errichteten Herrenhaus eine gestalterische Einheit und erhielt zur Hofseite eine Fassade, die das hohe Anspruchsniveau zum Ausdruck bringen sollte (Abb. 180–183). Die andere Seite war hingegen rein funktionalen Charakters, da das Dach auf dieser Seite des Gebäudes nach unten gezogen und die Fassade zu der rückseitig gelegenen Straße folglich deutlich niedriger war (Abb. 184). Die prestigeträchtige Fassade zur Hofseite wurde auf ganzer Länge einheitlich gestaltet und verbarg die dahinter liegenden Unterteilungen und diversen Funktionen des Gebäudes: Die bauliche Struktur suggeriert eine von Ordnung und Regelmäßigkeit geprägte Wirtschaftlichkeit. Der Mittelteil, hinter dem die Pferdeställe lagen, wird durch eine helle Bänderung hervorgehoben. Rundbogige Nischen gliedern die Fassade auf ganzer Länge, im oberen Teil mit Ochsenaugen und darunter mit Fenster- bzw. Türöffnungen versehen.[17] Nur die unterschiedlichen Fensterformen geben einen Hinweis auf die dahinter liegenden Ställe. Auch die äußersten Enden sind mit einer Bänderung versehen, womit eine direkte gestalterische Parallele zum Corps-de-Logis gezogen wurde. Die Stallanlage war damit als Teil des repräsentativen Ensembles ausgewiesen und entwickelte allein durch ihre Länge und die Höhe der Fassade eine monumentale Wirkung. Die notwendigen profanen Aufgaben konnten auf der Rückseite des Gebäudes stattfinden.[18] Im Inneren des Stallgebäudes sind zahlreiche Elemente aus der Entstehungszeit erhalten, wobei große Teile der Einrichtung bei einer Restaurierung 1896 erneuert oder entfernt wurden. Die Aufteilung ist einfach, doch wurden beispielsweise über hölzernen Säulen mit Konsolen gestalterische Akzente gesetzt (Abb. 185).[19] Die Elemente der in Österbybruk umgesetzten Stallarchitektur finden sich in Schweden in ähnlich repräsentativen Bauten des 18. Jahrhunderts, bis hin zu einem königlichen Kontext. Im nahen Lövstabruk war 1758 eine große Stallanlage erbaut worden, die unter anderem ein Kutschenhaus und verschiedene Ställe für die Arbeits-, Kutschen- und Reitpferde aufnahm. Auch hier beeindruckt die Größe des Gebäudes und lassen sich ähnliche Gestaltungsmittel wie in Österbybruk in Form von hellen Bandrustika um die Tore und an den Ecken der ansonsten schlichten Fassade erkennen. Als eventuelles Vorbild fungierten auch die Stallungen von Schloss Drottningholm: Carl Hårleman entwarf das Gebäude, dessen unterer Teil in den 1730er Jahren errichtet wurde. In den 1770er Jahren wurde das Ensemble durch vermutlich Carl Fredrik Adelcrantz erweitert.[20] Ähnlich zu Österbybruk wurden hier Rundfenster, Arkadenbögen und Bandrustika an einer hohen Fassade umgesetzt.[21] Verwaltungs-, Lager- und WohngebäudeIn den 1730er Jahren entstand in Österbybruk ein großes, zweigeschossiges Verwaltungsgebäude (Brukskontoret bzw. Inspectorens Hus), (Abb. 186, 187), dessen Platzierung an der Schnittstelle zwischen Produktionsstätten, Wohnhäusern und der Zufahrt zum Herrenhaus seiner koordinierenden Funktion entspricht. Mehrere undatierte Grundrisse von Erd- und Obergeschoss mit eingetragenen Raumbezeichnungen haben sich erhalten (Abb. 188-190).[22] Die untere Etage wurde für Ställe und Büros, die obere Etage als Wohnräume für den Verwalter – zum Zeitpunkt der Errichtung Karl Wiens – genutzt.[23] Der auf rechteckigem Grundriss errichtete Bau besitzt ein Walmdach mit zwei Schornsteinen auf dem Dachfirst und zentral platzierte Dachgauben an allen Seiten. Die Fassaden werden durch zwei Reihen regelmäßiger großer Fenster gegliedert. Die Gestaltung ist schlicht, knüpft jedoch offenkundig an die Architektur des zur selben Zeit vor dem späteren Corps-de-Logis errichteten Wohnhaus an. Eine auffallend identische Gestaltung weist das Verwaltungsgebäude in Lövstabruk auf (Abb. 191). Ab den 1740er Jahren wurden weitere Gebäude nördlich des Herrenhauses und um die heutige Lillgatan errichtet. Dazu zählen in Verlängerung der Stallanlage das 1836 umgebaute Feuerwehrhaus (Spruthus)[24] und die ebenfalls in den 1830ern umgestaltete Sattlerei (Sadelmakarlängan).[25] Im 18. Jahrhundert entstanden neben dem Feuerwehrhaus am heutigen Skolvägen zudem eine kleine Holzscheune, u.a. genutzt für die Salzlagerung[26], und weiter oben am heutigen Korsvägen einfache Lagerhäuser.[27] Mit dem ehemaligen Järnskrivarens bostad – dem Haus des für die Eisensteuer zuständigen Beamten – ist eines der wenigen Gebäude aus dem 17. Jahrhundert erhalten.[28] An der Ecke der heutigen Lillgatan/Korsvägen liegen schließlich zwei um 1740 entstandene Gebäude auf halbrundem Grundriss, die als Schreinerei und Stellmacherei (Snickeri- och hjulmakarverkstäder) fungierten und im 19. Jahrhundert umgebaut wurden (Abb. 256).[29] Ebenfalls in den 1740er Jahren wurden die geraden Straßen der Gimogatan, Långgatan und Hammargatan mit den Wohnhäusern der Arbeiterschaft angelegt, die dort ältere Einfamilienhäuser vermutlich aus Fachwerk mit Schilf- oder Reetdächern ersetzten (Abb. 192, 193). In einer regelmäßigen Anordnung reihen sich die architektonisch einheitlich gestalteten Häuser aneinander: Mit der Längsseite zur Straße ausgerichtet, eingeschossig, nahmen sie zwei Wohnungen mit separaten Eingängen auf. Hinter den Wohnhäusern lagen in gleichem Abstand kleinere Nebengebäude aus Holz. Eine Karte aus dem Jahr 1783 gibt die Situation der Wohnhäuser und die regelmäßige Struktur der Gesamtanlage anschaulich wieder (Abb. 261). Der Rangunterschied der bewohnenden Familien reflektierte sich in der Lage der Häuser.[30] In den 1880er Jahren wurden in der Långgatan weitere Häuser in ähnlichem Stil hinzugefügt. Im 19. Jahrhundert waren die Häuser mehrheitlich rot gestrichen. Eines der erhaltenen Häuser in der Gimogatan 4A und 4B hat seine Gestaltung aus den 1740er Jahren behalten und kann heute besichtigt werden (Abb. 192, 257, 194–196). Die meisten anderen Häuser wurden 1900–1918 abgerissen und mit einem zusätzlichen Obergeschoss neu errichtet.[31] In ihrer architektonischen Regelmäßigkeit und Aufreihung an den geraden Straßen vermitteln die Häuser der Arbeiterschaft anschaulich den Ansatz einer von Ordnung und Klarheit bestimmten Industrieanlage. Auch in anderen Eisenhütten der Region findet sich diese Form der architektonischen Einbindung der Arbeiterhäuser, beispielsweise in Lövstabruk, Harg oder Forsmark (Abb. 197– 200). Ab den 1760er Jahren wurden in etwa zeitgleich zum Neubau des Corps-de-Logis auch die daneben liegenden Wirtschaftsgebäude, so insbesondere die Stallanlage, neu errichtet. Unmittelbar neben dem Stausee entstand im Garten 1767 ein hauptsächlich als Sudhaus (Brygghuset) fungierendes Gebäude (Abb. 162, 258). Mehrere Ansichten und eine Grundrisszeichnung mit eingetragenen Raumbezeichnungen, vermutlich aus der Entstehungszeit, haben sich erhalten (Abb. 201–203):[32] Die Fassade orientiert sich am Gestaltungsprinzip des vermutlich bereits entworfenen Corps-de-Logis, mit einem über eine Bänderung betonten Mittelteil und abgesetzten Ecken des Gebäudes. Auch an den Stirnseiten wird diese Gestaltung aufgenommen. Offenbar existierte einst eine kleine Brücke zum Herrgårdsdammen. Aus dem Jahr 1793 ist eine weitere Grundrisszeichnung erhalten (Abb. 259), bei der es sich offensichtlich um ein (nicht ausgeführtes) Umbauprojekt handelt: Das Brauhaus sollte im zentralen Raum erhalten bleiben, doch waren Änderungen in den Anordnungen von Fenstern und Türen sowie den Raumaufteilungen und -funktionen vorgesehen. Neben Gästezimmern ist eine Bäckerei mit Backofen eingezeichnet. Im frühen 20. Jahrhundert erfolgten schließlich einige Umbauten (siehe die Zeichnungen von 1916, Abb. 204–205). Der Künstler Bruno Liljefors nutzte das Haus während seiner Zeit in Österbybruk (1917–1932) als Atelier.[33] SchmiedeDie Schmiede wurde mit der Übernahme von Louis De Geer zu einer wallonischen Schmiede (Vallonsmedjan) umgebaut und ist auf den Karten des 17. Jahrhunderts bereits an ihrem heutigen Standort verbürgt. Im Jahr 1794 wurde das bestehende Gebäude erhöht, vergrößert und zu seinem heutigen Zustand mit einem breiten Satteldach und zwei großen Schornsteinen umgebaut (hammarsmedjan; hammar-byggnad).[34] X-förmige Eisenstangen sind über den unteren Teil der gelb verputzten Fassade verteilt. Oben sind der Eisenstempel der Hütte (o o) sowie die Initialen J. A. G. H. W. P. (= Johan Abraham Grill. Henrik Wilhelm Peill) und die Jahreszahl 1794 angebracht (Abb. 47, 209, 211–214).[35] Heute handelt es sich um die einzige erhaltene und noch funktionstüchtige wallonische Schmiede in Schweden.[36] Unmittelbar an die Schmiede schließt das vermutlich noch in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts erbaute Kolhus an, wo die für den Schmelzprozess benötigte Holzkohle gelagert wurde.[37] Erhalten hat sich zudem ein kleiner, rückseitig gelegener Ruheraum („labbi“, von frz. à l’abri) mit einem kleinen Ofen (Abb. 42). Bereits ab den 1760er Jahren gab es Bemühungen, den Produktionsprozess mit Blick auf die Stahlerzeugung zu erweitern, wovon umfangreiche Korrespondenzen zwischen den Grills, dem Verwalter Gustav Wahlberg und dem verantwortlichen Schmied zeugen. Ein entsprechendes Stahlwerk wurde 1761 errichtet und bereits 1770 in Anpassung an fortschrittlichere Produktionsmethoden erneuert.[38] Einige technische Zeichnungen haben sich erhalten (Abb. 217, 218). Generell zeichneten sich die wallonischen Schmieden jedoch durch ein langes Festhalten an traditionellen Technologien aus und begannen erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, auf die insbesondere in England entwickelten neuen Techniken zu reagieren.[39] Auch aufgrund der Wasserknappheit wurde 1859 in Österbybruk ein dampfbetriebenes Hammerwerk (Ånghammaren) erbaut,[40] das 1889 erweitert und modernisiert wurde. Dazu gehörten zwei Kohlenhäuser[41] und ein einfacher Ruheraum.[42] 1908 war die Anlage noch in Betrieb; die Zahl der tätigen Arbeiter belief sich zu diesem Zeitpunkt auf etwa 300.[43] ArbeitsbedingungenBereits im 17. Jahrhundert war die Hütte 24 Stunden in Betrieb (Abb. 219–222). In der Schmiede arbeitete man üblicherweise in zwei Schichten à fünf Personen. Mit etwa 12 Jahren begannen die Jungen, für die Eisenhütte zu arbeiten und konnten über verschiedene Stationen bis zu verantwortungsvolleren Funktionen aufsteigen. Oftmals wurden die Arbeitsplätze innerhalb derselben Familien beibehalten, so dass die Belegschaft eine gewisse Stabilität und Kontinuität auszeichnete und die wallonische Gemeinde weitgehend geschlossen bestehen blieb. Die Arbeit selbst war schwer und ging mit Hörstörungen, Lungenentzündungen, Brandverletzungen, Vergiftungen, schwerem Heben etc. einher. Zudem unterlag der Schichtrhythmus einer engen Taktung mit drei Arbeits- und drei Ruhestunden, was erst im 19. Jahrhundert auf sechs Stunden erhöht wurde.[44] Die Anlage im KontextIn ihren Grundzügen folgt die Gesamtanlage von Herrenhaus, Wirtschaftsgebäuden und Wohnhäusern in Österbybruk (Abb. 223) einem Plan, der sich so in ähnlicher und idealtypischer Form auch in anderen Eisenhütten der Region findet.[45] Eine wichtige Modellfunktion kam hierbei der wallonischen Eisenhütte Lövstabruk zu, die – wie auch Österbybruk – im 17. Jahrhundert im Besitz von Willem De Besche und Louis De Geer war und anschließend in den alleinigen Besitz der De Geers überging. Lövstabruk entwickelte sich zu einer der größten Eisenhütten Schwedens, war jedoch 1719 umfassend von den russischen Zerstörungen betroffen. Charles De Geer begann in den 1720er Jahren mit dem Wiederaufbau, den sein namensgleicher Neffe Charles De Geer auch unter Beschäftigung renommierter Künstler bis in die 1760er Jahren fortführte: Es entstand so eine große und repräsentative Anlage, die neue Maßstäbe in der Region setzte (Abb. 224–226). Eine lange und gerade Bruksgatan mit Toren an beiden Enden wird von etwa 80 einstöckigen, hellen Wohnbauten mit je zwei Wohnungen – bestehend aus einem größeren (stuga) und einem kleineren Raum (kammare) – flankiert (Abb. 197).
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- ↑ 1925 wurde Österbybruk zum ersten Industriedenkmal (Industrihistoriskt minnesmärke) in Schweden erklärt – auch das hat sicherlich zu seiner Erhaltung beigetragen. Vgl. Gunnarsson 2022a, S. 50 [ohne Quellenangabe].
- ↑ Vgl. https://bebyggelseregistret.raa.se/bbr2/anlaggning/visaHelaHistoriken.raa?anlaggningId=21300000013565&historikId=21000000540240 (12.04.2023). Siehe auch Gille 2022b, S. 38 [ohne Quellenangabe]; Gunnarsson 2022a, S. 43 [ohne Quellenangabe].
- ↑ Vgl. Tigerstedt 1957, S. 552–555.
- ↑ Betroffen waren u.a. Lövsta, Harg, Forsmark, Åkerby, Gimo, Österby und Wessland. Vgl. Evans/Rydén 2007, S. 76.
- ↑ Vgl. Evans/Rydén 2007, S. 75–77.
- ↑ Etwas mehr als 10 mantal wurden von der Eisenhütte selbst bewirtschaftet. Vgl. Lundberg 2012c, S. 6.
- ↑ Vgl. Lundberg 2012c, S. 6.
- ↑ Vgl. http://kulturarvsdata.se/raa/bbrb/html/21420000049357 (12.05.2023).
- ↑ Vgl. http://kulturarvsdata.se/raa/bbrb/html/21420000049358 (13.03.2024). Selling 1937, S. 258, gibt das Jahr 1774 als Bauzeit an; eine nähere Diskussion zum Entstehungszeitraum bei Lundberg 2012c, S. 14.
- ↑ Lundberg verweist zudem auf eine Karte von 1794, auf der die fertige Stallanlage abgebildet ist, sowie auf einen Bericht nach Restaurierungsarbeiten 1995 (vgl. Blent 1995), in dem ebenfalls von einer Bauzeit in den 1770er Jahren und – ohne eindeutige Begründung – von einem Umbau von Dach und Fassaden in den 1790er Jahren ausgegangen wird. Vgl. Lundberg 2012c, S. 14.
- ↑ Vgl. Nachlassinventar von Abraham Öring, 1789, Landsarkivet Uppsala, Film och Dannemora tingslags häradsrätt, SE/ULA/10249, Volym F:2, Nr. 3, https://sok.riksarkivet.se/bildvisning/C0104822_00017 (29.05.2024). Zitiert bei Lundberg 2012c, S. 7.
- ↑ Im Nachlassinventar von Anna Johanna Grill (III) 1809 werden 8 Kühe, eine Färse, vier Kälber aufgeführt, außerdem 11 Schafe und 6 Lämmer, die eventuell woanders untergebracht waren. Vgl. Nachlassinventar von Anna Johanna Grill, 1809–1810, Tierps tingslags häradsrätt, SE/ULA/11545, Volym F:5, Nr. 120, https://sok.riksarkivet.se/bildvisning/C0104617_00331 (06.12.2023). Zitiert bei Lundberg 2012c, S. 8.
- ↑ Vgl. Nachlassinventar von Johan Abraham Grill, 1799, Landsarkivet Uppsala, Film och Dannemora tingslags häradsrätt, SE/ULA/10249, Volym F:2, Nr. 114, https://sok.riksarkivet.se/bildvisning/C0104822_00449 (29.05.2024). Zitiert bei Lundberg 2012c, S. 8.
- ↑ Betreut wurden die Pferde zu dieser Zeit durch einen Stallmeister (Jacob Öhrn) und drei Stallknechte. Vgl. Lundberg 2012c, S. 8.
- ↑ Vgl. näher Lundberg 2012c, S. 9; 15. Eingeritzte Daten und Initialen lassen auf ein Einziehen der Mauern um die Mitte des 19. Jahrhunderts schließen. Vgl. ebd. S. 15.
- ↑ Eine architektonische Beschreibung und Einordnung auch bei Lundberg 2012c, S. 9–10.
- ↑ Vermutlich im frühen 20. Jahrhundert wurden im oberen Teil der Fassade anstelle mancher Ochsenaugen mehrere Ladeluken für Heu eingebaut, trat die repräsentative Dimension des Gebäudes also offenbar etwas in den Hintergrund. Auf einer Vermessungszeichnung aus dem Jahr 1916 sind diese Luken noch nicht abgebildet. Vgl. Lundberg 2012c, S. 17.
- ↑ Vgl. Lundberg 2012c, S. 13.
- ↑ Vgl. Lundberg 2012c, S. 18–19.
- ↑ Vgl. https://sv.wikipedia.org/wiki/Drottningholms_slottsstall#:~:text=Drottningholms%20slottsstall%20är%20en%20byggnad,inrymmer%20idag%20lokaler%20för%20högvakten.&text=År%201737%20uppfördes%20byggnadens%20lägre%20del%20närmast%20slottet (28.05.2024).
- ↑ Vgl. Lundberg 2012c, S. 11.
- ↑ Vgl. http://kulturarvsdata.se/raa/bbr/html/21400000426058 (13.05.2024); https://bebyggelseregistret.raa.se/bbr2/anlaggning/visaHelaHistoriken.raa?anlaggningId=21300000013565&historikId=21000000540240 (12.04.2023).
- ↑ Vgl. Tigerstedt 1957, S. 561.
- ↑ Vgl. http://kulturarvsdata.se/raa/bbr/html/21400000701242 (12.05.2023).
- ↑ Vgl. http://kulturarvsdata.se/raa/bbr/html/21400000426053 (12.05.2023).
- ↑ Vgl. http://kulturarvsdata.se/raa/bbr/html/21400000701243 (12.05.2023).
- ↑ Vgl. http://kulturarvsdata.se/raa/bbr/html/21400000704232 (12.05.2023); http://kulturarvsdata.se/raa/bbr/html/21400000704234 (12.05.2023).
- ↑ Vgl. http://kulturarvsdata.se/raa/bbr/html/21400000426054 (12.05.2023).
- ↑ Vgl. http://kulturarvsdata.se/raa/bbr/html/21400000426057 (12.05.2023); http://kulturarvsdata.se/raa/bbr/html/21400000426056 (12.05.2023).
- ↑ Vgl. Gille 2022b, S. 38–39 [ohne Quellenangabe]. Siehe auch Anhang 2 Boenderförteckning von Claes Gille (S. 145–149), in dem die Bewohner der einzelnen Häuser mit ihren Berufen vor allem für das Jahr 1742 und teils das 19. Jahrhundert namentlich aufgelistet werden.
- ↑ Vgl. Gille 2022b, S. 40–41 [ohne Quellenangabe]; https://bebyggelseregistret.raa.se/bbr2/anlaggning/visaHelaHistoriken.raa?anlaggningId=21300000013565&historikId=21000000540240 (12.04.2023).
- ↑ Upmark 1908, S. 326, schreibt diese Zeichnungen Jean-Eric Rehn zu.
- ↑ Vgl. http://kulturarvsdata.se/raa/bbrb/html/21420000044156 (12.05.2023).
- ↑ Vgl. http://kulturarvsdata.se/raa/bbr/html/21400000692554 (12.05.2023).
- ↑ Vgl. Upmark 1908, S. 326; Bandet 1967, S. 349; Gunnarsson 2022a, S. 44 [ohne Quellenangabe].
- ↑ 2015 erhielt Österbybruk aus Belgien den Prijs voor het Belgische erfgoed in het buitenland von der FOD Buitenlandse Zaken und der König-Baudoin-Stiftung. Zum Prozess und den Arbeitsschritten in der Schmiede siehe die Beschreibung bei Gunnarsson 2022a, S. 44–46 [ohne Quellenangabe] mit einer bildlichen Erläuterung S. 47.
- ↑ Vgl. http://kulturarvsdata.se/raa/bbr/html/21400000701240 (12.05.2023); Gunnarsson 2022a, S. 44 [ohne Quellenangabe].
- ↑ Vgl. näher Tigerstedt 1957, S. 586–590.
- ↑ Vgl. Evans/Rydén 2007, S. 275–287.
- ↑ Vgl. http://kulturarvsdata.se/raa/bbr/html/21400000426059 (12.05.2023).
- ↑ Vgl. http://kulturarvsdata.se/raa/bbr/html/21400000701256 (12.05.2023); http://kulturarvsdata.se/raa/bbr/html/21400000701257 (12.05.2023).
- ↑ Vgl. https://bebyggelseregistret.raa.se/bbr2/anlaggning/visaHelaHistoriken.raa?anlaggningId=21300000013565&historikId=21000000540240 (12.04.2023).
- ↑ Vgl. näher Upmark 1908, S. 326.
- ↑ Vgl. Gunnarsson 2022a, S. 48–49 [ohne Quellenangabe].
- ↑ Vgl. hierzu insb. das Kapitel Les maîtres de forge et leurs plans idéaux in Bedoire 2013, S. 288–327.
- ↑ Vgl. Evans/Rydén 2007, S. 71–74; zu Lövsta ebd. insgesamt S. 71–92; Bedoire 2013, S. 296–297.
- ↑ Vgl. Bedoire 2013, S. 298–299.
- ↑ Vgl. Bedoire 2013, S. 300–302.
- ↑ Vgl. hierzu näher Bedoire 2013.