09. Garten und Park

Aus Herrenhäuser
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Der zur Anlage gehörende barocke Garten und Park zählten zu den bekanntesten und bedeutendsten Anlagen in Hinterpommern. Im Gegensatz zu vielen anderen Anlagen wurde er bereits in den 1970er Jahren dokumentiert.[1] Er wurde wohl zwischen 1755 und 1760 durch Heinrich Adrian von Borcke (1715–1788) (Abb. 20) angelegt.[2] Die Anlage ist im Zustand des 18. Jahrhunderts über einen Plan dokumentiert (Abb. 8)[3] und wurde vom Schweizer Reiseschriftsteller Johann Bernoulli (1744–1807) umfänglich beschrieben.[4]

Bernoulli schreibt: „Die schöne Witterung lockte mich schon ganz frühe in den prächtigen Garten des Schlosses (Abb. 8A). Einen schönern und angenehmern wird man, insonderheit hier zu Lande, nicht leicht finden; [...] die Neuheit des Anblicks war ein desto größerer Reiz für mich. Man stelle sich vors erste ein Parterre von mittelmäßiger Größe vor, in Form einer Rennbahn der Alten, simpel und ohne abentheuerliche Zierrathen, mit einem leichten und doch hohen Bogengang, von Taxusbäumen,[5] und jenseits des Raumes für die Spaziergänge mit hohen und dichten Bäumen und Büschen umgeben. Von der Spitze dieses Amphitheaters geht eine schmale gerade Allee, die an einem grünen Salon endet, in welchem zum Gesichtspunkt der Allee ein ebenso geschmackvolles und ehrwürdiges Grabmal steht (Abb. 8B).“[6]

Im Jahre 1772 ließ Graf von Borcke zum Andenken an seine 1770 verstorbene Gemahlin Helene am Ende der von der Gebäudemitte ausgehenden Mittelallee einen Obelisk (Abb. 53) als Point de vue errichten.[7] Bernoulli weiter: „Ihr Bildnis in einem von Meyer[8] in Berlin sehr gut gearbeiteten Medaillon von Erz ziert eine edle, auf einem Piedestal ruhende Pyramide.“[9] Der Obelisk ist heute noch vorhanden, das Medaillon und die Inschrift fehlen bzw. sind zerstört. Alleine die Einrahmung ist noch vorhanden. Insgesamt ist das Grabmahl aber in einem sehr schlechten Zustand (Abb. 54).[10]

Bernoulli fährt fort: „Auf beiden Seiten des Parterres und der gedachten Allee herrschen eine Menge schöner Partien; breite und schmale, bedeckte und unbedeckte Alleen, Boskette, kleine grüne Säulen, Tempel, Rasenplätze; Küchengärten usw. (Abb. 8A). Wem Unregelmäßigkeit lieber ist, dem wird der hintere Garten noch besser gefallen.“[11] Wie schon seit Anfang des 18. Jahrhunderts in England, so hat sich seit der Jahrhundertmitte auch in Deutschland die Mode und der Geschmack den Garten betreffend gewandelt. Der Zähmung der Natur und der Wirklichkeit entrückten Naturempfinden des Rokoko trat im nördlichen, noch weitestgehend im Naturzustand befindlichen Teil des Parks der englische Landschaftspark entgegen.[12]

Abb. 8 Stargordt, Lageplan "Grundriss des Hochgrätlichen v. Borcke Rittersitzes zu Stargordt", um 1770
Abb. 53 Stargordt, Park, Obelisk, um 1930
Abb. 54 Stargordt, Park, Obelisk, Zustand 2023

Hierzu schreibt Bernoulli: „Die zuerst gedachte Allee geht zwar hinter dem schönen Denkmal noch etwa einhundert Schritte geradeaus; allein auf beiden Seiten nehmen eine Menge krumm laufende Gänge, die mit Teichen, Eremitagen, Inseln und schönen Aussichten nach dem Felde abwechseln, eine große Strecke ein (Abb. 8C). Ich war schon eine geraume Zeit in dieser reizenden Wildnis herumgeirrt, ohne mich auf einer der vielen Bänke niederzulassen, als ich mich unversehens auf einer nur mit einem kleinen Bache umflossenen Insel befand, wo die unter einem einsamen Baume stehende Bank das Geräusch eines nahe dabei unter großen Steinen hervorströmenden Wasserfalls und die stille Aussicht nach dem mit Waldung und einigen Häusern gekrönten Felde mich unwiderstehlich einer nachdenklichen Ruhe anlockte.“[13] Die Insel wurde Professoreninsel genannt, nach Johann Georg Sulzer[14] (1720–1779), einem Schweizer Theologen und Philosophen der Aufklärung, der laut Landsmann Bernoulli die Steine rund um den kleinen Wasserfall zusammengetragen hatte.[15]

Abb. 8C Stargordt, Lageplan "Grundriss des Hochgrätlichen v. Borcke Rittersitzes zu Stargordt", um 1770, Detail C

Auch im hinteren Bereich des Gartens, über die Boskette mit den nie ausgeführten Wasserbassins und den Parterres hinaus, erfährt man diesen Zusammenklang. Die streng symmetrische Form des französischen Gartens wird wortwörtlich im zweiten Boskett auf die Spitze getrieben, der bisher quadratische Grundriss des Gartens verändert sich zu einem Dreieck, dessen Spitze im Denkmal-Obelisken mündet. Den Übergang bildet an seiner Basis ein kleines (wohl auch nie ausgeführtes) Amphitheater (Abb. 8B).[16]

Damit endet der übersichtliche „helle“ Teil des Boskett-Gartens und verwandelt sich in einen dunkleren, verwunschenen Teil, der deutlich stärker mit Bäumen durchsetzt ist als zuvor. Allerdings darf man hier keinen Wald wie im 19. Jahrhundert erwarten, vielmehr waren es in Reih und Glied gesetzte Bäume,[17] die diesen Eindruck vermitteln sollten. Auf beiden Seiten des Parks haben wir Nutzflächen mit Futterpflanzen. Die Vorbilder hierfür sind sicher in England zu finden, wo die “Walled Gardens“ oftmals direkt an Orangerien oder Ziergärten angegliedert und teilweise auch durchmischt wurden.

Abb. 8B Stargordt, Lageplan, Ausschnitt B

Auf dem sehr detailreichen Plan, den Bernoulli seinen Ausführungen beigefügt hat (Abb. 8),[18] ist zu erkennen, wie genau durchgeplant der Garten ist. Die nie ausgeführten Torhäuser am südlichen Ende des Plans werden durch Küchengärten gesäumt, die offensichtlich mit Obstbäumchen eingerahmt werden. Kurze Zeit später befinden sich dahinter auf der linken Seite Felder mit Klee und weiteren Futterpflanzen sowie den Koppeln für die Vollblupferde sogenannte Paddocks. Es ist also kein Zufall, wie die Gärten auf diesem Idealplan angeordnet sind: es wird Bezug genommen zwischen Nutzen und Zierde. Diese Auffälligkeit gab es etwa im Herzogtum Mecklenburg-Schwerin und im Herzogtum Holstein auch bereits im 18. Jahrhundert.[19]

Abb. 8A Stargordt, Lageplan, Ausschnitt A

Schließlich, im hinteren, nun nicht mehr symmetrischen Teil des Gartens (Abb. 8C), können wir einen dichten Bewuchs von Sträuchern und Bäumen erkennen. Eine reiche Zahl von verschlungenen Wegen führt hindurch zu einer Einsiedelei, womöglich ein Borkenhaus. Dies ist insofern auch bemerkenswert, da ein dicht bewachsener Wald mit hohen und älteren Bäumen ein Luxus war, den sich nicht jeder leisten konnte. Der hohe Bedarf an Holz hatte vielen Bäumen in Pommern im 18. Jahrhundert den Garaus gemacht und so war es etwas Besonderes, sich solch ein Terrain im Park halten zu können. Zeitgenossen wie Bernoulli wussten dies sicher als Demonstration von Stand und Reichtum einzuordnen. Im hintersten Bereich des Idealplans (Abb. 8C) erkennen wir die Karpfenteiche mit Insel und Eiskeller. Umstanden wird das Gebiet von einer Allee mit Laubbäumen.

Abschließend ist zu bemerken, wie kunstvoll der Garten von Stargordt angelegt wurde und mit welcher Raffinesse die einzelnen Bereiche miteinander verquickt wurden. Der Park ist heute völlig verwildert, von seiner ehemaligen Gestalt ist fast nichts mehr zu erkennen (Abb. 55–57).

  1. Vgl. Stanecka 2007, S. 324.
  2. Vgl. Borcke 2013, S. VII.
  3. Wer der ausführende Gartenkünstler war, ist nicht bekannt. Vgl. Plan von Stargordt in Bernoulli 1781, S. o.P. [S. 421] https://digital.onb.ac.at/OnbViewer/viewer.faces?doc=ABO_%2BZ160093905 (18.02.2025).
  4. Vgl. Bernoulli 1779, S. 70–72, https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb10466341?page=,1 (12.02.2025).
  5. Eiben.
  6. Vgl. Bernoulli 1779, S. 70–71.
  7. Auf einer Unterschrift des daran befestigten Bronze-Reliefportraits war zu lesen: „Helene Wilh. Henr. Gr. v. Borcke, geb. v. Brandt. Zum Andencken der besten der Frauen setzte dieses Heinrich. Adr. Gr. v. Borcke. Sie war geb. d. XX. Mey. MDCCVIII. Gestr. d. XI. Mey. MDCCLXX“ vgl. Borcke 2013, S. VII.
  8. Friedrich Elias Meyer der Ältere (1723–1785) oder sein jüngerer Bruder Wilhelm Christian Meyer (1726–1786).
  9. Vgl. Bernoulli 1779, S. 71.
  10. Im Frühling 2023.
  11. Vgl. Bernoulli 1779, S. 71.
  12. Vgl. Borcke 2013, S. VII.
  13. Vgl. Bernoulli 1779, S. 71.
  14. Ab 1775 wurde er Direktor der philosophischen Klasse der Akademie der Wissenschaften in Berlin.
  15. Vgl. Bernoulli 1779, S. 72.
  16. Vgl. Bernulli 1781, S. 385–386, Stargord oder Erklärung der ersten Kupferplatte.
  17. Wohl einige Koniferen und beschnittene Laubbäume.
  18. Vgl. Plan von Stargordt in Bermoulli 1781, S. o.P. [S. 421] https://digital.onb.ac.at/OnbViewer/viewer.faces?doc=ABO_%2BZ160093905 (18.02.2025). Legende: Grundriss des Hochgräflichen / v. Borcke Rittersitzes / zu Stargordt. / A. das Schloss. / B. der Lust Garten. / C. das Monument der seeligen / Gräffin v. Borcke geb. v. Brandt. / D. eine Eremitage. / E. der Eisskeller. / F. eine kleine Insel. / G. ein sehr klarer Spring. / H. Karpen Teiche welche aus ver= / schiedenen Springen ihr Darsein / erhalten und eine Mühle unterhalten / welche für d. Dorfschafften mahlet. / I. angränzende Klever Koppeln. / K. Acker Stücke.
  19. Auf einem Plan des Gutes Emkendorf in Schleswig-Holstein ist dies auch zu erkennen.
Abb. 8C Stargordt, Lageplan, Ausschnitt C