10. Wirtschaftsgebäude

Aus Herrenhäuser
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Für die wirtschaftliche Grundlage von Fossesholm war das in einiger Entfernung liegende Sägewerk der wichtigste Faktor, doch war es insbesondere die umfassend betriebene Landwirtschaft, die das Erscheinungsbild der Anlage unmittelbar um das Herrenhaus prägte. Wie heute noch der Fall, ordneten sich diverse Gebäude um einen Hof herum an, der vermutlich einst in zwei Bereiche und mit einem Zaun unterteilt war.[1] Hier standen neben den Wohnhäusern hauptsächlich landwirtschaftlich genutzte Gebäude, darunter Ställe, Scheunen und Lagerräume; darüber hinaus gab es unter anderem ein Sudhaus, Räumlichkeiten für den Hauslehrer und weitere Bedienstete, eine Sauna sowie Wagen- und Schlittenunterstände. Die Tierhaltung umfasste alle möglichen Tierarten, darunter Pferde, Kühe, Schweine, Gänse und Schafe. Die relativ summarischen Beschreibungen seit der Mitte des 17. Jahrhunderts lassen auf einfache Holzbauten schließen, die ob ihrer starken Beanspruchung in einem sehr unterschiedlichen und vielfach schlechten Zustand waren. Generell stand ihre Funktionalität im Vordergrund, für deren Erhalt die Pächter nur das Nötigste investierten und oftmals günstige oder ältere Materialien verwendeten. Zahlreiche Bauten hatten einen provisorischen Charakter, wurden schnell ersetzt, umgebaut oder umfunktioniert.[2] Das zu Beginn des 18. Jahrhunderts stehende Konglomerat an Wirtschaftsbauten, mehrheitlich in reparaturbedürftigem bis baufälligen Zustand, blieb trotz des um 1708 neu errichteten Hauptgebäudes während der ersten Jahrhunderthälfte nahezu unverändert stehen. Größere Investitionen erfolgten offenbar nicht. Eine Besichtigung und Schätzung von Fossesholm im Jahr 1741[3] verdeutlicht dies auch im angesetzten Wert der Anlage, von dem 72 % auf das neue Hauptgebäude entfielen.[4]

Unter J. von Cappelen veränderte sich die Anlage entscheidend. Das Hauptgebäude wurde in seiner Länge verdoppelt und beidseitig um je einen zweistöckigen Flügel erweitert. Begehungen in den 1760er und 1790er Jahren[5] sowie die Brandschutzgutachten von 1810 und 1828[6] vermitteln ein genaues Bild der Entwicklung der Wirtschaftsbauten und ihrer Funktionen. [7] Der neue Flügel auf der Südseite beherbergte das Sudhaus, einen Melkraum, eine „„rullerstue“ sowie Räume für die Dienerschaft („drengestue“, „kontor“, „fatebur“). Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde er mit 10,7 m Breite und insgesamt 22,5 m Länge vermessen. Der hell gestrichene Nordflügel – auf der frühesten Photographie von 1880 erkennbar – hatte eine Breite von 8,5 m und eine Länge von 24,5 m und nahm insgesamt zehn Räume auf. Die restlichen Bauten, die sich um den Hof herum aufreihten, setzten sich aus Ställen, Scheunen, Lagerräumen und Wagenunterständen zusammen und waren 1764 mehrheitlich in schlechtem Zustand, der sich kaum von jenem im Jahr 1741 unterschied. Unter von Cappelen erfolgten eine Reihe an Renovierungen und Erweiterungen.[8] Teils erwiesen sich die Mängel als so groß, dass die alten Gebäude nicht zu retten waren, so beispielsweise im Falle des gegenüber des Hauptgebäudes liegenden großen Stalls mit 18 Pferdeboxen („spiltau“), für den bereits 1741 angesichts seines schlechten Zustands ein Neubau empfohlen worden war.[9] Auch eine große Scheune („låve“) wurde nach Reparaturversuchen um 1767 gänzlich neu errichtet.[10]

Cappelens Verbesserungen der Stallgebäude schlugen sich in der Wirtschaftlichkeit nieder: Wo Anfang der 1760er Jahre zum Beispiel der Kuhstall noch 12 Kühe aufnahm, sind 1785 deutlich mehr Tiere (33 Kühe) dokumentiert.[11] Nach seinem Besuch in Fossesholm 1780 hob auch Jacob Nicolai Wilse den hohen Standard der Gebäude hervor: In „Hestestalden og Fæehuset“ sei es so „luftig og reent so i en Stue“ („luftig und sauber wie in einem Wohnraum“).[12] Wilse sieht in Cappelens Verbesserungen das Ideal einer fortschrittlichen Landwirtschaft, die von Ordnung und Sauberkeit bestimmt wird. Ebendiesem Ideal folgten auch Otto und Ellen Omsted, die mit ihrer Übernahme von Fossesholm 1785 die Investitionen auch in die Wirtschaftsgebäude fortsetzten: Auf der östlichen Seite des Hofes entstand gegenüber dem Hauptgebäude ein 18,3 x 8,2 m großes Gebäude aus Stein („steinfjøs“) mit einer angeschlossenen einfachen Sommerscheune („sommerfjøs“) aus Fachwerk. Der Stein für die Scheune stammte offenbar aus dem zeitgleich erweiterten Gartenareal. Ein Steingebäude war in der Zeit bereits vielerorts ein angestrebtes Ideal und Symbol für eine modernisierte Landwirtschaft – herkömmliche Holzbauten waren insbesondere im Kontext der Tierhaltung anfällig für Feuchtigkeit, Fäulnis und wurden schnell baufällig, während gemauerte Ställe Ordnung, Sauberkeit und Beständigkeit ermöglichten. Nicht zuletzt sollte sich mit den zunehmenden Steinbauten im 19. Jahrhundert auch die Viehhaltung verändern: Wurde das Vieh zuvor im Winter mit so wenig Futter wie möglich am Leben gehalten, zielte man nun auch mit verbesserten baulichen Voraussetzungen auf mehr Produktivität und Zucht.[13]

Abb. 142. Fossesholm, Hof mit Nebengebäuden ©Marion Müller
Abb. 143. Fossesholm, Hof mit Nebengebäuden ©Marion Müller
Abb. 145. Fossesholm, früheste bekannte Photographie aus den 1770er Jahren ©Eiker Arkiv, https://lokalhistoriewiki.no/wiki/Fil:Fossesholm_Herregård_på_1860-tallet_(oeb-183660).jpg
  1. Vgl. Sørensen 2022a, S. 137.
  2. Vgl. Sørensen 2022a, S. 146–147.
  3. Vgl. Statsarkivet Kongsberg, Eiker, Modum og Sigdal sorenskriveri, Tingbok I 73, https://www.arkivportalen.no/entity/548412a1-42e6-4243-bad7-785abe3da16a?ins=AV (12.06.2024), fol. 208ff, 264bff (26.–29. Juni 1741; 25. September 1741). Zitiert nach Sørensen 2022a, Anm. 25, S. 208.
  4. Vgl. Sørensen 2022a, S. 208.
  5. Vgl. Statsarkivet Kongsberg, Eiker, Modum og Sigdal sorenskriveri, Tingbok II 12, https://www.arkivportalen.no/entity/0231e264-f9e8-4fc5-a9ff-862414e63c29?ins=AV (03.07.2024), fol. 395, zitiert nach Sørensen 2022a, Anm. 22, S. 293.
  6. Vgl. Statsarkivet Kongsberg, Eiker, Modum og Sigdal sorenskriveri, Tingbok II
  7. gezeichnete Übersicht bei Sørensen 2022a, S. 339 nach den Akten von 1810
  8. Vgl. im Einzelnen zu den jeweiligen Gebäuden Sørensen 2022a, S. 289–294.
  9. Vgl. Sørensen 2022a, S. 290.
  10. Von dieser Scheune zeugt noch ein Foto aus dem 1936, abgebildet bei Sørensen 2022a, S. 292. Siehe S. 293 für weitere Details zu den einzelnen Gebäuden.
  11. Vgl. Sørensen 2022a, S. 290; 292.
  12. Vgl Wilse 1790, S. 98–99, zitiert nach Sørensen 2022a, S. 299.
  13. Vgl. Sørensen 2022a, S. 338–339.