Christinehof/04. Überblick zur Anlage: Unterschied zwischen den Versionen

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[[Datei:21. Alaun.webp|mini|21. Gebiet der ehemaligen Alaunproduktion im Jahr 2023 ©Marion Müller]]Zu den Alaunproduktionsstätten (Abb. 20–21) liegen aus dem 17. und 18. Jahrhundert mehrere Karten vor [link zum Kapitel], die einen Eindruck der mehrheitlich nicht mehr stehenden Gebäude sowie der einstigen Produktionsabläufe geben. Das Areal ist heute in weiten Teilen von der Natur überwachsen, doch lassen sich seine alten Strukturen und Eigenschaften weiterhin umfassend in der Landschaft ablesen. Dagegen sind Herrenhaus und Garten größtenteils in ihrer ursprünglichen Anlage des 18. Jahrhunderts erhalten, wobei auch hier das vorliegende Kartenmaterial aus dem 19. Jahrhundert<ref>Vgl. Ingenjörskåren, Skånska rekognosceringskartan, 1812–1820, Riksarkivet, Topografiska kåren / Fältmätningskåren, VÖ 205, https://sok.riksarkivet.se/bildvisning/K0035847_00001 (13.03.2023) sowie zwei Karten mit minimalen Abweichungen aus dem Jahr 1864, Archiv Christinehof, J/X 136 und J/X 137.</ref> (Abb. 22–23) sowie eine 1768 publizierte Zeichnung von [[wikidata:Q5566032|Adolf Fredrik Barnekow]] (Abb. 24) Rückschlüsse zu seiner Gestaltung erlauben.
[[Datei:21. Alaun.webp|mini|21. Gebiet der ehemaligen Alaunproduktion im Jahr 2023 ©Marion Müller]]Zu den Alaunproduktionsstätten (Abb. 20–21) liegen aus dem 17. und 18. Jahrhundert mehrere Karten vor [link zum Kapitel], die einen Eindruck der mehrheitlich nicht mehr stehenden Gebäude sowie der einstigen Produktionsabläufe geben. Das Areal ist heute in weiten Teilen von der Natur überwachsen, doch lassen sich seine alten Strukturen und Eigenschaften weiterhin umfassend in der Landschaft ablesen. Dagegen sind Herrenhaus und Garten größtenteils in ihrer ursprünglichen Anlage des 18. Jahrhunderts erhalten, wobei auch hier das vorliegende Kartenmaterial aus dem 19. Jahrhundert<ref>Vgl. Ingenjörskåren, Skånska rekognosceringskartan, 1812–1820, Riksarkivet, Topografiska kåren / Fältmätningskåren, VÖ 205, https://sok.riksarkivet.se/bildvisning/K0035847_00001 (13.03.2023) sowie zwei Karten mit minimalen Abweichungen aus dem Jahr 1864, Archiv Christinehof, J/X 136 und J/X 137.</ref> (Abb. 22–23) sowie eine 1768 publizierte Zeichnung von [[wikidata:Q5566032|Adolf Fredrik Barnekow]] (Abb. 24) Rückschlüsse zu seiner Gestaltung erlauben.
Die Zufahrt zum Herrenhaus erfolgt über eine von Rosskastanien gesäumte Allee (Abb. 25), die auf ihrem letzten Abschnitt geradewegs auf das Hauptgebäude zuführt. Sie beschreibt eine zentrale Achse, die sich durch die Mittelachse des Gebäudes, den rückwärtig liegenden Garten und einige Kilometer weiter durch das anschließende Gelände fortsetzte. Auch die in Andrarum seit dem Mittelalter stehende Kirche (Abb. 26) scheint für die Wahl des Standorts eine Rolle gespielt zu haben: Liegt sie zwar nicht in der genannten Achse, so doch in direkter Sichtweite. Über dem stark abfallenden, sumpfigen Gelände wurden mehrere Meter hohe Terrassen aufgeschüttet, auf deren höchstem Punkt der regionale Baumeister Georg Mokelten im Auftrag von [https://skbl.se/en/article/ChristinaPiper Christina Piper] ein dreigeschossiges Hauptgebäude mit vorspringenden Seitenflügeln errichtete (Abb. 27). Während im Erdgeschoss funktionale Wirtschaftsräume lagen, befanden sich im ersten Obergeschoss die Raumfolgen der Familie und im zweiten Obergeschoss ein weiterer Festsaal sowie funktional vermutlich nicht abschließend festgelegte Gästeräume. Das Haus wurde unter Christina Piper nur als temporärer Aufenthaltsort, unter ihrem Sohn [[wikidata:Q6161733|Carl Fredrik Piper]] jedoch mehrere Monate im Jahr als Wohnort genutzt. Die Innenräume, deren Grundrisse bis auf vereinzelte Eingriffe den im 18. Jahrhundert angelegten Dispositionen entsprechen, sind in ihrer festen Ausstattung relativ schlicht (Abb. 28–30). Dies gilt auch für die Fassade des Gebäudes, die sich weitgehend schmucklos präsentiert. Wurden zwar durchaus die Ansprüche eines repräsentativen Hauses erfüllt, vermittelt sich zugleich die ursprüngliche funktionale Bestimmung von Christinehof als temporärem Geschäftsort von Christina Piper.
Die Zufahrt zum Herrenhaus erfolgt über eine von Rosskastanien gesäumte Allee (Abb. 25), die auf ihrem letzten Abschnitt geradewegs auf das Hauptgebäude zuführt. Sie beschreibt eine zentrale Achse, die sich durch die Mittelachse des Gebäudes, den rückwärtig liegenden Garten und einige Kilometer weiter durch das anschließende Gelände fortsetzte. Auch die in Andrarum seit dem Mittelalter stehende Kirche (Abb. 26) scheint für die Wahl des Standorts eine Rolle gespielt zu haben: Liegt sie zwar nicht in der genannten Achse, so doch in direkter Sichtweite. Über dem stark abfallenden, sumpfigen Gelände wurden mehrere Meter hohe Terrassen aufgeschüttet, auf deren höchstem Punkt der regionale Baumeister Georg Mokelten im Auftrag von [https://skbl.se/en/article/ChristinaPiper Christina Piper] ein dreigeschossiges Hauptgebäude mit vorspringenden Seitenflügeln errichtete (Abb. 27). Während im Erdgeschoss funktionale Wirtschaftsräume lagen, befanden sich im ersten Obergeschoss die Raumfolgen der Familie und im zweiten Obergeschoss ein weiterer Festsaal sowie funktional vermutlich nicht abschließend festgelegte Gästeräume. Das Haus wurde unter Christina Piper nur als temporärer Aufenthaltsort, unter ihrem Sohn [[wikidata:Q6161733|Carl Fredrik Piper]] jedoch mehrere Monate im Jahr als Wohnort genutzt. Die Innenräume, deren Grundrisse bis auf vereinzelte Eingriffe den im 18. Jahrhundert angelegten Dispositionen entsprechen, sind in ihrer festen Ausstattung relativ schlicht (Abb. 28–30). Dies gilt auch für die Fassade des Gebäudes, die sich weitgehend schmucklos präsentiert. Wurden zwar durchaus die Ansprüche eines repräsentativen Hauses erfüllt, vermittelt sich zugleich die ursprüngliche funktionale Bestimmung von Christinehof als temporärem Geschäftsort von Christina Piper.



Version vom 19. November 2024, 12:54 Uhr

Das Herrenhaus von Christinehof (Abb. 17–19), heute in der Gemeinde Tomelilla in Schonen, entstand als Teil einer bereits seit dem frühen 17. Jahrhundert bestehenden Alaunhütte, welche die umliegende Topographie weiträumig bestimmte. Die Produktionsstätten der Alaungewinnung mit Arbeiter- und Verwaltungsgebäuden, den Arealen des Schieferabbaus, großflächig angelegten Laugenbecken, Kessel- und Lagerhäusern sowie Hügeln aus Schlacke und Schieferabfällen lagen in einer Distanz von etwa zwei Kilometern zu dem unter Christina Piper errichteten Herrenhaus mit Garten. Ihr eigener Handlungsraum erfuhr damit eine deutliche Abgrenzung von den alltäglichen Arbeitsvorgängen. Die Herrenhausanlage konnte so eine repräsentative Dimension entfalten, wenn auch angesichts monatelang brennender Schiefertürme und großflächiger Abholzung der vorindustrielle Kontext eine äußerst präsente Kulisse geboten haben muss.

20. Gebiet der ehemaligen Alaunproduktion im Jahr 2023 ©Marion Müller
21. Gebiet der ehemaligen Alaunproduktion im Jahr 2023 ©Marion Müller
Zu den Alaunproduktionsstätten (Abb. 20–21) liegen aus dem 17. und 18. Jahrhundert mehrere Karten vor [link zum Kapitel], die einen Eindruck der mehrheitlich nicht mehr stehenden Gebäude sowie der einstigen Produktionsabläufe geben. Das Areal ist heute in weiten Teilen von der Natur überwachsen, doch lassen sich seine alten Strukturen und Eigenschaften weiterhin umfassend in der Landschaft ablesen. Dagegen sind Herrenhaus und Garten größtenteils in ihrer ursprünglichen Anlage des 18. Jahrhunderts erhalten, wobei auch hier das vorliegende Kartenmaterial aus dem 19. Jahrhundert[1] (Abb. 22–23) sowie eine 1768 publizierte Zeichnung von Adolf Fredrik Barnekow (Abb. 24) Rückschlüsse zu seiner Gestaltung erlauben.

Die Zufahrt zum Herrenhaus erfolgt über eine von Rosskastanien gesäumte Allee (Abb. 25), die auf ihrem letzten Abschnitt geradewegs auf das Hauptgebäude zuführt. Sie beschreibt eine zentrale Achse, die sich durch die Mittelachse des Gebäudes, den rückwärtig liegenden Garten und einige Kilometer weiter durch das anschließende Gelände fortsetzte. Auch die in Andrarum seit dem Mittelalter stehende Kirche (Abb. 26) scheint für die Wahl des Standorts eine Rolle gespielt zu haben: Liegt sie zwar nicht in der genannten Achse, so doch in direkter Sichtweite. Über dem stark abfallenden, sumpfigen Gelände wurden mehrere Meter hohe Terrassen aufgeschüttet, auf deren höchstem Punkt der regionale Baumeister Georg Mokelten im Auftrag von Christina Piper ein dreigeschossiges Hauptgebäude mit vorspringenden Seitenflügeln errichtete (Abb. 27). Während im Erdgeschoss funktionale Wirtschaftsräume lagen, befanden sich im ersten Obergeschoss die Raumfolgen der Familie und im zweiten Obergeschoss ein weiterer Festsaal sowie funktional vermutlich nicht abschließend festgelegte Gästeräume. Das Haus wurde unter Christina Piper nur als temporärer Aufenthaltsort, unter ihrem Sohn Carl Fredrik Piper jedoch mehrere Monate im Jahr als Wohnort genutzt. Die Innenräume, deren Grundrisse bis auf vereinzelte Eingriffe den im 18. Jahrhundert angelegten Dispositionen entsprechen, sind in ihrer festen Ausstattung relativ schlicht (Abb. 28–30). Dies gilt auch für die Fassade des Gebäudes, die sich weitgehend schmucklos präsentiert. Wurden zwar durchaus die Ansprüche eines repräsentativen Hauses erfüllt, vermittelt sich zugleich die ursprüngliche funktionale Bestimmung von Christinehof als temporärem Geschäftsort von Christina Piper.

Zwei vorgelagerte, symmetrisch gestaltete und eingeschossige Nebengebäude – der Pferdestall auf der einen und das Kutschenhaus auf der anderen Seite – bilden mit dem Hauptgebäude eine Avant-Cour, die einst durch heute nicht mehr stehende niedrige Mauern umgeben war (Abb. 31, 18). Vor dem baulichen Ensemble situieren sich im Westen zwei miteinander durch einen kleinen Wasserlauf verbundene Fischteiche (Abb. 32) und, etwas zurückgesetzt, ein großes Landwirtschaftsgebäude aus dem 18. Jahrhundert, das im 19. Jahrhundert an derselben Stelle neu errichtet wurde (Abb. 33). Etwas abseits der Anlage situieren sich ein Eiskeller und ein Hühnerhaus (Abb. 34). Das Herrenhaus selbst ist von einem Nutz- und Ziergarten umgeben, der zu den Seiten und der Rückseite in zwei hohen Terrassen abfällt und durch eine niedrige Steinmauer von dem anschließenden Wald- und Sumpfgelände abgegrenzt wird (Abb. 35–36). Auf gleicher Höhe wie das Kutschenhaus befand sich am Rande des Gartens ein nicht mehr erhaltenes Haus für den Gärtner, das sich in seiner Architektur den Vorbauten anglich. Während die Zufahrt und Vorhof auf derselben Ebene lagen, entstand durch die seitlich und rückseitig des Hauptgebäudes aufgeschütteten Terrassen eine effektvolle Wirkung mit einem weiten Blick über die Umgebung. Das Herrenhaus nahm so eine erhabene und dominierende Position in der Landschaft ein – in direkter Analogie zu Christina Pipers Stellung in der Region.

17. Christinehof, Hofansicht ©Marion Müller
18. Christinehof, Stallgebäude ©Thomas Wilke
19. Christinehof, Gartenansicht ©Thomas Wilke
22. Ingenjörskåren, Skånska rekognosceringskartan (Ausschnitt), 1812–1820, Riksarkivet, Topografiska kåren / Fältmätningskåren, VÖ 205
23. Christinehof, Karte aus dem Jahr 1864, Archiv Christinehof, J/X 136 (Ausschnitt) ©Archiv Christinehof, Foto: Marion Müller
  1. Vgl. Ingenjörskåren, Skånska rekognosceringskartan, 1812–1820, Riksarkivet, Topografiska kåren / Fältmätningskåren, VÖ 205, https://sok.riksarkivet.se/bildvisning/K0035847_00001 (13.03.2023) sowie zwei Karten mit minimalen Abweichungen aus dem Jahr 1864, Archiv Christinehof, J/X 136 und J/X 137.