09. Garten und Park im 18. Jahrhundert
- 01. Einführung
- 02. Forschungsstand
- 03. Geschichte der Anlage vor dem 18. Jahrhundert
- 04. Überblick zur Anlage
- 05. Wirtschaftlicher Kontext
- 06. Besitzverhältnisse im 18. Jahrhundert
- 07. Herrenhaus: Baugeschichte und Architektur
- 08. Innenräume im 18. Jahrhundert
- 09. Garten und Park im 18. Jahrhundert
- 10. Wirtschaftsanlage
- 11. Kirche und Dorfstrukturen
- 12. Geschichte der Anlage nach dem 18. Jahrhundert
- 13. Quellen- und Literaturverzeichnis
Die Anlage des Gartens (Abb. 35, 19, 124–126) in Christinehof erfolgte vermutlich in enger zeitlicher Abfolge mit der Errichtung des Herrenhauses. Der Vertrag über die Errichtung des Hauptgebäudes wurde 1737 mit dem regionalen Baumeister Georg Mokelten geschlossen, der mangels Quellen auch als Urheber des umliegenden Gartens in Betracht gezogen wurde.[1] Tatsächlich liegen heute kaum aussagekräftige Quellen zu Urheberschaft und Entstehungsgeschichte des Gartens vor.[2] Indes enthalten einige Briefe von Christina Piper an den Direktor der Alaunhütte, Ivar Ryting, vereinzelte Hinweise: Am 7. August 1741 kündigt sie einen Gärtner mit Namen Jean Limburg an, der sich einen Überblick verschaffen soll; sie ordnet zudem die Errichtung einer den Garten dreiseitig einfassenden Steinmauer an – heute nur in Teilen erhalten (Abb. 127) – und dringt auf eine schnelle Durchführung der Arbeiten.[3] Am 3. September unterstreicht sie deren Notwendigkeit erneut.[4] Bereits am 7. September zeigt sie sich mit der beträchtlichen Menge an Steinen, die inzwischen angekommen ist, zufrieden. Allerdings erweist sich in der kalten Jahreszeit die tägliche Arbeitszeit als zu kurz, so dass die Arbeit an der Mauer auf das Frühjahr verschoben werden soll.[5] Am 29. September schließlich schreibt Christina Piper, dass Georg Mokelten das fertig gestellte Haus verlasse und schaut besorgt auf die nun ungeschützte und leerstehende Anlage, zu deren Sicherung die Errichtung des mit drei Ellen Höhe geplanten „stengärdet“ erfolgen müsse. Sie zeigt sich unzufrieden mit dem Fortschritt der Arbeiten und erhöht den Druck auf Yvar Riting.[6] Die Anlage war vermutlich spätestens 1748 oder 1749 fertiggestellt, da sie im 1750 publizierten Reisetagebuch von Carl Hårleman erwähnt wird.[7] Carl von Linné, der Schonen 1749 bereiste,[8] verfasste zwar am 30. Mai eine längere Abhandlung zu den Produktionsvorgängen der Alaunhütte und dort erfolgten botanisch-geologischen Beobachtungen, erwähnt jedoch das Herrenhaus mit seinem Garten nicht.[9] Da Linné andere Gärten von Christina Piper durchaus berücksichtigte, so jene in Krageholm und Toppeladugård, lässt seine Abwesenheit in Christinehof darauf schließen, dass der dortige Garten für ihn von geringem botanischen und gartenbaulichen Interesse war. Das früheste aussagekräftige Dokument zum Garten ist eine Zeichnung mit Beschreibung von Adolf Fredrik Barnekow (1744–1787), entstanden auf einer Reise mit Emanuel De Geer und 1768 – leicht überarbeitet und aquarelliert – in einer Reihe weiterer Abbildungen von hauptsächlich schwedischen Gutsanlagen und Kirchen publiziert (Abb. 128, 24).[10] Barnekow, unter anderem als Direktor des Königlichen Theaters und der Hofkapelle sowie als Präsident der Königlichen Musikakademie in Erscheinung getreten, zeigte ein ausgeprägtes Interesse an den Gartengestaltungen seiner Zeit und tat sich als Entwerfer mehrerer Gartenanlagen hervor.[11] Fast zeitgleich erschien 1767 eine längere Beschreibung des Gartens durch den Landvermesser Johan Lorentz Gillberg.[12] Die Gesamtanlage von Christinehof erweist sich, gerade im Vergleich zu anderen Anwesen in Piperschem Besitz, als verhältnismäßig einfach und ohne Raffinessen. Dennoch zeigt ein näherer Blick auf die Gestaltungsmittel, das auch hier eine Inszenierung des Herrenhauses im Dialog mit seiner Umgebung stattfand und eine repräsentative Dimension dazu angetan war, dem Status und der dominierenden Rolle von Christina Piper in der Region Ausdruck zu verleihen. Eine bis heute in großen Teilen erhaltene Kastanienallee[13] führt nach Christinehof und beschreibt etwa 200 m vor dem Haupthaus eine 90°-Biegung, womit sich der Blick auf das Herrenhaus öffnet. Hier beginnt eine Achse, die zentral durch das Hauptgebäude hindurchläuft, sich durch den rückseitig gelegenen Garten und weiter durch das angrenzende Terrain fortsetzt (Abb. 129–130). Wie auf einer Karte aus dem frühen 19. Jahrhundert (1812–1820) zu erkennen ist (Abb. 22),[14] zog sich diese Achse ursprünglich auf einer Länge von etwa 1,5 km durch das heute bewaldete Gelände. Sie war etwa 30 m breit und von Bäumen in einem Abstand von etwa 5–10 m gesäumt.[15] Mit einer solchen zentralen Sichtachse wurde in Christinehof ein Grundelement barocker Anlagen eingeführt. Rechterseits passierte man auf dem Weg zum Hauptgebäude zunächst ein rechteckiges und einst ummauertes Feld mit gerade gepflanzten Lindenreihen. Anschließend liegt linkerhand auf abfallendem Terrain ein ursprünglich rechteckiger Fischteich, wahrscheinlich gedacht für Karpfen oder Flusskrebse (Abb. 32). Auf Barnekows Zeichnung ist der Teich dreiseitig von vermutlich Buxbaum sowie allseitig von einer gelben Fläche, eventuell farbige Steine, eingefasst.[16] Auf der gegenüberliegenden Seite liegt eine freie Fläche, die in ihrer Funktion unklar ist. Entsprechend eines barocken Strebens nach Symmetrie wurde hier teils ein weiterer Teich vermutet[17], was indes bislang nicht durch Quellen untermauert werden konnte. Auch 2023 durchgeführte Bodenradaruntersuchungen ergaben keine entsprechenden Hinweise.[18] Ein weiterer, größerer Fischteich liegt indes auf dem weiter abfallenden Terrain und ist mit ersterem über einen schmalen Bachlauf verbunden (Abb. 131). Bereits Gillberg bestätigt die Existenz dieser beiden Teiche zwischen „Borg och Ladugården“[19]. Der Garten selbst erstreckt sich dreiseitig um das Haupthaus auf zwei hohen Terrassen, die über eine Aufschüttung von insbesondere bei der Alaunproduktion anfallenden Schieferabfällen[20] geschaffen worden waren. Strukturen dieser Aufschüttung ließen sich auch in Bodenradaruntersuchungen im Jahr 2023 nachweisen.[21] Wie auf Barnekows Zeichnung und einer Karte aus dem 19. Jahrhundert (Abb. 23, 24) erkennbar, waren die breiten Terrassen in geometrisch angelegte Quartiere unterteilt; nur unmittelbar vor dem Gebäude befand sich auf der oberen Terrasse ein Zierelement: Zwei Broderieparterres gruppierten sich um eine ovale Fläche, prädestiniert für die Aufnahme eines Wasserbeckens, einer Skulptur oder einer Fontäne.[22] Seitlich des Gebäudes war je ein weiteres Parterre angelegt, dessen Gestaltung auf Barnekows Skizze nicht präzisiert wird. Zwischen den drei Parterres sind diagonal vom Haus wegführende Wege gezeigt; auch hier konnte die Bodenradaruntersuchung 2023 rechterhand eine lineare Struktur abbilden (Abb. 81, 82). Eine kleine, nach unten geschwungene Treppe führte auf der zentralen Achse in die untere, etwa fünf Meter tiefer gelegene Gartenebene, die mit quadratischen oder rechteckigen Quartieren gestaltet war. Gillberg zählt die Elemente innerhalb des ummauerten Gartenareals auf: „qwarter, häckar, Ritningar och Frukteträn, alt omlagt med en hög stenmur.“[23] Die offenbar von Hecken umstandenen Quartiere nahmen demnach hauptsächlich Obstbäume auf. Die Bodenradaruntersuchung konnte insbesondere seitlich der Wegestrukturen eine Reihe von ehemaligen Pflanzgruben nachweisen, die auf einst vorhandene Bäume verweisen. Auch auf zu Beginn des 20. Jahrhunderts entstandenen Fotos sind noch vereinzelte Bäume sichtbar, ebenso Reste einer die obere Terrasse einst stützenden Mauer, die auch auf der indes wenig verlässlichen Lavierung von Matthias Flensburg aus den 1790er Jahren (Abb. 132) erscheint. Am Endpunkt des Gartens führt eine schmale Treppe auf der zentralen Achse aus dem Garten hinaus (Abb. 133) und ist auf Barnekows Skizze vage eine Patte d’oie angedeutet. Auf der Karte aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts (Abb. 23) ist der Garten allseitig vermutlich von Bäumen umstanden, die indes bei Barnekow noch nicht abgebildet und eventuell also späteren Datums sind. In seiner Dimension ist der Garten in Christinehof überschaubar. Seine relativ einfache Gestaltung weist auf eine zuerst praktikable Funktion als Nutzgarten, ohne dass eine repräsentative Dimension außer Acht gelassen wurde. Die künstliche Topographie und Terrassierungen schaffen ein Ensemble, in dem das Haus im Zusammenspiel mit dem Garten effektvoll inszeniert wird: Die großen Niveauunterschiede erhoben das Hauptgebäude zu einem die Landschaft dominierenden Blickpunkt. Zugleich musste auf der Gartenseite ein willkommener Überraschungseffekt entstehen, denn die Terrassierungen und Ausblicke blieben auf der Hofseite dem Blick zunächst verborgen. Die Symmetrie der Anlage, die Broderieparterres, linearen Wegestrukturen und die zentrale Sichtachse greifen das Vokabular des barocken Gartens auf, wenn auch auf prestigeträchtigere Elemente – wie beispielsweise Wasserspiele, Gartenarchitekturen, Skulpturen oder Labyrinth – gänzlich verzichtet wurde. Auch aufwendigere oder exotische Bepflanzungen sind nicht überliefert. Es gab augenscheinlich viele Obstbäume. Der Gärtner logierte in einem unter Carl Fredrik Piper errichteten Haus am Ende der unteren Terrasse, das nicht mehr erhalten ist, aber über die Bodenradaruntersuchung 2023 nachgewiesen werden konnte. Dieselbe Untersuchung brachte am unteren Rand der östlichen Terrasse zudem drei rechteckige Strukturen zutage, bei denen es sich offenkundig um Fundamente hier ehemals stehender Gebäude handelt (Abb. 81, 82).[24] In den bekannten Karten sind sie nicht nachzuweisen. Die relativ schlichte Gartengestaltung in Christinehof erklärt sich nicht mit fehlendem Engagement Christina Pipers, die in ihren Anwesen eine Reihe äußerst aufwendiger Gärten [link] realisieren ließ und darin ein langes und intensives Interesse an der Gartenkunst bezeugt. Vielmehr spiegelt sich auch im Garten die temporäre und praktikable Nutzung des Anwesens; zudem spielten eventuell die Beeinträchtigungen der nahen Alaungewinnung, insbesondere über die monatelang brennenden Schiefertürme, eine Rolle. Unter Carl Fredrik Piper, der über die Sommermonate ständig in Christinehof lebte, erfuhr der Garten keine grundlegenden Veränderungen. Gärten in den Anwesen von Christina Piper:Mehrere Anwesen im Besitz von Christina Piper erhielten ausnehmend anspruchsvolle Gartengestaltungen. Insbesondere in Stockholm, Sturefors, Krageholm und Toppeladugård entstanden Gärten, für die mit Johan Hårleman, Nicodemus Tessin d. J. und Göran Josua Adelcrantz teils namhafte Künstler beauftragt wurden. Christina Piper selbst war an ihrem Entstehungsprozess oftmals aktiv beteiligt. Dies ist bereits für den 1695 begonnenen Garten[25] in ihrem Stockholmer Stadthaus auf Kungsholmen anzunehmen, da Carl Piper während der laufenden Arbeiten Schweden für den Großen Nordischen Krieg verließ. Verantwortlich zeichnete Johan Hårleman, ein Künstler von europäischem Rang, der nach zwei Studienreisen insbesondere von Frankreich beeinflusst und unter Nicodemus Tessin d. J. in die Gestaltung der königlichen Gärten involviert war.[26] Die hohe Bedeutung des Kungsholmer Gartens vermittelt sich auch in sieben Überblicks- und Detailansichten von Johannes van den Aveelen[27], die vermutlich mit Blick auf eine (letztlich nicht erfolgte) Aufnahme in die Publikation der Suecia antiqua et hodierna[28] entstanden waren (Abb. 134, 135). Das von einer Mauer umschlossene Gartenareal ordnete sich um ein etwas zurückgesetztes Hauptgebäude an, das von einer zentralen Achse durchschnitten wurde. Den Endpunkt bildete eine ab 1702 realisierte halbrunde Mauer mit Nischen, die als Piperska muren[29] bekannt wurde. Vor dem Gebäude lagen symmetrisch angelegte Broderieparterres mit je einem Jet d’eau in ihrem Zentrum; zu den Seiten gruppierten sich weitere Boskette, ein Labyrinth, Baumbepflanzungen sowie eine reich verzierte Orangerie[30] – zu letzterer schrieb Hårleman 1703 an Carl Piper, sie werde nur von der Orangerie in Versailles übertroffen.[31] Das hohe Anspruchsniveau des Kungsholmer Gartens bestätigt sich in Hårlemans Orientierung an einer königlichen Formensprache: Ebenfalls in den 1690er Jahren war er im Kungsträdgården tätig, wo sich eine ähnliche Anordnung der Gartenelemente beobachten lässt.[32] Auch in Sturefors, seit 1699 in Piperschem Besitz und ihr erster großer Landsitz, entstand ab 1707 eine repräsentative Schlossanlage mit Garten, die den Status der Familie zum Ausdruck bringen sollte. [33] Erneut wurden mit Nicodemus Tessin d. J. und seinem Schüler Göran Josua Adelcrantz[34] Künstler ersten Ranges engagiert. Die Arbeiten in Sturefors fanden wiederum in Carl Pipers Abwesenheit statt, der zwar briefliche Anweisungen gab, doch vermutlich Christina Piper einen Teil der Verantwortung übertrug. Sie verfolgte den Fortgang der Arbeiten offenbar intensiv. Der um das Gebäude angelegte Garten (Abb. 136–137) wurde durch eine lange durchlaufende Sichtachse sowie eine diese rechtwinklig kreuzende zweite Achse strukturiert, was sich so auch in der sehr verwandten Anlage von Griebenow findet.[35] Am Ende der zweiten Achse lagen der Küchengarten und die Orangerie. Wie in Frankreich üblich, wurde der Nutz- vom Lustgarten getrennt.[36] Vor dem Schlossgebäude erstreckten sich symmetrische Broderieparterres, die an jene in Vaux-le-Vicomte (Abb. 138) erinnern,[37] sowie ein das Areal abrupt beendendes ungleich kleineres, rechtwinkliges Boskett. Eine Lindenallee führte die Zentralperspektive weiter; Lindenalleen umgaben das gesamte Gartenterrain. Während die Arbeiten in Sturefors im Gange waren, begann mit dem Erwerb von Krageholm und Högestad die Orientierung der Pipers nach Schonen. Für einen geplanten Neubau in Krageholm korrespondierte Carl Piper erneut mit Tessin, von dem sich ein Entwurf für den Garten (Abb. 139) erhalten hat und der zudem 1708 seinen Schüler Adelcrantz schickte.[38] In Krageholm hatte bereits im 17. Jahrhundert eine relativ aufwendige Gartenanlage bestanden.[39] Carl Pipers Tod und der andauernde Krieg verhinderten vermutlich konkrete Arbeiten und so initiierte Christina Piper erst 1720 die Renovierung des Gebäudes und die Anlage eines Gartens (Abb. 58, 140). Letzterer ist in einer Zeichnung im Archiv von Krageholm (Abb. 141) und durch eine Beschreibung von Carl von Linné,[40] der ihn am 30. Juni 1749 besichtigt, überliefert. Aus Tessins ursprünglichem Entwurf waren die rechteckige Form, die zentrale Sichtachse und die umlaufenden Lindenreihen beibehalten, die weitere Gestaltung jedoch deutlich vereinfacht worden. Tessin hatte vor dem Schlossgebäude Broderieparterres um einen zentralen Brunnen vorgesehen, die sich an das Parterre du Nord im Garten von Versailles anlehnten.[41] Diese erste Gartenebene sollte von einem Kanal umschlossen werden. Tatsächlich umgesetzt wurden zwei einfache Broderieparterres und auf der Sichtachse zwei Brunnenanlagen; der Rest des Terrains wurde mit offenbar von Hecken eingefassten Baumquartieren – ähnlich jenen in Christinehof – gestaltet. Hervorzuheben ist ein aufwendiges Labyrinth am Endpunkt der Anlage, das dem Garten ein wichtiges repräsentatives Element hinzufügte. Die Vereinfachung von Tessins Entwurf wurde ganz offensichtlich nicht als solche wahrgenommen, denn Linné beschreibt den Garten von Krageholm als einen der prächtigsten in Schonen, erwähnt verschiedene Baumsorten, das Labyrinth, Wasserspiele und Obstgärten. Erwartungsgemäß hatte also Christina Pipers Hauptwohnsitz deutlich mehr Aufwand erfahren als Christinehof. Ein weiteres kleines Anwesen im Besitz von Christina Piper zeigt indes einen Garten, der jenem in Christinehof relativ nahekommt: Es handelt sich um Toppeladugård in Schonen (Abb. 62, 143), das sie 1720 erwarb und umbauen ließ. Heute nicht mehr erhalten[42], war das erbaute einstöckige Holzhaus auf einem hohen Steinsockel offenbar von bescheidenem Charakter [Entwurf Mokelten? s.o.][43], doch der Garten weist ein im Verhältnis erstaunlich ambitioniertes Konzept auf. Die vorliegenden Quellen sind nahezu dieselben wie für Christinehof: Es existieren zwei Zeichnungen von Adolf Fredrik Barnekow – die vorbereitende und die publizierte (Abb. 144) –[44], ein Aquarell von Anders Sigfrid Rålamb (um 1780)[45] (Abb. 145) eine Beschreibung des Landvermessers Johan Lorentz Gillberg[46] sowie eine weitere von Carl von Linné, der Toppeladugård 1749 besichtigte.[47] Barnekows Darstellungen offenbart die Parallelen zu Christinehof: Die zentrale Achse läuft auch hier in Form einer Allee auf das zweiflügelige Gebäude zu und setzt sich dahinter fort. Die beiden vorgelagerten Nebengebäude bilden ähnlich wie in Christinehof eine Avant-Cour, die durch eine weitere Mauer nach vorne abgeschlossen war. Der Garten liegt rückseitig des Hauptgebäudes, vor dem Broderieparterres mit einem Oval in der Mitte platziert wurden. Die zentrale Sichtachse mündet in ein Labyrinth, das Linné so umfassend beeindruckte, dass er eigens eine Zeichnung davon anfertigte (Abb. 146). Die Symmetrie der Gesamtanlage um die Hauptachse herum ist in Toppeladugård weniger konsequent umgesetzt als in Christinehof, doch dominieren auch hier von Bäumen eingefasste Quartiere, die vermutlich mehr einem Nutz- als einem Lustgarten zuzuordnen sind. Das Labyrinth, zweifelsohne ein Höhepunkt des Gartens, motivierte Linné zu einer ausführlichen Beschreibung: Demnach war es auf einem aufgeschüttetem Sumpfgelände angelegt worden, hatte einen Durchmesser von fast 75 Metern und bestand aus sechs mit Hecken angelegten Umrundungen. In seiner Mitte stand ein über Linden, Ulmen und Ligusterhecken geformter Pavillon.[48] Linné erwähnt zudem diverse Bepflanzungen und Obstbäume.[49] Gillberg nennt in seiner kurzen Passage zum Garten drei Fischteiche mit Karpfen und Rotfedern, von denen zwei auf der Darstellung von Rålamb und einer auf jener von Barnekow zu sehen sind.[50] Warum ausgerechnet Toppeladugård – das für Christina Piper zweifelsohne eine zweitrangige Funktion einnahm – einen so aufwendigen Garten erhalten hat, der im Kontrast zu der bescheidenen Architektur des Hauses steht, bleibt offen. Nach ihrem Tod erbte ihr Sohn 1752 das Anwesen, hat sich jedoch hier vermutlich kaum aufgehalten. Indes bewohnte seine Tochter Ulrika Fredrika mit ihrem Mann Otto Vilhelm Mörner af Morlanda das Herrenhaus; nach deren Tod wurde es 1791 verkauft.[51] Nicht uninteressant für Christina Pipers Haltung ist eine Episode bezüglich zahlreicher Orangenbäume in Sturefors, die von ihr Ende der 1740er Jahre an den botanischen Garten in Lund übereignet wurden. Der dortigen Orangerie, entworfen von Carl Hårleman, stand ab 1750 ein Schüler Linnés, Eric Gustaf Lidbeck, vor. Im Jahr 1751 erreichten den botanischen Garten mehr als 150 Pflanzen aus der Orangerie in Sturefors. Dahinter stand jedoch nicht unbedingt ein Interesse an Wissenschaft und Fortschritt. Christina Piper schreib 1749 an ihren Sohn, sie sei froh, dass sich mit der Orangerie in Lund eine Gelegenheit ergebe, die „nutzlosen“ und „teuren“ Orangenbäume loszuwerden.[52] Offenbar überwogen in dem konkreten Fall die ökonomischen Abwägungen über das mit den Orangenbäumen verbundene Prestige. Christina Piper erweist sich als rationale Unternehmerin, die den Nutzen-Kosten-Aspekt auch bei ihren Gärten nicht aus dem Blick verlor. |
- ↑ So bspw. in Göhle/Göransson/Hedvall 1988, S. 16.
- ↑ Eine Übersicht zu den für den Garten relevanten Quellen auch bei Göhle/Göransson/Hedvall 1988, S. 17.
- ↑ Vgl. den Brief von Christina Piper an Ivar Ryting vom 7. August 1741 aus Krageholm: „PS: Jag sänder Trägårds Mästaren Mr. Jean Limburg harifrån til Hr Directeuren at underwisas om Trägårds plassens utseende och utstakande wid Nya Huset bedjandes at sedan plassen blifwit ut stakad på alla 3 sidorne om kring huset, at then ock måtte blifwa med steengjärde instängd, hwarefter man sedan med Planeringen får avancera.“ https://arkiv.christinehofslott.se/christina -piper-7-augusti-1741/ (12.09.2022).
- ↑ Vgl. den Brief von Christina Piper an Yvar Riting vom 3. September 1741 aus Krageholm, https://arkiv.christinehofslott.se/christina-piper-3-sept-1741/ (21.11.2023).
- ↑ Vgl. den Brief von Christina Piper an Yvar Riting vom 7. September 1741 aus Krageholm, https://arkiv.christinehofslott.se/christina-piper-7-september-1742/ (21.11.2023).
- ↑ Vgl. den Brief von Christina Piper an Yvar Riting vom 29. September 1741 aus Krageholm, https://arkiv.christinehofslott.se/christina-piper-29-september-1741/ (21.11.2023). Vgl. auch Gröndahl 2021b, S. 68.
- ↑ Vgl. Göhle/Göransson/Hedvall 1988, S. 17, ohne Quellenangabe. Hugold von Schwerin erwähnt eine bei Hårleman publizierte Zeichnung von Christinehof, vgl. Schwerin 1932, S. 375, Anm. 12.
- ↑ Linnés Reise nach Schonen vom 10. Mai bis 24. August 1749 war die letzte, die er unternahm. Seine Reisebeschreibung wurde 1751 veröffentlicht. Vgl. https://linnean-online.org/119992/#?s=0&cv=0&z=0.5459%2C0.1228%2C1.624%2C1.9861 (21.11.2023).
- ↑ Vgl. Linné 1751, S. 120–124, https://linnean-online.org/119992/#?s=0&cv=149&z=0.5459%2C0.1228%2C1.624%2C1.9861 (21.11.2023).
- ↑ Vgl. Barnekow 1768, Tab. 24, https://www.alvin-portal.org/alvin/imageViewer.jsf?dsId=ATTACHMENT-0022&pid=alvin-record:121220 (13.11.2023). Die Zeichnungen befinden sich im Skabersjö Godsarkiv (https://sok.riksarkivet.se/arkiv/hKaxWgw7w4o8ArYZOWT2z5); das Reisetagebuch wird in Kopie in der Universitätsbibliothek Uppsala aufbewahrt, das Original befindet sich im Archiv von Stora Wäsby.
- ↑ Er war 1761–1765 im Besitz des Gutshauses von Björnstorp und spielte für die Gartenentwicklung der Zeit eine wichtige Rolle. Vgl. Ahlklo 2001, S. 21.
- ↑ Vgl. Gillberg 1767, https://www.osterlenanor.se/andrarum/ (16.04.2024).
- ↑ Alleen und Baumreihen wurden als Gestaltungsmittel auch in Krageholm und Toppeladugård (Kastanien) sowie in Sturefors (Linden) eingesetzt. Vgl. Gröndahl 2021c, S. 74–79.
- ↑ Vgl. Riksarkivet, Topografiska kåren / Fältmätningskåren / Ingenjörskåren, Skånska rekognosceringskartan, 1812–1820, VÖ 205, https://sok.riksarkivet.se/bildvisning/K0035847_00001 (21.11.2023).
- ↑ In den 1940er Jahren noch teilweise existent, ist die Achse heute überwachsen. Vgl. Göhle/Göransson/Hedvall 1988, S. 24; Gröndahl 2021b, S. 72.
- ↑ Auf früheren Aufnahmen (GoogleEarth 12/2010) ist noch die ursprüngliche geometrische Form erkennbar.
- ↑ Siehe bspw. https://www.christinehofslott.se/tradgardens-dammar/ (27.09.2023); Göhle/Göransson/Hedvall 1988, S. 19.
- ↑ Vgl. die Ergebnisse der Bodenradaruntersuchung durch GeoSphere Austria [link].
- ↑ Bei Gillberg heißt es: „Emellan Borg och Ladugården ligga 2:ne fiskedammar belägne.“ Gillberg 1767, https://www.osterlenanor.se/andrarum/ (16.04.2024).
- ↑ Vgl. Göhle/Göransson/Hedvall 1988, S. 21.
- ↑ Vgl. die Ergebnisse der Bodenradaruntersuchung durch GeoSphere Austria [link].
- ↑ So auch vermutet bei Göhle/Göransson/Hedvall 1988, S. 21.
- ↑ Gillberg 1767, https://www.osterlenanor.se/andrarum/ (16.04.2024).
- ↑ Vgl. die Ergebnisse der Bodenradaruntersuchung durch GeoSphere Austria [link].
- ↑ Die noch ländlich geprägte Umgebung der Insel Kungsholmen trug eventuell zu der Entscheidung für einen aufwendigen Garten bei, gedacht als ländliche Idylle nahe der Stadt. Vgl. Gröndahl 2021b, S. 44.
- ↑ Bereits sein Vater Christian Horleman hatte nach seiner Berufung nach Schweden 1666 – ursprünglich war er am Elternhaus der schwedischen Königin Hedwig Eleonora in Schleswig-Holstein-Gottorf tätig gewesen – eine wegweisende Rolle für die Entwicklung der schwedischen Gartenkunst gespielt. Johan Hårleman erhielt ab 1680 eine Ausbildung in Paris bei Jean-Baptiste de La Quintinie und absolvierte eine zweite Studienreise nach Frankreich 1699–1700. Zu seinem Werdegang vgl. Karling 1971–1973, https://sok.riksarkivet.se/sbl/Presentation.aspx?id=13967 (21.09.2023).
- ↑ Vgl. die Ansichten von Kungsholmen unter https://arkivkopia.se/sak/kb-19728168 (21.09.2023); https://arkivkopia.se/sak/kb-19728167 (21.09.2023).
- ↑ Das Werk – zugänglich unter https://nat.museum-digital.de/objects?&sv=Suecia+antiqua (21.09.2023) – wurde von Erik Dahlberg in königlichem Auftrag 1660 begonnen und zeigt insgesamt 342 Stiche von Orten und Landkarten in Schweden. Bei Dahlbergs Tod 1703 war der Band unvollendet. Die ersten Ausgaben wurden erst 1720 verkauft und bis 1924 mehrfach aufgelegt. Vgl. Karling 1971–1973, https://sok.riksarkivet.se/sbl/Presentation.aspx?id=13967 (21.09.2023).
- ↑ Ein Entwurf von Johan Hårleman hat sich erhalten, vgl. http://collection.nationalmuseum.se/eMP/eMuseumPlus?service=ExternalInterface&module=collection&objectId=149619&viewType=detailView (28.09.2023).
- ↑ Hårleman wählte für den Piperschen Garten damit Motive, die er auch in weiteren schwedischen Gärten der Zeit, oftmals in Zusammenarbeit mit Tessin, verwendete, so beispielsweise in jenen von Lövstabruk, Stora Väsby, Östanå oder Rosersberg. Der Einfluss der französischen Gartenkunst war evident. Siehe näher Karling 1971–1973, https://sok.riksarkivet.se/sbl/Presentation.aspx?id=13967 (21.09.2023).
- ↑ Vgl. Gröndahl 2021b, S. 46, ohne Quellenangabe.
- ↑ Vgl. die Ansichten des Kungsträdgarden: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Suecia_1-033_;_Kungstradgarden_1700.jpg (21.09.2023); https://sv.wikipedia.org/wiki/Johannes_van_den_Aveelen#/media/Fil:Suecia_1-032_;_Kungstr%C3%A4dg%C3%A5rden-Dahlberg.jpg (21.09.2023). Mia Gröndahl verweist darauf, dass für die Pipers zwei Jets d’eau umgesetzt wurden, für den königlichen Garten hingegen nur einer. Vgl. Gröndahl 2021b, S. 45.
- ↑ Vgl. zu Sturefors Gröndahl 2021b, S. 50–53; Alm [u.a.] 1997, S. 185; Bedoire 2015, S. 300–301.
- ↑ Bis zu seiner Erhebung in den Adelsstand 1712 trug Adelcrantz den Namen Göran Josusæ Törnqvist. Er war erst 1706 von einer dreijährigen Studienreise durch Frankreich und Italien zurückgekehrt. Vgl. Curman 1918, https://sok.riksarkivet.se/Sbl/Presentation.aspx?id=5523 (12.11.2023).
- ↑ Der Plan von Tessin ist abgebildet in Alm [u.a.] 1997, S. 185. Es existieren zahlreiche Parallelen und stilistische Gemeinsamkeiten der Anlagen von Sturefors und dem 1706 erstmalig erwähnten Griebenow, weshalb davon ausgegangen wird, dass der Entwurf für Griebenow ebenfalls auf Tessin oder sein unmittelbares Umfeld zurückgeht. Vgl. Clavén/Morgenstern/Döll 2003, S. 74 –75.
- ↑ Vgl. Alm [u.a.] 1997, S. 185.
- ↑ Vgl. die beiden Zeichnungen von Vaux-le-Vicomte von Tessin im Nationalmuseum Stockholm, INV NMH THC 289, https://collection.nationalmuseum.se:443/eMP/eMuseumPlus?service=ExternalInterface&module=collection&objectId=147376&viewType=detailView (28.09.2023); NMH THC 286, https://collection.nationalmuseum.se:443/eMP/eMuseumPlus?service=ExternalInterface&module=collection&objectId=147373&viewType=detailView (28.09.2023).
- ↑ Tessins Entwurf befindet sich im Nationalmuseum Stockholm, INV NMH THC 2950, http://collection.nationalmuseum.se/eMP/eMuseumPlus?service=ExternalInterface&module=collection&objectId=149324&viewType=detailView (28.09.2023).
- ↑ Vgl. Kjellberg/Svensson (Hrsg.) 1966b, S. 169–170. Mehrere Zeichnungen von Gerhard von Burman von 1699 (im Archiv von Krageholm und abgebildet bei Kjellberg/Svensson (Hrsg.) 1966b, S. 171 und S. 173) geben den Garten mit seinen diversen Bepflanzungen wieder.
- ↑ Vgl. Linné 1751, S. 266–267, https://linnean-online.org/119992/#?s=0&cv=295&z=0.1504%2C0.2695%2C1%2C1.9861 (13.11.2023).
- ↑ Vgl. Alm [u.a.] 1997, S. 186.
- ↑ Herrenhaus und Umgebung sind in einigen Zeichnungen aus dem 19. Jahrhundert von Carl Stefan Bennet in der Universitätsbibliothek Uppsala dokumentiert. Vgl. https://www.alvin-portal.org/alvin/resultList.jsf?faces-redirect=true&includeViewParams=true&query=Toppeladug%C3%A5rd&searchType=EXTENDED&dswid=-9129 (28.09.2023).
- ↑ Vgl. Kjellberg/Svensson (Hrsg.) 1966c, S. 332.
- ↑ Vgl. Barnekow 1768, Tab. 19, https://www.alvin-portal.org/alvin/imageViewer.jsf?dsId=ATTACHMENT-0019&pid=alvin-record:121220 (13.11.2023). Die Zeichnung befindet sich im Skabersjö Godsarkiv, https://sok.riksarkivet.se/arkiv/hKaxWgw7w4o8ArYZOWT2z5 (13.11.2023).
- ↑ Vgl. https://libris.kb.se/bib/17846083 (07.02.2024).
- ↑ Vgl. Gillberg 1767 zu T.
- ↑ Vgl. Linné 1751, S. 281–282, https://linnean-online.org/119992/#?s=0&cv=310&z=0.3844%2C-1.0868%2C1%2C1.9861 (13.11.2023).
- ↑ Vgl. Linné 1751, S. 281 sowie die Zeichnung des Labyrinths auf S. 282, https://linnean-online.org/119992/#?s=0&cv=311&z=-0.1115%2C-0.1141%2C1.2314%2C1.506 (13.11.2023)]. Siehe auch Gröndahl 2021b, S. 62; Kjellberg/Svensson (Hrsg.) 1966c, S. 334.
- ↑ Vgl. Linné 1751, S. 282.
- ↑ Vgl. Gillberg 1767 zu T.; siehe auch Kjellberg/Svensson (Hrsg.) 1966c, S. 334.
- ↑ Vgl. Kjellberg/Svensson (Hrsg.) 1966c, S. 334.
- ↑ Vgl. Önnerfors 2019, S. 133.