Christinehof/06. Besitzverhältnisse im 18. Jahrhundert: Unterschied zwischen den Versionen

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==== Sekundärliteratur ====
Die Baugeschichte von Christinehof wurde im 18. Jahrhundert wesentlich durch [https://skbl.se/en/article/ChristinaPiper Christina Piper] bestimmt und unter ihrem Sohn [[wikidata:Q6161733|Carl Fredrik Piper]] fortgeführt. Während Christina Piper ständig in [[wikipedia:Krageholm_Castle|Krageholm]] lebte und Christinehof für temporäre, mehrheitlich geschäftlich begründete Aufenthalte nutzte, bewohnte ihr Sohn nach seinem Ausscheiden aus staatlichen Ämtern das Haus mehrere Monate im Jahr.
In der wichtigsten zeitgenössischen Publikation mit Ansichten von Schwedens Schlössern und Herrenhäusern vor allem des 17. Jahrhunderts, Erik Dahlbergs ''Suecia Antiqua et Hodierna [...]'',[[Stola/Forschungsstand#%20ftn1|[1]]] ist Stola nicht verzeichnet, vielleicht weil der Neubau des Herrenhauses im Jahr der Publikation des Kupferstichwerks noch nicht fertiggestellt war.[[Stola/Forschungsstand#%20ftn2|[2]]] Aufgrund der Bedeutung der Besitzerfamilie Ekeblad wird die Gutsanlage von Stola jedoch schon früh im 19. Jahrhundert in historisch-genealogischen oder landeskundlichen Publikationen erwähnt – etwa in Jonas Friedrichsson Mellins ''Minne öfver Claes Julius Ekeblad (Zum Gedenken an Claes Julius Ekeblad)''[[Stola/Forschungsstand#%20ftn3|[3]]] oder Erik Tunelds ''Geografi öfver konungariket Sverige (Geographie des Königreichs Schweden)''.[[Stola/Forschungsstand#%20ftn4|[4]]] Aus dem landeskundlichen Werk Claes Johan Ljungströms ''Kinnefjerdings och Kållands härader samt staden Lidköping (''[''Die Regionen''] ''Kinnefjerding und Kålland sowie die Stadt Lidköping)'' geht das Datum der vermutlich ersten schriftlichen Erwähnung Stolas im Jahr 1129 hervor,[[Stola/Forschungsstand#%20ftn5|[5]]] als Simon Pedersson (belegt im 12. Jahrhundert) im Besitz des Gutshofs war.[[Stola/Forschungsstand#%20ftn6|[6]]]


Zu Beginn des 20. Jahrhunderts ist es wohl erneut das Interesse an der Familie Ekeblad, das Nils Erdmann dazu bewog, sich in seinem ''Ur rococons lif , typer och seder'' ''(Aus dem Leben des Rokokos: Bräuche und Sitten)''[[Stola/Forschungsstand#%20ftn7|[7]]] auf mehr als 200 Seiten mit dem Leben und der Person Claes Julius Ekeblads d.J. (1708–1771) zu beschäftigen. Wenig später gab Nils Sjöberg die Briefe von dessen Großvater Johann Ekeblad (1629–1697) heraus.[[Stola/Forschungsstand#%20ftn8|[8]]] Der Familie und einzelnen Mitgliedern sind ebenfalls Einträge im ''Svenskt Biografiskt Lexikon (Schwedisches Biographisches Lexikon)''[[Stola/Forschungsstand#%20ftn9|[9]]] gewidmet. Das anhaltende Interesse an der Familie Ekeblad und Stola belegt die 2016 publizierte Schrift ''Ekebladarna på Stola (Die Ekeblads auf Stola)''.[[Stola/Forschungsstand#%20ftn10|[10]]]
== Christina Piper ==


Zu Beginn des 20. Jahrhunderts beginnt eine erste systematische Beschäftigung der (kunst-) historischen Forschung mit schwedischen Gutsanlagen: So wird in der mehrbändigen Publikation der ''Svenska slott och herresäten'' im 1910 erschienenen Band zu Västergötland vom Bearbeiter Axel L. Romdahl das Herrenhaus in Stola zwar kurz beschrieben, doch vor allem auf die Besitzenden eingegangen.[[Stola/Forschungsstand#%20ftn11|[11]]] Zu der Zeit bildete die historisch genealogische Forschung im Bezug auf die Familiengeschichte nach wie vor einen wichtigen Schwerpunkt,[[Stola/Forschungsstand#%20ftn12|[12]]] allerdings rückten allmählich auch kunsthistorische Fragen stärker in den Fokus des Interesses: So veröffentlichte Otto Mannerfelt 1923 einen Aufsatz über die Ekeblads und ihre Sammlungen in Stola[[Stola/Forschungsstand#%20ftn13|[13]]] und im von Sigurd Erixon und Sigurd Wallin herausgegebenen Band über ''Västgötagårdar, herremännens och böndernas äldre byggnadskultur i Skaraborgs län (Västergötländische Herrenhäuser, die ältere Baukultur der Herren und Bauern im Kreis Skaraborg)''[[Stola/Forschungsstand#%20ftn14|[14]]] wird beispielsweise die Frage nach dem Entwerfer des Herrenhauses in Stola gestellt.[[Stola/Forschungsstand#%20ftn15|[15]]] Besonders das 1940 von William Karlson kommentiert publizierte Inventar Claes Julius Ekeblads von Stola aus dem Jahr 1796 dokumentiert die Ausstattung des Baus am Ende des 18. Jahrhunderts[[Stola/Forschungsstand#%20ftn16|[16]]] und stellt bis in die Gegenwart eine wesentliche Quelle dar.
====Herkunft====


Das Herrenhaus Stola ist in der Folge in weiteren Überblickswerken verzeichnet: so in der von 1935 bis 1942 erschienenen 47-bändigen Reihe der ''Svenska gods och gårdar (Schwedische Güter und Gutshäuser)'' mit einem sehr kurzen Eintrag im Band über Västergötland.[[Stola/Forschungsstand#%20ftn17|[17]]] Im ebenfalls mehrbängigen Überblickswerk ''Slott och herresäten i Sverige (Schlösser und Herrenhäuser in Schweden)''[[Stola/Forschungsstand#%20ftn18|[18]]] summiert der 1968 von Lennart Luthander herausgegebenen Band zu Västergötland im Eintrag zu Stola die bisherigen Erkenntnisse zum Herrenhaus – leider ohne Belegstellen.[[Stola/Forschungsstand#%20ftn19|[19]]] Dieses Versäumnis holt der grundlegende Artikel Barbro Westrins ''Stola säteri (Das Herrenhaus Stola)'' in der Reihe über denkmalgeschützte Bauten in der Region Skaraborg aus dem Jahr 1986 nach.[[Stola/Forschungsstand#%20ftn20|[20]]]
[https://skbl.se/en/article/ChristinaPiper Christina Piper] (Abb. 2) wurde 1673 in eine vermögende Kaufmannsfamilie in Stockholm geboren und wuchs in einem Milieu des aufstrebenden Bürgertums auf, das in zunehmender Opposition zum alten Adel seine Macht- und Einflusswege ausbaute.<ref>Ihre Eltern waren Olof Hansson Törne und Margareta Andersen; der Vater bekleidete mehrere Ämter, wurde 1698 geadelt und nahm den Namen Törnflycht an. Vgl. Norrhem 2010, S. 13-14.</ref> 1690 heiratete sie den 26 Jahre älteren [https://sok.riksarkivet.se/sbl/artikel/7284 Carl Piper]<ref>Carl Piper stammte aus einer Beamtenfamilie, die mehrere ''borgmästare'' von Stockholm stellte. Vgl. Norrhem 2010, S. 15.</ref>, einen Stiefbruder ihres Vaters, der eine schnelle Karriere im Staatsdienst vollzog und zum einflussreichsten Berater von [https://sok.riksarkivet.se/sbl/artikel/12356 Karl XI]. und anschließend von [https://sok.riksarkivet.se/sbl/artikel/12357 Karl XII.] aufstieg.<ref>Vgl. näher Norrhem 2010, S. 16-19.</ref> Carl Piper wurde 1678 geadelt<ref>Der von Karl XI. 1678 ausgestellte Adelsbrief liegt im Archiv von Christinehof, F/III d 3.</ref> und bekleidete mehrere wichtige politische Ämter, darunter jene des Kanzleirats und Staatssekretärs. Mit ihrem Mann bildete Christina Piper ein effektiv agierendes politisches Paar im elitären und höfischen Milieu Stockholms, wobei man sich über sie offenbar vor allem eine Einflussnahme auf ihren Mann oder sogar das Königshaus erhoffte.<ref>Vgl. Norrhem 2010, S. 36–37.</ref>


Übergeordnete Publikationen zur schwedischen Architektur- und Ausstattungsgeschichte von Herrenhäusern und Schlössern liefern nach dem 1937 publizierten (und in den 1990er Jahren neu aufgelegten) Grundlagenwerk Gösta Sellings[[Stola/Forschungsstand#%20ftn21|[21]]] unter anderem Fredric Bedoire und Lars Sjöberg.[[Stola/Forschungsstand#%20ftn22|[22]]] Sie gehen verstärkt kunsthistorischen Fragestellungen in Bezug auf Herrenhäuser nach. Dadurch vertiefen sich generell die Kenntnisse über die schwedischen Herrensitze, selbst wenn Stola in diesen Publikationen nur gelegentlich erwähnt wird.[[Stola/Forschungsstand#%20ftn23|[23]]] Das trifft weitgehend auch auf die zahlreichen vergleichenden Untersuchungen des Wirtschaftshistorikers Göran Ulväng über schwedische Herrenhäuser zu,[[Stola/Forschungsstand#%20ftn24|[24]]] doch in seiner auf Vollständigkeit angelegten Datenbank ''Svenska Herrgarda'' (''Schwedische Herrenhäuser''),[[Stola/Forschungsstand#%20ftn25|[25]]] findet sich Stola mit einer vollständigen Besitzergeschichte seit der Mitte des 15. Jahrhunderts.[[Stola/Forschungsstand#%20ftn26|[26]]]
Zwei ähnlich komponierte Porträts, entstanden Ende des 17. Jahrhunderts vermutlich im Atelier von David Klöcker Ehrenstrahl<ref>Von beiden Porträts, heute in Ängsö, entstanden mehrere Kopien. Jenes von Carl Piper wurde u.a. von David Kock, einem Schüler von David von Krafft, kopiert, heute im Nationalmuseum Stockholm, INV NMGrh 705, https://collection.nationalmuseum.se:443/eMP/eMuseumPlus?service=ExternalInterface&module=collection&objectId=15375&viewType=detailView (26.09.2023). Eine weitere Kopie wurde 2010 versteigert, vgl. https://www.uppsalaauktion.se/en/auctions/20100608/21-david-klocker-von-ehrenstrahl/ (18.02.2024). Eine Kopie des Porträts von Christina Piper befindet sich in Sturefors. Vgl. Brown 2021, S. 18.</ref> (Abb. 46–47), vermitteln den Status des Paares: In herrschaftlichem Habitus sitzen Carl und Christina Piper in einem repräsentativen Innenraum mit Ausblick am rechten Bildrand, hinterfangen von schweren Draperien. Der Hermelinmantel, den beide tragen, verweist auf Carl Pipers hohe Stellung im Machtgefüge. Christinas Porträt orientiert sich an jenem ihres Mannes: Ihre Rolle und Identität wird im Verhältnis zu ihm formuliert.<ref>Vgl. Brown 2021, S. 19.</ref> Zugleich ist ihrem Porträt eine wirkmächtige Referenz eingeschrieben, denn es lehnt sich in augenfälliger Deutlichkeit an ein Porträt von Prinzessin [https://sok.riksarkivet.se/sbl/artikel/12762 Hedvig Sofia], Schwester von [https://sok.riksarkivet.se/sbl/artikel/12357 Karl XII]., von [https://sok.riksarkivet.se/sbl/artikel/11745 David von Krafft] an (Abb. 48).<ref>David von Krafft'', Hedvig Sofia (1681-1708), princess of Sweden, duchess of Holstein-Gottorp, married to Fredrik IV of Holstein-Gottorp'', Nationalmuseum Stockholm, INV NMGrh 1882, http://collection.nationalmuseum.se/eMP/eMuseumPlus?service=ExternalInterface&module=collection&objectId=40116&viewType=detailView (26.09.2023).</ref>
[[Datei:48. David von Krafft, Hedvig Sofia, princess of Sweden, duchess of Holstein-Gottorp, um 1700.webp|mini|Abb. 48 David von Krafft, Hedvig Sofia (1681–1708), princess of Sweden, duchess of Holstein-Gottorp, married to Fredrik IV of Holstein-Gottorp, um 1700, Öl auf Leinwand, 148 x 118 cm, Nationalmuseum Stockholm, INV NMGrh 1882]]
Fast könnte man angesichts der kompositorischen Nähe eine gesuchte Konkurrenz vermuten; in jedem Fall unterstreicht die selbstbewusste Übernahme einer königlichen Porträtsprache die mächtige Stellung der Pipers bei Hof.<ref>Vgl. Brown 2021, S. 21; Norrhem 2010, S. 38.</ref> Carl Piper begleitete den König auf zahlreichen Reisen, so dass Christina Piper früh eigenverantwortlich handelte.<ref>Ihr Haushalt umfasste um 1700 etwa 25 Bedienstete, darunter Gouvernanten für die Kinder, einen Koch, Hausmädchen, Diener und Gärtner. Vgl. Norrhem 2010, S. 53.</ref> Zwischen 1693 und 1707 bekam sie vier Töchter und einen Sohn, deren Lebenswege und standesgemäßes Fortkommen sie zeitlebens intensiv mitbestimmte.


Auch in Arbeiten über Carl Hårleman als einem der führenden Architekten des 18. Jahrhunderts nehmen dessen Innenraum-Entwürfe für Stola kaum Raum ein.[[Stola/Forschungsstand#%20ftn27|[27]]] Hingegen konnte Barbro Westrin in seinem kurzen Aufsatz über einen nicht ausgeführten Entwurf des Architekten Carl Fredrik Adelcrantz’ für ein Gästehaus in Stola ein interessantes Detail der Planungsgeschichte aufdecken [Westrin 2004].[[Stola/Forschungsstand#%20ftn28|[28]]] Sten Karling hatte einige Jahre zuvor bereits eine Carl Hårleman und Jean Eric Rehn (1717–1793) als Zeichner zugeschriebene Zeichnung aus der Mitte des 18. Jahrhunderts mit einem Vorschlag für eine nicht oder nur zu geringen Teilen ausgeführte Garten- und Parkgestaltung in Stola veröffentlicht [1M16-D9483].[[Stola/Forschungsstand#%20ftn29|[29]]] Im Jahr 2014 entstand eine Bachlorarbeit am Institut für Kulturerbe der Universität Göteborg, welche die Bedeutung des erhaltenen englischen Gartenteils und die Pflege des Gedenkhains in Stola untersucht hat.[[Stola/Forschungsstand#%20ftn30|[30]]]
====Frühe Wohnsitze in Stockholm====


Die von Westrin kontinuierlich publizierten weiteren Aufsätze Stola betreffend, spiegeln die für die heutige Zeit typische Tendenz zu punktuell vertiefter Forschung über einzelne Herrenhäuser.[[Stola/Forschungsstand#%20ftn31|[31]]] Zunehmend weckt das neuere Thema der Restaurierungsgeschichte und der damit zum Teil verbundenen Musealisierung verschiedener Herrenhäuser das Interesse der Forschung.[[Stola/Forschungsstand#%20ftn32|[32]]] Der 2010 zu diesem Aspekt von Robin Gullbrandsson veröffentlichte Aufsatz über Stola hinterfragt die vom Restaurator Alfred Nilson[[Stola/Forschungsstand#%20ftn33|[33]]] (1888–1953) und dem historisch interessierten Architekten Erik Lundberg[[Stola/Forschungsstand#%20ftn34|[34]]] (1895–1969) Mitte des 20. Jahrhunderts durchgeführte Instandsetzung und Restaurierung des Herrenhauses in Stola kritisch.[[Stola/Forschungsstand#%20ftn35|[35]]]
Nach ihrer Hochzeit blieb Stockholm zunächst Hauptwohnsitz der Pipers, wo sie im ausgehenden 17. Jahrhundert eine Reihe von Bauprojekten initiierten und dafür die in der Zeit renommiertesten schwedischen Künstler beschäftigten. So realisierte [[wikidata:Q455143|Nicodemus Tessin d. J.]] den Anbau zweier Flügel am [https://sv.wikipedia.org/wiki/Petersenska_huset Petersén-Haus]<ref>Das Petersén-Haus fand Eingang in die Publikation der ''Suecia antiqua et hodierna'' (1702), siehe https://suecia.kb.se/F/?func=direct&local_base=SAH&doc_number=001922796 (07.11.2023).</ref> (Abb. 54–55) und ließ für die Innenausstattung Möbel und Kunstgegenstände aus Paris und Italien kommen.<ref>Vgl. Norrhem 2010, S. 21–22.</ref> Parallel entstand, eventuell ebenfalls unter Tessins Beteiligung, ein dreigeschossiges Gebäude in der Munkbrogatan, bekannt als [https://sv.wikipedia.org/wiki/Piperska_palatset ''Piperska palatset''] (Abb. 56), das jedoch bald vermietet wurde.<ref>Vgl. den Eintrag zum sog. ''Piperska Palatset'' bei Wikipedia, https://sv.wikipedia.org/wiki/Piperska_palatset (23.02.2023).</ref> Ein drittes, 1694 erworbenes Anwesen befand sich auf Kungsholmen, wo 1695 die Arbeiten an einem äußerst aufwendigen Barockgarten begannen, für den der wegweisende Gartenarchitekt [https://sok.riksarkivet.se/sbl/artikel/13967 Johan Hårleman] verpflichtet wurde. ['''mehr: link zu den Gärten''']
[[Datei:56. Stockholm, Piperska palatset .webp|mini|Abb. 56 Stockholm, Piperska palatset ]]


Neben wissenschaftlichen Publikationen wurde das Herrenhaus Stola vermutlich wegen der erhaltenen bzw. gut restaurierten (und damit fotogenen) Innenausstattung des 18. Jahrhunderts verschiedentlich in teils internationale Bildbände über schwedische Herrenhäuser aufgenommen.[[Stola/Forschungsstand#%20ftn36|[36]]] Bei diesen Publikationen fehlt ein wissenschaftlicher Anspruch (z.B. keine Quellennachweise) und aufgrund des häufig geringen Textanteils enthalten diese Bücher in der Regel keine neuen Erkenntnisse über das Herrenhaus. Für das abseits im ländlichen Schweden gelegene Stola erreichen diese Bände mit atmosphärischen Fotografien zumindest den Bekanntheitsgrad, der diesem aus dem 18. Jahrhundert weitgehend unverändert erhaltenen Herrenhaus gebührt.
====Landbesitz und Herrenhäuser====


==== Archivalien ====
Der soziale Aufstieg der Pipers zog eine gesuchte Annäherung an aristokratische Lebensformen und den Besitz von Land nach sich: Mit [[wikipedia:Sturefors_Castle|Sturefors]] (Abb. 57) wurde 1699 der erste größere Grundbesitz außerhalb von Stockholm erworben. [[wikidata:Q455143|Nicodemus Tessin d. J.]] realisierte gemeinsam mit seinem Schüler [https://sok.riksarkivet.se/sbl/artikel/5523 Göran Josua Adelcrantz] ein aufwendiges Anwesen mit Garten, der insbesondere französische Einflüsse offenbart [link Gärten]. [https://skbl.se/en/article/ChristinaPiper Christina Piper] begleitete während der zahlreichen Abwesenheiten ihres Mannes die Arbeiten mit großem Interesse und brachte eigene Vorstellungen in den Entwurfsprozess mit ein – offenbar nicht immer in Tessins Sinne.<ref>Es ist überliefert, dass Tessin zwei und Christina Piper drei Stockwerke favorisierte. Auch plädierte sie für eine ovale Halle, von der Tessin abriet. Vgl. Norrhem 2010, S. S. 69–70. Offenbar entsprach das große und repräsentative Schloss im Ergebnis nicht mehr ganz den Vorstellungen Tessins, der eine kleinere und raffinierte Anlage vorgesehen hatte. Vgl. Bedoire 2015, S. 300.</ref> Auch in den folgenden Jahren unternahm Christina Piper umfangreiche Investitionen in Landsitze, mit Vorliebe in Schonen, wo aufgrund der klimatischen Bedingungen die Landwirtschaft besonders ertragreich war. Zudem nahmen die Grundbesitzenden in den ehemals dänischen Gebieten in Bezug auf die zu leistende Fronarbeit (dänisch ''hoveri'') eine starke Position ein. Schonen blieb zugleich aufgrund des anhaltenden Konflikts mit Dänemark, das 1709 erneut angriff und 1710 geschlagen wurde, eine instabile Region. Die Folgen des Krieges in Form von Belagerungen, Plünderungen und Verwüstungen waren verheerend. <ref>Vgl. Norrhem 2010, S. 162–163.</ref> Christina Piper investierte unbeirrt: In Schonen gelangten 1704 [[wikipedia:Krageholm_Castle|Krageholm]] (ihr späterer Hauptwohnsitz) (Abb. 58), 1707 das nahe gelegene [[wikipedia:Högestad_Castle|Högestad]] (Abb. 59) und 1708 Baldringe in ihren Besitz. Zeitgleich vergrößerte sie den Landbesitz um Sturefors. Im Jahr 1710 erwarb sie das Gut [[wikipedia:Ängsö_Castle|Ängsö]] (Abb. 60–61) im Bezirk Yttertjurbo in Västmanland, wo [https://sok.riksarkivet.se/sbl/artikel/7284 Carl Pipers] Vater einst Bezirksvorsteher (''häradshövding'') gewesen war. Obwohl nur zeitweiliger Wohnsitz, wurde Ängsö zu einem wichtigen familiären Ort, dessen Kirche der Familie als Begräbnisstätte dienen sollte.<ref>Vgl. Norrhem 2010, S. 159-162. Zu Ängsö vgl. Nisbeth 2011.</ref> In Schonen gelangten neben dem 1725 weitgehend abgeschlossenen Erwerb von Andrarum weiterhin [[wikipedia:Toppeladugård_Castle|Toppeladugård]] (Abb. 62) und Assatorp (1720), [[wikipedia:Björnstorp_Castle|Björnstorp]] (1725), [[wikipedia:Glimmingehus|Glimmingehus]] (1736), Östra Torup (1736) und eine Reihe weiterer kleinerer Höfe in Christina Pipers Besitz. Noch 1738 übernahm sie nach dem Tod ihres kinderlosen Bruders [[wikidata:Q6218214|Mikael Törnflycht]] dessen Gut [[wikipedia:Hässelbyholm|Hässelbyholm]] (Abb. 63), wo sie sich ab 1745 für vier Jahre niederließ.<ref>Vgl. Norrhem 2010, S. 236–237.</ref>
Die historisch-genealogische (aber auch kunsthistorische) Forschung hat vielfach vor allem Quellen im Bezug auf die Familie Ekeblad als Besitzer von Stola erschlossen.[[Stola/Forschungsstand#%20ftn37|[37]]] Alle Autoren sind sich jedoch einig, wie sehr das Herrenhaus in Stola als Stammsitz der Familie Ekeblad die Ambitionen und Lebensweise der Besitzerfamilie widerspiegelt.[[Stola/Forschungsstand#%20ftn38|[38]]] Es bestehe eine so enge Verbindung, dass der eine Name nicht genannt werden könne, ohne zwangsläufig den anderen Namen in Erinnerung zu rufen.[[Stola/Forschungsstand#%20ftn39|[39]]]
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Datei:62. Carl Stefan Bennet, Ansicht von Toppeladugård.webp|<small>Abb. 62 Carl Stefan Bennet, Ansicht von Toppeladugård, Zeichnung, 16,5 x 27 cm, um 1820–1878 (?), Uppsala University Library<small>
Datei:63. Hässelbyholm.webp|<small>Abb. 63 Hässelbyholm<small></gallery>
In ihren Investitionen kristallisierte sich früh ein wiederkehrendes Muster heraus: Christina Piper erwarb vorzugsweise Objekte und Ländereien von finanziell angeschlagenen oder ruinierten Besitzern. Sie profitierte so auch von der zunehmenden Verarmung des alten Adels angesichts der für den Krieg geforderten Abgaben.<ref>Vgl. Norrhem 2010, S. 160; Wetterberg 2021, S. 86; Wetterberg 2017, S. 22.</ref> Finanziell hatte sie selbst einen soliden Ausgangspunkt, auch durch ein großes Erbe nach dem Tod ihres [[wikidata:Q28048950|Vaters]] 1713 und dem Vermögen, das ihr nach Carl Pipers Tod zufiel.<ref>Vgl. Norrhem 2010, S. 169; zu den familiären Vermögensverhältnissen siehe auch Tigerstedt 1949, S. 288–290, speziell zu ihrer wertvollen Juwelensammlung S. 290–293.</ref> Ihr Land- und Immobilienerwerb ging auffallend oft mit Konflikten und rechtlichen Streitigkeiten mit den ehemaligen Besitzenden einher, die sie indes hartnäckig und meist zu ihrem Vorteil durchstand.<ref>Vgl. Norrhem 2010, S. 106; Tigerstedt 1949, S. 286.</ref> Bei allem geschäftlich-finanziellem Hintergrund spielten auch die bauliche Repräsentation und damit verbundenes Prestige stets eine große Rolle. Dies zeigen die diversen Bau- und Gartenprojekte, die sie an den erworbenen Standorten mit teils hohem Aufwand initiierte. Christina Piper verband in der Gestaltung ihrer Anwesen eine praktikable Zweckmäßigkeit mit einem repräsentativen Anspruch, wofür gerade Christinehof ein anschauliches Beispiel bietet.<ref>Tigerstedt wertete Christinehof bereits als jenes Anwesen, das Christina Piper und ihrer Haltung am besten entsprach. Vgl. Tigerstedt 1949, S. 294.</ref>


Am umfänglichsten hat bislang Karlson verfügbare Schriftquellen und Objekte aus Stola erforscht:[[Stola/Forschungsstand#%20ftn40|[40]]] Im ersten Drittel der Publikation werden die vorhanden Quellen und bekannten Archivalien zu Stola umfänglich ausgewertet und im Text wie den Anmerkungen darüber hinaus teilweise transkribiert. Im Buch folgt dann das kommentiert publizierte Inventar Claes Julius Ekeblads von Stola aus dem Jahr 1796. Abschließend zeichnet Karlson noch den Weg einzelner Objekte des Ekeblad-Erbes aus Stola bis ins Jahr 1940 nach.[[Stola/Forschungsstand#%20ftn41|[41]]]
====Christina Piper als Witwe und Familienoberhaupt====


Westrin nennt in seinem Aufsatz 1986 unpublizierte Archivalien zu Stola und den Ekeblad im Riksarkivet[[Stola/Forschungsstand#%20ftn42|[42]]] (Reichsarchiv), in der Kungliga Bibliotheket[[Stola/Forschungsstand#%20ftn43|[43]]] (Königlichen Bibliothek), im Nordiska Museet[[Stola/Forschungsstand#%20ftn44|[44]]] (Nordischen Museum) jeweils in Stockholm und zählt kleinere Bestände in anderen Archiven auf.[[Stola/Forschungsstand#%20ftn45|[45]]] Weitere Archivalien zu Stola befinden sich in der De la Gardie-Sammlung in der Universitätsbibliothek in Lund – u.a. das Inventar von 1796[[Stola/Forschungsstand#%20ftn46|[46]]] [DLG 1]. Vermessungskarten von Stola aus dem 18. Jahrhundert [Stola1728+(2)] sind im Bestand der Lantmäteriet, Rikets allmänna kartverks archives[[Stola/Forschungsstand#%20ftn47|[47]]] (Landvermessung und Nationales Allgemeines Kartographisches Archiv) vorhanden.[[Stola/Forschungsstand#%20ftn48|[48]]]
Mit dem Tod von [https://sok.riksarkivet.se/sbl/artikel/7284 Carl Piper] 1716 in russischer Gefangenschaft erhielt [https://skbl.se/en/article/ChristinaPiper Christina Pipers] (Abb. 64) Leben eine grundlegende Wendung. Bald nach Ende des [[wikipedia:Great_Northern_War|Großen Nordischen Krieges]] verlegte sie ihren Hauptwohnsitz nach [[wikipedia:Krageholm_Castle|Krageholm]] (Abb. 58) wo sie den Neubau des dortigen Anwesens vorantrieb. Der endgültige Schritt nach Schonen war auch eine Abkehr von der politischen Bühne Stockholms, wo sie ohne Carl Piper kaum noch Einfluss- und Handlungsräume besaß. Ihre einstige wichtige Stellung in Kreisen der Staatseliten an der Seite ihres Mannes ersetzte sie durch ein zielstrebiges Engagement in Industrie, Handel und Landwirtschaft.<ref>Entsprechend wurden ihre Aufenthalte in Stockholm und die Briefkontakte mit Mitgliedern der königlichen Familie seltener. Vgl. Norrhem 2010, S. 193–194.</ref>


Zuletzt benannte Gullbrandsson für seine denkmalpflegerischen Fragen 2010 unpublizierte Quellen zu Stola in folgenden Archiven:[[Stola/Forschungsstand#%20ftn49|[49]]] Antikvarisk-topografiska arkivet[[Stola/Forschungsstand#%20ftn50|[50]]] (ATA, Das antiquarisch-topographische Archiv) in Stockholm, Alfred Nilsons arkiv (Alfred Nilsons Archiv) und Erik Lundbergs ritningsarkiv (Erik Lundbergs Zeichnungsarchiv) beide im Arkitekturmuseet[[Stola/Forschungsstand#%20ftn51|[51]]] (Architekturmuseum) in Stockholm, Västergötlands museums arkiv[[Stola/Forschungsstand#%20ftn52|[52]]] (Archiv des Museums Västergötland) in Skara und das Gutsarchiv in Stola.
Entscheidender Antrieb ihrer Entscheidungen waren Status und Fortkommen ihrer Familie, wobei in erster Linie der einzige Sohn [[wikidata:Q6161733|Carl Fredrik]] im Fokus stand, ebenso die standesgemäße Verheiratung ihrer Töchter und die Werdegänge der Schwiegersöhne.<ref>Vgl. Tigerstedt 1949, S. 287. Unter ihren Schwiegersöhnen ist insbesondere Axel Löwen, Ehemann ihrer jüngsten Tochter Sophia, hervorzuheben. Ein umfassender Briefwechsel zeugt von seiner essentiellen Rolle als Kontaktperson und Berater, ungeachtet einer für Sophia offenbar unglücklichen Ehe. Der intensive Austausch mit Löwen endete bald nach dem frühen Tod ihrer Tochter. Vgl. Norrhem 2010, S. 188, 226.</ref> Nach dem frühen Tod zweier ihrer Töchter nahm sie zudem mehrere Enkelkinder bei sich auf, deren Lebenswege sie nahhaltig bestimmte.<ref>Insbesondere das Ende der 1720er und die beginnenden 1730er Jahre waren von zahlreichen Todesfällen in der Familie überschattet. Vgl. näher Norrhem 2010, S. 221–226.</ref> Ihre Korrespondenzen offenbaren ihre dominierende Stellung innerhalb der Familie, bis hin zu einer kontrollierenden und vielfach kritisierenden Haltung.<ref>Vgl. Norrhem 2010, S. 217–218. Keine Hinweise geben Aufschluss darüber, warum Christina Piper nach Carls Tod unverheiratet blieb. Neben dem kriegsbedingten Männermangel liegt es nahe, dass sie ihr Dasein als erfolgreiche und unabhängige Geschäftsfrau nicht aufgeben wollte. Vgl. Norrhem 2010, S. 211.</ref> Ihre Vorstellungen waren geprägt von ihren pietistischen Überzeugungen und einem disziplinierten Arbeitsethos, verbunden mit Ausdauer und unermüdlichen Bemühungen um die Verbesserung des familiären Einflusses. Wiederholt verraten ihre Korrespondenzen Skepsis und Besorgnis ob der Fähigkeit ihrer Nachkommen, den aufgebauten Besitz und das umfangreiche Vermögen zu bewahren.<ref>Vgl. Tigerstedt 1949, S. 295–296.</ref> Mit zunehmender Verschlechterung ihrer Gesundheit unterteilte Christina Piper 1747 ihr Vermögen in insgesamt vier [https://de.wikipedia.org/wiki/Familienfideikommiss Fideikommisse] um den Besitz langfristig in der Familie zu halten – was ihr nachhaltig (bis heute) gelang.<ref>Zu den heutigen Besitzverhältnissen der verschiedenen Anwesen und Ländereien vgl. Norrhem, S. 242.</ref>
----[[Stola/Forschungsstand#%20ftnref1|[1]]] Vgl. <nowiki>https://suecia.kb.se/F/?func=find-b&local_base=sah</nowiki> (01.11.2023); <nowiki>https://www.alvin-portal.org/alvin/view.jsf?pid=alvin-record%3A80130&dswid=4154</nowiki> (09.02.2024) und Suecia Antiqua et Hodierna 1716. Das Werk enthält vor allem Ansichten von Schlössern und Herrenhäusern aus dem späten 17. Jahrhundert bis etwas nach der Jahrhundertwende.
Die vier Fideikommisse teilten sich wie folgt auf:


[[Stola/Forschungsstand#%20ftnref2|[2]]] Der Vorgängerbau in Stola war vermutlich nicht neu und repräsentativ genug, um aufgenommen zu werden.
Andrarum mit den Höfen Torup, [[wikipedia:Högestad_Castle|Högestad]] und Baldringe (Carl Fredrik und Nachkommen)


[[Stola/Forschungsstand#%20ftnref3|[3]]] Vgl. Mellin 1813.
[[wikipedia:Ängsö_Castle|Ängsö]] (Carl Fredrik und Nachkommen)


[[Stola/Forschungsstand#%20ftnref4|[4]]] Vgl. Tuneld 1833.
[[wikipedia:Sturefors_Castle|Sturefors]] und Viggbyholm (Enkel Nils Adam Bielke)


[[Stola/Forschungsstand#%20ftnref5|[5]]] Vgl. Ljungström 1871, S. 74.
[[wikipedia:Hässelbyholm|Hässelbyholm]] (Enkelin Eva Bielke)


[[Stola/Forschungsstand#%20ftnref6|[6]]] Vgl. Hildebrand 1949a, <nowiki>https://sok.riksarkivet.se/sbl/Mobil/Artikel/16801</nowiki> (26.01.2023).
Die Verteilung ihres Nachlasses war bezogen auf die Güter denkbar ungleich. Ihr Sohn Carl Fredrik erhielt bei Weitem das größte Erbe, während manche ihrer Kinder und Enkelkinder nicht berücksichtigt wurden – den folgenden Unstimmigkeiten zum Trotz blieb die Verteilung weitgehend so bestehen.<ref>Vgl. Norrhem 2010, S. 253–254.</ref>[https://skbl.se/en/article/ChristinaPiper Christina Piper] erscheint aus heutiger Perspektive als eine für ihre Zeit außergewöhnlich unabhängige und selbstbestimmte Frau, die sich als Witwe erfolgreich in einer männlich dominierten, frühindustriellen Geschäftswelt behauptete. Nichtsdestotrotz blieb sie augenscheinlich zeitlebens einem traditionellen Gesellschaftsmodell verhaftet: Keine ihrer Töchter folgte ihr auf ihrer Laufbahn. Auch auf Betreiben ihrer Mutter nahmen sie ausnahmslos den zeittypischen Weg in arrangierte und teils unglückliche, aber vorteilshafte Ehen. In dem von Christina Piper favorisierten System des Fideikommiss galt, dass stets der älteste Sohn erbte, wodurch Frauen in ihrer Stellung und ihren Handlungsräumen nachhaltig geschwächt wurden.<ref>Vgl. Norrhem 2010, S. 217–218, 242, 256.</ref>


[[Stola/Forschungsstand#%20ftnref7|[7]]] Vgl. Erdmann 1901.
Nach Christina Pipers Tod wurden im zeitgenössischen Diskurs in erster Linie ihre karitativen Verdienste, ihr Pietismus und ihre Rolle als Mutter und trauernde Witwe hervorgehoben. Das Bild der erfolgreichen Geschäftsfrau ließ sich zunächst nicht unterbringen. In der späteren Rezeption bis ins 20. Jahrhundert hinein war ihr Ruf gerade diesbezüglich lange negativ. Sie galt als geschickt, aber von persönlicher Gier getrieben – auch ihr Mann wurde als wenig erfolgreicher Emporkömmling beschrieben.<ref>Vgl. Norrhem 2010, S. 252, 260–261.</ref>


[[Stola/Forschungsstand#%20ftnref8|[8]]] Vgl. Sjöberg 1911–1915.
Christina Piper trat nie als Intellektuelle mit literarisch-künstlerischen Interessen und ebenso wenig als Sammlerin oder Förderin von bildenden Künstlern hervor. Dies bestätigt auch der Blick auf ihre Bibliothek in [[wikipedia:Krageholm_Castle|Krageholm]], in der sich nahezu ausschließlich religiöse Werke fanden. Allerdings erkannte sie die hohe Bedeutung von Bildung insbesondere für das Fortkommen ihres Sohnes im Staatsdienst, rief darüber hinaus, teils gemeinsam mit [[wikidata:Q6161733|Carl Frederik]], mehrere Stipendien ins Leben, so in Lund und Uppsala.<ref>Vgl. Norrhem, S. 195, 113.</ref> Das Potential einer baulich-künstlerischen Repräsentation war Christina Piper stets bewusst und sowohl ihr Aufstieg als auch die Konsolidierung ihres errungenen Status wurde konstant von prestigereichen Bau- und Gartenprojekten begleitet, dies jedoch nie unter Aufgabe eines rational-praktikablen Geschäftssinns.
|[[Datei:2. David von Krafft (zugeschrieben), Porträt von Christina Piper.webp|mini|Abb. 2 David von Krafft (zugeschrieben), Porträt von Christina Piper, Öl auf Leinwand, 150 x 125 cm, Katrinedal]][[Datei:46. David Kock (nach David Klöcker-Ehrenstrahl), Carl Piper, vor 1698.webp|mini|Abb. 46 David Kock (nach David Klöcker-Ehrenstrahl), Carl Piper, vor 1698, Öl auf Leinwand, 143 x 114 cm, Nationalmuseum Stockholm, INV NMGrh705]][[Datei:47. David Klöcker-Ehrenstrahl (zugeschrieben), Christina Piper, vor 1698.webp|mini|Abb. 47 David Klöcker-Ehrenstrahl (zugeschrieben), Christina Piper, vor 1698, Öl auf Leinwand, 145 x 120 cm, Privatbesitz]][[Datei:54. Stockholm, Petersenska huset.webp|mini|Abb. 54 Stockholm, Petersenska huset, aus: Erik Dahlberg, Suecia antiqua et hodierna]][[Datei:55. Stockholm, Petersenska huset.webp|mini|Abb. 55 Stockholm, Petersenska huset]][[Datei:57. Sturefors.webp|mini|Abb. 57 Sturefors]][[Datei:58. Krageholm.webp|mini|Abb. 58. Krageholm]][[Datei:59. Högestad.webp|mini|Abb. 59 Högestad]][[Datei:60. Ängsö.webp|mini|Abb. 60 Ängsö]][[Datei:61. Suecia 1-094 ; Ängsö Suecia antiqua et hodierna.webp|mini|Abb. 61 Ängsö, aus: Erik Dahlberg, Suecia antiqua et hodierna ]][[Datei:64. Georg Engelhardt Schröder (zugeschrieben), Christina Piper.webp|mini|Abb. 64 Georg Engelhardt Schröder (zugeschrieben), Christina Piper, Öl auf Leinwand, 99 x 75,5 cm, Privatbesitz]]
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== Carl Fredrik Piper ==
[[wikidata:Q6161733|Carl Fredrik Piper]] (Abb. 53, 65) war, neben vier Töchtern, der einzige Sohn von [https://skbl.se/en/article/ChristinaPiper Christina] und [https://sok.riksarkivet.se/sbl/artikel/7284 Carl Piper] und nahm als solcher eine herausgehobene Position ein. Als Haupterbe und Nachfolger zeigte sich Christina Piper zeitlebens besorgt ob seines Werdegangs, den sie eng begleitete. Carl Fredrik erhielt eine siebenjährige Ausbildung an der Universität in Uppsala, womit ihm der Weg des Beamten – und nicht des Militärs – vorgegeben wurde. Anschließend an sein Studium wurde er 1719 zunächst Kammerherr am Hof von [[wikidata:Q52933|Königin Ulrika Eleonora]].<ref>Vgl. Norrhem 2010, S. 172–173; Asp 2021, S. 108.</ref> 1720 schickte Christina Piper ihn auf eine vierjährige Grand Tour nach Deutschland, Frankreich, Italien und England.<ref>Zur Grand Tour von Carl Fredrik siehe insbesondere Asp 2021; Norrhem 2010, S. 218–219. Ein Reisetagebuch befindet sich im ''Riksarkivet'' in Stockholm, https://sok.riksarkivet.se/arkiv/RbFSyXMm7ABS18FKeKYIm0 (26.09.2023).</ref> Die Reise kann als strategische Investition in die Zukunft ihres Sohnes und Vorbereitung auf den Eintritt in höchste gesellschaftliche Kreise gesehen werden.<ref>Vgl. Asp 2021, S. 110.</ref> Letzteres gelang ihm ohne größere Hindernisse: Unter dem schwedischen Botschafter [https://sok.riksarkivet.se/sbl/artikel/14710 Josias Cederhielm] war er als ''kavaljer'' am russischen Hof, wurde 1727 außerordentlicher und 1733 ordentlicher Kammerrat, 1742 Hofkanzler und 1747 Präsident des ''Kammarkollegiums''.<ref>Vgl. https://sv.wikipedia.org/wiki/Carl_Fredrik_Piper_(1700–1770) (26.09.2023); https://www.adelsvapen.com/genealogi/Piper_nr_46 (13.11.2023).</ref> Bis in die 1750er Jahre lebte Carl Fredrik hauptsächlich in Stockholm und auf [[wikipedia:Ängsö_Castle|Ängsö]], wo er sich nach seiner Hochzeit mit [[wikidata:Q109829973|Ulrika Christina Mörner von Morlanda]] (1709–1778) niederließ. Das Anwesen musste er zunächst von seiner Mutter pachten.<ref>Vgl. Norrhem 2010, S. 221.</ref> Er zeigte sich am zeitgenössischen politischen Geschehen interessiert, empfing regelmäßig die intellektuelle Elite Stockholms und war Großmeister des [https://sv.wikipedia.org/wiki/Awazu_och_Wallasis ''Awazu och Wallassis-''Ordens]. Im Jahr 1748 wurde er in die ''[[wikipedia:Royal_Swedish_Academy_of_Sciences|Kungliga Vetenskapsakademien]]'' gewählt.


[[Stola/Forschungsstand#%20ftnref9|[9]]] Vgl. Hildebrand 1949a, <nowiki>https://sok.riksarkivet.se/sbl/Mobil/Artikel/16801</nowiki> (26.01.2023).
Im Gegensatz zu seiner Mutter pflegte Carl Fredrik intellektuell-bildungsbürgerliche Interessen, machte sich als Sammler von Büchern und Handschriften einen Namen und war mit zahlreichen Künstlern befreundet, darunter [https://sok.riksarkivet.se/sbl/artikel/13968 Carl Hårleman], Erik Tessin und der Schriftsteller [https://sok.riksarkivet.se/sbl/Presentation.aspx?id=17222 Olof von Dalin].<ref>Vgl. Norrhem 2010, S. 196.</ref> Er war Mitglied des königlichen Numismatischen Comités, das ab 1744 eine Geschichte der schwedischen Numismatik erstellen sollte.<ref>Vgl. näher Bedoire 2013, S. 268–269.</ref>


[[Stola/Forschungsstand#%20ftnref10|[10]]] Vgl. Allén/Frängsmyr 2016.
Eine umfangreiche Korrespondenz gibt Aufschluss zu dem engen Verhältnis zwischen Carl Fredrik und seiner Mutter, die insbesondere in seiner Jugend eine dominante Rolle einnahm (Abb. 66). Ihre Beziehung verschob sich zunehmend hin zu einem Verhältnis auf Augenhöhe. Mit ihrem Rückzug aus dem politisch-gesellschaftlichen Leben in Stockholm und den teils schwierigen Verhältnissen zu ihren Schwiegersöhnen stand [https://skbl.se/en/article/ChristinaPiper Christina Piper] zunehmend in einer Abhängigkeit zu ihrem Sohn, der ihr Kontakte und Zugang zu ihr sonst verschlossenen Räumen verschaffen konnte.<ref>Vgl. Asp 2021, S. 121.</ref> Nach ihrem Tod übernahm Carl Fredrik 1752 die Alaunhütte mit Christinehof, wo er zunächst jedoch nicht lebte. Im Anschluss an den Reichstag von 1756 – vier Jahre nach Christina Pipers Tod – legte Carl Fredrik seine Ämter in Stockholm nieder und zog sich auf die familiären Anwesen in Schonen zurück. Einem Inventar aus dem Jahr 1758 nach zu urteilen, verbrachte er mit seiner Familie mehrere Monate im Sommer und Herbst in Christinehof: Verbrauchtes Brennholz wird hier von Juli bis Oktober angegeben.<ref>Vgl. Hansen 2017, Essay N° LXXIV, https://www.ikfoundation.org/itextilis/daily-life-at-a-manor-house-in-1758.html (26.09.2023).</ref> Das Paar hatte fünf Kinder, von denen vermutlich die zu diesem Zeitpunkt noch unverheiratete Tochter [[wikidata:Q126281366|Ulrika Fredrika]] (geb. 1732) sowie die Söhne [[wikidata:Q65007408|Fredrik Thure]] (geb. 1741) und [[wikidata:Q6050268|Adolf Ludvig]] (geb. 1750) mit ihren Eltern auf Christinehof lebten. Die früh verwitwete Tochter [[wikidata:Q4973002|Christina Charlotta]] (Abb. 49) lebte wahrscheinlich nicht ständig auf Christinehof; ebenso wenig [[wikidata:Q15695129|Carl Gustaf]], der bereits 1754 sein Studium in Uppsala abschloss und in das Berufsleben eintrat.
 
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[[Stola/Forschungsstand#%20ftnref11|[11]]] Vgl. Svenska slott och herresäten 1908–1923. Stola in: Bd. Västergötland, Halland, Värmland, Nerike, Västermanland, S. 28–32 = Romdahl 1910.
[[Datei:53. Lorens Pasch d. Ä. (zugeschrieben), Carl Fredrik Piper.webp|mini|Abb. 53 Lorens Pasch d. Ä. (zugeschrieben), Carl Fredrik Piper, Öl auf Leinwand, 78,5 x 64 cm, Privatbesitz]][[Datei:65. Johan Henrik Scheffel (zugeschrieben), Carl Fredrik Piper.webp|mini|Abb. 65 Johan Henrik Scheffel (zugeschrieben), Carl Fredrik Piper, Öl auf Leinwand, 80 x 64 cm, Nationalmuseum Stockholm, INV NMGrh1528]][[Datei:49. Jakob Björck (nach Gustav Lundberg), Kristina Charlotta Piper.webp|mini|Abb. 49 Jakob Björck (nach Gustav Lundberg), Kristina Charlotta Piper, um 1750–1793, Öl auf Leinwand, 79,5 x 65 cm, INV 3202_SKO, Skoklosters slott/SHM]]
 
[[Stola/Forschungsstand#%20ftnref12|[12]]] Vgl. Elgenstierna 1926 mit genealogischen Tafeln des schwedischen Adels, Erdman 1926 mit Quellenveröffentlichungen über den Hof und auf adligen Gütern im Schweden des 18. Jahrhunderts.
 
[[Stola/Forschungsstand#%20ftnref13|[13]]] Vgl. Mannerfelt 1923.
 
[[Stola/Forschungsstand#%20ftnref14|[14]]] Vgl. Erixon/Wallin 1932.
 
[[Stola/Forschungsstand#%20ftnref15|[15]]] Vgl. Erixon/Wallin 1932, S. 66 zitieren den Schreiber Erik Andren, der behauptet, der lokale Baumeister Håkan Eliander sei der Entwerfer Stolas.
 
[[Stola/Forschungsstand#%20ftnref16|[16]]] Vgl. Karlson 1940. Das Original des Inventars befindet sich in der Universitätsbibliothek Lund, De la Gardieska arkivet, Topographica, Västergötland, Stola 1c.
 
[[Stola/Forschungsstand#%20ftnref17|[17]]] Vgl. Svenska gods och gårdar 1935–1942, Stola in Bd. 30, Västergötland Skaraborgs län (västra), Uddevalla 1942, S. 892.
 
[[Stola/Forschungsstand#%20ftnref18|[18]]] Vgl. Slott och herresäten i Sverige 1966–1971, Stola in Bd. 10, Teil 1 Västergötland: Almnäs–Stola, Stockholm 1968, S. 411–435 = Luthander 1968.
 
[[Stola/Forschungsstand#%20ftnref19|[19]]] Vgl. Luthander 1968, S. 411–435.
 
[[Stola/Forschungsstand#%20ftnref20|[20]]] Vgl. Westrin 1986.
 
[[Stola/Forschungsstand#%20ftnref21|[21]]] Vgl. Selling 1937 (1991).
 
[[Stola/Forschungsstand#%20ftnref22|[22]]] Vgl. Sjöberg 2000, Bedoire 2001, Bedoire 2015.
 
[[Stola/Forschungsstand#%20ftnref23|[23]]] Vgl. etwa Bedoire 2001, Bedoire 2015.
 
[[Stola/Forschungsstand#%20ftnref24|[24]]] Vgl. etwa Ulväng 2017.
 
[[Stola/Forschungsstand#%20ftnref25|[25]]] Vgl. <nowiki>https://www.svenskaherrgardar.se/</nowiki> (10.11.2022).
 
[[Stola/Forschungsstand#%20ftnref26|[26]]] Vgl. <nowiki>https://www.svenskaherrgardar.se/herrgardsdatabasen/gard/10693</nowiki> (10.11.2022).
 
[[Stola/Forschungsstand#%20ftnref27|[27]]] Vgl. u.a. Alm 2000 mit lediglich einem Hinweis auf Stola, S. 308.
 
[[Stola/Forschungsstand#%20ftnref28|[28]]] Vgl. Westrin 2004. Zeichnung befand sich 2004 in der Restaurierungswerkstatt im Regionalarchiv Göteborg und wurde dem Nationalarchiv in Göteborg am 31.03.2005 unrestauriert zurückgegeben, vgl. e-Mail von Helena Mattisson 19.07.2023.
 
[[Stola/Forschungsstand#%20ftnref29|[29]]] Vgl. Karling 1981, sowie <nowiki>https://digitaltmuseum.se/021017229956/1m16-d9483</nowiki> (23.02.2023).
 
[[Stola/Forschungsstand#%20ftnref30|[30]]] Vgl. Berglund 2014, [https://gupea.ub.gu.se/bitstream/handle/2077/36763/gupea_2077_36763_1.pdf?sequence=1 quelle] (27.03.2023).
 
[[Stola/Forschungsstand#%20ftnref31|[31]]] Vgl. Westrin 1996, Westrin 1997, Westrin 2002.
 
[[Stola/Forschungsstand#%20ftnref32|[32]]] Vgl. etwa Hellspong/Lindvall 2004, Geijer 2008 oder Edman 2008, u.a. S. 48 zu Stola.
 
[[Stola/Forschungsstand#%20ftnref33|[33]]] Auch Nilsson. Vgl. <nowiki>https://www.wikidata.org/wiki/Q24019266</nowiki> (22.02.2024); <nowiki>https://sok.riksarkivet.se/sbl/Mobil#/sbl/Mobil/Artikel/8922</nowiki> (22.02.2024).
 
[[Stola/Forschungsstand#%20ftnref34|[34]]] Vgl. Lundberg 1935, Lundberg 1942, Lundberg 1966, <nowiki>https://www.wikidata.org/wiki/Q5965758</nowiki> (22.02.2024); <nowiki>https://sok.riksarkivet.se/sbl/Mobil#/sbl/Mobil/Artikel/9756</nowiki> (22.02.2024).
 
[[Stola/Forschungsstand#%20ftnref35|[35]]] Vgl. Gullbrandsson 2010.
 
[[Stola/Forschungsstand#%20ftnref36|[36]]] Vgl. etwa Schermann 2010 oder Björkman 2016.
 
[[Stola/Forschungsstand#%20ftnref37|[37]]] Zuletzt etwa Allén/Frängsmyr 2016.
 
[[Stola/Forschungsstand#%20ftnref38|[38]]] Vgl. etwa Gullbrandsson 2010, S. 48.
 
[[Stola/Forschungsstand#%20ftnref39|[39]]] Vgl. etwa Karlson 1940, S. 15 oder Gullbrandsson 2010, S. 47.
 
[[Stola/Forschungsstand#%20ftnref40|[40]]] Vgl. Karlson 1940. Das Original des Inventars von 1796 befindet sich in der Universitätsbibliothek Lund, De la Gardieska arkivet, Topographica, Västergötland, Stola 1c.
 
[[Stola/Forschungsstand#%20ftnref41|[41]]] Vgl. Karlson 1940, S. 155–180.
 
[[Stola/Forschungsstand#%20ftnref42|[42]]] Vgl. ''Ekebladska samlingar'', darin u.a. das Nachlassarchiv Eva Ekeblads von 1787, vgl. <nowiki>https://sok.riksarkivet.se/bouppteckningar?Efternamn=de+la+Gardie&Lan=Alla&AvanceradSok=False&page=5&postid=Bouppteckningar_799291EA-26F4-4C24-9FFD-00174A178F0E-48C480C1-F398-4EF0-9568-A7648F6B57BA&tab=post</nowiki> (02.03.2023); <nowiki>https://sok.riksarkivet.se/bildvisning/C0105500_00047</nowiki> (26.03.2024).
 
[[Stola/Forschungsstand#%20ftnref43|[43]]] Kungliga Bibliotheket, Stockholm, Papiere zu Claes Julius Ekeblad: Journal. Papper rörande Stola [Aufzeichnungen. Papiere Stola betreffend] Signatur HSIe17a.
 
[[Stola/Forschungsstand#%20ftnref44|[44]]] Vgl. Nordiska Museets Handlingar [Handreichungen des nordischen Museeums], lt. Westrin 1986, S. 59 zusammengestellt 1930/1931.
 
[[Stola/Forschungsstand#%20ftnref45|[45]]] Vgl. Westrin 1986, S. 59.
 
[[Stola/Forschungsstand#%20ftnref46|[46]]] Das Inventar befindet sich in der Universitätsbibliothek von Lund, De la Gardieska arkivet [De la Gardie Archiv], Topographica, Västergötland, Signatur: Stola 1c.
 
[[Stola/Forschungsstand#%20ftnref47|[47]]] Vgl. <nowiki>https://www.wikidata.org/wiki/Q845497</nowiki> (25.03.2024); <nowiki>https://www.lantmateriet.se</nowiki> (25.03.2024).
 
[[Stola/Forschungsstand#%20ftnref48|[48]]] Karten von 1728, Geometrische Vermessung des Gutshofs Stola (Gemeinde Strö, Stola Nr. 1) von 1728, Lantmäteriet, Lantmäteristyrelsens arkiv, akt P195-7:1 und Geometrische Vermessung des Gutshofs Stola (Gemeinde Strö, Stola Nr. 2) von 1728.
 
[[Stola/Forschungsstand#%20ftnref49|[49]]] Vgl. Gullbrandsson 2010, S. 63.
 
[[Stola/Forschungsstand#%20ftnref50|[50]]] Vgl. <nowiki>https://www.wikidata.org/wiki/Q10413471</nowiki> (22.02.2024); <nowiki>https://www.raa.se/tag/antikvariska-topografiska-arkivet-ata/</nowiki> (22.02.2024).
 
[[Stola/Forschungsstand#%20ftnref51|[51]]] Vgl. <nowiki>https://www.wikidata.org/wiki/Q4356728</nowiki> (22.02.2024); <nowiki>https://arkdes.se</nowiki> (22.02.2024).
 
[[Stola/Forschungsstand#%20ftnref52|[52]]] Vgl. <nowiki>https://www.wikidata.org/wiki/Q489175</nowiki> (22.02.2024); <nowiki>https://vastergotlandsmuseum.se</nowiki> (22.02.2024).
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===== Einzelnachweise =====
 
# <small>Das Herrenhaus Richter in der Datenbank der Herrenhäuser des Ostseeraums (abgerufen am 02.08.2024)</small>
# <small>“Herrenhäuser in Schwerin”, M. Muster, im Beispielverlag (2024)</small>
# <small>“Richter: Eine Familiengeschichte”, M. Muster, Architekturjournal “Beispiel”  (2024)</small>
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<references />
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Aktuelle Version vom 7. März 2025, 09:00 Uhr

Die Baugeschichte von Christinehof wurde im 18. Jahrhundert wesentlich durch Christina Piper bestimmt und unter ihrem Sohn Carl Fredrik Piper fortgeführt. Während Christina Piper ständig in Krageholm lebte und Christinehof für temporäre, mehrheitlich geschäftlich begründete Aufenthalte nutzte, bewohnte ihr Sohn nach seinem Ausscheiden aus staatlichen Ämtern das Haus mehrere Monate im Jahr.

Christina Piper

Herkunft

Christina Piper (Abb. 2) wurde 1673 in eine vermögende Kaufmannsfamilie in Stockholm geboren und wuchs in einem Milieu des aufstrebenden Bürgertums auf, das in zunehmender Opposition zum alten Adel seine Macht- und Einflusswege ausbaute.[1] 1690 heiratete sie den 26 Jahre älteren Carl Piper[2], einen Stiefbruder ihres Vaters, der eine schnelle Karriere im Staatsdienst vollzog und zum einflussreichsten Berater von Karl XI. und anschließend von Karl XII. aufstieg.[3] Carl Piper wurde 1678 geadelt[4] und bekleidete mehrere wichtige politische Ämter, darunter jene des Kanzleirats und Staatssekretärs. Mit ihrem Mann bildete Christina Piper ein effektiv agierendes politisches Paar im elitären und höfischen Milieu Stockholms, wobei man sich über sie offenbar vor allem eine Einflussnahme auf ihren Mann oder sogar das Königshaus erhoffte.[5]

Zwei ähnlich komponierte Porträts, entstanden Ende des 17. Jahrhunderts vermutlich im Atelier von David Klöcker Ehrenstrahl[6] (Abb. 46–47), vermitteln den Status des Paares: In herrschaftlichem Habitus sitzen Carl und Christina Piper in einem repräsentativen Innenraum mit Ausblick am rechten Bildrand, hinterfangen von schweren Draperien. Der Hermelinmantel, den beide tragen, verweist auf Carl Pipers hohe Stellung im Machtgefüge. Christinas Porträt orientiert sich an jenem ihres Mannes: Ihre Rolle und Identität wird im Verhältnis zu ihm formuliert.[7] Zugleich ist ihrem Porträt eine wirkmächtige Referenz eingeschrieben, denn es lehnt sich in augenfälliger Deutlichkeit an ein Porträt von Prinzessin Hedvig Sofia, Schwester von Karl XII., von David von Krafft an (Abb. 48).[8]

Abb. 48 David von Krafft, Hedvig Sofia (1681–1708), princess of Sweden, duchess of Holstein-Gottorp, married to Fredrik IV of Holstein-Gottorp, um 1700, Öl auf Leinwand, 148 x 118 cm, Nationalmuseum Stockholm, INV NMGrh 1882

Fast könnte man angesichts der kompositorischen Nähe eine gesuchte Konkurrenz vermuten; in jedem Fall unterstreicht die selbstbewusste Übernahme einer königlichen Porträtsprache die mächtige Stellung der Pipers bei Hof.[9] Carl Piper begleitete den König auf zahlreichen Reisen, so dass Christina Piper früh eigenverantwortlich handelte.[10] Zwischen 1693 und 1707 bekam sie vier Töchter und einen Sohn, deren Lebenswege und standesgemäßes Fortkommen sie zeitlebens intensiv mitbestimmte.

Frühe Wohnsitze in Stockholm

Nach ihrer Hochzeit blieb Stockholm zunächst Hauptwohnsitz der Pipers, wo sie im ausgehenden 17. Jahrhundert eine Reihe von Bauprojekten initiierten und dafür die in der Zeit renommiertesten schwedischen Künstler beschäftigten. So realisierte Nicodemus Tessin d. J. den Anbau zweier Flügel am Petersén-Haus[11] (Abb. 54–55) und ließ für die Innenausstattung Möbel und Kunstgegenstände aus Paris und Italien kommen.[12] Parallel entstand, eventuell ebenfalls unter Tessins Beteiligung, ein dreigeschossiges Gebäude in der Munkbrogatan, bekannt als Piperska palatset (Abb. 56), das jedoch bald vermietet wurde.[13] Ein drittes, 1694 erworbenes Anwesen befand sich auf Kungsholmen, wo 1695 die Arbeiten an einem äußerst aufwendigen Barockgarten begannen, für den der wegweisende Gartenarchitekt Johan Hårleman verpflichtet wurde. [mehr: link zu den Gärten]

Abb. 56 Stockholm, Piperska palatset

Landbesitz und Herrenhäuser

Der soziale Aufstieg der Pipers zog eine gesuchte Annäherung an aristokratische Lebensformen und den Besitz von Land nach sich: Mit Sturefors (Abb. 57) wurde 1699 der erste größere Grundbesitz außerhalb von Stockholm erworben. Nicodemus Tessin d. J. realisierte gemeinsam mit seinem Schüler Göran Josua Adelcrantz ein aufwendiges Anwesen mit Garten, der insbesondere französische Einflüsse offenbart [link Gärten]. Christina Piper begleitete während der zahlreichen Abwesenheiten ihres Mannes die Arbeiten mit großem Interesse und brachte eigene Vorstellungen in den Entwurfsprozess mit ein – offenbar nicht immer in Tessins Sinne.[14] Auch in den folgenden Jahren unternahm Christina Piper umfangreiche Investitionen in Landsitze, mit Vorliebe in Schonen, wo aufgrund der klimatischen Bedingungen die Landwirtschaft besonders ertragreich war. Zudem nahmen die Grundbesitzenden in den ehemals dänischen Gebieten in Bezug auf die zu leistende Fronarbeit (dänisch hoveri) eine starke Position ein. Schonen blieb zugleich aufgrund des anhaltenden Konflikts mit Dänemark, das 1709 erneut angriff und 1710 geschlagen wurde, eine instabile Region. Die Folgen des Krieges in Form von Belagerungen, Plünderungen und Verwüstungen waren verheerend. [15] Christina Piper investierte unbeirrt: In Schonen gelangten 1704 Krageholm (ihr späterer Hauptwohnsitz) (Abb. 58), 1707 das nahe gelegene Högestad (Abb. 59) und 1708 Baldringe in ihren Besitz. Zeitgleich vergrößerte sie den Landbesitz um Sturefors. Im Jahr 1710 erwarb sie das Gut Ängsö (Abb. 60–61) im Bezirk Yttertjurbo in Västmanland, wo Carl Pipers Vater einst Bezirksvorsteher (häradshövding) gewesen war. Obwohl nur zeitweiliger Wohnsitz, wurde Ängsö zu einem wichtigen familiären Ort, dessen Kirche der Familie als Begräbnisstätte dienen sollte.[16] In Schonen gelangten neben dem 1725 weitgehend abgeschlossenen Erwerb von Andrarum weiterhin Toppeladugård (Abb. 62) und Assatorp (1720), Björnstorp (1725), Glimmingehus (1736), Östra Torup (1736) und eine Reihe weiterer kleinerer Höfe in Christina Pipers Besitz. Noch 1738 übernahm sie nach dem Tod ihres kinderlosen Bruders Mikael Törnflycht dessen Gut Hässelbyholm (Abb. 63), wo sie sich ab 1745 für vier Jahre niederließ.[17]

In ihren Investitionen kristallisierte sich früh ein wiederkehrendes Muster heraus: Christina Piper erwarb vorzugsweise Objekte und Ländereien von finanziell angeschlagenen oder ruinierten Besitzern. Sie profitierte so auch von der zunehmenden Verarmung des alten Adels angesichts der für den Krieg geforderten Abgaben.[18] Finanziell hatte sie selbst einen soliden Ausgangspunkt, auch durch ein großes Erbe nach dem Tod ihres Vaters 1713 und dem Vermögen, das ihr nach Carl Pipers Tod zufiel.[19] Ihr Land- und Immobilienerwerb ging auffallend oft mit Konflikten und rechtlichen Streitigkeiten mit den ehemaligen Besitzenden einher, die sie indes hartnäckig und meist zu ihrem Vorteil durchstand.[20] Bei allem geschäftlich-finanziellem Hintergrund spielten auch die bauliche Repräsentation und damit verbundenes Prestige stets eine große Rolle. Dies zeigen die diversen Bau- und Gartenprojekte, die sie an den erworbenen Standorten mit teils hohem Aufwand initiierte. Christina Piper verband in der Gestaltung ihrer Anwesen eine praktikable Zweckmäßigkeit mit einem repräsentativen Anspruch, wofür gerade Christinehof ein anschauliches Beispiel bietet.[21]

Christina Piper als Witwe und Familienoberhaupt

Mit dem Tod von Carl Piper 1716 in russischer Gefangenschaft erhielt Christina Pipers (Abb. 64) Leben eine grundlegende Wendung. Bald nach Ende des Großen Nordischen Krieges verlegte sie ihren Hauptwohnsitz nach Krageholm (Abb. 58) wo sie den Neubau des dortigen Anwesens vorantrieb. Der endgültige Schritt nach Schonen war auch eine Abkehr von der politischen Bühne Stockholms, wo sie ohne Carl Piper kaum noch Einfluss- und Handlungsräume besaß. Ihre einstige wichtige Stellung in Kreisen der Staatseliten an der Seite ihres Mannes ersetzte sie durch ein zielstrebiges Engagement in Industrie, Handel und Landwirtschaft.[22]

Entscheidender Antrieb ihrer Entscheidungen waren Status und Fortkommen ihrer Familie, wobei in erster Linie der einzige Sohn Carl Fredrik im Fokus stand, ebenso die standesgemäße Verheiratung ihrer Töchter und die Werdegänge der Schwiegersöhne.[23] Nach dem frühen Tod zweier ihrer Töchter nahm sie zudem mehrere Enkelkinder bei sich auf, deren Lebenswege sie nahhaltig bestimmte.[24] Ihre Korrespondenzen offenbaren ihre dominierende Stellung innerhalb der Familie, bis hin zu einer kontrollierenden und vielfach kritisierenden Haltung.[25] Ihre Vorstellungen waren geprägt von ihren pietistischen Überzeugungen und einem disziplinierten Arbeitsethos, verbunden mit Ausdauer und unermüdlichen Bemühungen um die Verbesserung des familiären Einflusses. Wiederholt verraten ihre Korrespondenzen Skepsis und Besorgnis ob der Fähigkeit ihrer Nachkommen, den aufgebauten Besitz und das umfangreiche Vermögen zu bewahren.[26] Mit zunehmender Verschlechterung ihrer Gesundheit unterteilte Christina Piper 1747 ihr Vermögen in insgesamt vier Fideikommisse um den Besitz langfristig in der Familie zu halten – was ihr nachhaltig (bis heute) gelang.[27] Die vier Fideikommisse teilten sich wie folgt auf:

Andrarum mit den Höfen Torup, Högestad und Baldringe (Carl Fredrik und Nachkommen)

Ängsö (Carl Fredrik und Nachkommen)

Sturefors und Viggbyholm (Enkel Nils Adam Bielke)

Hässelbyholm (Enkelin Eva Bielke)

Die Verteilung ihres Nachlasses war bezogen auf die Güter denkbar ungleich. Ihr Sohn Carl Fredrik erhielt bei Weitem das größte Erbe, während manche ihrer Kinder und Enkelkinder nicht berücksichtigt wurden – den folgenden Unstimmigkeiten zum Trotz blieb die Verteilung weitgehend so bestehen.[28]Christina Piper erscheint aus heutiger Perspektive als eine für ihre Zeit außergewöhnlich unabhängige und selbstbestimmte Frau, die sich als Witwe erfolgreich in einer männlich dominierten, frühindustriellen Geschäftswelt behauptete. Nichtsdestotrotz blieb sie augenscheinlich zeitlebens einem traditionellen Gesellschaftsmodell verhaftet: Keine ihrer Töchter folgte ihr auf ihrer Laufbahn. Auch auf Betreiben ihrer Mutter nahmen sie ausnahmslos den zeittypischen Weg in arrangierte und teils unglückliche, aber vorteilshafte Ehen. In dem von Christina Piper favorisierten System des Fideikommiss galt, dass stets der älteste Sohn erbte, wodurch Frauen in ihrer Stellung und ihren Handlungsräumen nachhaltig geschwächt wurden.[29]

Nach Christina Pipers Tod wurden im zeitgenössischen Diskurs in erster Linie ihre karitativen Verdienste, ihr Pietismus und ihre Rolle als Mutter und trauernde Witwe hervorgehoben. Das Bild der erfolgreichen Geschäftsfrau ließ sich zunächst nicht unterbringen. In der späteren Rezeption bis ins 20. Jahrhundert hinein war ihr Ruf gerade diesbezüglich lange negativ. Sie galt als geschickt, aber von persönlicher Gier getrieben – auch ihr Mann wurde als wenig erfolgreicher Emporkömmling beschrieben.[30]

Christina Piper trat nie als Intellektuelle mit literarisch-künstlerischen Interessen und ebenso wenig als Sammlerin oder Förderin von bildenden Künstlern hervor. Dies bestätigt auch der Blick auf ihre Bibliothek in Krageholm, in der sich nahezu ausschließlich religiöse Werke fanden. Allerdings erkannte sie die hohe Bedeutung von Bildung insbesondere für das Fortkommen ihres Sohnes im Staatsdienst, rief darüber hinaus, teils gemeinsam mit Carl Frederik, mehrere Stipendien ins Leben, so in Lund und Uppsala.[31] Das Potential einer baulich-künstlerischen Repräsentation war Christina Piper stets bewusst und sowohl ihr Aufstieg als auch die Konsolidierung ihres errungenen Status wurde konstant von prestigereichen Bau- und Gartenprojekten begleitet, dies jedoch nie unter Aufgabe eines rational-praktikablen Geschäftssinns.

Abb. 2 David von Krafft (zugeschrieben), Porträt von Christina Piper, Öl auf Leinwand, 150 x 125 cm, Katrinedal
Abb. 46 David Kock (nach David Klöcker-Ehrenstrahl), Carl Piper, vor 1698, Öl auf Leinwand, 143 x 114 cm, Nationalmuseum Stockholm, INV NMGrh705
Abb. 47 David Klöcker-Ehrenstrahl (zugeschrieben), Christina Piper, vor 1698, Öl auf Leinwand, 145 x 120 cm, Privatbesitz
Abb. 54 Stockholm, Petersenska huset, aus: Erik Dahlberg, Suecia antiqua et hodierna
Abb. 55 Stockholm, Petersenska huset
Abb. 57 Sturefors
Abb. 58. Krageholm
Abb. 59 Högestad
Abb. 60 Ängsö
Abb. 61 Ängsö, aus: Erik Dahlberg, Suecia antiqua et hodierna
Abb. 64 Georg Engelhardt Schröder (zugeschrieben), Christina Piper, Öl auf Leinwand, 99 x 75,5 cm, Privatbesitz

Carl Fredrik Piper

Carl Fredrik Piper (Abb. 53, 65) war, neben vier Töchtern, der einzige Sohn von Christina und Carl Piper und nahm als solcher eine herausgehobene Position ein. Als Haupterbe und Nachfolger zeigte sich Christina Piper zeitlebens besorgt ob seines Werdegangs, den sie eng begleitete. Carl Fredrik erhielt eine siebenjährige Ausbildung an der Universität in Uppsala, womit ihm der Weg des Beamten – und nicht des Militärs – vorgegeben wurde. Anschließend an sein Studium wurde er 1719 zunächst Kammerherr am Hof von Königin Ulrika Eleonora.[32] 1720 schickte Christina Piper ihn auf eine vierjährige Grand Tour nach Deutschland, Frankreich, Italien und England.[33] Die Reise kann als strategische Investition in die Zukunft ihres Sohnes und Vorbereitung auf den Eintritt in höchste gesellschaftliche Kreise gesehen werden.[34] Letzteres gelang ihm ohne größere Hindernisse: Unter dem schwedischen Botschafter Josias Cederhielm war er als kavaljer am russischen Hof, wurde 1727 außerordentlicher und 1733 ordentlicher Kammerrat, 1742 Hofkanzler und 1747 Präsident des Kammarkollegiums.[35] Bis in die 1750er Jahre lebte Carl Fredrik hauptsächlich in Stockholm und auf Ängsö, wo er sich nach seiner Hochzeit mit Ulrika Christina Mörner von Morlanda (1709–1778) niederließ. Das Anwesen musste er zunächst von seiner Mutter pachten.[36] Er zeigte sich am zeitgenössischen politischen Geschehen interessiert, empfing regelmäßig die intellektuelle Elite Stockholms und war Großmeister des Awazu och Wallassis-Ordens. Im Jahr 1748 wurde er in die Kungliga Vetenskapsakademien gewählt.

Im Gegensatz zu seiner Mutter pflegte Carl Fredrik intellektuell-bildungsbürgerliche Interessen, machte sich als Sammler von Büchern und Handschriften einen Namen und war mit zahlreichen Künstlern befreundet, darunter Carl Hårleman, Erik Tessin und der Schriftsteller Olof von Dalin.[37] Er war Mitglied des königlichen Numismatischen Comités, das ab 1744 eine Geschichte der schwedischen Numismatik erstellen sollte.[38]

Eine umfangreiche Korrespondenz gibt Aufschluss zu dem engen Verhältnis zwischen Carl Fredrik und seiner Mutter, die insbesondere in seiner Jugend eine dominante Rolle einnahm (Abb. 66). Ihre Beziehung verschob sich zunehmend hin zu einem Verhältnis auf Augenhöhe. Mit ihrem Rückzug aus dem politisch-gesellschaftlichen Leben in Stockholm und den teils schwierigen Verhältnissen zu ihren Schwiegersöhnen stand Christina Piper zunehmend in einer Abhängigkeit zu ihrem Sohn, der ihr Kontakte und Zugang zu ihr sonst verschlossenen Räumen verschaffen konnte.[39] Nach ihrem Tod übernahm Carl Fredrik 1752 die Alaunhütte mit Christinehof, wo er zunächst jedoch nicht lebte. Im Anschluss an den Reichstag von 1756 – vier Jahre nach Christina Pipers Tod – legte Carl Fredrik seine Ämter in Stockholm nieder und zog sich auf die familiären Anwesen in Schonen zurück. Einem Inventar aus dem Jahr 1758 nach zu urteilen, verbrachte er mit seiner Familie mehrere Monate im Sommer und Herbst in Christinehof: Verbrauchtes Brennholz wird hier von Juli bis Oktober angegeben.[40] Das Paar hatte fünf Kinder, von denen vermutlich die zu diesem Zeitpunkt noch unverheiratete Tochter Ulrika Fredrika (geb. 1732) sowie die Söhne Fredrik Thure (geb. 1741) und Adolf Ludvig (geb. 1750) mit ihren Eltern auf Christinehof lebten. Die früh verwitwete Tochter Christina Charlotta (Abb. 49) lebte wahrscheinlich nicht ständig auf Christinehof; ebenso wenig Carl Gustaf, der bereits 1754 sein Studium in Uppsala abschloss und in das Berufsleben eintrat.

Abb. 53 Lorens Pasch d. Ä. (zugeschrieben), Carl Fredrik Piper, Öl auf Leinwand, 78,5 x 64 cm, Privatbesitz
Abb. 65 Johan Henrik Scheffel (zugeschrieben), Carl Fredrik Piper, Öl auf Leinwand, 80 x 64 cm, Nationalmuseum Stockholm, INV NMGrh1528
Abb. 49 Jakob Björck (nach Gustav Lundberg), Kristina Charlotta Piper, um 1750–1793, Öl auf Leinwand, 79,5 x 65 cm, INV 3202_SKO, Skoklosters slott/SHM
  1. Ihre Eltern waren Olof Hansson Törne und Margareta Andersen; der Vater bekleidete mehrere Ämter, wurde 1698 geadelt und nahm den Namen Törnflycht an. Vgl. Norrhem 2010, S. 13-14.
  2. Carl Piper stammte aus einer Beamtenfamilie, die mehrere borgmästare von Stockholm stellte. Vgl. Norrhem 2010, S. 15.
  3. Vgl. näher Norrhem 2010, S. 16-19.
  4. Der von Karl XI. 1678 ausgestellte Adelsbrief liegt im Archiv von Christinehof, F/III d 3.
  5. Vgl. Norrhem 2010, S. 36–37.
  6. Von beiden Porträts, heute in Ängsö, entstanden mehrere Kopien. Jenes von Carl Piper wurde u.a. von David Kock, einem Schüler von David von Krafft, kopiert, heute im Nationalmuseum Stockholm, INV NMGrh 705, https://collection.nationalmuseum.se:443/eMP/eMuseumPlus?service=ExternalInterface&module=collection&objectId=15375&viewType=detailView (26.09.2023). Eine weitere Kopie wurde 2010 versteigert, vgl. https://www.uppsalaauktion.se/en/auctions/20100608/21-david-klocker-von-ehrenstrahl/ (18.02.2024). Eine Kopie des Porträts von Christina Piper befindet sich in Sturefors. Vgl. Brown 2021, S. 18.
  7. Vgl. Brown 2021, S. 19.
  8. David von Krafft, Hedvig Sofia (1681-1708), princess of Sweden, duchess of Holstein-Gottorp, married to Fredrik IV of Holstein-Gottorp, Nationalmuseum Stockholm, INV NMGrh 1882, http://collection.nationalmuseum.se/eMP/eMuseumPlus?service=ExternalInterface&module=collection&objectId=40116&viewType=detailView (26.09.2023).
  9. Vgl. Brown 2021, S. 21; Norrhem 2010, S. 38.
  10. Ihr Haushalt umfasste um 1700 etwa 25 Bedienstete, darunter Gouvernanten für die Kinder, einen Koch, Hausmädchen, Diener und Gärtner. Vgl. Norrhem 2010, S. 53.
  11. Das Petersén-Haus fand Eingang in die Publikation der Suecia antiqua et hodierna (1702), siehe https://suecia.kb.se/F/?func=direct&local_base=SAH&doc_number=001922796 (07.11.2023).
  12. Vgl. Norrhem 2010, S. 21–22.
  13. Vgl. den Eintrag zum sog. Piperska Palatset bei Wikipedia, https://sv.wikipedia.org/wiki/Piperska_palatset (23.02.2023).
  14. Es ist überliefert, dass Tessin zwei und Christina Piper drei Stockwerke favorisierte. Auch plädierte sie für eine ovale Halle, von der Tessin abriet. Vgl. Norrhem 2010, S. S. 69–70. Offenbar entsprach das große und repräsentative Schloss im Ergebnis nicht mehr ganz den Vorstellungen Tessins, der eine kleinere und raffinierte Anlage vorgesehen hatte. Vgl. Bedoire 2015, S. 300.
  15. Vgl. Norrhem 2010, S. 162–163.
  16. Vgl. Norrhem 2010, S. 159-162. Zu Ängsö vgl. Nisbeth 2011.
  17. Vgl. Norrhem 2010, S. 236–237.
  18. Vgl. Norrhem 2010, S. 160; Wetterberg 2021, S. 86; Wetterberg 2017, S. 22.
  19. Vgl. Norrhem 2010, S. 169; zu den familiären Vermögensverhältnissen siehe auch Tigerstedt 1949, S. 288–290, speziell zu ihrer wertvollen Juwelensammlung S. 290–293.
  20. Vgl. Norrhem 2010, S. 106; Tigerstedt 1949, S. 286.
  21. Tigerstedt wertete Christinehof bereits als jenes Anwesen, das Christina Piper und ihrer Haltung am besten entsprach. Vgl. Tigerstedt 1949, S. 294.
  22. Entsprechend wurden ihre Aufenthalte in Stockholm und die Briefkontakte mit Mitgliedern der königlichen Familie seltener. Vgl. Norrhem 2010, S. 193–194.
  23. Vgl. Tigerstedt 1949, S. 287. Unter ihren Schwiegersöhnen ist insbesondere Axel Löwen, Ehemann ihrer jüngsten Tochter Sophia, hervorzuheben. Ein umfassender Briefwechsel zeugt von seiner essentiellen Rolle als Kontaktperson und Berater, ungeachtet einer für Sophia offenbar unglücklichen Ehe. Der intensive Austausch mit Löwen endete bald nach dem frühen Tod ihrer Tochter. Vgl. Norrhem 2010, S. 188, 226.
  24. Insbesondere das Ende der 1720er und die beginnenden 1730er Jahre waren von zahlreichen Todesfällen in der Familie überschattet. Vgl. näher Norrhem 2010, S. 221–226.
  25. Vgl. Norrhem 2010, S. 217–218. Keine Hinweise geben Aufschluss darüber, warum Christina Piper nach Carls Tod unverheiratet blieb. Neben dem kriegsbedingten Männermangel liegt es nahe, dass sie ihr Dasein als erfolgreiche und unabhängige Geschäftsfrau nicht aufgeben wollte. Vgl. Norrhem 2010, S. 211.
  26. Vgl. Tigerstedt 1949, S. 295–296.
  27. Zu den heutigen Besitzverhältnissen der verschiedenen Anwesen und Ländereien vgl. Norrhem, S. 242.
  28. Vgl. Norrhem 2010, S. 253–254.
  29. Vgl. Norrhem 2010, S. 217–218, 242, 256.
  30. Vgl. Norrhem 2010, S. 252, 260–261.
  31. Vgl. Norrhem, S. 195, 113.
  32. Vgl. Norrhem 2010, S. 172–173; Asp 2021, S. 108.
  33. Zur Grand Tour von Carl Fredrik siehe insbesondere Asp 2021; Norrhem 2010, S. 218–219. Ein Reisetagebuch befindet sich im Riksarkivet in Stockholm, https://sok.riksarkivet.se/arkiv/RbFSyXMm7ABS18FKeKYIm0 (26.09.2023).
  34. Vgl. Asp 2021, S. 110.
  35. Vgl. https://sv.wikipedia.org/wiki/Carl_Fredrik_Piper_(1700–1770) (26.09.2023); https://www.adelsvapen.com/genealogi/Piper_nr_46 (13.11.2023).
  36. Vgl. Norrhem 2010, S. 221.
  37. Vgl. Norrhem 2010, S. 196.
  38. Vgl. näher Bedoire 2013, S. 268–269.
  39. Vgl. Asp 2021, S. 121.
  40. Vgl. Hansen 2017, Essay N° LXXIV, https://www.ikfoundation.org/itextilis/daily-life-at-a-manor-house-in-1758.html (26.09.2023).