04. Überblick zur Anlage
- 01. Einführung
- 02. Forschungsstand
- 03. Geschichte der Anlage vor dem 18. Jahrhundert
- 04. Überblick zur Anlage
- 05. Wirtschaftlicher Kontext
- 06. Besitzverhältnisse im 18. Jahrhundert
- 07. Herrenhaus: Baugeschichte und Architektur
- 08. Innenräume im 18. Jahrhundert
- 09. Garten und Park im 18. Jahrhundert
- 10. Wirtschaftsanlage
- 11. Kirche und Dorfstrukturen
- 12. Geschichte der Anlage nach dem 18. Jahrhundert
- 13. Quellen- und Literaturverzeichnis
Das Herrenhaus von Christinehof (Abb. 17–19), heute in der Gemeinde Tomelilla in Schonen, entstand als Teil einer bereits seit dem frühen 17. Jahrhundert bestehenden Alaunhütte, welche die umliegende Topographie weiträumig bestimmte. Die Produktionsstätten der Alaungewinnung mit Arbeiter- und Verwaltungsgebäuden, den Arealen des Schieferabbaus, großflächig angelegten Laugenbecken, Kessel- und Lagerhäusern sowie Hügeln aus Schlacke und Schieferabfällen lagen in einer Distanz von etwa zwei Kilometern zu dem unter Christina Piper errichteten Herrenhaus mit Garten. Ihr eigener Handlungsraum erfuhr damit eine deutliche Abgrenzung von den alltäglichen Arbeitsvorgängen. Die Herrenhausanlage konnte so eine repräsentative Dimension entfalten, wenn auch angesichts monatelang brennender Schiefertürme und großflächiger Abholzung der vorindustrielle Kontext eine äußerst präsente Kulisse geboten haben muss. Zu den Alaunproduktionsstätten (Abb. 20–21) liegen aus dem 17. und 18. Jahrhundert mehrere Karten vor [link zum Kapitel], die einen Eindruck der mehrheitlich nicht mehr stehenden Gebäude sowie der einstigen Produktionsabläufe geben. Das Areal ist heute in weiten Teilen von der Natur überwachsen, doch lassen sich seine alten Strukturen und Eigenschaften weiterhin umfassend in der Landschaft ablesen. Dagegen sind Herrenhaus und Garten größtenteils in ihrer ursprünglichen Anlage des 18. Jahrhunderts erhalten, wobei auch hier das vorliegende Kartenmaterial aus dem 19. Jahrhundert[1] (Abb. 22–23) sowie eine 1768 publizierte Zeichnung von Adolf Fredrik Barnekow (Abb. 24) Rückschlüsse zu seiner Gestaltung erlauben. Die Zufahrt zum Herrenhaus erfolgt über eine von Rosskastanien gesäumte Allee (Abb. 25), die auf ihrem letzten Abschnitt geradewegs auf das Hauptgebäude zuführt. Sie beschreibt eine zentrale Achse, die sich durch die Mittelachse des Gebäudes, den rückwärtig liegenden Garten und einige Kilometer weiter durch das anschließende Gelände fortsetzte. Auch die in Andrarum seit dem Mittelalter stehende Kirche (Abb. 26) scheint für die Wahl des Standorts eine Rolle gespielt zu haben: Liegt sie zwar nicht in der genannten Achse, so doch in direkter Sichtweite. Über dem stark abfallenden, sumpfigen Gelände wurden mehrere Meter hohe Terrassen aufgeschüttet, auf deren höchstem Punkt der regionale Baumeister Georg Mokelten im Auftrag von Christina Piper ein dreigeschossiges Hauptgebäude mit vorspringenden Seitenflügeln errichtete (Abb. 27). Während im Erdgeschoss funktionale Wirtschaftsräume lagen, befanden sich im ersten Obergeschoss die Raumfolgen der Familie und im zweiten Obergeschoss ein weiterer Festsaal sowie funktional vermutlich nicht abschließend festgelegte Gästeräume. Das Haus wurde unter Christina Piper nur als temporärer Aufenthaltsort, unter ihrem Sohn Carl Fredrik Piper jedoch mehrere Monate im Jahr als Wohnort genutzt. Die Innenräume, deren Grundrisse bis auf vereinzelte Eingriffe den im 18. Jahrhundert angelegten Dispositionen entsprechen, sind in ihrer festen Ausstattung relativ schlicht (Abb. 28–30). Dies gilt auch für die Fassade des Gebäudes, die sich weitgehend schmucklos präsentiert. Wurden zwar durchaus die Ansprüche eines repräsentativen Hauses erfüllt, vermittelt sich zugleich die ursprüngliche funktionale Bestimmung von Christinehof als temporärem Geschäftsort von Christina Piper. |
- ↑ Vgl. Ingenjörskåren, Skånska rekognosceringskartan, 1812–1820, Riksarkivet, Topografiska kåren / Fältmätningskåren, VÖ 205, https://sok.riksarkivet.se/bildvisning/K0035847_00001 (13.03.2023) sowie zwei Karten mit minimalen Abweichungen aus dem Jahr 1864, Archiv Christinehof, J/X 136 und J/X 137.