02. Forschungsstand
- 01. Einführung
- 02. Forschungsstand
- 03. Geschichte der Anlage vor dem 18. Jahrhundert
- 04. Überblick zur Anlage
- 05. Wirtschaftlicher Kontext
- 06. Besitzverhältnisse im 18. Jahrhundert
- 07. Herrenhaus: Baugeschichte und Architektur
- 08. Innenräume im 18. Jahrhundert
- 09. Garten und Park im 18. Jahrhundert
- 10. Wirtschaftsanlage
- 11. Kirche und Dorfstrukturen
- 12. Geschichte der Anlage nach dem 18. Jahrhundert
- 13. Quellen- und Literaturverzeichnis
Die Forschung zu Christinehof richtete sich in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zunächst vornehmlich auf die Alaunhütte[1], wobei insbesondere die Arbeiten des Historikers Elof Stoltz hervorzuheben sind. Seine in den 1920er und 1930er Jahren angelegte Materialsammlung wurde 2015 an das Archiv des Högestads & Christinehofs Fideikommiss übergeben.[2] Stoltz publizierte mehrere Untersuchungen zur Geschichte der Alaunhütte, in denen er den Bogen über die regionale Betrachtung hinaus zu dem gesamten Industriezweig auf europäischer Ebene schlug.[3] Das Interesse an der Alaunhütte hielt an,[4] wobei insbesondere Johan Nihlén in den 1950er und Gunnar Andersson in den 1970er Jahren weiterführende Abhandlungen lieferten.[5] Curt Wallin beschäftigte sich mit der frühen Geschichte des Kalkabbaus in Andrarum[6], während Leif Carserud 1982 die von der Alaunindustrie verursachte Umweltverschmutzung thematisierte.[7] Von Kristian Carlsson entstanden 1996 zwei Veröffentlichungen, von denen die eine auf persönlichen Eindrücken und individuellen Annäherungen basierte und die andere eine überblickende Geschichte zur Alaunindustrie und ihrer Ausprägung in Andrarum darstellte.[8]
Seit den 1990er Jahren wurden mehrere universitäre Studien- und Abschlussarbeiten zur Alaunhütte verfasst, so zu den Lohn- und Arbeitsbedingungen, der Rolle der Frauen und der landschaftsgeschichtlichen Entwicklung des Waldes.[9] Aus dem Landsantikvarien i Skåne/Regionalmuseum Kristianstad liegen mehrere denkmalgeschichtliche Berichte zu einzelnen Gebäuden und der vorindustriell geprägten Landschaft vor.[10] Zuletzt machte sich der Lokalhistoriker und Archivar in Christinehof Gert Lagerstedt um neue Erkenntnisse verdient: In zwei Bänden publizierte er 2016 und 2020 ein umfängliches Verzeichnis der seit etwa 1700 im Kirchspiel Andrarum ansässigen Personen unter Berücksichtigung von Genealogie und Eigentumsverhältnissen sowie eine detaillierte Auswertung zu Arbeitsabläufen und Beschäftigten in der Alaunhütte.[11] Christina Piper und ihre Rolle als weibliche Unternehmerin im schwedischen 18. Jahrhundert rückten zunehmend in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in den Blick.[12] Hervorzuheben ist eine längere Abhandlung zu ihrer Person in dem 1949 erschienen Buch zu Hässelbyholm (seit 1738 in Christina Pipers Besitz) von Ornulf Tigerstedt.[13] Neben zahlreichen populärwissenschaftlich geprägten Publikationen legten zudem eine Biographie zu Carl und Christina Piper von Svante Norrhem aus dem Jahr 2010[14] sowie ein durch den in Christinehof tätigen Verein Christinas Wänner initiierter Sammelband mit einem breiten Themenspektrum von 2021 eine wichtige Grundlage für weitere Forschungen.[15] Andreas Önnerfors beschäftigte sich 2019 in einer längeren Abhandlung mit einer Reihe von Gelegenheits- und Gedenkschriften, die Christina Piper gewidmet worden waren.[16] Herrenhäuser und Gutsanlagen in Schonen wurden von einer regionalgeschichtlichen Forschung ausgiebig berücksichtigt, wobei Christinehof vergleichsweise geringe Aufmerksamkeit erhielt.[17] Hervorzuheben ist die 1932 erschienene Abhandlung zu schonischen Herrenhäusern von Hans Hugold von Schwerin, in der auch Christinehof thematisiert wird. Das Herrenhaus fand zudem Eingang in die mehrbändigen Überblickswerke zu Gutsanlagen in Schweden, die 1908–1923[18], in den 1930er und 1940er Jahren[19] sowie 1966 bis 1971[20] herausgegeben wurden. Während Christinehof in den Svenska slott och herresäten eine durchschnittliche Seitenzahl gewidmet wurden, fiel der Beitrag in den ab 1966 erscheinenden Slott och herresäten i Sverige mit acht Seiten verhältnismäßig kurz aus, gerade im Vergleich zu anderen Anwesen im Besitz der Familie Piper.[21] Diese Überblicksdarstellungen unterscheiden sich nur marginal, nennen die wichtigsten historischen Eckdaten und beschreiben das Herrenhaus mit einer kurzen bauhistorische Einordnung.[22] Einen entscheidenden Impuls erhielt die Forschung durch Carl Filipp Mannerstråle, der 1991 das 1741 verfasste Bauabnahmeprotokoll im Wortlaut herausgab und damit erstmals das Herrenhaus selbst über eine seiner wichtigsten archivalischen Quellen in den Mittelpunkt rückte.[23] Die Publikation war zugleich die erste Ausgabe der als Serie angelegten Piperska Handlingar, die im Kontext der zwischen 1990 und 1994 erfolgenden Neuverzeichnung des Archivbestands initiiert wurde. Die verantwortliche IK Foundation publizierte ein Findbuch und legte damit den Grundstein für künftige Forschungsarbeiten.[24] Die Piperska Handlingar - Serie erfuhr erst im Jahr 2004 eine Fortsetzung mit der kommentierten Herausgabe eines Inventars aus dem Jahr 1758 von Viveka Hansen.[25] Letztere machte die Ergebnisse ihrer Forschungen zu Christinehof zudem online zugänglich, wobei ihr Schwerpunkt auf der textilen und mobilen Ausstattung des Hauses in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts lag.[26] Hervorzuheben ist schließlich eine an der Universität in Alnarp entstandene Abschlussarbeit, die 1988 eine Rekonstruktion des ursprünglichen Gartens von Christinehof vorschlug.[27] 2008 entstand zudem eine kurze Abhandlung zur Farbgestaltung der Fassade des Hauptgebäudes.[28] Schließlich existieren einige Untersuchungen zur Kirche im wenige Kilometer entfernten Andrarum, deren Bau und Ausstattung wesentlich von Christina Piper und ihrem Sohn Carl Fredrik geprägt wurden. [29] Das Dorf selbst wurde 2002 in einem Ortsrapport des Landsantikvarien i Skåne dokumentiert.[30] Liegen mit den genannten Publikationen bereits wichtige Forschungen vor, fand eine explizit kunsthistorische Beschäftigung mit Christinehof nur punktuell statt. Auch eine breitere Kontextualisierung der Anlage steht größtenteils aus. Die Ansätze des erwähnten Sammelbands weisen in eine Richtung, die weiteren Erkenntnisgewinn verspricht: Der Kontext der anderen Piperschen Anwesen, die speziellen soziohistorischen Bedingungen einer weiblich-bürgerlichen Bauherrin sowie die weitere Entwicklung der Anlage im 18. Jahrhundert unter Carl Fredrik Piper sollten eine Vertiefung erfahren. Nicht zuletzt wäre eine weitere Auswertung des umfangreich vorhandenen Archivmaterials wünschenswert. Archivmaterial: Ein Großteil der etwa 400 Jahre umspannenden Dokumente zu Christinehof ist in Familienbesitz und wird im Archiv im Haus selbst aufbewahrt. Der Archivbestand lässt sich grob unter drei Themengebiete fassen: die Alaunhütte (17. Jahrhundert bis 1904, mit einem Schwerpunkt auf das ausgehende 17. und das 18. Jahrhundert); das Pipersche Familienarchiv (17. bis 20. Jahrhundert, mit einem Schwerpunkt auf 1700–1850) sowie das Hauptarchiv, das Dokumente v.a. wirtschaftlicher und juristischer Art vom 17. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts umfasst (mit einem Schwerpunkt ab 1830).[31] Die Bauabnahme von Christinehof aus dem Jahr 1741 sowie ein Inventar von 1758 wurden ediert und kommentiert.[32] Zudem werden ausgewählte Briefe von Christina Piper seit 2018 fortlaufend digitalisiert und sind – in transkribierter sowie einer sprachlich modernisierten Version – online zugänglich.[33] Auch zwischen Carl Fredrik Piper und seinem Sohn Carl Gustaf sind mehr als dreihundert Briefe aus den Jahren 1758–1770 erhalten, [34] in denen sich aufschlussreiche Informationen zur Ausstattung der Anwesen finden. Material zur Familie Piper und der Alaunhütte findet sich darüber hinaus in weiteren Institutionen und Archiven,[35] beispielsweise im Landsarkivet in Lund[36] oder im Tekniska Museet[37] in Stockholm. Zahlreiche Bestände sind heute im Reichsarchiv erfasst, darunter jene aus Krageholm, Ängsö und Björnstorp oder jene zur Alaunhütte im Kammarkollegiet Kansliet och kontorsarkiv.[38] Insbesondere Briefe befinden sich auch in anderen Familienarchiven, so beispielsweise in jenem der Familie Löwen (Teil des Reichsarchivs). Das bis in das 17. Jahrhundert zurückgehende Kartenmaterial zu Christinehof und der Alaunhütte liegt hauptsächlich im Archiv in Christinehof sowie – teilweise digital zugänglich – im Lantmäteriet Archiv.[39]
|