12.02 Das Herrenhaus nach dem 18. Jahrhundert

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Abgesehen von der Abtragung der Flügelpavillons (Abb. 25, 66) im 19. Jahrhundert stellt die größte Veränderung am äußeren Erscheinungsbild des 18. Jahrhunderts des Herrenhauses in Stola der Wechsel im Material der Dachdeckung dar: Die Deckung des Säteridachs bildeten anfänglich laut Quellen traditionelle Eichenschindeln, seit 1880 Dachziegel (Abb. 63) und seit der Restaurierung Mitte des 20. Jahrhunderts besteht das Dach aus gefalzten Kupferplatten mit vertikalen Stegen (Abb. 58).[1] Dadurch wird das zeitgenössische Erscheinungsbild mit dunkelfarbigen Eichenschindeln insbesondere aufgrund der grünlichen Farbe des Dachs verändert.

Abb. 25 Stola, Herrenhaus, Ansicht mit Flügelpavillons, 18. Jahrhundert, Nordiska museet
Abb. 66 Villa Giacomina, Flügelpavillon aus Stola, Foto 1986, Västergötlands museum

Restaurierung durch Alfred Nilson 1928–1929

In den Jahren 1928–1929 setzte der Restaurator Alfred Nilson[2] (1888–1953) einige Bereiche des Hauses hauptsächlich im Obergeschoss und dort vor allem den Saal in Stand. Diese Arbeiten sind laut Gullbrandsson relativ gut dokumentiert,[3] doch wurde dabei teilweise frei schöpferisch ergänzt, um ein gutes Gesamtbild zu erzeugen:[4] So erhielten beispielsweise die Decken beider Flurbereiche im Erd- und Obergeschoss (Nr. 1, 23) in Anlehnung an die Decke im Saal (Nr. 17) eine nicht nachgewiesene gemalte Kassettierung (Abb. 173), die heute wieder entfernt ist.[5] Bei der Wandbespannung im Saal (Nr. 17) war Nilson sogar gezwungen zu ergänzen, denn die Malereien waren mit Feuchteschäden, Rissen und fehlenden Teilen in einem sehr schlechten Zustand (Abb. 174). Der Gesamteindruck der Wandbespannung wird durch Nilsons vereinfachte Ergänzungen komplettiert ohne mit den originalen Partien in Konkurrenz zu treten (Abb. 101).[6] Die Arbeiten Nilsons führten zu einer Konservierung fast aller Räume im Obergeschoss des Herrenhauses.[7]

Abb. 173 Alfred Nilson, Stola, Herrenhaus, Obergeschoss, oberer Vorplatz, gemalte Deckenkassetten von 1928, Alfred Nilsons arkiv, ATA

Umbau durch Erik Lundberg 1948–1951

In den Jahren 1948–1951 griffen die Umbauten des Architekten Erik Lundberg[8] (1895–1969) und seines Mitarbeiters Ernst Auby[9] (1895–1968) zwar in denkmalpflegerisch-restauratorischer Absicht – jedoch ungeachtet des damit verbundenen Konservierungsgebots – stark in die Bausubstanz des historischen Herrenhauses ein. Wie Gullbrandsson zurecht bemängelt wurden diese Arbeiten außerdem nicht im erforderlichen Maß dokumentiert.[10]

Erik Lundberg[11] (1895–1969) adaptierte vor allem das Erdgeschoss in Stola (Abb. 69) als moderne Wohnung für die Eheleute,[12] wobei die historischen Abmessungen der Räume allerdings weitgehend gewahrt blieben.[13] In den nördlichen ehemaligen ‚Versorgungs‘-Räumen (Nrn. 10–13) entstanden eine Küche mit Anrichte und Vorratsraum sowie ein Zimmer und Bad für Hausangestellte mit unabhängigem Zugang von außen.[14] Im Eingangsbereich (Nr. 1) wurde der Raum für den Kammerdiener des Grafen (Nr. 8) aus dem 18. Jahrhundert abgebrochen, wodurch die Sichtachse zwischen Portal und Garten wieder hergestellt war.[15] Zusätzlich ist innen ein verglaster Windfang vor dem historischen Eingangsportal errichtet worden.[16] In der südlichen Haushälfte nutzte Lundberg die vorhandenen Nebenräume (Nrn. 4, 5) und den ehemaligen Alkoven im Schlafzimmer des Grafen (Nr. 7) zum Einbau von WC-Räumen und einem Badezimmer. Außerdem ließ Lundberg sowohl die frei schöpferisch ergänzten Bemalungen Alfred Nilsons[17] (1888–1953) an Decken und Türen als auch die Tapeten und Holzvertäfelungen der Otterström-Zeit zu Gunsten von schlichten Oberflächen entfernen.[18]

Das Obergeschoss (Abb. 172) hat Erik Lundberg[19] (1895–1969) als museale Etage eines privaten Wohnhauses aufgefasst: [20] So wurde eine aufwendige Fußbodenheizung verlegt, um den stilgerechten Eindruck der Räume nicht zu verfälschen.[21] Den größten Eingriff in die Bausubstanz stellt im Kabinett (Nr. 14) (Abb. 86) in der oberen Etage tatsächlich ein hinter einer leichten Trennwand eingebautes WC dar.

Die Räume im Obergeschoss wurden als Museumsräume eingerichtet, teils mit didaktischer Absicht wie im Salon (Nr. 15) mit dem dreidimensionalen ‚Ehestilleben‘ Claes Julius Ekeblads[22] (1742–1808) und Brita Horns[23] (1745–1791) (Abb. 175), nach dem Aquarell von Lorentz Svensson Sparrgren[24] (1763–1828) (Abb. 47), teils mit (originalen) Möbeln aus der Zeit der wichtigsten Bewohner:innen wie etwa im Raum (Nr. 21) (Abb. 95, 96) dem 1839 verstorbenen Fräulein Ebba mit frühen Empiremöbeln.[25]

Die von Hårleman umgestalteten Räume (Nrn. 16, 18, 19) (Abb. 89–94) [Link OG] erhielten – soweit möglich – mit Hilfe des Inventars von 1796 ihr (vermutetes) originales Aussehen zurück und Holger Ander bemühte sich stets – wie die Stiftung jetzt – um das Auffinden und die Rückgabe von Möbeln und anderen Objekten, die ursprünglich aus Stola stammten.[26]

  1. Vgl. Gullbrandsson 2010, S. 51. Ältere Fotographien zeigen noch die Ziegeldeckung aus dem Jahr 1880, vgl. Westrin 1986, S. 17. Luthander 1968, S. 424 verbindet die Ziegeldeckung erst mit der Zeit Otterströms.
  2. Auch Nilsson. Vgl. https://www.wikidata.org/wiki/Q24019266.
  3. Vgl. Gullbrandsson 2010, S. 53.
  4. Vgl. Gullbrandsson 2010, S. 53, 54.
  5. Vgl. Gullbrandsson 2010, S. 54, Abb. 7.
  6. Vgl. Gullbrandsson 2010, S. 53.
  7. Vgl. Gullbrandsson 2010, S. 53.
  8. Vgl. Lundberg 1935, Lundberg 1942, Lundberg 1966, https://www.wikidata.org/wiki/Q5965758.
  9. Vgl. https://www.wikidata.org/wiki/Q20682040.
  10. Vgl. Gullbrandsson 2010, S. 51, 55.
  11. Vgl. Lundberg 1935, Lundberg 1942, Lundberg 1966, https://www.wikidata.org/wiki/Q5965758.
  12. Außer Kachelöfen und (teilweise) rekonstruierten Kaminen wurde auch eine Zentralheizung mit im Erdgeschoss sichtbaren Heizkörpern eingebaut, vgl. Gullbrandsson 2010, S. 55, Abb. 8 Bildunterschrift, S. 58 und ebd. Abb. 11 Bildunterschrift.
  13. Vgl. Gullbrandsson 2010, S. 58.
  14. Vgl. Gullbrandsson 2010, S. 58.
  15. Vgl. Gullbrandsson 2010, S. 59.
  16. Vgl. Gullbrandsson 2010, S. 59.
  17. Auch Nilsson. Vgl. https://www.wikidata.org/wiki/Q24019266.
  18. Vgl. Gullbrandsson 2010, S. 59.
  19. Vgl. Lundberg 1935, Lundberg 1942, Lundberg 1966, https://www.wikidata.org/wiki/Q5965758.
  20. Vgl. Luthander 1968, S. 424.
  21. Vgl. Gullbrandsson 2010, S. 58.
  22. Vgl. https://www.wikidata.org/wiki/Q5706932; Jägerskiöld 1949; Allén in: Allén/Frängsmyr 2016, S. 31–38.
  23. Vgl. https://www.wikidata.org/wiki/Q22116674; https://www.adelsvapen.com/genealogi/Horn_af_Ekebyholm_nr_53#TAB_2 (22.02.2024), barn.
  24. Vgl. https://www.wikidata.org/wiki/Q6185148; https://runeberg.org/nfcf/0326.html (08.04.2024).
  25. Vgl. Gullbrandsson 2010, S. 59–60 mit Details zur musealen Einrichtung der Räume.
  26. Vgl. Westrin 1986, S. 51.
Abb. 69 Erik Lundberg, Stola, Herrenhaus, Grundriss Erdgeschoss, Umbau 1948, Erik Lundbergs ritningsarkiv
Abb. 172 Erik Lundberg, Stola, Herrenhaus, Grundriss Obergeschoss, Umbau 1948, Erik Lundbergs ritningsarkiv
Abb. 175 Stola, Herrenhaus, Obergeschoss, Salon, Museumsszene nach Lorentz Svensson Sparrgren, 2022
Abb. 47 Lorentz Svensson Sparrgren, Innenraum mit Claes Julius Ekeblad und Brita Horn, 1783, Nationalmuseum